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Biologie
Wie sicher ist die Hirntoddiagnose?
Hirntote sehen nicht aus wie Tote: Sie haben rosige Haut, der Brustkorb hebt und senkt sich – und doch können ihnen Organe entnommen werden. Das macht vielen Angst: Wie wird sichergestellt, dass Hirntote wirklich nie mehr aufwachen? Die Fakten.
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Immer wieder schüren Medienberichte Zweifel an der Hirntoddiagnose
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Die Fälle lassen sich erklären
Anderes Hirntodkonzept in Großbritannien
Der Brite Brian Thorpe etwa wäre in Deutschland niemals für hirntot erklärt worden. In Großbritannien aber gilt der sogenannte Stammhirntod. Das heißt: Ein/e Patient/in wird dann für hirntot erklärt, wenn der Hirnstamm nicht mehr funktioniert. Dieser Hirnteil kontrolliert aber nur Lebensfunktionen wie beispielsweise die Atmung und die Körpertemperatur. Bewusstsein und Schmerzempfinden dagegen liegen in der Großhirnrinde und können auch beim Ausfall des Hirnstamms noch voll funktionsfähig sein.
Anders ist es in Deutschland: Bei uns gilt man nur dann als hirntot, wenn nachweislich das gesamte Gehirn unwiederbringlich ausgefallen ist – also auch das Schmerzempfinden und das Bewusstsein. Aber selbst nach britischem Standard war Brian Thorpe nicht offiziell hirntot: Sein Hirnstamm war offenbar nur vorrübergehend ausgefallen, möglicherweise durch die Gabe von Medikamenten – denn er fing später selbstständig wieder an zu atmen. In seinem Fall blieb eine gründlichere Hirntoddiagnose aber aus, weil sein Vater einer Organspende vehement widersprach und darauf bestand, dass sein Sohn weiterbehandelt wird.
Ähnliches gilt auch für den 13-jährigen Amerikaner Trenton McKinley. Das amerikanische Hirntodkonzept stimmt zwar mit dem deutschen überein, aber bei Trentons Hirntoddiagnose kam es zu eklatanten Fehlern: Seine Körpertemperatur zum Zeitpunkt der Untersuchung etwa betrug nur 27 Grad. Auch dieser Umstand kann die Untersuchungsergebnisse verfälschen. Auch hätte, genau wie in Deutschland, ein zweiter Mediziner/eine zweite Medizinerin die erste Hirntoddiagnose bestätigen müssen. Dazu kam es aber nicht mehr, weil der Junge plötzlich wieder Zeichen von Bewusstsein zeigte. Gerade bei Kindern mit schweren Hirnverletzungen erleben Ärzt;innen immer wieder eine erstaunliche Genesung. Das traf wohl auch auf Trenton zu.
Die Feststellung des Hirntods ist streng geregelt
In Deutschland wurden die Regeln zur Diagnose des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls von einer Expertenkommission der Bundesärztekammer festgelegt. Erst 2015 haben die Kommissionsmitglieder diese Richtlinien überarbeitet und verschärft. Beispielsweise muss nun mindestens eine/r der Ärzt:innen, die die Hirntoduntersuchung durchführen, Neurolog:in oder Neurochirurg:in sein – also Fachärzt:in für Gehirn und Nervensystem. Als hirntot gilt jemand nur, wenn mindestens zwei Ärzt:innen mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Stunden bis Tagen die Untersuchung wiederholen und bestätigen. Dabei prüfen diese Mediziner:innen sehr genau, ob der/die potenzielle Organspender:in beispielsweise noch selbstständig atmen kann oder auf Schmerzreize reagiert. Wer nach so einer korrekt durchgeführten Untersuchung für hirntot erklärt wird, verfügt über keinerlei Bewusstsein mehr, empfindet keine Schmerzen und wacht definitiv nie wieder auf – denn es sind sämtliche Hirnfunktionen erloschen.
Hirntote wirken nicht wie Tote
Was irritieren kann: Der Körper von Hirntoten sieht trotzdem lebendig aus. Er wird durchblutet und fühlt sich warm an. Denn bei Hirntoten schlägt das Herz noch – weil Infusionen und eine Beatmungsmaschine Kreislauf und Stoffwechsel künstlich in Gang halten. Das macht es den Angehörigen manchmal besonders schwer, diesen speziellen Zustand zu erfassen und einer Organspende zuzustimmen. Einige Ethiker:innen und Ärzt:innen halten deswegen auch den Begriff "hirntot“ für falsch. Für sie sind Hirntote unwiederbringlich Sterbende, aber eben keine Toten. Deswegen sprechen sie auch lieber vom "irreversiblen Hirnfunktionsausfall“. Dieser Begriff wird auch von der Expertenkommission der Bundesärztekammer verwendet. Wie man zu diesen unterschiedlichen Konzepten des Todes steht, muss jede/r für sich selbst entscheiden. Sicher ist in jedem Fall: Wird der irreversible Hirnfunktionsausfall den Richtlinien entsprechend festgestellt, gibt es keinen Weg zurück ins Leben.
