Artikel Kopfzeile:
Invasive Arten
Darum müssen Schiffe ihre blinden Passagiere jetzt abtöten
Immer mehr Schiffe fahren um die Welt – und mit ihnen Krebse, kleine Fische und Quallen, aber auch Bakterien und Viren.
Sprungmarken des Artikels:
Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Schiffe verbreiten invasive Arten über ihr Ballastwasser
Mit dem Ballastwasser gelangt auch eine Vielzahl von Organismen in den Schiffstank. Sie reisen als blinde Passagiere mit und werden weltweit verbreitet - darunter Muscheln, Krabben, Algen, Wasserflöhe und kleine Fische, aber auch Mikroorganismen wie Bakterien oder Viren.
Das Problem der blinden Passagiere: Die fremden Arten können sich in ihrer neuen Umgebung oft ungehindert ausbreiten, weil ihre natürlichen Fressfeinde fehlen. Das kann nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für den Menschen fatale Folgen haben.
So wurde beispielsweise die Amerikanische Rippenqualle (Mnemiopsis leidyi) in den 80er-Jahren nachweislich mit dem Ballastwasser von Schiffen in das Schwarze Meer eingeschleppt, von wo aus sie auch weiter in das benachbarte Asowsche Meer vordrang. Die Qualle vermehrte sich dort so stark, dass sie vielen anderen Meeresbewohnern wie etwa den Sardellen die Nahrung wegfraß: das Zooplankton. Das veränderte das Ökosystem so stark, dass die Fischbestände dramatisch schrumpften. Im Schwarzen Meer fielen die Fischereierträge innerhalb weniger Jahre auf ein Zehntel der Werte vor der Qualleninvasion.
Die auch als Meerwalnuss bezeichnete Quallenart habe damit wesentlich zum Zusammenbruch der Fischerei im Asowschen Meer und im Schwarzen Meer beigetragen, schreibt die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) auf ihrer Website. Seit einigen Jahren ist die Rippenqualle in der Ost- und der Nordsee heimisch und breitet sich auch bei uns zunehmend aus.
Bereits heute ist die Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) in Norddeutschland zur Plage geworden. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals bei uns nachgewiesen und ist damals sehr wahrscheinlich als Larve im Ballastwasser nach Deutschland gekommen. Mit ihren scharfen Scheren zerschneidet sie heute die Netze der Fischer und gräbt Löcher in unsere Deiche.
Auch das Cholera-Bakterium reist im Ballastwasser von Schiffen um die Welt. Wahrscheinlich kam der Erreger auf diesem Wege nach Südamerika und in den Golf von Mexiko und löste dort Anfang der 90er Jahre Cholera-Epidemien aus.
Ein kanadisches Forschungsteam warnt: Die Schifffahrt könnte in Zukunft einen weitaus größeren Effekt auf die Ausbreitung invasiver Arten haben als der Klimawandel.
Anhand von Modellrechnungen zeigen die Forschenden, dass im Jahr 2050 bis zu 13-mal mehr Schiffe unterwegs sein könnten als heute. Dadurch könne das Risiko für Invasionen fremder Arten sogar um das 20-Fache steigen.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Schiffe müssen ihr Ballastwasser jetzt behandeln
Um diesen Standard zu erreichen, müssen weltweit alle Schiffe bis spätestens zum Jahr 2024 ein Behandlungsverfahren für Ballastwasser an Bord haben. Schiffsneubauten müssen die Anforderungen schon jetzt erfüllen.
Sowohl physikalische Prozesse wie die Bestrahlung mit UV-Licht als auch Chemikalien wie Ozon oder Chlor können eingesetzt werden, um die Organismen im Wasser abzutöten. Zusätzlich wird meist eine mechanische Reinigung mit Filtern dem eigentlichen Behandlungssystem vorgeschaltet. Schon im Hafen bei der Aufnahme des Ballastwassers muss die Behandlung stattfinden.
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Giftige Substanzen könnten die Umwelt belasten
"Es ist eine Gratwanderung zwischen dem Einsatz von Chemikalien und dem Stopp invasiver Arten", sagt Anja Kehrer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Biozide am Umweltbundesamt (UBA). Generell gehe man jedoch davon aus, dass die Nebenprodukte der Ballastwasser-Behandlung das weitaus kleinere Übel sind.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Es geht auch ohne Chemikalien
Viele zugelassene Verfahren arbeiten nicht mit reaktiven Desinfektionsmitteln, sondern mit UV-Licht. Die UV-Strahlen beschädigen die DNA der Organismen und töten sie dadurch ab. "Diese physikalische Methode ist weniger aggressiv als chemische Verfahren“, sagt Gerhard Schories. Ihr Nachteil: Sie funktioniert nicht gut bei trübem Wasser und benötigt mehr Platz und Energie an Bord. Gerade ältere Schiffe werden also wohl zu chemischen Verfahren greifen.
Über den/die AutorIn:
Quellenangaben zum Artikel:
Social Sharing:
Artikel Überschrift:
Warum wird das Balastwasser nicht einfach auf über 60° erhitzt? Zumindest über den langen Zeitraum einer Überseefahrt müsste das wohl möglich sein. Die Umwelbelastung würde sich auf die Energie zur Hitzeentwickung beschränken und das würde sich sicherlich über den Kühlkreislauf zumindest unterstützen lassen.