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Sucht und Aggression
Sind Videospiele wirklich schädlich?
Die Gamescom zeigt: Gaming ist nicht mehr verpönt, sondern in breiten Teilen der Gesellschaft akzeptiert. Doch es bleiben einige Fragen offen: Können Videospiele süchtig machen? Machen Sie uns aggressiv? Wie groß ist die Gefahr für Kinder? Und welche Rolle spielen Handyspiele? Hier gibt es Antworten.
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Artikel Abschnitt: Können Computerspiele süchtig machen?
Können Computerspiele süchtig machen?
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Tatsächlich wird in der Forschung darüber gestritten, ob Verhaltensweisen wie Gaming mit einer Drogensucht vergleichbar sind. Es wäre auch denkbar, es stattdessen als Störung der Impulskontrolle oder Zwangsstörung einzuordnen. Alles zum Thema Sucht haben wir hier zusammengefasst.
Das nächste Level freischalten, den Highscore knacken, Sieg oder Niederlage: Zocken aktiviert unser Belohnungssystem, macht uns wacher und konzentrierter. Es ist daher nicht überraschend, dass in Experimenten beim Gaming ähnliche aktivierte Hirnareale wie bei Suchtkranken beobachtet wurden. Auch das spricht aber noch nicht für eine Sucht, denn die Hirnareale feuern genauso, wenn wir eine Schokolade essen oder in der Schule eine überraschend gute Note erhalten. Das ist also auch kein eindeutiges Zeichen für eine Sucht.
Bei einer Substanzsucht führen Drogen wie Heroin umgehend zu einer extremen Aktivierung unseres Belohnungssystems, der Körper wird einerseits mit schmerzlindernden Hormonen wie Morphin geflutet, gleichzeitig wird die Wahrnehmung gedämpft. Sobald die Wirkung nachlässt, beginnen die Entzugserscheinungen. Derart extrem tritt das alles beim Gaming nicht auf, erst recht nicht von Beginn an.
Stundenlanges Zocken: Ab wann ist viel wirklich zu viel?
Für Eltern wirkt es oft befremdlich, wenn die eigenen Kinder stundenlang vor der Konsole oder dem Computer sitzen. Aber ab wann wird’s zu viel? Häufig wird gesagt, dass exzessives Spielen ein Problem darstellt. Sind dann alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gefährdet, die mit ihrem Helden einen Tag lang durch Online-Welten wandeln, den Weltraum erobern oder eine nach der anderen virtuellen Partie Fußball bestreiten? Da besteht oftmals kein Unterschied zu einem guten Buch, das man die ganze Nacht nicht zur Seite legt und in dem man sich verliert.
Trotz stundenlanger Spielesessions gilt weiterhin nur ein kleiner Bruchteil der Spielenden als süchtig oder suchtgefährdet. Genauso wie auch die allermeisten Menschen Alkohol trinken, aber nicht abhängig sind. Dazu gehört oft noch mehr, aber genau diesem wichtigen Kipppunkt, widmen wir uns jetzt einmal ausführlich.
Wenn das Spielen zur wichtigsten Beschäftigung wird
Als Kriterien für eine Spielsucht führt die offizielle Definition an, dass eine Person unkontrolliert und exzessiv spielt und es auch anderen Aktivitäten vorzieht, selbst wenn dadurch negative Auswirkungen auf den Alltag zu erwarten sind. Hält das über mehr als ein Jahr an, wird von einem problematischen Spielverhalten gesprochen. Konkret bedeutet das: Wer zum Beispiel schon während des Schulunterrichts an die nächste Partie League of Legends denkt, bis spät in die Nacht zockt, die Hausaufgaben vergisst oder unausgeschlafen ist und dadurch die Noten schlechter werden, der hat ein Problem. Genauso, wenn außer dem Zocken kaum noch andere Hobbys stattfinden oder man sich immer seltener mit Freunden trifft. Selbstverständlich ist das auch keine Frage des Alters, denn genauso kann es Erwachsene im Berufsleben treffen.
