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Trockenheit in Deutschland
Dürre: So kommen wir auf Dauer damit klar
Seit dem Rekordsommer 2018 ist es in Deutschlands Böden zu trocken. So können wir mit Hitzeperioden und Dürren umgehen.
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Darum geht’s:
Es ist zu trocken in Deutschland
Was ist eine Dürre?
Eine Dürre ist ein Wassermangel in unterschiedlichen Bodenschichten. Verglichen wird die aktuelle Bodenfeuchte mit einem langjährigen Mittel, also etwa der Juni 2020 mit den Juni-Monaten der Jahre 1951 bis 2015. Ist die Bodenfeuchte – gemittelt über mehrere Tage – niedriger als in 20 Prozent der 65 Jahre zuvor, liegt eine Dürre vor.
Bereits der Sommer 2015 war in Mittel- und Osteuropa auffällig heiß und trocken. Besonders Süddeutschland verzeichnete den trockensten Boden seit 50 Jahren. Die Folgen waren neben regional begrenzten landwirtschaftlichen Ernteeinbußen, etwa beim Winterweizen, zahlreiche Waldbrände und Niedrigwasser in einigen Flüssen. Im darauffolgenden Winter erholte sich der Boden aber wieder.
2018 war ein Jahr mit vielen Rekorden
Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) war 2018 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Außerdem regnete es zwischen Februar und November so gut wie gar nicht, sodass 2018 auch das niederschlagärmste Jahr seit 1881 war. Diese Kombination führte zu einer extremen Dürre. Weniger als fünf Prozent der Jahre zuvor waren demnach trockener. Dies kommt regional und zeitlich begrenzt zwar immer wieder vor. Der Sommer 2018 jedoch sorgte dafür, dass etwa 90 Prozent der Landesfläche Deutschlands bereits im August auch in Bodentiefen von mehr als 1,50 Metern ausgetrocknet waren, so wie es zuletzt 1976 der Fall war. Halb Deutschland litt sogar unter extremer Dürre.
Kein Ende der Dürre in Sicht
Während in Vorjahren – wie eben 1976 – die nassen Folgejahre dafür sorgten, dass sich die tiefen Bodenschichten wieder mit Wasser vollsaugen konnten, blieb dies 2018 aus. 2019 startete bereits trocken und blieb dies auch. Und was erwartet uns 2020? Anschaulich wird die aktuelle Situation bei einem Blick auf den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung:
Dürremonitor Gesamtboden (ca. 1,8 Meter) am 5.8.2020
Quelle: UFZ-Dürremonitor/ Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Trotz der ausgiebigen Regenperioden im Januar und Februar 2020 befinden sich weite Teile Deutschlands nach trockenen Wochen in März, April und Mai wieder in einer extremen Dürre. Regentage wie die Anfang Juni durchnässen zwar die oberen Bodenschichten und bringen so Erleichterung für Gärten, Parks und Landwirtschaft, erreichen jedoch nicht die tiefen Bodenschichten.
"Es müsste viele Wochen – bis zu sechs Monaten – überdurchschnittlich viel regnen, um das Wasserdefizit im Gesamtboden auszugleichen“, sagt Dr. Andreas Marx. Er ist Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und Wächter des Dürremonitors. Das liegt unter anderem daran, dass gerade im Sommer ein Großteil des Regens gar nicht den Boden erreicht, weil er an Pflanzen hängenbleibt oder direkt wieder verdunstet. Außerdem sind Niederschläge im Sommer oft kurz und heftig. Viel Wasser läuft dann an der Oberfläche ab, ohne in den Boden einzusickern. "Selbst wenn ein Starkregen im Sommer den Keller volllaufen lässt, kann im Boden ein paar Meter weiter Dürre herrschen“, sagt Marx. Hinzu kommt: Je trockener der Boden ist, umso schlechter nimmt er Wasser auf.
All diese Faktoren führen dazu, dass Deutschland seit Mitte 2018 im Dürrezustand ist.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Die Dürre betrifft uns alle
Eine aktuelle Studie von August 2020 bestätigt, dass in Mitteleuropa mit den Rekordsommern 2018 und 2019 zwei außergewöhnliche Dürrejahre aufeinanderfolgten. Ein solches Ereignis gab es in den vergangenen 250 Jahren nicht, stellten die Forschenden aus Deutschland und Tschechien fest. Mehr noch: Die Wissenschaftler sagen voraus, dass es auch in Zukunft vermehrt zu extremen Hitze- und Dürreperioden kommen wird. Sollte der Ausstoß der Treibhausgase unvermittelt anhalten, erwarten uns bis zu siebenmal mehr solcher Doppel-Dürresommer. Das Jahr 2018 hat uns gezeigt, welche Konsequenzen monatelange Trockenheit hat.
Wald und Forstwirtschaft
Etwa ein Drittel der Landesfläche Deutschlands ist von Wald bedeckt. Das sind etwa 11,4 Millionen Hektar. Wälder sind Lebensraum für zahlreiche Tiere, aber auch Naherholungsgebiete für Menschen, sie sind CO2- und Wasserspeicher sowie Sauerstoffproduzent. Sterben Bäume oder sogar ganze Waldgebiete, ist der ökologische Schaden entsprechend groß.
