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Quarks Daily Spezial
Veränderung - so viel geht da noch
Neue Aufgaben, neue Regeln, ständig Veränderungen - unser Leben ist im Dauerwandel. Doch wie viel Veränderungen schaffen wir eigentlich?
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Wir schätzen unsere „Veränderungskompetenz“ falsch ein
Wir selbst schätzen unsere „Veränderungskompetenz“ meist falsch ein. Eine Studie der Universitäten Barcelona und Virginia hat die Persönlichkeiten, Werte und Vorlieben von mehr als 19.000 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern gemessen. Die Teilnehmenden waren zwischen 18 und 68 Jahre alt. Und egal, ob jung, mittelalt oder alt – die meisten haben geglaubt, dass sie sich in der Vergangenheit sehr stark verändert hätten, sich aber in Zukunft relativ wenig ändern würden
Die Forschenden haben das „Die Illusion vom Ende der Geschichte“ genannt. Wir scheinen nämlich zu glauben, dass wir jetzt gerade – in der Gegenwart – am „Ende der Geschichte“ angekommen sind. Dass wir jetzt gerade der Mensch geworden sind, der wir für den Rest unseres Lebens sein werden.
Diese Annahme ist falsch! Wir alle können uns immer ändern – bis ins hohe Alter! Manchmal tun wir das freiwillig, weil wir irgendwas anders haben möchten in unserem Charakter, oft spielen aber auch äußere Umstände eine große Rolle.
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Der Wunsch nach „Selbstoptimierung“ ist da - weltweit
Sehr viele von uns wollen sich und ihr Leben freiwillig verändern. Der Wunsch nach Veränderung ist groß – und zwar weltweit. Eine große Studie verschiedener Universitäten hat das weltweit untersucht: dabei wurden über 13.000 Studierende in 56 Ländern gefragt „Wollen Sie etwas an sich / an Ihrer Persönlichkeit verändern?“
Über 60 Prozent der Probandinnen und Probanden antworteten mit „ja“ und wollten etwas an ihrer Persönlichkeit verändern. Die meisten wollten emotional stabiler, gewissenhafter und extravertierter werden.
Die „Big Five“ der Persönlichkeit
Die Wünsche nach Veränderungen betrafen die sogenannten „Big Five“ in der Psychologie. Dazu gehören die Eigenschaften „Extraversion“, „Gewissenhaftigkeit“, „Neurotizismus“, „Verträglichkeit“ und „Offenheit“. Die „Big Five“ sind das Standard-Modell, um die Persönlichkeit, die Charaktereigenschaften eines Menschen zu beschreiben. Dieses Modell ist entstanden, als man in den 1930er Jahren englischsprachige Wörterbücher analysiert hat, und dabei hat man festgestellt, dass die Begriffe, die menschliche Eigenschaften beschreiben, sich eigentlich alles ziemlich gut diesen fünf Kategorien zuordnen lassen. Jeder von uns hat diese fünf Haupt-Charakterzüge, nur eben in unterschiedlicher Ausprägung bzw. Stärke. Die Anteile können sich aber im Laufe des Lebens aber auch verändern.
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Der „Sozialisationseffekt“: Besonders stark verändern wir uns in neuen Lebensphasen
So ist es z.B. so, dass wir in bestimmten Lebensabschnitten oft bestimmte Charaktereigenschaften entwickeln. Die Psychologen Jule Sprecht, Boris Egloff und Stefan Schmukle haben 2011 in einer große Längsschnitt-Studie knapp 15.000 Menschen zwischen 16 und 82 im Abstand von 4 Jahren zu ihrer Persönlichkeit befragt. Dabei konnten sie feststellen, dass der größte Unterschied zwischen den verschiedenen Altersgruppen sich in der Charaktereigenschaft „Gewissenhaftigkeit“ zeigt: Zwischen 20 und 40 steigt die „Gewissenhaftigkeit“ rasant an, ab dem Rentenalter sinkt sie dann wieder.
Neue Lebensphasen sorgen für die meiste Veränderung
Besonders stark verändern wir uns, wenn wir in neue Lebensphasen übergehen, also z.B. ins Berufsleben starten, Partnerschaften eingehen, wenn wir Eltern werden, wenn die Kinder auf die Schule kommen. Denn wenn wir eine neue soziale Rolle einnehmen, müssen wir erstmal „investieren“: Wir müssen unser Verhalten ändern, uns Anforderungen anpassen, z.B. um Anerkennung zu bekommen. Durch die Bestätigung, die wir dafür von anderen bekommen, werden diese Teile unserer Persönlichkeit verstärkt. So werden wir z.B. oft gewissenhafter – also pünktlicher, ordentlicher, genauer, pflichtbewusster - weil das im Job weiterhilft. Oder wir werden verträglicher – denn das hilft in der Partnerschaft oder Familie. Forschenden bezeichnen das als „Sozialisationseffekt“.
Der „Selektionseffekt“
Andersherum entscheiden wir uns aber auch für Veränderungen, die unserer Persönlichkeit entsprechen. Wir wählen Berufe, Partner, Lebensumstände, die zu unserem Charakter passen. Jemand, der sehr extrovertiert ist, wird eher Podcast-Host*in, als jemand, der sehr schüchtern ist. Das nennt man dann „Selektionseffekt“.
Veränderung ist lebenslang möglich – aber mühsam
Da unser Gehirn Gewohnheiten liebt, ist Veränderung zwar möglich, aber oft mühsam. Das weiß jeder, der schon mal versucht hat, mit dem Rauchen aufzuhören oder die Ernährung umzustellen. Wer bewusst etwas ändern will, braucht definitiv einen „Schlachtplan“.
Dieser Schlachtplan sollte Zwischenziele (Milestones) beinhalten, also nicht gleich alles auf einmal wollen, sondern in kleinen Schritten sich dem Ziel nähern. Außerdem hilft es, sich Verbündete zu suchen. Sich zum Joggen mit jemandem zu verabreden erhöht den sozialen Druck, auch wirklich zu erscheinen.
DIE MACHER:INNEN
Sebastian Sonntag ist leidenschaftlicher Radiomoderator und Quarks-Daily-Host.
Julia Trahms ist Journalistin und beschäftigt sich am liebsten mit der menschlichen Psyche, Sport- und Ernährungsthemen.
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