Gefährlich wird es dann, wenn dieser Belohnungszyklus über das Spielen automatisiert wird und quasi zwanghaft. Computerspiele können wie viele andere Hobbys dazu da sein, einfach mal abzuschalten. Das geben viele Kinder und Jugendliche als Grund an, warum sie spielen.
Spielwelten als Fluchtmöglichkeit vor dem Alltag
Daneben gibt es aber auch Kinder, die spielen, um sich von schlechten Gedanken abzulenken. Viele Computerspiele bieten eine reizvolle Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag: Du kannst jemand anderes sein, du kannst Kraft und Macht haben, du kannst zaubern, du kannst Städte bauen und Welten erobern, du kannst Abenteuer erleben.
Es gibt so gut wie nichts, was man in Spielen nicht tun kann. Das ist an sich nichts Schlechtes, sofern man dem Alltag entflieht, weil man’s kann und möchte. Sobald jemand flüchtet, weil er es gefühlt muss, weil der Alltag derart bedrückend ist — ab dann kann sich das Spielen zu einer gefährlichen Kompensation entwickeln.
Wir müssen lernen, mit Medien umzugehen
Der Suchtzyklus entwickelt sich weiter, weil das Zocken den Spieler belohnt und das ziemlich sicher. Irgendwann gewinnt man halt die nächste Runde, irgendwann ist der nächste Level erreicht. Das Hirn schüttet Glückshormone aus, man fühlt sich besser. Der Alltag da draußen ist aber noch genauso wie vorher.
Es erscheint dann viel einfacher, immer häufiger und länger in die Spielewelt zu flüchten als sich dem Alltag zu stellen. Wir können uns über Spiele – genauso wie über Süßes, Drogen, Social Media — kurzfristig besser fühlen und unseren Körper biochemisch austricksen, denn der lechzt nach Belohnung und Glücksgefühlen. Genau deshalb spielen wir Level nach Level.
Durch die immergleiche Belohnung entsteht aber auch ein Gewohnheitseffekt. Wir können Pizza als Lieblingsgericht abfeiern, aber sobald täglich Pizza auf den Tisch kommt, schmeckt’s eigentlich gleich, aber die Belohnung, das gute Gefühl, nimmt drastisch ab. Unser Körper ist so eingestellt, dass er sich nicht zufriedengibt: "Gib mir was anderes. Vielleicht findest du noch etwas Besseres?"
Dann geht es darum, diesem biochemisch motivierten Drang in gewisser Weise zu widerstehen. Es ist selbstverständlich nicht schlimm, sich einfach mal vor den Bildschirm zu setzen, um zu spielen — auch wenn’s einige Stunden dauert. Aber da ist eben noch der Alltag, den wir bewältigen müssen, mitsamt allen Herausforderungen und Widrigkeiten. Wer sich aus dem Alltag zurückzieht und mit dem Zocken den leichteren Weg wählt, um sich gut zu fühlen, der ist potenziell gefährdet. Denn mit jeder Entscheidung lernt unser Gehirn, diesen Weg immer wieder zu gehen. Irgendwann fällt es immer schwerer, anders abzubiegen. Das kann so schwer werden, dass man es allein nicht mehr schafft und professionelle Hilfe benötigt.
Wie Spiele unser Gehirn austricksen
Hinzukommt, dass Spieledesigner und App-Entwickler wissen, wie sie das Gehirn der Spieler manipulieren können, damit man mehr Zeit im Spiel verbringt – oder sogar immer mehr Geld investiert. Folgende Mechanismen sind sehr häufig:
- Schwierigkeitsgrad und Aufwand steigen: Anfangs führen wenige Klicks zu Erfolgen und Belohnungen. Man steigt schnell auf, erklimmt Level nach Level. Mit der Zeit dauert jeder Aufstieg länger. Unregelmäßige oder überraschende Erfolge sorgen für besonders starke Belohnungsgefühle. Manchmal hat es mit Können und Erfahrung zu tun, manchmal ist es reine Fleißarbeit.
