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Klimapolitik
CO2-Preis: Hilft der Emissionshandel dem Klima?
Ab 2027 kommt ein neuer CO2 Preis, der unser Leben teurer machen wird: Konkret Autofahren mit Benzin und Diesel sowie das Heizen mit Öl und Gas. Wie viel teurer wird es? Und bringt der Emissionshandel dem Klima wirklich etwas?
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Artikel Abschnitt: Wie funktioniert ein CO2-Preis?
Wie funktioniert ein CO2-Preis?
Wie CO2-Preise konkret umgesetzt werden, ist global unterschiedlich. In der EU wird schon heute das Modell des Emissionshandels genutzt – bisher im ETS 1 (ETS = Emissions Trading System), der Emissionen aus dem Stromsektor sowie von energieintensiver Industrie abdeckt. Seit 2012 fällt zudem der innereuropäische Flugverkehr darunter, seit 2024 auch der Seeverkehr. In diesen Bereichen zahlen die Verursachenden also schon für ihre Emissionen.
Ab 2027 soll ein neuer Emissionshandel in der EU eingeführt werden: der ETS 2. In diesen fallen dann die Emissionen aus dem Verkehrs- und Gebäudesektor. Konkret heißt das, vor allem Heizen und Autofahren wird teurer.
So funktioniert der EU-Emissionshandel
Schon jetzt ist in Deutschland ein Preis auf das CO2 fällig, das durch Heizen und Verkehr entsteht. Seit 2021 gibt es hier das nationale Emissionssystem. Jede Tonne CO2 kostet seit Anfang 2025 deutschlandweit 55 Euro. 2024 waren es bereits 45 Euro pro Tonne. Dieser Preis ist von der Politik festgelegt worden.
Ab 2027 wird das nationale Emissionssystem voraussichtlich vom EU-Emissionshandel ETS 2 abgelöst. Ab dann wird kein fester Preis mehr bestimmt, stattdessen entscheidet sich der CO2-Preis frei am Markt – vergleichbar mit Aktien, die an der Börse gehandelt werden.
Konkret heißt das: Ab 2027 muss für jede Tonne CO2, die in der EU verursacht wird, ein Zertifikat gekauft werden. Das sind einfach ausgedrückt Erlaubnis-Scheine, um CO2 durch Verkehr oder Heizen zu verursachen. Diese Zertifikate kaufen die sogenannten "Inverkehrbringer" – also etwa die Tankstellen-Betreiber, Öllieferanten oder Gas-Versorger. Für jede Tonne CO2, die ihre Produkte verursachen, müssen sie ein Zertifikat nachweisen. Beispielsweise entsprechen etwa 420 Liter Benzin einer Tonne CO2. Können sie kein Zertifikat nachweisen, werden hohe Strafzahlungen fällig.
Für den Klimaschutz: Anzahl der CO2-Zertifikate begrenzt
Der Knackpunkt: Es gibt nur eine begrenzte Menge an Zertifikaten, die verkauft werden. 2027 werden es etwas über einer Milliarde Zertifikate sein. Das hat die EU-Kommission Ende 2024 entschieden. Ein knappes Angebot trifft also auf eine voraussichtlich höhere Nachfrage. Zumindest aktuell liegen die CO2-Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude (s. blaue Linie) nämlich noch ein ganzes Stück über der Menge an CO2-Zertifikaten (s. rote Balken):

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Es gibt Mechanismen in dem EU-Gesetz zum Emissionshandel, die den Start des Zertifikatehandels etwas abfedern sollen. Das soll dafür sorgen, dass der Handel überhaupt funktioniert. Doch auch mit diesen Mechanismen wird der Preis ansteigen.
Den Anstieg merken wir alle an der Tankstelle oder bei der Heizkosten-Abrechnung. Kurzfristig können wir uns entscheiden, die Heizung runterzudrehen oder weniger Auto zu fahren. Langfristig schützt aber nur ein Umstieg auf klimafreundliche Alternativen vor den hohen Kosten. Denn die Zertifikate-Menge, die verkauft wird, reduziert sich von Jahr zu Jahr, bis sie bei Null liegt. Dann dürfen gar keine neuen Emissionen mehr verursacht werden. So will die EU das gesetzlich festgelegte Ziel von Klimaneutralität bis 2050 schaffen.
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Wie teuer wird das Leben durch den CO2-Preis?
Wie teuer es wirklich wird, hängt unter anderem davon ab, welche Klimaschutzmaßnahmen bis 2027 noch angestoßen werden. Denn reduzieren wir jetzt schon viel CO2, bevor der Emissionshandel startet, wird es 2027 gar nicht so eine hohe Nachfrage nach Zertifikaten geben, wie momentan angenommen wird.
So viel kostet unser Leben in Zukunft
Das Forschungsinstitut MCC Berlin, das sich mit Klimaökonomie und Politik beschäftigt und seit 2025 Teil des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist, hat einige Beispielrechnungen dazu aufgestellt. In diesem Rechenbeispiel sind die Forschenden davon ausgegangen, dass nur begrenzt Klimaschutz in Deutschland betrieben wird. Das würde bedeuten: Der CO2-Preis könnte 2027 bei etwa 200 Euro starten und bis 2030 auf knapp 300 Euro ansteigen.
