Artikel Kopfzeile:
Umweltschädliche Subventionen
Darum ist die Dienstwagenbesteuerung schlecht fürs Klima
Klasse, so ein Dienstwagen: Der Arbeitgeber bezahlt, für die Beschäftigten kostet das Auto viel weniger und oft gibt’s noch eine Tankkarte dazu. Gut für das Klima ist das nicht …
Sprungmarken des Artikels:
Inhalt
- Darum geht’s: Dienstwagen sind sowohl für Halter:innen als auch für die Firmen steuerlich günstig
- Darum müssen wir drüber sprechen: Mehrere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Dienstwagenregelung zu klimaschädigendem Verhalten verleitet
- Aber: Wären E-Autos als Dienstwagen eine Lösung?
- Und jetzt? Wie könnte eine klimafreundliche Regelung aussehen?
- Darum geht’s: Dienstwagen sind sowohl für Halter:innen als auch für die Firmen steuerlich günstig
- Darum müssen wir drüber sprechen: Mehrere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Dienstwagenregelung zu klimaschädigendem Verhalten verleitet
- Aber: Wären E-Autos als Dienstwagen eine Lösung?
- Und jetzt? Wie könnte eine klimafreundliche Regelung aussehen?
Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Dienstwagen sind sowohl für Halter:innen als auch für Firmen steuerlich günstig
Der Think Tank Agora-Verkehrswende geht in Schätzungen davon aus, dass rund ein Drittel der gewerblich zugelassenen Fahrzeuge auch privat genutzt wird. Das sozioökonomische Panel (SÖP) hat in Befragungen herausgefunden, dass rund fünf Prozent der Beschäftigten in Deutschland einen Dienstwagen haben, den sie auch privat nutzen (können). Das entspräche rund 1,7 Millionen Personen/Pkw. Wenn man also von einer Million Dienstwagen ausgeht, ist das vermutlich eine eher vorsichtige Schätzung.
Dienstwagen als zusätzlicher Anreiz
Oft sind Dienstwagen, die auch privat genutzt werden können, ein zusätzlicher Anreiz, den Arbeitgeber:innen ihren Mitarbeiter:innen zur Verfügung stellen. Das lohnt sich für beide Seiten: Wenn Arbeitgeber:innen ihren Mitarbeiter:innen einen Dienstwagen als Gehaltsbestandteil zur Verfügung stellen, können sie die Anschaffungs- und Unterhaltskosten (etwa mögliche Leasingraten) steuerlich absetzen.
Und für die Kosten, die Dienstwagen verursachen, fallen keine Lohnnebenkosten an. Für die Arbeitnehmer:innen ist ein Dienstwagen meist deutlich günstiger als die private Anschaffung eines vergleichbaren Fahrzeugs.
Grundsätzlich muss ein Dienstwagen als sogenannter geldwerter Vorteil versteuert werden. Dabei gibt es – grob gesagt – zwei Möglichkeiten:
- Das Fahrtenbuch: Hier müssen alle Fahrten mit Reiseziel, Reisezweck und gefahrenen Kilometern genau eingetragen werden. Sämtliche Kosten lassen sich beim Finanzamt angeben und von der Steuer absetzen.
- Die sogenannte 1-Prozent-Regel: Dabei wird pauschal der Listenpreis des Fahrzeugs zugrunde gelegt. Der Halter muss dann monatlich ein Prozent des Listenpreises versteuern.
Vor allem, wer den Dienstwagen viel auch privat nutzt, profitiert von der 1-Prozent-Regel. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) rechnet das an einem Beispiel vor: Ein vergleichsweise kleiner VW Polo, 70 PS, Neupreis 14.430 Euro, kostet laut ADAC-Autokostenrechner 420 Euro im Monat (bei 15.000 Kilometern Fahrleistung im Jahr und einer Haltedauer von vier Jahren). Voraussetzung: Ganz "normale" Anschaffung als privates Auto.
Ein Porsche Cayenne, 400 PS, Neupreis knapp 75.000 Euro, kostet bei einem Steuersatz von 42 Prozent als Dienstwagen 314 Euro im Monat. Voraussetzung: Wird als Dienstwagen angeschafft.
Teilweise Flatrate zum Tanken und Autofahren
In unterschiedlichen Betrieben gibt es auch unterschiedliche Regelungen, wie etwa die Kosten für Reparaturen auf Arbeitgeber:innen und Beschäftigten verteilt werden. Viele Dienstwagen-Nutzer:innen erhalten von ihren Arbeitgeber:innen außerdem eine Tankkarte. Das bedeutet, dass sie für den Treibstoff nichts bezahlen müssen – auch nicht für private Fahrten und beispielsweise Fahrten in den Urlaub.
