So realistisch sind Flugtaxis

Mobilität

So realistisch sind Flugtaxis

Einfach mal über den Stau hinweg fliegen, schwebend über alle hinweg? Das Flugtaxi-Konzept klingt nach Science-Fiction – am Frankfurter Flughafen soll es bald welche geben.

18. Februar 2019 | 20. Januar 2021

Inhalt

Gibt es schon erste Flugtaxis?
Wie sieht ein Flugtaxi aus?
Wo sollen Flugtaxis fliegen?
Wie garantiert man, dass es kein Chaos am Himmel gibt?
Wer soll sie fliegen dürfen?
Was gibt es für Einwände?

Gibt es schon erste Flugtaxis?
Wie sieht ein Flugtaxi aus?
Wo sollen Flugtaxis fliegen?
Wie garantiert man, dass es kein Chaos am Himmel gibt?
Wer soll sie fliegen dürfen?
Was gibt es für Einwände?

Gibt es schon erste Flugtaxis?

Flugtaxis sind eine Vision, die der französische Regisseur Luc Besson schon im Jahr 1997 im Science-Fiction-Film "Das fünfte Element" erträumt hat. Mehr als 20 Jahre später wird aus dieser Vision Realität: Ernstzunehmende Tests mit Prototypen sind bereits abgeschlossen und liefen erfolgreich. "Schon 2025 werden Flugtaxis in großen Städten auf ersten, festgelegten Routen Passagiere transportieren", prognostiziert Daniel Guffarth, der für die private Beratungsgesellschaft Horváth eine Wirtschaftsstudie zu dem Thema erstellt hat.

Die Studie basiert auf qualitativen Experteninterviews, Marktanalysen und digitalen Sentimentanalysen. Die Wirtschaftsprognose geht davon aus, dass es im Jahr 2035 insgesamt 23.000 Flugtaxis weltweit geben könnte.

Wie sieht ein Flugtaxi aus?

Es gibt unterschiedliche Versionen solcher Flugtaxis. Optisch sind sie irgendwo zwischen Helikopter und Auto anzusiedeln. Die Flugtaxis eines deutschen Start-ups ähneln zum Beispiel ein wenig den Drohnen, die auch als Technikspielzeug genutzt werden. Sie sind nur so groß, dass zwei Passagier:innen darin Platz finden können. Angetrieben werden diese Flugtaxis von 18 Rotoren, die kreisrund angeordnet sind – sodass die Geräuschkulisse deutlich geringer ist als bei einem herkömmlichen Hubschrauber. Ein anderer deutscher Hersteller hat seine Modelle mit 36 kleinen Elektromotoren ausgestattet. Für alle Flugtaxis gilt: Der Antrieb ist elektrisch.

Mikroprozessoren und moderne Assistenzsysteme halten die bemannten Drohnen mit zwei – oder vier – Passagier:innen stabil in der Luft. Zunächst sollen die Flugtaxis mit Pilot:innen von A nach B fliegen, später auch autonom.

Wo sollen Flugtaxis fliegen?

Flugtaxis sollen vor allem in Innenstädten eingesetzt werden. In asiatischen Großstädten sind die Pläne schon konkret – etwa in Dubai oder Singapur. Sinnvoll könnten Flugtaxis aber auch in stark strapazierten Pendlerregionen sein, etwa in der Rhein-Ruhr-Region. Mehr als eine Vision ist das aktuell aber nicht. "Sobald die ersten Pilotprojekte erfolgreich sind, wird sich auch in Deutschland die Politik für Versuchsstrecken und Betriebsrouten öffnen und die erlassenen Restriktionen, die vor allem auf Hobby-Drohnen gemünzt sind, anpassen", prognostiziert Daniel Guffrath, Studienleiter der Horváth-Wirtschaftsstudie.