Ein Großteil der deutschen Wälder wird auch forstwirtschaftlich genutzt, das heißt, dass die Bäume nach einer bestimmten Zeit des Wachstums gefällt und verarbeitet werden. Nadelbäume wie Fichte und Kiefer wachsen deutlich schneller als heimische Laubbäume wie Buche und Eiche. Deshalb wurden zur forstwirtschaftlichen Nutzung vermehrt Nadelbäume angepflanzt. Etwa die Hälfte der Bäume in deutschen Wäldern sind Fichten und Kiefern.
Auch Waldbäume leiden unter der Dürre. 36 Prozent der Bäume sind beschädigt – 2017 waren es noch 23 Prozent –, in den Jahren 2018 und 2019 starben überdurchschnittliche viele Bäume ab. Zum einen setzt Wassermangel den Bäumen direkt zu, besonders Flachwurzlern wie Fichten und jungen Bäumen, die nur ein kleines Wurzelwerk haben. Zum anderen macht stetiger Wassermangel Bäume anfällig für Schadinsekten oder Pilze. Fichten zum Beispiel leiden unter dem Borkenkäfer, der sich wegen der milden Winter der letzten Jahre stark vermehrt.
Eine weitere Gefahr sind Waldbrände: 2018 verbrannten 2300 Hektar Wald und damit sechsmal so viel wie im Jahr zuvor. Es entstand ein Schaden von 2,7 Millionen Euro.
Geschwächte Bäume fallen außerdem leichter Stürmen zum Opfer.
Der Wald ist also nicht nur akut betroffen, er ist auf Dauer geschädigt. Die Folgen werden teilweise erst in zehn oder 15 Jahren sichtbar sein. Zusammengenommen werden allein in den Jahren 2018 bis 2020 durch Dürre, Waldbrände, heftige Stürme und Borkenkäferbefall geschätzt mehr als 160 Millionen Kubikmeter Holz auf einer Fläche von rund 245.000 Hektar anfallen. Das sind deutlich mehr Bäume, als die Holzindustrie zeitnah verarbeiten kann. Ein solches Überangebot drückt den Holzpreis. Gleichzeitig lässt sich beschädigtes Holz nicht lange lagern. Den Borkenkäfern folgen Pilze, die Holzqualität nimmt ab. Das ist ein enormer wirtschaftlicher Schaden.
Landwirtschaft
Auf etwa einem Drittel der Fläche Deutschlands wachsen Weizen, Mais oder Kartoffeln, weitere vier Millionen Hektar sind Grünland und Weiden. Hitzestress und Trockenheit beeinflussen Ertrag sowie Qualität der Feldfrüchte und lassen intensiv beweidete Flächen verdorren. Das betrifft nicht nur die Existenz der Landwirte.
2018 ernteten Bauern nur etwa drei Viertel der Kartoffelmenge von 2017, der Preis für Kartoffeln stieg auf ein Fünfjahreshoch. Damit waren auch Verbraucher direkt von den Auswirkungen der Dürre betroffen.
Auf vertrockneten Weideflächen fanden Rinder im Hitzesommer 2018 kein Futter mehr und Landwirte konnten kaum Heu ernten. Einige Landwirte mussten sogar Kühe notschlachten.
Verkehr
Deutschlandweit gab es 2018 Straßenschäden, sodass Autobahnabschnitte entweder gesperrt oder nur langsamer befahren werden durften. Gleise verformten sich, Klimaanlagen in Zügen fielen reihenweise aus – ebenfalls mit Einschränkungen für die Mobilität.
Die Pegel von Rhein oder Elbe waren so niedrig, dass Containerschiffe die Flüsse nur noch bedingt befahren konnten. Das hatte Konsequenzen für den Bau- und Treibstofftransport. Die Preise für Heizöl etwa kletterten auf ein Fünfjahreshoch.
Menschen und Gesundheit
Während viele Menschen sommerliche Temperaturen genießen, bedeutet Hitze Stress für den Körper. Hitzewellen erhöhen das Sterberisiko bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 15 Prozent. Im Sommer 2018 starben allein in Berlin etwa 490 Menschen hitzebedingt.
Gerade in Großstädten bieten Bäume nicht nur Schatten, Grünflächen kühlen durch Wasserverdunstung auch die Umgebungsluft. Dafür benötigen die Pflanzen aber Wasser. Kommen Hitze und Dürre also zusammen, leiden nicht nur die Bäume, sondern auch Stadtbewohner.
Ein weiteres, rein praktisches Problem: Besonders in ländlichen Regionen sind Löschteiche eine essenzielle Wasserquelle. In Dürrezeiten sind diese aber leerer oder sogar ausgetrocknet. Bei Gebäude- oder Ackerbränden fehlt dieses Löschwasser.
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Und jetzt?
So arrangieren wir uns mit Dürren
Flexible Landwirtschaft
Die Landwirtschaft hat den Vorteil, dass sie jährlich neu sät und anbaut. Das macht kurzfristige Wechsel auf trockenheitstolerante Getreide- oder Kartoffelsorten möglich. In Deutschland wird außerdem mit dem Anbau robuster Pflanzen wie Soja experimentiert.
