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Generationenforschung
Sind Label wie Generation X, Y, Z Unsinn?
Die Generation Y wird oft als unpolitisch bezeichnet, Generation Z als politisch interessiert. Jetzt sagen Forscher: Generationenlabel machen keinen Sinn. Stimmt das?
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Alle reden über die Generationen X, Y und Z
Die Generation Y soll demnach beispielsweise kaum Interesse an politischen Veränderungen haben. Die nachfolgende Generation Z dagegen, die jeden einschließt der zwischen 2000 und 2015 geboren ist, sei dagegen wieder politisch interessierter. Auch für Menschen die vor 1985 geboren sind, haben Forscher Generationen-Labels formuliert: : die „skeptische Nachkriegsgeneration“ (1925 bis 1940 Geborene), die „68er“ (1940 bis 1955), die „Babyboomer“ (1955 bis 1970) und die „Generation X“ (1970 bis 1985).
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Ob sich die Generationen wirklich voneinander abtrennen lassen, ist unklar
Weitere Angaben zum Artikel:
- In der Literatur über die Generationen gibt es sehr unterschiedliche, teils gegensätzliche Beschreibungen der Einstellungen, die angeblich in der betreffenden Generation vorherrschen. Manche Forscher sagen zum Beispiel, die Generation Y wolle vor allem in Beruf und Karriere vorankommen. Andere Autoren sagen dagegen, für die Generation Y sei „Arbeit nur eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung“ und stehe somit nicht im Fokus.
- Es gibt kaum langfristige Untersuchungen: In der Shell-Jugendstudie wird beispielsweise untersucht, wie sich die Einstellungen der Generation Y zwischen 2002 und 2015 gewandelt haben. Was nicht untersucht wird: Hatte die 68er- oder die Babyboomer-Generation vielleicht ähnliche Ansichten, als sie selbst noch jünger war? Und ändert sich umgekehrt die Einstellung der Generation Y mit höherem Alter? Das jüngere Alter könnte erklären, dass Jugendliche anders denken als Erwachsene. Empirische Daten aus solchen Vergleichen sind rar.
- Es wird nicht berücksichtigt, wie sich die Einstellung der gesamten Gesellschaft ändert. Denken Jugendliche heute anders als Jugendliche früher, ließe sich das auch dadurch erklären, dass heute alle in der Gesellschaft anders denken als früher.
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Andere Generationenforscher wie Klaus Hurrelmann wehren sich gegen die Kritik von Schröder. Sie heben hervor, wie wichtig gesellschaftliche Kontext für eine Generation seien. Jede junge Generation werde durch ihre historisch einmaligen Lebensumstände geprägt. Für die Generation Y nennen die Autoren der Shell-Jugendstudie, an der auch Hurrelmann beteiligt war, etwa den 9/11-Anschlag, das Atomunglück von Fukushima und die Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007.
Solche Prägungen seien maßgeblich für Generationenzugehörigkeit. Hurrelmann kritisiert zudem, dass Martin Schröder nur sieben verschiedene Einstellungen der jeweiligen Generation untersucht habe. Seiner Meinung nach müsste Schröder mehr Aspekte betrachten, um die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Generationen erkennen zu können. Tatsächlich hat Schröder acht Einstellungen untersucht. Schröder sagt außerdem, er habe die Eigenschaften mit seiner Studie abgedeckt, die in der Literatur am häufigsten genannt werden. Darüber hinaus hat er im Anhang seiner Studie sechs weitere Einstellungen überprüft und auch anhand von diesen kaum Generationeneffekte gefunden. Und wenn, so Schröder, weisen sie sogar in die gegenteilige Richtung dessen, was Literatur und Forschung vermuten.
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Und jetzt?
Wir müssen hinterfragen, wie wir über Generationen denken
Intuitiv scheint es logisch, was Hurrelmann über die Generation Z sagt: Dass die Digitalisierung und häufige Nutzung von sozialen Medien einen Einfluss auf die Einstellung haben muss. Doch die Frage ist: Reichen diese Einflüsse aus, um eine „Generation“ auszurufen? Noch dazu in schöner Regelmäßigkeit alle 15 Jahre? Und warum vergleichen die Generationenforscher ihre Befunde nicht mit denen älterer Jahrgänge? Beispielsweise werden nicht nur Jugendliche mit der Digitalisierung konfrontiert, sondern auch Erwachsene.
Bis die Forscher sich geeinigt haben, wird es wohl noch etwas dauern. Behält Schröder Recht, müssen wir uns bald vom Generationen-Begriff verabschieden. Auch Management-Ratgeber zum Umgang mit bestimmten Generationen, wie es sie momentan noch häufig gibt, wären dann wenig sinnvoll. Menschen, die sich mit den Beschreibungen der Generationenforscher so gar nicht identifizieren könnten, dürfte das allerdings freuen.
Autor: Alexander Haas