Beispiel 1
Eine vierköpfige Familie, die im Einfamilienhaus auf dem Land lebt und mit Öl heizt. Durch den CO2-Preis müsste sie innerhalb von zehn Jahren 6.300 Euro zusätzlich zahlen – die Kosten für das Öl selbst kämen natürlich noch dazu. Für das Tanken eines Verbrenner-Autos würden innerhalb von zehn Jahren nochmal circa 4.500 Euro dazukommen. Das macht also im Schnitt über 1000 Euro mehr pro Jahr.
Beispiel 2
Eine Rentnerin, die allein in einer Wohnung in der Stadt lebt und mit Gas heizt. Bei den Heizkosten würden für sie innerhalb von zehn Jahren 3.750 Euro mehr dazu kommen. Hat sie zusätzlich ein Verbrenner-Auto, wären das nochmal knapp 2.500 Euro mehr für Spritkosten in zehn Jahren. Auch sie hätte also über 600 Euro im Jahr mehr Kosten als bisher.
Deutschland kommt bei der Preisentwicklung eine besondere Rolle zu. Denn laut Daten des Öko-Instituts sind wir in Deutschland im Bereich Verkehr und Heizen für fast ein Viertel der Emissionen in der EU verantwortlich. Was hier noch an Klimaschutz passiert, entscheidet mit über den Preis, den später die gesamte EU zahlt.
Teurer wird es aber in jedem Fall, auch wenn der CO2-Preis nur auf 100 oder 200 Euro ansteigt. Deshalb ist ein sozialer Ausgleich dieser Kosten wichtig.
Artikel Abschnitt: Wie sieht ein sozialer Ausgleich beim CO2-Preis aus?
Wie sieht ein sozialer Ausgleich beim CO2-Preis aus?
Idee 1: Gleiches Klimageld für alle
Eine Möglichkeit dafür ist das sogenannte Klimageld. Diese Idee wird in der Forschung viel diskutiert und kommt auch in der Politik immer wieder auf. Im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung wurde beispielsweise ein Klimageld beschlossen – das letztlich am nicht vorhandenen Auszahlungsmechanismus scheiterte. In Zukunft soll zu jeder Steuer-Identifikationsnummer eine IBAN gespeichert werden, damit solche Zahlungen möglich werden.
Der Gedanke beim Klimageld: Jeder Mensch in der EU bekommt dieselbe feste Summe zurückbezahlt. Würde der CO2-Preis zum Beispiel bei 100 Euro pro Tonne liegen und würden die Einnahmen komplett an die Menschen zurückgehen, wären das 255 Euro im Jahr.
Auch wenn alle dasselbe bekommen, würden ärmere Menschen mehr davon profitieren als reichere. Denn reichere Menschen fahren häufig größere Autos und brauchen mehr Benzin, sie haben größere Wohnungen oder Häuser und deshalb höhere Heizkosten. Trotz Klimageld machen sie dann ein Minus. Ärmere Menschen würden durch das Klimageld unterm Strich eher Gewinn machen, ihre Belastung würde stärker abgefedert.
Idee 2: Klimageld – gestaffelt nach Wohnort
Es gibt auch die Idee, dass nicht alle dasselbe Geld bekommen, sondern das Klimageld gestaffelt ausbezahlt wird. Ähnlich wie in Österreich, wo es einen sozialen Ausgleich für CO2-Kosten – dort heißt er Klimabonus – bereits seit 2022 gibt, seit 2023 wird er regional gestaffelt ausgezahlt. Das heißt, dort bekommen Menschen, die auf dem Land leben, beispielsweise mehr als die, die in der Stadt wohnen. Denn auf dem Land ist man stärker aufs Auto angewiesen und hat automatisch höhere Kosten als jemand, der auch mit Bus und Bahn unterwegs sein könnte.
Das heißt aber nicht, dass wir unsere CO2-Emissionen in Zukunft einfach durch das Klimageld gegenfinanzieren können. Die Idee der CO2-Bepreisung ist ja, dass die höheren Benzin- und Heizkosten uns dazu motivieren, auf klimafreundliche Lösungen umzusteigen. Das Klimageld soll ein zusätzlicher Anreiz sein, diese Investitionen zu wagen. Aber ein Klimageld von 255 Euro im Jahr kann weder ein E-Auto noch eine Wärmepumpe finanzieren.
Der Rest der Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel, die nicht in den direkten sozialen Ausgleich fließen, dürfen die einzelnen Staaten nur für Klimaschutz-Maßnahmen nutzen. Also beispielsweise, um die Ladeinfrastruktur von E-Autos auszubauen, den Umstieg auf eine Wärmepumpe zu fördern oder den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. Denkbar sind auch Zuschüsse für energiesparende Fenster oder eine neue Dämmung, um weniger Heizöl oder Gas zu verbrauchen.
Fachleute sind sich einig, dass neben dem Preis solche zusätzlichen Maßnahmen notwendig sind, um die Emissionen sinnvoll zu reduzieren.