Je nach Firmenregelung kann eine solche Tankkarte die Funktion einer Flatrate haben. Man kann fahren, so weit man will – kostet ja nicht mehr. So gibt es keinen Anreiz, das Auto stehen zu lassen, Alternativen wie die Bahn oder das Fahrrad zu nutzen oder zu Fuß zu gehen.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Mehrere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Dienstwagenregelung zu klimaschädigendem Verhalten verleitet
Wie viel Geld die Dienstwagenbesteuerung genau kostet, ist nicht konkret zu beziffern. Das Forum Ökologische Marktwirtschaft kommt zu dem Ergebnis, dass dem Staat durch die steuerliche Begünstigung von Dienstwagen jedes Jahr 4,6 Milliarden Euro an Einnahmen entgehen. Das Umweltbundesamt (UBA) kommt in der Veröffentlichung "Umweltschädliche Subventionen in Deutschland" zu einem etwas anderen Schluss: Die Begünstigung von Dienstwagen koste jährlich 3,1 Milliarden Euro.
Trend zu immer größeren, schwereren Autos
Hinzu komme, dass durch die Regelung Halter:innen eher zu größeren und PS-stärkeren Fahrzeugen greifen – weil die Mehrkosten für die Anschaffung kaum ins Gewicht fallen. Der schwedische Wirtschaftswissenschaftler Stefan Gössling und der Münchener Wirtschaftsmathematiker Andreas Humpe haben für ihre Studie aus dem Jahr 2019 Mobilitätstagebücher ausgewertet. Demnach sind Dienstwagen größer und PS-stärker als privat zugelassene Pkw (privat: im Durchschnitt 79 Kilowatt, Dienstwagen: im Durchschnitt 97 Kilowatt).
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) betont zudem, es werde "eine autoaffine Mobilitätskultur unterstützt". Die führe dazu, dass "mehr, größere und verbrauchsintensivere Fahrzeuge" angeschafft werden, heißt es in einer Untersuchung der Agora-Verkehrswende. Zitiert wird dort eine Studie zur Besteuerung von Dienstwagen in der Europäischen Union (EU) aus dem Jahr 2010. Demnach führe die teils laxe Besteuerung von Dienstwagen in den EU-Staaten zu – je nach Schätzung – 8 bis 21 Millionen zusätzlichen Fahrzeugen in der Union. Zudem gehen die Agora-Verkehrsexpert:innen von einem Kraftstoff-Mehrverbrauch zwischen vier und acht Prozent aus. Das bedeutet mehr CO2-Ausstoß, mehr Lärm, mehr Luftschadstoffe, mehr Autos auf den Straßen.
Dienstwagen häufig als Zusatz zum Einkommen
In der Studie "Steuerliche Behandlung von Firmenwagen in Deutschland" kommen Thöne et al. zu dem Ergebnis, dass Dienstwagen "eine der häufigsten Nebenleistungen zum regulären Einkommen" in Deutschland sind.
Darüber hinaus hat die Dienstwagenregelung weitere Effekte: Weil viele Dienstwagen meist nur wenige Jahre als solche genutzt werden, gelangen die Fahrzeuge dann in den Gebrauchtwagenmarkt. Als Folge werden auch hier tendenziell größere, PS-stärkere Fahrzeuge mit vergleichsweise hohem Kraftstoffverbrauch angeboten.
Welche Folgen hat das genau fürs Klima?
Die genauen Folgen fürs Klima – also den exakten Mehrausstoß an CO2 durch diese Subvention/die Dienstwagenbesteuerung – ist schwer zu beziffern. In einer umfassenden Studie aus dem Jahr 2011 hat Projektleiter Michael Thönes vom Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut der Uni Köln für das Bundesumweltministerium auch die Klimawirkung von Dienstwagen ermittelt. Seinen Zahlen liegen Schätzungen von Greenpeace und dem Forum Ökologisch-Sozialer Marktwirtschaft zugrunde. Das Ergebnis: Der Anteil der Firmenwagen am CO2-Ausstoß aller Pkw liege bei 25 Prozent.
Auch wenn die Daten nicht ganz aktuell sind, hat sich an der grundsätzlichen Einschätzung Töne nichts geändert: Dienstwagen sind für einen relevanten Teil der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die quantitativen Auswirkungen genau zu erfassen bleibt schwierig.
Abschaffung der Dienstwagenprivilegien eine mögliche Stellschraube zur CO2-Reduktion
In einer anderen Untersuchung rechnen Gössling und Humpe hoch, dass die Abschaffung der Dienstwagenprivilegien zu einer Reduktion der Treibhausgas-Emissionen aus dem Personenverkehr von immerhin 7,5 Prozent führen könnte. Für ihre Schätzungen haben sie Mobilitätstagebücher ausgewertet und hochgerechnet, welche Auswirkungen Dienstwagen auf das Klima haben. Sie stellten fest, dass Dienstwagen mehr gefahren werden als rein privat zugelassene Fahrzeuge. Im Durchschnitt legen Dienstwagen im Jahr 24.672 Kilometer zurück, Privatautos 12.828. Allerdings geht aus diesen Zahlen NICHT hervor, wie viele der gefahrenen Kilometer wirklich dienstlich waren. Forschende sehen aber Hinweise darauf, dass eine signifikante Zahl an Kilometern mit den Dienstwagen zurückgelegt wird, die nichts mit der Arbeit zu tun haben.
