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Plastik
Darum sind Biomüllbeutel nicht umweltfreundlich
Auch Biokunststoffe brauchen in der Natur teils Jahre, um sich zu zersetzen. In vielen Kompostieranlagen sind sie gar nicht erlaubt.
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Biomüllbeutel ist nicht gleich Biomüllbeutel
Ist ein Kunststoff biologisch abbaubar, könnte man vermuten, dass dieser auch auf pflanzlicher Basis hergestellt wurde. Doch das ist ein Trugschluss: Biologisch abbaubare Kunststoffe können, aber müssen nicht “biobasiert” – also aus nachwachsenden Rohstoffen wie etwa Mais oder Stärke – hergestellt sein. Denn es gibt auch erdölbasierte Kunststoffe, die unter bestimmten Bedingungen durch Mikroorganismen zersetzt werden können. Biomüllbeutel sind hierzulande allerdings nur für die Bioabfallsammlung zugelassen, wenn sie zumindest zu einem Großteil aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, schreibt das Umweltbundesamt.
Doch Vorsicht: Nur weil “Bio” draufsteht, heißt das noch nicht, dass jeder Biomüllbeutel die gewünschten EIgenschaften mitbringt. Wer es genau wissen will, muss aufs Kleingedruckte achten:
- Steht auf der Tüte “biologisch abbaubar”, so bezieht sich das nur auf die Abbaubarkeit und nicht auf die Herkunft der Rohstoffe.
- Steht dort “Biokunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen” oder Ähnliches, so ist die Tüte auch biobasiert.
Selbst dann ist allerdings nicht sichergestellt, dass die Tüte aus 100 Prozent nachwachsenden Rohstoffen besteht, es kann auch ein kleiner Teil an erdölbasierten Polymeren beigemischt sein, um zum Beispiel die Reißfestigkeit des Müllbeutels zu erhöhen.
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Darum müssen wir drüber sprechen:
Biobeutel sind keine Lösung für unser Plastikmüllproblem
Das Problem: Nur knapp die Hälfte dieser Kunststoffabfälle wird recycelt (2019 waren es 47 Prozent). Der Großteil wird stattdessen verbrannt. Dabei wird zwar Energie gewonnen, doch die Klimabilanz lässt trotzdem zu wünschen übrig: Selbst wenn die Verbrennungsenergie von Kunststoffen genutzt wird und anderswo dadurch Emissionen einspart werden, so werden bei der Neuproduktion von Plastik inklusive Verbrennung pro Kilogramm Kunstoffen knapp fünf Kilogramm CO2 frei, zeigt eine Studie im Auftrag des Nordic Council of Ministers. Das sind mehr als doppelt so viele Treibhausgase wie beim Recyclingprozess entstehen.
Fest steht: Plastikmüll sollte vermieden werden – und das fängt schon bei den Müllbeuteln an. Da klingen kompostierbare Biobeutel erstmal nach einer guten Alternative: Sie zersetzen sich von alleine, müssen also auch gar nicht mehr recycelt werden, so die Hypothese. Daran gibt es allerdings nicht nur einen, sondern gleich drei Haken:
Haken 1: Biomüllbeutel zersetzen sich nur unter bestimmten Bedingungen
“Kompostierbare Plastiktüten sollten nicht in die Umwelt gelangen,” sagt Stephan Kabasci, Experte für Biokunststoffe am Fraunhofer Institut UMSICHT. Denn wie schon erwähnt bedeutet kompostierbar, dass sich die Tüte unter bestimmten Bedingungen in Kompostieranlagen innerhalb von drei Monaten weitgehend mithilfe von Mikroorganismen zersetzt. Dazu herrschen in Kompostieranlagen Temperaturen von über 60 Grad Celsius. Solche Bedingungen finden sich aber nicht oder kaum in der Natur. Selbst wenn in der Beschreibung von Plastiktüten “biologisch abbaubar” steht, braucht der Kunststoff in der Natur mitunter Monate oder sogar Jahre, um sich zu zersetzen – wie eine Studie der University of Plymouth zeigt.