Artikel Abschnitt: Was bringt der CO2-Preis dem Klima?
Was bringt der CO2-Preis dem Klima?
In der EU gibt es schon heute einen funktionierenden Emissionshandel: den ETS 1, der Strom, energieintensive Industrie, Flug- und Seeverkehr abdeckt. Dieser Emissionshandel läuft bereits seit 2005. Dort wurden die Emissionen EU-weit um 48 Prozent reduziert. Das zeigt: Das System funktioniert prinzipiell.
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Einnahmen aus dem ETS werden in Klimaschutz investiert
2024 hat der ETS 1 gemeinsam mit dem nationalen Emissionssystem für Deutschland Einnahmen von rund 18,5 Milliarden Euro generiert. Diese Einnahmen fließen in den Klima- und Transformationsfonds, der nur für klimafreundliche Maßnahmen genutzt werden darf. An der Auslegung, was klimafreundliche Maßnahmen sind, gab es in der Vergangenheit allerdings Kritik. Neben Förderungen für energetische Sanierungen wurden mit dem Geld zum Beispiel auch Halbleiterwerke gefördert.
Eine Studie hat für die EU berechnet, dass die Wirtschaft unter dem Emissionshandel ETS 1 nicht gelitten, sondern in manchen Bereichen sogar profitiert hat. Auch andere Untersuchungen belegen, dass ein Emissionshandel ein geeigneter Weg ist, um CO2-Emissionen zu reduzieren.
Mit dem neuen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude sollte es also möglich sein, die Emissionen in den Bereichen schnell und effizient zu reduzieren. Die bisherige Forschung dazu zeigt aber auch: Das akzeptieren die Menschen aber nur, wenn gleichzeitig für den sozialen Ausgleich gesorgt wird – und wenn ausreichend Maßnahmen beschlossen werden, die es uns allen ermöglichen, nach und nach auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen.
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Quellenangaben zum Artikel:
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Bei weiteren ideologischen klimairren Mehrkosten werde ich entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten: ALLE Spenden einstellen KEINE Überstunden mehr, da der Busfahrplan meinen Alltag bestimmt – Finanzieller Ausgleich durch Schwarzarbeit im Ort KEIN neues (deutsches) Auto mehr – ist ja eh nicht gewollt… Urlaubsreisen massiv einschränken – die vom Tourismus abhängigen Länder werden… Weiterlesen »
Hallo Frau Bültena, eine Bitte: Könnten Sie die Zahlenbeispiele im Artikel so ergänzen, dass sie auch vergleichbar sind? Auf der Kostenseite legen Sie 200€/T zugrunde, auf der Klimageld-Seite aber nur 100€/T. Nach meiner Rechnung hätte die vierköpfige Familie aus ihrem Beispiel zwar jährlich 1000€ Mehrkosten, bekäme aber bei Klimageld-Konzept 1.)… Weiterlesen »
Vielen Dank für deine Anmerkung. LG aus dem Quarks Team
Das war ein erster Eindruck nach 30 s quer lesen. Eigentlich war ich auf der Suche nach einer grafisch aufbereiteten Dokumentation, die den Themenkomplex CO2-Preis und Klimageld transparent macht. Die Fragen sind: Was ist das? Wie funktioniert das? Wie und wo fließt welches Geld? Und wie viel ist das eigentlich:… Weiterlesen »
Also das ist im Grunde eine ideologisch geprägte Vollabzocke der Bevölkerung in der Zukunft aber auch schon jetzt. Die die sich das ausgedacht haben um uns zu bevormunden kann man aber auch abwählen. Und ich denke, dass die die wenig Geld haben das auch auch tun werden, vermutlich spätestens 2029,… Weiterlesen »
Wenn das kommt, na gute Nacht Deutsche Bevölkerung, wer soll das Zahlen? Mieten oder Eigentum egal ob Selbständig oder Angestellt absolut unmöglich. Eine Realitätsferne Idee, E-Mobilität unbezahlbar, Mieten unbezahlbar, Immobilien unbezahlbar… nur noch Arbeiten, für wem oder was bitte. Die EU brennt in naher Zukunft… Das ist sicher!
Leute, rechnen! Zusammen mit Klimageld wären wir fast alle im Plus. Und die, die draufzahlen, können es sich leisten.
Allein die Quellen für diesen Text (Graichen Clan und Claudia Kemfert) zeigen wie „objektiv“ man hier schreibt. Alles grüne Vorfeldorganisatoren. Die Vorstellung, dass durch unilaterale, also einseitige, Co2 Bepreisung, wie es jetzt in der EU kommen soll, dem Klima nützt ist ein totaler Irrglaube. Das wird einfach nicht geschehen, man… Weiterlesen »
Das, was im Rest der Welt passiert, ist gar nicht so interessant. Alles, was wir einsparen, müssen wir auch nicht bezahlen. Es gäbe also weniger Kapitalabfluss in das nicht-EU-Ausland. Möglicherweise können wir durch Verbrauchsminderung sogar die Preise am Weltmarkt drücken. So wird auch das günstiger, was wir doch noch benötigen.… Weiterlesen »