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Klimabilanz im Versandhandel
Wie klimafreundlich ist Onlineshopping?
Milliarden Kilometer Lieferwege, tonnenweise Verpackungen – Online-Shopping hinterlässt seine Spuren in der Umwelt. Ein Einkaufsbummel in der Stadt ist aber nicht unbedingt besser.
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Artikel Abschnitt: Darum geht‘s:
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Onlineversand ist extrem gefragt
Kein Wunder, dass so viele Menschen online einkaufen. Mehr als 3,5 Milliarden Paketsendungen verzeichnet Deutschland im Schnitt jedes Jahr. Im Jahr 2020 stieg die Zahl sogar auf über vier Milliarden. Durch die Corona-Krise hat der Onlinehandel deutlich an Fahrt aufgenommen. Seit März 2020 sind die Umsätze im Versand- und Internethandel deutlich anstiegen und seitdem auf hohem Niveau geblieben.
Zusätzliche Infrastruktur
Was für uns so bequem ist, erzeugt im Einzelhandel aber deutlich mehr Aufwand: die Lagerung, die vielen zusätzlichen Lieferwege, die große Menge an Verpackungen und Müll. Und oft ist die Mühe umsonst. Laut Umweltbundesamt wird mindestens jedes zweite Paket mit gekaufter Kleidung zurückgeschickt. Tag für Tag sind das etwa 800.000 Pakete, wodurch Emissionen von ungefähr 400 Tonnen CO2 entstehen. Das entspricht 255 Autofahrten von Frankfurt nach Peking.
Eine Umweltsauerei? Definitiv. Sollte man Onlineshopping als umweltbewusster Mensch deshalb lieber lassen? Nicht unbedingt.
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Darum müssen wir drüber sprechen:
Onlineshopping kann klimafreundlicher sein
Die Klimabilanz von Onlineshopping setzt sich zusammen aus:
- Strom des Endgerätes (Handy, Computer): 5 - 60 Gramm CO2-Äquivalente
- Energieverbrauch der Lagerhallen: 20 - 120 Gramm CO2-Äquivalente
- Lieferweg vom Paketzentrum zum Kunden: 200 - 400 Gramm CO2-Äquivalente
- Verpackung: 20 - 1000 Gramm CO2-Äquivalente
Für die CO2-Bilanz muss jeder Schritt der Lieferkette einzeln berechnet werden. Im Onlinehandel macht der Lieferweg mit Abstand den größten Anteil aus. Es hängt also sehr davon ab, wie weit die Ware anreist, ob sie noch im Paketzentrum zwischengelagert und ob sie zurückgeschickt wird.
Die Klimabilanz von Shopping im Geschäft setzt sich zusammen aus:
- Energieverbrauch von Geschäft & Lagerhalle: 300 - 4400 Gramm CO2-Äquivalente
- Anfahrt des Kunden zum Geschäft (5 Kilometer): 0 - 1000 Gramm CO2-Äquivalente
- Verpackung (zum Beispiel Tüte): 30 - 130 Gramm CO2-Äquivalente
Beim Einzelhandel im Geschäft gibt es laut Umweltbundesamt zwei Faktoren, die die Klimabilanz des Einkaufs maßgeblich beeinflussen: der Energieverbrauch des Geschäfts und der Anfahrtsweg der Kunden. "Elektronikgeschäfte haben beispielsweise einen höheren Energieverbrauch als Brillenläden", erklärt Ulrich Gromke vom Umweltbundesamt (UBA). Kaufhäuser und Geschäfte verbrauchen Unmengen an Energie, die beim Onlinehandel wegfallen.
Es kommt auf die "letzte Meile" an
Eine wichtige Größe in der Berechnung ist außerdem die sogenannte "letzte Meile", also der Weg vom Geschäft (oder vom Zielpaketzentrum im Onlinehandel) zum Kunden. Laut Umweltbundesamt entstehen bei einer ...