Warum biologisch abbaubares Plastik keine Vorteile hat, erklären wir hier
Genau deshalb gehören Biomüllbeutel weder in die Natur noch auf den heimischen Kompost. Die Biomüllbeutel dürfen sogar in den meisten Fällen nicht einmal in die Bioabfalltonne. Beziehungsweise dürfen sie das nur, wenn sie mit dem Keimling-Symbol gekennzeichnet sind und ausdrücklich für die Bioabfallsammlung vor Ort zugelassen sind.
Das Problem: Meist sind die Kompostieranlagen vieler Gemeinden nicht ausreichend technisch ausgestattet, um die Biomüllbeutel schnell zu zersetzen. Hinzu kommt, dass die eingesetzte Sortiertechnik meist nicht zwischen abbaubaren und konventionellen Kunststofftüten unterscheiden kann. Das führt dazu, dass die Biobeutel am Ende auch in Kompostieranlagen größtenteils gemeinsam mit anderen Störstoffen abgetrennt und als Restmüll entsorgt und verbrannt werden.
Sind die Biomüllbeutel nicht für die Biotonne zugelassen, müssen sie im Gelben Sack oder der Gelben Tonne entsorgt werden. Allerdings haben sie auch hier nicht ihren optimalen Platz gefunden, warnen die Autoren der Plymouth-Studie: Die chemischen Zusätze in biologisch abbaubaren Kunststoffen können die Wertstoffmischung verunreinigen, im schlimmsten Falle nutzlos machen und so die Wiederverwertung anderer gesammelter Kunststoffe erschweren.
Haken 2: Nach der Kompostierung bleibt wenig Brauchbares übrig, mitunter toxische Stoffe
Hersteller von Biomüllbeuteln haben inzwischen reagiert und Material mit kürzerer Abbauzeit entwickelt. Auch Kompostieranlagen bemühen sich bereits umzustellen. Doch selbst wenn die Zersetzung von Biomüllbeuteln in den Prozess von Kompostieranlagen flächendeckend integriert wird: Am Ende entsteht beim Abbau der Tüten hauptsächlich CO2 und Wasser. Biomülltüten tragen somit nicht dazu bei, dass nährstoffreicher Kompost entsteht, kritisiert das Umweltbundesamt. Deshalb schneide die energetische Verwertung – also das Verbrennen der Biotüten, um Energie zu gewinnen – in der Ökobilanz sogar besser ab, als wenn die Biomüllbeutel kompostiert würden. Traurig, aber wahr.
Die Analyse eines europäischen Forschungsteams zeigt zudem: Genauso wie in herkömmlichen Plastikprodukten sind auch in Biokunststoffen Schadstoffe enthalten, die beim biologischen Abbau frei werden können. Unter den 43 untersuchten biobasierten und bioabbaubaren Produkten waren Einweggeschirr, Lebensmittelverpackungen, aber auch Biomüllbeutel. “Um mögliche schädliche Effekte der Chemikalienmischung zu analysieren, haben wir die Substanzen aus den Produkten herausgelöst und in Zelltests untersucht”, erklärt Lisa Zimmermann, die Leiterin der Studie an der Universität Frankfurt. “Drei Viertel aller untersuchten Produkte enthielten schädliche Chemikalien,” sagt Zimmermann. Dabei wirkten auch Substanzgemische in Biomüllbeuteln toxisch auf Zellen. “Das heißt nicht, dass alle Biomüllbeutel schädliche Chemikalien enthalten”, sagt Lisa Zimmermann. Das hänge vom jeweiligen Produkt ab und müsse im Einzelfall untersucht werden.
Haken 3: Auch Plastik auf Pflanzenbasis ist nicht wirklich nachhaltig
Biomüllbeutel sind in den meisten Fällen biobasiert, sie bestehen also ganz oder zumindest zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen. Werden sie verbrannt oder kompostiert, werden also überwiegend nur die CO2-Mengen frei, die Pflanzen zuvor aus der Atmosphäre entnommen und eingebaut haben. Bei erdölbasierten Kunststoffen ist das anders: Hier wird jeweils das in den fossilen Rohstoffen gespeicherte CO2 frei, welches das Klima zusätzlich belastet.