Konkret wird es dagegen in Frankfurt: Im Februar 2019 gab die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens "Fraport" bekannt, dass sie aktuell mit einem deutschen Start-up daran arbeitet, Flugtaxis in den Betrieb zu integrieren. Erste Ziele: das Frankfurter Messegelände, der Hauptbahnhof und einzelne Hochhäuser. Realistisch ist, dass die Flugtaxis auf einer Höhe von 400 Metern unterwegs sind. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Reisehöhe eines Langstreckenflugzeugs liegt zwischen zehn und 15 Kilometern.

In Dubai gibt es schon konkrete Ideen, wie die Infrastruktur für die Flugtaxis aussehen könnte. In Erklärvideos des kooperierenden Start-ups wird die Vision deutlich. Demnach soll es in den Städten mehrere Ports geben, die Bushaltestellen oder Bahnhöfen ähneln – die Flugtaxis fliegen also nicht jedes beliebige Ziel an, sondern fliegen von Port zu Port. Als Abflugstellen für die Flugtaxis könnten die Dächer von Hochhäusern oder Einkaufszentren dienen. An den Ports wird dann auch die Batterie nachgeladen oder komplett ausgewechselt.

Wie garantiert man, dass es kein Chaos am Himmel gibt?

Bei uns in Europa darf kein Flugtaxi abheben, bevor nicht die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA den Flugtaxis die kommerzielle Zulassung erteilt hat. Die Hersteller rechnen damit, dass das in den nächsten zwei Jahren geschieht. Erst dann können etwa auch die Probeflüge am Main starten. Darüber hinaus muss es Abstimmungen mit allen beteiligten Behörden und Verbänden geben, und zwar auf allen Ebenen. Denn: Der Luftraum gehört keinem Privatunternehmen, sagt Oliver Lah, Leiter Forschungsbereich Mobilität am Wuppertal-Institut in Berlin. In sehr innovationsfreudigen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten wird es deshalb wohl auch einfacher sein, Genehmigungen für den Betrieb zu erhalten, als in Deutschland. Und: Da noch viele technische Details nicht gelöst sind, wird es noch dauern, bis es am Ende zu einem möglichen Regelbetrieb kommt.

Wer soll sie fliegen dürfen?

Flugtaxis fliegen autonom, also ohne Flugkapitän:in. Wer sie tatsächlich als Passagier:in nutzen wird, hängt vom Kilometerpreis ab, sagt Mobilitätsexperte Stefan Bratzel, Institutsleiter des Center of Automotive Management (CAM) aus Bergisch Gladbach. Zunächst werden die Flüge eher teuer sein, sodass vor allem Geschäftsleute zu den Kund:innen zählen dürften, um schnell von einem Punkt zum anderen zu kommen. Neben Geschäftsleuten könnten sich von den Flugtaxis aber noch Touristen angesprochen fühlen, die eine Stadt von oben erleben möchten.

Was gibt es für Einwände?

Kritiker:innen sagen: Flugtaxis werden vor allem unsere innerstädtischen Stauprobleme nicht lösen. Oliver Lah vom Wuppertal-Institut etwa kritisiert, dass Flugtaxis mit ihren maximal vier Passagier:innen den Individualverkehr nur von der Straße in die Luft verlegen würden – und nicht zu einer Entlastung des öffentlichen Verkehrs beitragen. Deshalb sei mit der Bereitstellung solcher Flugtaxis niemandem geholfen: "Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch gesellschaftlich wünschenswert." Wir als Gesellschaft müssten uns ganz genau überlegen, ob wir unseren Luftraum für die Privatwirtschaft freigeben. Lah kritisiert zudem, dass (aktuelle) Flugtaxi-Modelle zu laut, zu teuer – und auch noch zu gefährlich seien.

Um das Stauproblem in unseren Städten zu lösen, müssen wir unsere Innenstädte attraktiv zugleich für Fußgänger und Radfahrer gestalten, sagt Lah. Außerdem müssen wir den öffentlichen Nahverkehr weiter verbessern und aufeinander abstimmen.

Andreas Sträter

... ist promovierter Journalist und arbeitet in verschiedenen Positionen für Quarks. Themenschwerpunkte u.a. Landwirtschaft, Nutztierhaltung, Umwelt, Internationales, Aktuelles.