- Es geht immer weiter: Fernab von Spielen mit fester Handlung, bei denen einfach Schluss ist, setzen immer mehr Spiele entweder auf sehr schnelle Runden oder Endlosmodi und offene Welten, die über Stunden, Wochen oder Monate bespielt werden können. Es gibt kein Ende.
- Freischaltungen: Manche Spielinhalte, etwa besondere Spielfiguren oder Ausstattungsgegenstände wie bessere Waffen oder seltene Looks, motivieren zum Weiterspielen.
- (Un-)regelmäßige Belohnungen: Die größte Belohnung empfindet unser Gehirn, wenn wir nicht genau wissen, wann eine Belohnung eintritt. In Computerspielen warten zwar regelmäßig sogenannte Lootboxen wie eine eroberte Beute darauf, vom Spieler geöffnet zu werden. Ob sich darin aber wirklich etwas Wertvolles verbirgt, zeigt sich erst nach aufwändig animierten künstlichen Öffnungszeremonien.
Artikel Abschnitt: Machen Videospiele aggressiv?
Machen Videospiele aggressiv?
Die Debatte wurde lange Zeit geführt, als man bei Amokläufern zuhause Ego-Shooter oder First-Person-Shooter wie Counter-Strike gefunden hatte, bei denen Spieler aus der Ich-Perspektive mit Waffen kämpfen: Zielen, Schießen, Töten. Es folgte dieselbe Debatte nach den Amokläufen an der Columbine Highschool oder in Emsdetten, Erfurt oder Winnenden.
Es gibt viel mehr als nur "Killerspiele"
Für viele klang das Prinzip "Killerspiel" nach der perfekten und simplen Erklärung, weshalb so junge Menschen derart aggressiv und gewaltbereit wurden. Die Computerspiele wurden quasi zum Trainingscamp für potenzielle Amokläufer erklärt. Das Problem: Es gibt aber Millionen andere Spielende, die zwar virtuell einen nach dem anderen Gegner eliminieren, aber im Alltag keinerlei Gewaltbereitschaft zeigen. Und nach anderen Amokläufen waren keine Videospiele gefunden worden.
Eins vorweg: Videospiele sind zu vielfältig, um alle Spielenden zu meinen. Neben den diffamierten "Ballerspielen" gibt es schließlich auch Strategie- und Aufbauspiele, Rätsel- und Abenteuerspiele, Geschicklichkeitsspiele, Simulationen und Sportspiele und noch vieles mehr. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich mit ihren Ergebnissen ausschließlich auf Spiele, deren Spielmechanik auf Gewalt basiert.
Was also weiß die Wissenschaft wirklich darüber?
In den Studien hat man sich erst einmal damit beschäftigt, ob die Spielenden in ihren Gedanken eine aggressivere oder gewalttätigere Vorstellung entwickeln und da ist die Studienlage relativ eindeutig: Die Gewaltdarstellung in Computerspielen führt dazu, dass man sich häufiger und intensiver auch Gewalt innerlich vorstellt, zum Beispiel was man einer Person antun kann.
Der zweite Schritt ist, ob eine Gewalthandlung auch häufiger und öfter durchgeführt wurde. Auch das ist bei Spielenden häufiger passiert: Sie haben bei Experimenten ihrem Gegenüber zum Beispiel häufiger kleine schmerzhafte Stromstöße verpasst. Aber: Das bedeutet noch nicht, dass diese Personen auch im Alltag tatsächlich gewalttätiger werden. Es ist nur ein Indiz dafür, dass die Gewaltbereitschaft grundsätzlich höher liegen kann.
In einigen Studien war der Effekt mit steigendem Alter geringer ausgeprägt. Das bedeutet, dass die Gewaltinhalte während der geistigen Entwicklung einen stärkeren Einfluss haben können.
Letztlich setzen sich Risiko und Wahrscheinlichkeit für Gewalt, egal ob verbal oder körperlich, aus vielen verschiedenen Faktoren zusammen. Computerspiele allein genügen nicht, um aus jedem Menschen einen Gewalttäter zu formen. Was spielt also alles eine Rolle? Kurz zusammengefasst:
- Genetik: Manche Menschen sind grundsätzlich impulsiver, reizbarer und gewaltbereiter als andere Menschen.