In einer Untersuchung aus den Jahr 2021 haben Agora-Verkehrswende und das Öko-Institut Zahlen des Mobilität-Panels ausgewertet und kommen zu dem Schluss, "dass Dienstwagen mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von rund 30.000 Kilometern (dienstlich und privat) rund doppelt so viel im Jahr gefahren werden wie privat zugelassene Fahrzeuge".
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Wären E-Autos als Dienstwagen eine Lösung?
"Dass reine Elektrofahrzeuge als Dienstwagen mit 0,25 Prozent nun besonders gefördert werden, ist für das Klima auf jeden Fall richtig", betont Volkswirtschaftler Michael Thöne. Bei den Plugin-Hybriden ist er schon skeptischer: Denn solange die Nutzer:innen weiterhin "per Tankkarte auch konventionell tanken können, ist der Anreiz, elektronisch aufzuladen, sehr gering". Und wenn diese dann sogar noch günstiger besteuert werden, als Verbrenner, würde das das eigentliche Ziel wohl konterkarieren.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Wie könnte eine klimafreundliche Regelung aussehen
Um eine "ökologisch und sozial ausgewogene Reform" zu erreichen, schlägt die Agora-Studie vor, beispielsweise die Höhe der Besteuerung an die CO2-Emissionen des Fahrzeugs zu koppeln. Diesen Vorschlag unterstützt auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen, ein Beratungsgremium der Bundesregierung. Außerdem sollten Fahrleistung beziehungsweise Kraftstoffverbrauch angemessen besteuert werden – um Alternativen wie ÖPNV, Radfahren, zu Fuß gehen – attraktiv zu machen.
Eine generell höhere Besteuerung würde zudem die Höhe der Subventionen reduzieren. Die Untersuchung "Dienstwagen auf Abwegen" kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem die Vorteile von Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren abgeschafft werden sollten. Subventionen für elektrisch betriebene Pkw sollten zudem in der Höhe begrenzt sein, "um unausgewogene Verteilungsnebenwirkungen gegenüber jenen, die keinen Dienstwagen nutzen können, zu vermeiden".
Umweltschädliche Subventionen sollen abgebaut werden
Das UBA betont, dass umweltschädliche Subventionen abgebaut werden sollten, weil die Kosten dem Staat und der Gesellschaft aufgebürdet würden: "beispielsweise in Form erhöhter Krankheitskosten oder Kosten zur Beseitigung entstandener Umweltschäden".
Die bisherige Dienstwagenregelung abzuschaffen oder zumindest zu verändern wäre nicht nur gut fürs Klima, sondern auch sozial gerechter. Denn es sind vor allem Menschen mit höheren Einkommen, die einen Dienstwagen fahren und von der steuerlichen Begünstigung profitieren. Bezahlen müssen wir dies aber alle.
Autorin: Annika Franck
Über den/die AutorIn:
Quellenangaben zum Artikel:
Social Sharing:
Artikel Überschrift:
Dirstesgen sind ein riesen Sauerei. Hier werden fette SUWs gefördert anstatt sinnvoller Kleineagen. Dazu noch E die idR nie E fahren aber schön mit 180 über die Bahn stochen.. Da macht unsere Politik mich sowas von würend. Diestwagen, so klein möglich, rein Elektrisch oder wenn Kraftstoff getankt wird muss der… Weiterlesen »
Liebe Frau Franck, es scheint, als wenn Sie sich nie richtig mit dem Thema beschäftigt haben. Es fehlen wichtige Informationen der Kosten, für das Unternehmen wie auch für den Arbeiter/Angestellten. Weiter haben Sie wohl nicht bedacht, dass z.B. eine Elektrofirma mit 100 Angestellten (also Menschen, die auf der Baustelle arbeiten)… Weiterlesen »
Als Dienstwagen Nutzer kann ich sagen, dass der Artikel klar daneben liegt ! Die allermeisten Dienstwagen basieren auf einer Gehaltsverzichts Regelung: statt Geld gibt es den (ja, steuerlich günstigen) Dienstwagen. Der kostet aber dann bei sagen wir mal 75.000 Listenpreis eher ca. 10-12 Tsd im Jahr plus (!) die Steuer… Weiterlesen »
Ich fahre einen beruflich erforderlichen Firmenwagen. Die zusätzliche private Nutzung ist insofern klimafreundlich, als dass die Anschaffung (und vorherige emissionserzeugende Herstellung) eines zusätzlichen, nur privat genutzten PKW entfällt. Die 1%-Regel sehe ich als Erleichterungsregel, die eine zeitaufwendige Erfassung der einzelnen Fahrten entbehrlich macht. Tatsächlich wird der Wagen vermutlich mehr dienstlich… Weiterlesen »
Gut, ich verzichte also zukünftig auf den Dienstwagen. Der kostest mich – für einen gut ausgestatteten Ford Mondeo mit rund €48000 Listenpreis – etwa €500 im Monat. Ich muss unbedingt herausfinden, wie man einen €75000 – Wagen für €317 bekommen kann! Wie dem auch sei: Zukünftig fahre ich also Mietwagen,… Weiterlesen »