"Wenn es viel regnet, kann eine Mulchauflage Wasser daran hindern, oberflächlich abzulaufen. So hat es mehr Zeit, im Boden zu versickern“, sagt Marx. Mulchen und gleichzeitig weniger Bodenbearbeitung, um die Mulchauflage nicht zu zerstören, minimieren somit den Wasserverlust auf Äckern.
Regional könnten Landwirte vermehrt auch Felder bewässern, wenn es wirtschaftlich sinnvoll und ausreichend Wasser vorhanden ist. Andreas Marx spricht von Landwirtschaftsmanagement: "Der Jahresniederschlag bleibt auch unterm Klimawandel relativ stabil, und das müssen wir nutzen. Wir müssen im Winter Wasser speichern, um es in Trockenperioden im Sommer zu nutzen.“ Denkbar sind Teiche oder unterirdische Tanks.
Bunte Wälder
Nadelholzmonokulturen sind besonders anfällig für Schädlinge und extreme Wetterereignisse. Das ist bekannt. Deshalb werden viele Forste bereits seit gut 30 Jahren nach und nach umgebaut, hin zu Mischkulturen. "In jedem Bundesland gibt es Versuchsflächen, auf denen Baumarten und Baumarten-Gemeinschaften getestet werden“, sagt Marx. Heimische Arten wie Buchen, Eichen, und Lärchen halten dem Klimawandel eher stand als Fichten und Kiefern. Aber auch andere nicht heimische Arten wie Douglasien sind robuster und werden regional in Deutschland bereits als Alternative zur Fichte angebaut. Allerdings dauert es auch mal gut und gerne 15 Jahre, bevor klar ist, ob die neue Waldzusammenstellung an einem bestimmten Ort gut funktioniert oder nicht.
Grüne Städte
Wegen der Bebauung speichern und stauen Städte Wärme besonders effizient. "An heißen Tagen kann ein Stadtkern bis zu 10 Grad Celsius wärmer sein als Umland, das weniger als 10 Kilometer entfernt liegt“, sagt Marx. Bäume und andere Begrünungsstrategien können Abhilfe schaffen. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre haben die Städte gelernt, denn allein 2018 mussten Tausende Bäume gefällt werden, weil sie vertrocknet waren. Deshalb werden mittlerweile trockenheitstolerantere Bäume wie Robinien angepflanzt.
Neuanpflanzungen werden zudem nun mit Mulden versehen und im Sommer konsequent bewässert, damit die jungen Bäume nicht direkt wieder absterben. Wasserspeichersäcke gehören in vielen Städten inzwischen zum Stadtbild. Ebenso rufen Städte die Bevölkerung auf, städtische Bäume im Sommer zu gießen.
Allein wenn Wiesen oder Grünstreifen in Trockenheitsperioden nicht ständig auf wenige Millimeter gekürzt werden, halten sie Wasser besser und tragen über Verdunstung zur Kühlung bei. Außerdem freuen sich Insekten und andere tierische Stadtbewohner über blühende Wildkräuter. Denkbar sind auch Fassaden- oder Dachbegrünungen, die das Stadtklima ebenfalls verbessern können.
Aber: "All das kostet viel Geld, was den Städten oft fehlt“, sagt Marx. Hier müsse ein Umdenken stattfinden. Denn Bäume und Grünflächen kühlen Städte effizient herunter. "Aber nur so lange, wie die Pflanzen wasserversorgt sind“, schränkt Marx ein. Es steht und fällt also mit der Bewässerung, auch in Städten.
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Vielen Dank für die interessanten Infos und nützlichen Hinweise in diesem Artikel. Ich beschäftige mich seit Jahren mit den o.g. Problematiken und Lösungen, habe zu den Themen und Forschungsfeldern einige Artikel und Studien erarbeitet. Mehr Infos dazu findet ihr auf GreeningDesertsCom Projektseiten. Liebe Grüße an die Quarks-Redaktion, wenn Ihr interessiert… Weiterlesen »
Ich glaube zum Thema Waldbrände hat sich ein Fehler eingeschlichen. Im Artikel heisst es, dass 2018 etwa 2,3 Hektar Wald verbrannt seien. Das enspricht ungefähr 5 Fussballfeldern. Der korrelierende Schaden von 2,6 Mio Euro passt auch nicht dazu. Meiner Meinung nach haben Sie sich bei der Fläche in etwa um… Weiterlesen »
Danke für den Hinweis. Wir schauen uns das noch einmal an.
Warum wurde mein Kommentar gelöscht?
Kennt denn jemand die Ursache der Dürre, so dass man etwas ändern kann? Die Ursache ist Verbrennung. Verbrennung von Holz (geht ja noch), Kohle (schwerer Fehler), Erdöl, Erdgas (unverzeihliche Fehler) und Uran (Untergang an sich bzw. Höllenfahrt). Wenn etwas verbrannt wird, entsteht Hitze (Dürre) und Wassermangel plus Asche (Tod statt… Weiterlesen »