- Soziales, kulturelles und gesellschaftliches Umfeld: schwierige und belastende Lebensumstände können zu problematischen Kompensationsmechanismen durch Computerspiele führen. Wie Menschen durch die Familie und die Gesellschaft erzogen werden und sich verhalten, scheint einen Einfluss darauf zu haben, wie man Gewalt gegenüber anderen in Spielen wahrnimmt und im Alltag ausübt.
- Psychische Gesundheit: Erkrankungen können das Gewaltpotenzial erhöhen. Psychische Belastung oder Vorerkrankungen können ein Grund sein, weshalb Menschen empfänglicher für Gewaltinhalte in Spielen werden.
- Art des Spiels: Videospiele mit und ohne Gewaltdarstellung
- Art der Gewaltdarstellung in Spielen: Videospiele unterscheiden sich im Typ der Gewalt sowie im Realismus der Gewaltdarstellung
- Medienkompetenz: Alle Handlungen in Computerspielen sind vollkommen fiktiv. Menschen müssen zwischen digitaler und realer Welt unterscheiden können. Dasselbe gilt auch für andere Medien wie Filme oder Bücher, in denen Gewalt eine Rolle spielt.
Gerade das Umfeld, in dem wir leben, hat einen Einfluss darauf, wie Gewalterfahrungen verinnerlicht und auch wieder ausgeteilt werden. Studien zeigen: Wer in Familien mit besonders viel Stress, Sorgen und Gewalt lebt, zeigt mit größerer Wahrscheinlichkeit auch eine hohe Gewaltbereitschaft.
Ein Argument könnten auch falsche oder fehlende Problemlösungsstrategien sein. In manchen Familien oder Gesellschaften werden Streitigkeiten und Probleme mit körperlicher Gewalt gelöst. In Spielen kann das ebenso der Fall sein. So wird Gewalt legitimiert und Kinder und Jugendliche lernen dieses Prinzip, sofern es nicht anders eingeordnet wird. Was man in den Medien erlebt, egal ob in einem Spiel, Film oder bei Social Media, wird Teil der Erklärung, wie die Welt funktioniert. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass man einmal passiv und einmal aktiv teilnimmt.
Erhöhte Gewaltbereitschaft im Spiel: Worte statt Waffen
Eine weitere Form der Gewalt und Aggressivität ist die verbale Gewalt. Seitdem immer mehr Spiele online gespielt werden, nimmt das Problem zu. Die Anonymität im Internet ist ein wichtiger Faktor, warum Beleidigungen, Hass und Hetze in Online-Videospielen besonders häufig und intensiv auftreten. Über Sprachchats, egal ob gesprochen oder geschrieben, werden Mitspielende beleidigt, diskriminiert oder Frust über die Niederlage wird abgelassen.
Don't feed the troll
Ein besonderes Phänomen sind die sogenannten Trolle. Das meint Menschen, die ausschließlich oder aber vorwiegend bestimmte verpönte bis verbotene Inhalte kommunizieren, um andere Menschen zu triggern. Das können rassistische Beleidigungen oder frauenverachtende Kommentare sein. In vielen Spielen gehören derartige Kommentare leider zum Alltag.
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Sind Kinder besonders gefährdet?
Manche Fähigkeiten entwickeln Kinder erst mit dem Alter
Zu den Faktoren und Fragen, die Kinder im Kontext von (gewalttätigen) Videospielen beantworten müssten, zählen etwa:
- Verständnis komplexer Handlungsabläufe, dazu zählen sowohl die Beweggründe als auch die Konsequenzen: Warum nutzt jemand Gewalt? Erreicht er damit sein Ziel oder leidet er dadurch sogar?
- Soziale und emotionale Perspektivübernahme: Wie fühlt sich diese Person?
- Moralisches Beurteilen: Ist das gut oder schlecht, was da gerade passiert?