- … Einkaufsfahrt mit dem Fahrrad/zu Fuß: 0 Gramm CO2-Äquivalente
- … Einkaufsfahrt mit der U-Bahn/Bus (5 Kilometer): 290 - 400 Gramm CO2-Äquivalente
- … Einkaufsfahrt mit dem PKW (5 Kilometer): 600 - 1100 Gramm CO2-Äquivalente
- … Lieferung per Onlinedienst: 200 - 400 Gramm CO2-Äquivalente
Durch die gute Fahrzeugauslastung, effiziente Lieferzeiten und einen zunehmenden Einsatz von Elektrofahrzeugen schneiden Onlinedienste hier deutlich besser ab als das Auto. Durch Fahrradkuriere könnte die "letzte Meile" bei Onlinebestellungen sogar noch klimafreundlicher werden. Wichtig: Die Emissionen der “letzten Meile” decken nicht den gesamten Lieferweg ab. Dieser kann deutlich länger sein – etwa, wenn das Produkt aus Übersee eingeflogen und immer wieder zurückgeschickt wird.
Trotzdem: Die Studien, die das Umweltbundesamt ausgewertet hat, kommen zum Schluss, dass Onlineshopping in den meisten Fällen weniger CO2-Äquivalente verursacht als der Einkauf im Geschäft. Das liegt vor allem an der effizienteren Lieferung auf der "letzten Meile" und der energiesparenden Lagerung.
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Verpackungsmüll steigt durch Onlineshopping
Allerdings könne man hier nicht von Müllmengen sprechen, sagt Kurt Schüler, Geschäftsführer der GVM: "Müll ist laut Definition nur das, was am Ende nicht mehr zu gebrauchen ist. Die Paketverpackungen werden jedoch fast vollständig wiederverwertet." Trotzdem: Ohne Versandhandel könnte man sich tonnenweise Kartons sparen – und damit auch Rohstoffe und Energie, die bei der Herstellung und beim Recycling verbraucht werden.
Viele unnötige Emissionen
Durch die Verpackungen im Onlinehandel entstehen zusätzliche Emissionen, je nach Größe und Material zwischen 20 Gramm CO2-Äquivalenten (für eine kleine Faltschachtel mit einem Volumen von 2,4 Litern) bis 1000 Gramm (für einen großen Pappkarton mit einem Volumen von 128 Litern). "Jede Verpackung, die ich nicht herstellen muss, schont die Umwelt", sagt Ulrich Gromke.
Laut Umweltbundesamt könnte die Menge an Verpackungen um 22 bis 24 Prozent reduziert werden, etwa indem Produkte in ihren Originalverpackungen versendet werden oder durch Mehrwegverpackungen, die von Kund:innen leer zurückgeschickt werden. Das berechnete Einsparungspotenzial liegt zwischen 180.000 und 370.000 Tonnen pro Jahr.
Retouren für die Tonne
Hinzu kommt: Retournierte Produkte können teilweise nicht als Neuware verkauft werden, weil sie zu viele Gebrauchsspuren haben oder sogar beschädigt sind. Während der Coronapandemie hat sich dieses Problem verschärft. Eine Forschungsgruppe zum Retourenmanagement der Universität Bamberg hat mehr als 100 E-Commerce-Händler zu ihren Erfahrungen in den ersten sechs Monaten der Pandemie befragt. Sie berichteten tendenziell, dass ...
- ... mehr Kunden zum Ende der eingeräumten Rückgabefrist retournieren.
- ... ein größerer Anteil der Retouren offensichtliche Gebrauchsspuren aufweist.
- ... ein größerer Anteil der Retouren aufgrund des Zustands nur noch entsorgt werden kann.
Die Diskussion, ob ein Einkauf online oder im Laden besser ist, endet nicht bei den Umweltfolgen. Weitere Faktoren spielen eine Rolle – zum Beispiel die Arbeitsbedingungen im Versandhandel oder das Ladensterben in Innenstädten.
