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Internet-Sucht
Ab wann ist man online-süchtig?
Wir sind alle ständig online. Wie problematisch ist das? Und wo fängt Online-Sucht an?
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Artikel Abschnitt: Gibt es tatsächlich eine Online-Sucht?
Gibt es tatsächlich eine Online-Sucht?
- Computerspiele (Gaming)
- Glücksspiel (wie zum Beispiel Online-Poker, Lotto oder Wetten)
- Pornografie
- Shopping
- Kommunikation (dazu zählen Messenger-Dienste und Social-Media-Plattformen).
Das heißt: Nicht das Internet an sich ist das Problem. Es sind bestimmte Online-Anwendungen, die Menschen abhängig machen können. Forscher sprechen daher auch von „Internetnutzungsstörung“ statt von Online-Sucht.
Oft sind Betroffene von mehreren Anwendungen abhängig, sie sind also beispielsweise Onlinesex- und kaufsüchtig. Unter den Onlinespielen haben Online-Rollenspiele ein besonderes Suchtrisiko. Vermutlich weil sie das klassische Computerspiel mit einer sozialen Komponente verbinden.
Alle Formen der Online-Sucht verbindet, dass sie das Belohnungssystem des Gehirns aktivieren. Sie benötigen dafür anders als so genannte stoffgebundene Süchte keine chemischen Substanzen wie Alkohol oder Nikotin, die direkt in den Hirn-Stoffwechsel eingreifen. Sie zählen damit zu den Verhaltenssüchten. Die kennt man auch offline, etwa die Glücksspiel- oder die Kaufsucht.
Artikel Abschnitt: Gilt jemand, der viel online ist, als krank?
Gilt jemand, der viel online ist, als krank?
Der ICD-Katalog der WHO ist eine Auflistung medizinischer Diagnosen. Auch die deutschen Krankenkassen orientieren sich daran. Das heißt: Wenn eine Krankheit einen ICD-Diagnoseschlüssel bekommen hat, kann ihre Therapie auch bei der Krankenkasse als solche abgerechnet werden. Bis dahin wird sie unter andere Diagnosen gefasst, im Falle von Online-Spielsucht beispielsweise unter „Impulskontrollstörung“.
Der neue ICD-11-Katalog ist seit Mai 2019 beschlossen und wird 2022 in Kraft treten.
Die Anerkennung von Online-Spielsucht als Krankheit ist umstritten. Kritiker, nämlich einige Medienwissenschaftler und die Gaming Industrie, sagen, dass das Phänomen der Computerspielsucht noch nicht gut genug erforscht sei. Sie befürchten, dass dadurch Menschen zu Unrecht für krank erklärt werden.
Unter den Befürwortern der Diagnose sind vor allem Ärzte und Therapeuten, die mit Suchterkrankten arbeiten. Für sie ist die offizielle Diagnose ein wichtiger Schritt, um den Betroffenen besser helfen zu können und auch die Ausbildung und Forschung in dem Bereich voranzubringen.
Artikel Abschnitt: Wie häufig kommt Online-Sucht überhaupt vor?
Wie häufig kommt Online-Sucht überhaupt vor?
Warum gibt es keine genauen Zahlen? Weil die Forscher kaum hinterherkommen. Die Entwicklung der Digitalisierung geht so rasant, dass die Daten bei Veröffentlichung schon wieder kaum den aktuellen Stand der Dinge abbilden können.
Zu den größeren und jüngeren Befragungen zählt eine von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2015. Demnach haben in Deutschland schätzungsweise über eine viertel Million Jugendliche eine „problematische Internetnutzung“, sind also online-süchtig oder drohen, es zu werden. 5,8 Prozent der 12- bis 17-jährigen deutschen Jugendlichen haben hier eine „computerspiel- oder internetbezogene Störung“ gezeigt, wie es in der Studie heißt. Das sind in absoluten Zahlen 270.000. Allerdings wurden dafür Fragebögen ausgefüllt – das ist zwar ein anerkanntes Forschungsinstrument, ersetzt aber keine klinische Diagnosen.
Artikel Abschnitt: Woran erkennt man, ob jemand online-süchtig ist?
Woran erkennt man, ob jemand online-süchtig ist?
- Kontrollverlust über das Online-Spiel. Das heißt, die Betroffenen haben erfolglos versucht, ihr Spielen zu reduzieren. Sie können gar nicht oder nur sehr schwer steuern, wann, wie oft, wie intensiv, wie lange und in welchen Situationen sie spielen. Ihnen fehlt etwas, wenn sie nicht spielen können.
- Das Online-Spiel ist die Hauptbeschäftigung. Das heißt, die Gedanken der Betroffenen kreisen nur noch um vergangene und kommende Spiele und das Spielen gewinnt immer mehr an Priorität und nimmt einen immer größeren Raum auf Kosten anderer Interessen und Aktivitäten ein. Hobbys und Freunde werden vernachlässigt oder ganz aufgegeben.
- Die Betroffenen riskieren negative Konsequenzen. Das heißt, sie spielen exzessiv weiter, obwohl wichtige Beziehungen oder schulische und berufliche Chancen schon darunter leiden, etwa wenn die Partnerin droht, sich zu trennen oder der Job in Gefahr ist.
Eine Diagnose können nur Ärzte und Therapeuten stellen. Sie sprechen ausführlich mit den Betroffenen und eventuell auch mit den Angehörigen.
Es gibt auch Selbst-Tests im Internet, die zeigen sollen, ob man online-süchtig ist. Nicht alle sind fundiert und aussagekräftig, einige können aber als Anhaltspunkt dienen, um die eigene Internetnutzung zu überdenken. Außerdem gibt es inzwischen einige Apps, die die tägliche Bildschirmzeit am Handy messen und eine gute Rückmeldung sein können. Wer sich Sorgen macht, sollte aber einen Arzt oder Therapeuten ansprechen.
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