- Unterscheidung zwischen Fiktion und Realität: Warum funktioniert etwas in Cartoons, aber nicht in der echten Welt?
- Medien- und Genrekompetenz: Wie werden Geschichten erzählt? Was ist wahrscheinlich passiert, auch wenn ich es nicht gesehen habe?
Diese Fähigkeiten entwickeln und verbessern Kinder erst mit dem Alter, größtenteils ab und nach der Grundschule. Als Jugendliche sind die Kompetenzen größtenteils ausgebildet. Demnach hätte derselbe Gewaltinhalt in Medien wie Videospielen einen unterschiedlichen Effekt je nach Alter: In einer Meta-Analyse beobachteten die Forschenden bei Erwachsenen kurzfristige Effekte durch Gewaltinhalte. Die jüngeren Kinder wurden hingegen eher langfristig davon beeinflusst. Die Gewalt aus Spielen (und anderen Medien) kann also dauerhaft einen Unterschied machen, weil die Kinder das Verhalten aus den Spielen eher in ihren Alltag übertragen.
Stumpfen Kinder durch Videospiele ab?
Während die Tendenz bezüglich Gewalt bei jungen Kindern relativ eindeutig ist, sind es andere Ergebnisse nicht. Dazu gehört etwa der Effekt auf die Empathie.
Einige Studien dokumentieren, dass Empathie durch Gewalt in Medien abstumpfen lässt: Wenn anderen Menschen Gewalt widerfährt, fühlt man weniger mit. In einem aktuellen Experiment mit dem Computerspiel "Grand Theft Auto" (GTA 5) konnte das jedoch nicht nachgewiesen werden. Ein möglicher Grund: In GTA spielt man nicht aus der Ich-Perspektive, sondern schaut der Figur über die Schulter. Das hat einen Einfluss darauf, inwiefern die Spielenden sich selbst mit den Handlungen der Spielfigur identifizieren und welchen Einfluss das letztlich hat. Gerade bei jüngeren Kindern sind die Transferleistungen noch nicht so stark ausgeprägt.
Auch wenn viele Aspekte und Argumente aus der laufenden Forschung plausibel und schlüssig sind, sind sie bislang aber nicht zweifelsfrei bewiesen. Der tatsächliche Effekt von Computerspielen auf einzelne kognitive Fähigkeiten – und das auch noch in unterschiedlichen Altersstufen – ist nicht gut belegt.
Artikel Abschnitt: Sind Handyspiele schädlich?
Sind Handyspiele schädlich?
Und Handyspiele sind sogar verbreiteter als die klassischen Videospiele, weil das Smartphone zum Alltagsgegenstand geworden ist. In Umfragen haben fast zwei Drittel aller Kinder bis sechs Jahren gelegentlich auf dem Smartphone gespielt.
Glückspielautomaten in der Hosentasche
Die klassischen Mechanismen, die unser Spielen belohnen, kommen bei allen Spielen zum Einsatz — gerade bei harmlos wirkenden Spielen wie "Farmville" oder "Candy Crush" und ihren zahlreichen Ablegern: Anfangs gibt es eine schnelle Belohnung für die nächsten Level, doch irgendwann wird es müßig. Dann gibt es Erfahrungspakete — gegen Geld. Deshalb sprechen Fachleute aus der Psychologie immer wieder vom Glückspielautomaten in der Hosentasche.
Artikel Abschnitt: Kann man mit Videospielen etwas lernen?
Kann man mit Videospielen etwas lernen?
Rationales Denken und strategische Planung gefordert
Bei langatmigeren Aufbau- oder Strategiespielen geht es um rationales Denken und strategische Planung. Nicht selten sind Kampagnen, also Einzelspieler-Geschichten von historischen Strategiespielen in Zusammenarbeit mit Geschichtsprofis entwickelt worden. Im Kult-Strategiespiel "Age of Empires" geht es beispielsweise sehr viel um unterschiedliche Völker und insbesondere den Werdegang historischer Persönlichkeiten wie Johanna von Orléans, Dschingis Khan oder Friedrich Barbarossa.