Könnte das also ein Pluspunkt für die Nachhaltigkeit von Biomüllbeuteln sein? Leider ist die Rechnung nicht so einfach, wie eine Studie der Universität Bonn zeigt: Durch die steigende Nachfrage nach pflanzenbasierten Kunststoffen werden mehr Waldflächen gerodet und zu Ackerland umgebaut – und durch diese Rodungen werden wiederum enorme Mengen an Kohlendioxid frei. Steigt die Nachfrage an Biokunststoffen, so könnte der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen zunächst sogar steigen, berichten die Forschenden. Es handele sich dabei zwar nur um einen einmaligen Effekt. Dennoch dauert es Jahrzehnte, bis dieser durch die erzielten Einsparungen wettgemacht wird.
Auch das Umweltbundesamt betont, dass sich der Anbau von “Plastikrohstoffen” wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrohr negativ auf die Umwelt auswirkt. Denn auch hierfür würde Erdöl benötigt, zum Beispiel für die Herstellung von Diesel und Düngemitteln. Zudem würde der Boden durch die landwirtschaftliche Nutzung oft überdüngt. “Unterm Strich muss man deshalb derzeit sagen: Biobasierte Kunststoffe sind noch längst nicht umweltfreundlicher als herkömmliche Kunststoffe”, schreibt das Umweltbundesamt.
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Und jetzt?
Müllbeutel aus Recyclingmaterial oder am besten gar keine nutzen
Ein gut recycelbares Material ist Polyethylen. Tüten aus diesem Kunststoff können mehrfach wiederverwertet werden und so Ressourcen für Neuware sparen. Das Problem bleibt jedoch, dass auch beim Recycling-Prozess Energie und zusätzliche Ressourcen verbraucht werden. Und auch die Recycling-Plastiktüten werden nicht in der Natur abgebaut. Das Müllproblem lösen also auch sie nicht.
Auch auf Papierbeutel sollte verzichtet werden. Denn sie werden meist aus Frischfasern und nicht aus recyceltem Papier hergestellt, um die Reißfestigkeit zu erhöhen. Auch hier sind also immer wieder neue Ressourcen nötig. Papiertüten sind aber immerhin die einzigen, die in den Biomüll dürfen.
Warum Papiertüten gar nicht so nachhaltig sind, erklären wir hier
Deshalb gilt: Am besten keinen Beutel für den Biomüll benutzen. Das hat auch schon bei den Generationen vor uns geklappt. Sie haben einfach ein Stück Zeitungspapier unten in den Mülleimer gelegt. Das saugt die Feuchtigkeit auf und verhindert, dass der Müll beim Ausschütten am Boden kleben bleibt – und es funktioniert auch heute noch.
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Ich möchte nur kurz auf einen fehlenden Buchstaben unter Haken 3 aufmerksam machen.
„Bei erdöbasierten Kunststoffen“
Danke, wird behoben!
Diese müllbeutel sind so sinloss weil man auch garton kiste nehmen kann odär dasche!
Quarks helft uns bitte!
Lg Melina GST
Albert Einstein hätte es nicht besser sagen können
Mir wird eher schlecht bei dieser Schreibweise. Einstein sicher auch.
Das die Beutel in den Komposttierungsanlagen schneller verotten stimmt eigentlich überhaupt nicht. Die verweilzeit reicht auf keine Fall für die Zersetzung. Und die Angaben auf den Beutel zur verrotungszeit istbim Labor unter optimal Bedingungen ermittelt worden. So gut wie kein Entsorger will diese Tüten im Biomüll haben. Papiertüten haben meist… Weiterlesen »
Gemäss WWF gelangen jedes Jahr 4,8 – 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Meere. Kunstoff verseucht aber auch unsere Böden. Dei Konsequenzen sind nicht absehbar. Wenn man sieht, wieviel Kunststoff in die Umwelt gelangt, wäre es absolut notwendig, dass Plastik biologisch abbaubar wäre. Ob Bioplastik in er beschriebenen Form für… Weiterlesen »
Das oben stimmt nicht, dass Biomüll-Papierbeutel meist aus frischen Fasern hergestellt werden. Z.B. diese hier von DM sind aus recyceltem Papier hergestellt und tragen auch das Blauer-Engel-Zeichen (siehe Link ganz unten). Papierbeutel für den Biomüll zu verwenden finde ich zudem auch zig Tausend mal besser als hier extra Lebensmittel(!) zu… Weiterlesen »
Würdet ihr auch die Druckerschwärze von den Zeitungen entfernen? Also Zeitungen gehen ja wohl ebenfalls gar nicht!