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Und jetzt?
Erst nachdenken, dann bestellen
Wer umweltfreundlich einkaufen möchte, sollte es bewusster tun. "Im Endeffekt geht es um das Einkaufsverhalten. Je weniger ich kaufe beziehungsweise bestelle, desto besser ist es für die Umwelt", sagt Gromke.
Wichtigster Faktor ist die Herstellung
Aber: Handel und Transport tragen je nach Produkt nur ein bis zehn Prozent zu den Gesamtemissionen bei. Im Lebenszyklus eines Produktes entstehen bis zu drei Viertel der Treibhausgas-Emissionen in der Herstellung. "Ob wir online oder im Geschäft einkaufen ist nicht so entscheidend für unsere Klimabilanz", bilanziert Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes. "Die größte Stellschraube für den ökologischen Einkauf sind langlebige Produkte, die umweltfreundlich hergestellt sind."
Unser Fazit: Onlineshopping ist bequemer und nicht unbedingt schlechter für die Umwelt. Wenn du dein Shoppingeverhalten umwelt- und klimafreundlicher gestalten möchtest, gibt es ein paar Dinge, die du beachten kannst.
5 Tipps, um Onlineshopping klimaschonender zu gestalten:
- Kaufe nur, was du oder der Beschenkte wirklich braucht.
- Lege Wert auf Qualität und Herstellung (zum Beispiel Langlebigkeit, Regionalität, Klimabilanz)
- Überlege vorher genau, ob dir zum Beispiel die Farbe gefällt. So verhinderst du Retouren.
- Lasse das Päckchen an eine Packstation liefern und hole es dort zu Fuß oder mit dem Fahrrad ab. So entstehen am wenigsten Emissionen auf dem Transportweg.
- Hebe die Verpackung auf, um sie noch einmal zu verwenden.
Und damit die kleinen Geschäfte nicht allzu sehr leiden: Check doch mal, ob auch der Laden aus deinem Viertel online verkauft, bevor du bei großen Onlinehäusern kaufst.
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Quellenangaben zum Artikel:
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Interessanter Artikel über die Klimafreundlichkeit von Onlineshopping, Vanessa! Besonders aufschlussreich finde ich die Analyse der CO2-Emissionen auf der „letzten Meile“. Das erinnert mich daran, wie in meinem Berufsfeld, der Montage und Konfektionierung von Kunststoffartikeln, Effizienz und Umweltfreundlichkeit zunehmend wichtiger werden. Wir bei probotec.de arbeiten ständig daran, unsere Prozesse zu optimieren,… Weiterlesen »
Ich frage mich ob nicht die Serverressourcen und für das Internet allgemein, die Energie eine Website zu betreiben etc. nicht noch einen großen Unterschied machen? Man weiß ja mittlerweile, dass Streaming aus dem Netz zB. auch erhebliche Energiekosten nach sich zieht.
YouTube und Streaming sind da weit mehr. Eine e-Commerce Plattform / App ist recht effizient im Betrieb. Was danach kommt ist schlimmer. In einigen Bereichen sind wir bei knapp 60% retouren.
Es ist wirklich traurig diese Studien zu lesen. Viele der Studien werden direkt von E-Commerce Anbietern in Auftrag gegeben. Es wird vieles schön gerechnet und ausgeblendet. Im E-commerce entsteht „on top“ eine gigantische Infrastruktur inkl. 1000der neuer Fahrzeuge und Hallen. Alles zusätzlich den privaten Autos und bestehenden Hallen. Denkt hier… Weiterlesen »
Chaos in NYC und das wird jetzt noch mehr sein. Darüber wird hier leider nicht berichtet. Das ist ein Wahnsinn für die UMWELT und gerade in so einen Stadt unnötig.
https://www.nytimes.com/2019/10/27/nyregion/nyc-amazon-delivery.html
Das Gleiche gilt für Essen. Mc Donalds hat jetzt Lieferservice. Dort stehen jetzt hunderte Autos, die es vorher einfach nicht gab. On top!!! Peak Everything!!