Darüber hinaus erklärt eine Art Lexikon technische Details zu mittelalterlichen Waffen wie etwa eine Trebuchet. Eine ähnlich bekannte Strategie- und Aufbauspielreihe ist "Anno", dessen Spiele vermitteln historisches Wissen über wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge in der Renaissance oder zur Zeit des Kolonialismus.
Videospiele als Zugang zur Geschichte
Andere Spieler sind historisch nicht zwangsläufig akkurat, sondern orientieren sich eher in ihrem Spielesetting an einer bestimmten Epoche oder Zeit, aber auch das kann zumindest das Interesse daran wecken, sich mit der tatsächlichen Geschichte auseinanderzusetzen. Häufig vermitteln die Spiele Erlebnisse oder Lebensrealitäten, die die Spielenden selber niemals erleben können – oder müssen. Dazu zählt etwa "This War of Mine", in der eine Familie Hilfe braucht, um in ihrer zerstörten Stadt in einem Bunker möglichst lange zu überleben.
Daneben gibt es weitere bekannte Spiele wie "Portal", das als Geschicklichkeits- und Puzzlespiel sowohl Logik als auch physikalische Gesetzmäßigkeiten. Und Multiplayer-Spiele funktionieren vor allem über Kommunikation und Teamplay. Dabei sind gegenüber den Mitspielenden auch soziale Fähigkeiten erforderlich.
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Kognitive Verbesserung ist umstritten
In den allermeisten Spielen geht es darum, Probleme zu lösen. Das "problem solving" ist eine wichtige Kompetenz, die in der Schule gefördert und im Job gefordert wird. Inwiefern Computerspiele dabei einen relevanten Effekt erzielen, ist allerdings kaum untersucht. Positive Effekte auf die Konzentration oder Ähnliches sind vor allem für Menschen mit Aufmerksamkeitsstörungen belegt.
Aus der Forschung zum "Gehirn-Jogging" ist bekannt, dass die Menschen in speziellen Spielesettings zwar immer besser abschneiden, aber dass die Gedächtnisleistung oder auch andere kognitive Fähigkeiten im Alltag davon weitgehend unberührt bleiben. Heißt konkret: Es wird einfacher, Zahlen zu sortieren oder Zahlenreihen zu analysieren, aber das spielt in unserem Alltag keine Rolle.
Artikel Abschnitt: Ist E-Sport eine Sportart?
Ist E-Sport eine Sportart?
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sagt "nein", wohl auch aus politischen Erwägungen. Die Befürchtung: Sollte E-Sport mit dem "echten" bewegungsorientierten Sport gleichgestellt werden, würden die Fördergelder des Bundes geteilt werden müssen.
Olympische E-Sport-Spiele ab 2025
International gibt es allerdings durchaus andere Einschätzungen von Sportverbänden. Vor allem in Asien werden die E-Sport-Wettbewerbe als Sport betrachtet und von vielen Zuschauern verfolgt. Kurz vor den olympischen Sommerspielen 2024 in Paris hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) sogar die Ausrichtung von olympischen E-Sport-Spielen verkündet. Sie sollen zwischen 2025 und 2038 mehrfach in Saudi Arabien stattfinden.
An dieser Vereinbarung gibt es viel Kritik, auch unabhängig von der Frage, ob E-Sport wirklich Sport. Saudi Arabien hat in den vergangenen Jahren viel Geld in die Austragung von Sportereignissen investiert. Menschenrechtler bezeichnen das als "Sportwashing". Damit wolle das Land von Menschenrechtsverletzungen ablenken.
Kein "echter" Sport
Organisierte Wettkämpfe und das Streben nach körperlicher Fitness allein machen E-Sports trotzdem nicht vergleichbar mit Leichtathletik. Nach derzeitigem Stand ist E-Sport kein Sport, weil es die Definition von körperlicher Betätigung kaum zulässt. Auch die Wertvorstellungen von Sport- oder Dachverbänden vertragen sich nur wenig mit den Spielmechaniken, insbesondere von beliebten Shooter-Spielen.