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Ärzt:innen berichten von Fehlern bei der Feststellung des Hirntods
Ob das Problem tatsächlich so groß ist, wie es die Unterzeichner:innen dieses Briefes vermuten, wird von der Deutschen Stiftung Organspende angezweifelt. Sie hat 2015 selbst über 50 Hirntodprotokolle analysiert und die Ergebnisse der Bundesärztekammer mitgeteilt. In dieser Studie konnten nur Flüchtigkeitsfehler und Formfehler beim Ausfüllen der Formulare gefunden werden. Dass jemandem, der nicht hirntot war, in Deutschland die Organe entnommen wurden, halten die Vertreter:innen der Deutschen Stiftung Organspende für unmöglich. Sie überprüfen regelmäßig die Hirntodprotokolle und stellen Mediziner:innen auch umfangreiche Checklisten auf ihrer Homepage zur Verfügung.
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Und jetzt?
Zusatzuntersuchungen bringen Klarheit
Die Überlegung, wie man zum besonderen Zustand Hirntod und zur Organspende steht, ist für die meisten nicht ganz einfach. Solche Entscheidungen sollte man nur treffen, wenn man sich gut informiert hat – aber genau daran scheint es in Deutschland zu hapern. Das zeigt eine Umfrage, die Infratest im Auftrag von Quarks durchgeführt hat. Daraus geht hervor, dass die Mehrheit der Befragten grundlegende Fragen zum Hirntod und zum Organspendeausweis nicht korrekt beantworten konnte. Das bedeutet: Viele haben ihre Entscheidung für oder gegen eine Organspende auf der Basis von falschen Annahmen getroffen.
An dieser Diskussion zeigt sich, wie sehr sich viele Skeptiker und Atheisten widersprechen. Die Nahtod-Gegner beispielsweise meinen ja, ein Null-Linien-EEG sei kein Beweis dafür, dass der Betreffende keine Gehirnaktivität mehr hat. Ok, dann müsste man die Transplantationsmedizin sofort abstellen, bis man eben mehr weiß. Wenn das Null-Linien-EEG aber nun doch… Weiterlesen »
Der Tod tritt dann ein, wenn das Herz aufhört zu schlagen (in der Sterbebegleitung tätig) Anghörige von Organspendern haben immer wieder starke, psychische Probleme, dies zugelassen zu haben und leiden darunter, ihren geliebten Menschen nicht begleitet haben zu können. Oft sehen sie den Verstorbenen danach wieder und erkennen ihn kaum,… Weiterlesen »
Ich bin selbst Organtransplantiert und sehr engagiert in Aufklärung, Information zum Thema. Habe schon sehr oft mit Organspendern ( lebend Spende ) und auch mit vielen Angehörigen die Organe von Kindern, Eltern freigaben. Da hab ich noch nie einen Funken von Zweifel, Bedauern zugetragen bekommen. Eher optimistisch das man sich… Weiterlesen »
Bereits 2008 wurden in Autopsieberichten der Herren Wijdick und Pfeifer nachgewiesen, dass es keinen Hirntod gibt. Der Umgang – oder sollte ich besser schreiben der Nichtumgang? – mit diesen sicher belegten Forschungsergebnissen spricht für sich. Aber lesen Sie bitte selbst: Neuropathology of brain death in the modern transplant era. Wijdicks… Weiterlesen »
Haben Sie Ihre verlinkte Studie auch selbst gelesen und verstanden? Die Studie kommt nur zu dem Ergebnis, dass eine neuropathologische Untersuchung nicht zur Diagnose eines Hirntodes geeignet ist.
In der Richtlinie zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls taucht solch eine neuropathologische Untersuchung aber auch gar nicht auf.
– Organspende bedeutet Ausschlachtung menschlicher Körper ! – ….bedeutet Quotenerfüllung um jeden Preis – Jegliche Werbung für Organspende ist Nötigung – mit welchem Recht fordern Transplantempfänger mehr Organspenden ein auch das ist Nötigung – Organspende ist etwas unmenschliches und aus ethischen Gesichtspunkten abzulehnen – viele Organspendezusagen werden später von Selbstzweifeln… Weiterlesen »
Ich empfinde die Darstellung von Quarks schon fast als propagandistisch. Sowohl auf You Tube als auch in diesem Beitrag wird immer wieder die Unfehlbarkeit der Diagnose Hirntod unterstrichen. Auch werden alle Beiträge von der Seite der Empfänger dargestellt. Warum werden realistische Bedenken und Zweifel systematisch beiseite geräumt und wird nicht… Weiterlesen »
Leider wird in der Krankenhauspraxis nicht nach den strengen Richtlinien gehandel, es genügt hier der Augenliedreflex zur Feststellung des Hirntods. (Was nachher im Protokoll steht ???)
Ist das Hörensagen oder welche Klinik gewährt ihnen Einblicke? Aus der Tätigkeit auf 3 Intensivstationen in denn letzten 20 Jahren, kann ich sagen das dem nicht so ist. Im Klinikalltag ist eher keine Zeit denn Sterbenden Patienten, die Angehörigen zu befragen und eine mögliche Organspende in die Wege zu leiten.… Weiterlesen »