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Energiewende
Darum sparen wir nicht so viel, wie wir eigentlich könnten
Das neue Auto braucht weniger Sprit, die neue Lampe weniger Strom. Dass wir trotzdem wenig Energie sparen, liegt am Rebound-Effekt.
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Der Rebound-Effekt macht Sparziele zunichte
Tatsächlich wird das Sparpotenzial vieler neuer Techniken aber nicht ausgeschöpft. Denn Elektrogeräte verbrauchen zwar weniger Strom als früher. Dafür besitzen wir aber auch mehr und benutzen sie oft häufiger oder länger. Dieses Phänomen nennt sich Rebound-Effekt.
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Darum müssen wir drüber sprechen:
Durchs Sparen geben Menschen mehr aus
Der neue TV-Bildschirm spart Energie. Also kaufen viele einen größeren, der aber wiederum mehr Energie verbraucht als ein kleinerer neuer Fernseher.
Das neue sparsame Auto braucht weniger Benzin. Also fährt man damit weitere Strecken oder nimmt das Auto statt der Bahn. Ist ja nicht mehr so teuer.
Besonders die Haushalte, die normalerweise wenige Kilometer fahren, fahren mit sparsamen Autos deutlich mehr und verfahren dadurch bis zu 80 Prozent der eingesparten Energie. Wohingegen Haushalte, die eh schon sehr viel fahren, nicht viel mehr fahren, nur weil das Auto weniger Sprit braucht. Das zeigt eine Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung.
Ein weiteres Beispiel: Ist das Haus erst einmal isoliert, stellen viele den Thermostat höher und laufen im Winter im T-Shirt in der Wohnung herum. Denn man braucht ja insgesamt weniger Öl, Strom oder Gas. Zusätzlich braucht die Herstellung von Dämmstoffen ebenfalls Energie, wodurch insgesamt noch weniger Energie eingespart wird.
Hier ist derselbe Effekt wie beim Auto zu beobachten: Haushalte, deren Häuser viel Energie verbrauchen, sparen eher – während gerade Bewohner:innen von Niedrigenergiehäusern eher mehr Energie verbrauchen, als sie müssten.
Manchmal hat der Rebound Effekt aber sogar positive Auswirkungen: In vielen armen Ländern der Erde kochen die Familien auf offenen Holzfeuern und atmen dabei Qualm und giftige Dämpfe ein. Außerdem wird der Busch fürs Brennholz geplündert. Für eine noch nicht veröffentlichte Studie erhielten in Ruanda Dorfbewohner:innen einen besseren, effizienteren Herd mit Holzkohle. In der Folge kochten sie mehr und öfter – ein Rebound-Effekt. Aber: Dadurch, dass es jetzt öfter frisch gekochte Mahlzeiten gibt, verbesserte sich ihr gesundheitlicher Zustand. Der Rebound-Effekt hat also einen positiven Nebeneffekt.
Grundsätzlich zeigt sich, dass die Rebound-Effekte in Ländern mit hohem Einkommen geringer sind als in Ländern mit niedrigem Einkommen. Das liegt daran, dass in reicheren Ländern schon eine gewisse Sättigung eingetreten ist. In Entwicklungsländern steigt der Konsum dagegen viel stärker an und damit auch der Rebound-Effekt.
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Das errechnete Sparpotenzial ist oft nicht real
Dazu kommt: Nie wird der Rebound-Effekt miteinberechnet. Dabei beträgt er bei neuen, spritsparenden Autos zwischen 57 und 67 Prozent, so eine Studie des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Das heißt, dass nur ein Drittel des Potenzials zur Energieeinsparung bei Autos wirklich genutzt wird. Andere Studien kommen zu geringeren Zahlen, da sie einen anderen methodischen Ansatz und ein anderes Messverfahren zugrunde legen.
Klar ist: Viele Menschen machen sich den Rebound-Effekt nicht bewusst und sparen daher nicht so viel Energie, wie sie könnten.
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Und jetzt?
Der Rebound-Effekt muss einberechnet werden
Es gibt aber auch indirekte Rebound-Effekte. Ein Beispiel dafür: Wer viel Energie einspart, hat Geld übrig und leistet sich davon vielleicht eine zusätzliche Urlaubs- oder gar Flugreise.
Dabei zeigt sich ein psychologischer Effekt: Eine neue Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Menschen, die glauben, umweltbewusst zu leben und Energie zu sparen, eine moralische Erlaubnis verspüren, an anderer Stelle Energie verschwenden zu dürfen.
Wer sich also etwa eine neue energiesparende LED-Lampen kauft, spart ja Energie und fühlt daher die moralische Erlaubnis, eine hellere Lampe auszuwählen, die wiederum mehr Energie braucht.
Deswegen ist es wichtig, Verbraucher:innen über den Rebound-Effekt zu informieren. Auch in Gesetzen sollte dieser Effekt berücksichtigt und erwähnt werden. Für das Klimaschutzprogramm 2030 ist zumindest geplant, den Rebound-Effekt miteinzuberechnen.
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