Artikel Abschnitt: Was tun gegen Cybermobbing beim Gaming?
Was tun gegen Cybermobbing beim Gaming?
Was hilft bei Beleidigung und Hetze im Sprachchat? Viele Spiele bieten die Möglichkeit, einzelne Spieler zu muten, also Kommentare von ihnen gezielt auszublenden. Alternativ kann die gesamte Chatfunktion abgeschaltet werden. Das kann allerdings zum Nachteil werden, wenn die Chatfunktion maßgeblich zum Teamplay beiträgt und Teil der Spielmechanik ist.
Du musst dich nicht alleine gegen Hass wehren
Spielende, die stören, können außerdem für künftige Partien geblockt werden. Beleidigungen und Hasskommentare können darüber hinaus direkt oder indirekt gemeldet werden. Das kann zu einer Bestrafung oder Sperre der Spielenden führen.
Du kannst problematische Äußerungen auch ansprechen. Dabei stehen dir hoffentlich andere Spielende zur Seite. Falls du dich selbst schlecht fühlst, solltest du mit anderen – auch außerhalb des Spiels – darüber reden, was gesagt wurde und was das mit dir macht. Wichtig ist, dass du dich nicht allein fühlst.
Artikel Abschnitt: Werden Computerspiele ausreichend kontrolliert?
Werden Computerspiele ausreichend kontrolliert?
Die Spiele werden von einem unabhängigen Gremium durchgespielt und auf gewaltverherrlichende, pornografische oder sonstige verbotene Inhalte (etwa Hakenkreuze) geprüft. Finden sie solche Inhalte in einem Spiel, kann es durch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz indiziert werden und ist dann für Nicht-Erwachsene nicht mehr erhältlich.
Seit 2021 wird außerdem geprüft, ob Eltern in den Spielen beispielsweise In-Game-Käufe deaktivieren können. Solche Inhalte werden mittlerweile unter dem USK-Hinweis quasi wie ein "Inhaltsstoff" angegeben.
Verbale Gewalt: Es gibt für Hersteller keine verpflichtenden Regeln
Viele Hersteller modifizieren ihre Spiele für den deutschen Markt, indem sie etwa Blut entfernen, Symbole oder Texte ändern oder sogar fundamentale Inhalte oder Geschichten abändern. Sie verwenden in der deutschen Version eines Spiels etwa Roboter statt Soldaten.
Online kommen Jugendliche trotz der USK-Einstufung oder auch Indizierung jedoch relativ problemlos an die originalen Spiele. Und nicht nur die Spielinhalte selbst können problematisch sein, sondern auch die Communities, wenn Mitspielende die Kommunikation im Spiel nutzen, um Hass und Hetze zu verbreiten. Es gibt zwar Spiel-interne Gegenmaßnahmen, die allerdings oftmals nicht reichen oder keine Wirkung zeigen.
Eltern können auf spielbar.de eine Einschätzung dazu einholen, was in den Videospielen passiert, ob sie problematisch sind oder welche Spiele sogar ein pädagogisches Potential aufweisen.
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Das Spiel war einer der schönsten Freunde, den die Menschen mit kindlicher Freude am Lernen und Entdecken begrüßten. Es verlor seinen ganzen kindlichen Zauber, als die Träume, die die Entwicklung in uns auslösten, durch das Vergnügen der Fantasie und die Machtdemonstration der Erwachsenen ersetzt wurden. Jetzt suchen unsere Kinder die… Weiterlesen »
Hier und da durchaus plausibel aber auch oft unzureichend recherchiert. Die eine oder andere Studienlage darf mindestens hinterfragt werden.
Am Artikel selbst triggert mich das viele Sätze nicht aufgelöst werden, liest da eigentlich nochmal jemand gegen? Oft fehlt ein „ist“ am Ende oder ein „kann“.
Danke für deine Kritik, welche Studie stört dich denn konkret? Dann schauen wir da gern nochmal drauf.
Sehr gut recherchiert und umfassende Informationen. Vielen Dank