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Klimabilanz Stadt – Land
In der Stadt leben: Ist das wirklich besser fürs Klima?
Kleine Wohnung, kein Auto und hohes Umweltbewusstsein. So stellt man sich Stadtbewohner:innen vor. Aber haben sie wirklich einen kleineren CO2-Fußabdruck als Landbewohner:innen?
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Die Klimabilanz von Stadt- und Landbewohner:innen
Welcher Lebensstil verursacht mehr CO2?
Aber verursacht jeder Lebensstil gleich viel CO2? Unterscheidet sich unser Alltag dafür nicht viel zu stark – vor allem der zwischen Stadt und Land? Umweltbewusste Stadtbewohner:innen sehen sich ja oft im Vorteil: In der Stadt sind Bus und Bahn besser ausgebaut als auf dem Land, man kann eher aufs Auto verzichten.
Wohnraum hingegen ist teuer. Wer sich ein großes Haus leisten will (und dann auch beheizen muss), zieht ins Dorf und muss häufig pendeln. Was nachhaltige Modegeschäfte und veggiefreundliche Restaurants angeht, wird man in großen Städten eher fündig. Könnte es also stimmen, dass Menschen in der Stadt einfach klimafreundlicher leben als auf dem Land?
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Der Mythos vom klimafreundlichen Stadtleben
Positives Beispiel: New York City
Das Ergebnis scheint den Mythos vom klimafreundlichen Stadtleben zu bestätigen: In der Millionenmetropole New York City zum Beispiel verursachten die Bewohner:innen laut Glaeser im Jahr 2001 unglaubliche sechs Tonnen weniger CO2 als die Menschen in den Vororten. Dass sechs Tonnen eine ganze Menge ausmachen, wird klar, wenn man bedenkt, dass durchschnittlich pro Person in den USA zum Zeitpunkt der Datenerhebung 20 Tonnen CO2 ausgestoßen wurden. In der Stadt ließ sich also offenbar eine ganze Menge an CO2 einsparen.
Grund dafür sei, so Glaeser, dass Menschen in den Vororten viel mehr Auto führen, die größeren Anwesen einen höheren Wärmeverbrauch hätten und der Stromverbrauch höher sei. In einer Metropole wie New York City hingegen seien nicht nur die Apartments kleiner, die Bewohner:innen benutzten auch doppelt so oft Metro und Busse wie Autos. Bei solchen Zahlen kam der US-Ökonom nicht umhin, den klimafreundlichen "Triumph der Stadt" zu verkünden. Sein Bild von großstädtischen Klimaheld:innen wurde auch in deutschen Medien aufgegriffen, denn das klingt ja alles auch erst mal sehr plausibel.
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Entscheidend ist nicht Stadt oder Land, sondern arm oder reich
Doch die Verhältnisse US-amerikanischer Vororte, wo Fußgänger:innen Exoten sind, lassen sich nicht einfach eins zu eins auf Europa übertragen. Hier hat es zwei Studien gegeben, die ein ganz anderes Bild zeichnen: eine aus Deutschland und eine aus Finnland. Hierzulande war es 2016 das Umweltbundesamt (UBA), das 1000 Stadt- und Landbewohner:innen zu ihrem Energieverbrauch befragt hat.
Nicht nur Wohnfläche und Autokilometer wurden abgefragt, auch die Anzahl von Haushaltsgeräten, Urlaubsreisen und Restaurant-Besuchen sowie der Konsum von Fleisch, Bioprodukten und Kleidung. Das erstaunliche Ergebnis: Zwischen Stadt- und Landbewohner:innen lassen sich kaum Unterschiede feststellen.
Fleischkonsum keine Stadt-Land-Frage
Das mag viele überraschen, doch in einigen Punkten war das längst bekannt – zum Beispiel bei der Ernährung. Gutbürgerliche Küche mit viel klimaschädlichem Fleisch vermuten viele eher auf dem Land als in der Stadt. Im jüngsten Fleischatlas – unter anderem herausgegeben vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND e. V.) – heißt es dagegen: "Fleischkonsum ist keine Stadt-Land-Frage". Vielmehr sei das Geschlecht entscheidend: Männer essen deutlich mehr.
Andere Ergebnisse des UBA hingegen machen stutzig. So soll es selbst bei den Autokilometern und dem Heizaufwand kaum Unterschiede zwischen Stadt und Land geben. Dabei lag die (zu beheizende) Wohnfläche laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Jahr 2018 in ländlichen Kreisen mit knapp 48 Quadratmetern pro Kopf deutlich über den 41 Quadratmetern in Großstädten.
Auch was die Nutzung des Autos angeht, hat die Studie "Mobilität in Deutschland" des Verkehrsministeriums 2017 ergeben, dass Menschen, die in der Großstadt leben, für 38 Prozent ihrer Fahrten das Auto nutzen, Menschen auf dem Land dagegen für 71 Prozent – also fast doppelt so viel.