Hi, bitte nicht die eigene Situation auf andere übertragen. Ich wohne nicht dort, wo „ums Eck“ der DM Markt ist. Ich fahre grundsätzlich mit dem Auto und werde es auch nicht abgeben können und auch nicht wollen. In der Stadt würde ich zu Grunde gehen, ich mag es abgeschieden und… Weiterlesen »
Vielleicht nochmal lesen. Auch die, die ums Eck wohnen bestellen oft. Und natürlich kommen die Lieferwagen alle on top. Viele wollen das einfach nicht wahr haben, weil Sie Online-Fans sind.
Die Infrastruktur ist NICHT ON-TOP. Sie ist viel effizienter als Geschäfte und Warenhäuser, die genau die gleiche Infrastruktur für die Anlieferung der Waren brauchen, die kommen auch nicht von Zauberhand dort hin. Der größte Punkt ist einfach, das Kunden teilweise 30km zum nächsten Ikea fahren, was vollkommen unnötig ist, und… Weiterlesen »
Doch!! Es gibt jetzt 2 Strukturen. Die Alten und die Neuen und die privaten Fahrzeuge. Es ist on top!! Es gibt jetzt mehr Fahrzeuge und mehr Hallen! Das Gleiche gilt für die Lieferservices. Mehr Autos, mehr Bikes. Mehr, mehr, mehr…
Was hier völlig außen vor gelassen wurde, ist der Transport der Waren in die Geschäfte beim „Cityeinkauf“. Wenn man das mit einbezieht relativiert sich der CO²-Ausstoß bei Direktlieferung nach Hause beim Onlineshopping nochmals. Also imho kann der Cityeinkauf bezüglich der Ökobilanz niemals mit Onlineshopping mithalten.
Beim Onlineversand wird die Ware genauso transportiert, statt ins Geschäft halt in ein Zentrallager, hier relativiert sich also nichts – der Transport bleibt der gleiche. Beim Onlinehandel kommt dann der zusätzliche, teurere Einzelpaketversand drauf – somit für Versand mehr CO2-Verbrauch im Vergleich zum Geschäft. Der Vergleich im Artikel macht also… Weiterlesen »
Statt in zig Geschäfte in der Innenstadt ein Zentrallager direkt neben der Autobahn oder Güterbahnhof. Sollte eigentlich auf den ersten Blick klar sein, dass das einen Riesenunterschied macht.
Wenn du mit dem Fahrrad oder zu Fuss in die Stadt gehst und von Geschäft zu Geschäft läufst, ist das eine Fahrt ohne nennenswerten CO2-Ausstoss. Wenn du die Waren in vier unterschiedlichen Onlineläden kaufst sind das im schlimmsten Fall vier Lieferunternehmen, welche dein Haus anfahren und Lärm, Mehrverkehr und Abgase… Weiterlesen »
ok mach das
Wenn du mit dem Fahrrad in die Stadt fährst, kannst du nicht mal groß in einem Laden einkaufen, dann bist du überladen. Und fahr mal 15km in die nächste Stadt zum einkaufen. Nicht jeder wohnt in München. Diese grünen Gedankenspielchen haben mit der Realität halt überhaupt gar nichts mehr zu… Weiterlesen »
Da ist noch Erklärungsbedarf. Für Das Fahrrad wurde laut der Grafik gar kein CO2-Ausstoss einbezogen, wohl aber für den Betrieb des Ladens sowie den Versand dorthin. Aber so ist mehr Hoppla in der Überschrift. Was ich hier allerdings überhaupt nicht berücksichtigt sehe ist, dass viele Kunden zunächst in einem Laden… Weiterlesen »