Definition von Stadt und Land entscheidend
Einen Grund für diese widersprüchlichen Befunde sieht Peter Neitzke vom ECOLOG-Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung in der Definition von Stadt und Land. Er war Mitautor der UBA-Studie, in der alle Orte unter 20.000 Einwohner:innen als "ländlich" gelten, auch wenn sie noch im Umland großer Städte liegen. "Diese Orte haben aber oft noch eine ganz gute öffentliche Anbindung an die Stadt. In wirklich abgelegene ländliche Gegenden wird bei Face-to-Face-Befragungen wie unserer leider selten vorgedrungen", so Neitzke.
Könnte es also sein, dass die Speckgürtel von Großstädten das Bild verzerren? Was aber, wenn man diese Übergangszonen ausblendet und Menschen, die mitten in den dichten Großstadtzentren leben, mit jenen vergleicht, die in kleinen Dörfern wohnen, wo es viele Familienhäuser und wenig Bushaltestellen gibt. Schneiden die Großstadtbewohner:innen dann wenigstens besser ab?
Nein, falsch gedacht: Das Gegenteil ist der Fall. Laut der UBA-Studie verbrauchen sie sogar knapp vier Prozent mehr Energie. Das bestätigt auch die Studie aus Finnland von 2013: Dort war der CO2-Fußabdruck von Menschen in der Großstadt sogar 23 Prozent größer als auf dem Land. Aber wie ist das möglich?
Die doppelten Strukturen der Stadt
Eine mögliche Antwort liefert der Autor der finnischen Studie: Jukka Heinonen, heute Professor für nachhaltige Stadtplanung an der Universität Island in Reykjavik. Auch wenn Menschen in der Großstadt etwas weniger Auto fahren und Strom verbrauchen, so haben sie doch ein viel dichteres Angebot an Freizeitstätten, die sie intensiv nutzen: Kinos, Theater, Schwimmbäder, Restaurants und mehr.
Alle diese Orte müssten mit viel Energie betrieben und ausgestattet werden, ohne dass sie das eigene Zuhause der Stadtbewohner:innen ersetzen würden. Heinonen nennt das den "Parallelkonsum" der Stadt. Da er diese doppelten Strukturen umfassender in seine Studie einbezogen hat als das UBA, fällt der Fußabdruck der Menschen aus Großstädten bei ihm noch schlechter aus.
Entscheidend ist nicht Stadt oder Land, sondern arm oder reich
Ein anderer Grund sei, so Heinonen, dass die Bewohner:innen der teuren Großstadtzentren in der Regel auch höhere Einkommen hätten. Zu dieser Erkenntnis ist auch die Studie des UBA gekommen: Wer mehr verdient, hat größere Wohnungen, fährt schwerere Fahrzeugklassen und generell mehr Auto, fliegt häufiger in den Urlaub und geht öfter ins Restaurant. So schaffen es Menschen mit mehr als 3000 Euro Einkommen pro Monat, fast doppelt so viel Energie zu verbrauchen wie Menschen, die mit weniger als 1000 Euro auskommen müssen – völlig unabhängig davon, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben.
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Und jetzt?
Stadt und Land müssen beide klimaneutral werden
Bis es so weit ist, schlagen die Autor:innen der UBA-Studie vor, höhere Einkommen durch eine höhere Bepreisung von CO2 stärker zur Kasse zu bitten für ihren klimaschädlichen Lebensstil. Die Mehrkosten für Geringverdienende müssten dann durch Kompensationszahlungen abgefedert werden. Das würde überall klimafreundliches Verhalten fördern – in der Stadt wie auf dem Land.
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Hinweis vom Autor: Kurz nach Erscheinen dieses Artikels kam eine neue Studie des Umweltbundesamts zum Fußabdruck der Deutschen heraus. Hierbei wurde (anders als in der Studie von 2016) festgestellt, dass Großstadtbewohner:innen einen 15% niedrigeren CO2-Fußabdruck als Landbewohner:innen haben sollen, vor allem wegen der bereits angesprochenen Unterschiede bei PKW-Nutzung und Wohnfläche.… Weiterlesen »
Die Wohnfläche an sich ist doch gar nicht so entscheidend, sondern vielmehr die versiegelte Fläche. Zehn 100m² Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus versiegeln deutlich weniger als Fläche als fünf 200m² Einfamilienhäuser auf dem Land. Vor allem auch im Hinblick auf Straßen und Parkplatzflächen. Ich habe selbst lange auf dem Land gelebt… Weiterlesen »
Bedenke jedoch, das z.B. Tiere auf dem Land groß gezogen und geschlachtet werden. Auch Eier, Gemüse und Obst kommt vom Land und muss in die Stadt gebracht werden. Ich habe es fast direkt vor der Tür. Nächstes Beispiel sind die Essensreste, an welche man auch denken soll. Bei uns wird… Weiterlesen »
very good!
Eine echt gute Webside bitte so weiter machen TOP TOP TOP!!!
In den Megastädten Africas,Indien st die Geburtenrate massiv nach unten auser in den angrenzenten Armenviertel.
Meine Klimabilanz ist Top.Kein Kind dafür wenns wieder möglich ist pro Jahr eine schöne Kreuzfahrt plus ein Mittelklasse PW.