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Intelligenz im Test
IQ-Tests: Wie schlau bist du wirklich?
Menschen vergleichen sich gerne mit anderen – auch wenn es darum geht, wer schlauer ist. Aber wie gut lässt sich Intelligenz messen und was sagen die Ergebnisse über uns?
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Artikel Abschnitt: Was ist ein IQ?
Was ist ein IQ?
Die Berechnung des IQs hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Ursprünglich zeigten die Intelligenztests das sogenannte "Intelligenzalter". Diese Zahl wurde durch das tatsächliche Alter einer Person geteilt, sodass ein IQ von 1 besagte, dass die Person genau ihres Lebensalters entsprechend intelligent war. Weil 1 wenig beeindruckend wirkt, wurde das Ergebnis einfach immer mit 100 multipliziert. Aber der Haken: Bei Erwachsenen wäre der IQ immer kleiner geworden, weil ihr Alter gestiegen wäre. Und nicht jede Person, die älter wird, wird auch intelligenter.
IQ für alle: Mittelwert 100
Deshalb wird mittlerweile ein relativer IQ ermittelt, bei dem die individuellen Werte mit dem Durchschnitt der Gesellschaft (oder einer Vergleichsgruppe) mit Bezug auf das Alter verglichen werden. Das Verfahren entwickelte der US-amerikanische Psychologe David Wechsler. Es beinhaltet eine Altersklassen eingeteilte Normtabelle. Dabei gilt als Mittelwert weiterhin die 100.
Das bedeutet, Menschen mit einem IQ von 100 liegen genau im Durchschnitt aller Testpersonen in ihrer Altersklasse, die zur Erstellung des jeweiligen Verfahrens einbezogen wurden. Gleichzeitig bedeutet es: Statistisch gesehen liegt die Hälfte der Bevölkerung (oder der Bezugsgruppe des Tests) über 100 Punkten, die andere Hälfte darunter. Die Verteilung der Intelligenz entspricht einer sogenannten "Gaußkurve". Die meisten Menschen sind irgendwo in der Mitte, zu den Rändern hin (also mit sehr niedrigem oder sehr hohem IQ) gibt es immer weniger Individuen.
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Dieses Diagramm zeigt die Normalverteilung der Intelligenz: Der Mittelwert des IQ liegt bei 100, die Größe der Standardabweichung beträgt 15.
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Artikel Abschnitt: Werden wir immer schlauer?
Werden wir immer schlauer?
Ein spannendes Phänomen bei der IQ-Bestimmung wurde ursprünglich von dem US-amerikanischen Professor für politische Studien, James Robert Flynn, beschrieben. Er konnte beobachten, dass die Bevölkerung insgesamt über die Jahrzehnte immer bessere IQ-Tests machte.
Flynn fand in den 1980ern eine Steigerung von 3 IQ-Punkten pro Dekade in nordamerikanischen Populationen. Der gesellschaftliche IQ nimmt offenbar mit der Zeit zu. Seitdem wurde der "Flynn-Effekt" häufig untersucht. Die genauen Werte unterscheiden sich je nach Studie und betrachteter Region.
Eine große Analyse mit Daten aus 72 Ländern fand einen durchschnittlichen Anstieg von 2,2 Punkten pro Jahrzehnt. Besonders deutliche Sprünge kamen in Ländern mit mittleren Einkommen und bei jüngeren Generationen vor.
IQ-Tests brauchen regelmäßig ein Update
Woran der Anstieg des IQ liegt, ist bisher nicht geklärt. Manche Forschende spekulieren, dass vor allem Umweltfaktoren dafür zuständig sein könnten: etwa bessere Ernährung, höhere Lebensstandards, ein besseres Gesundheits- und Schulsystem und weitere äußere Umstände. Warum ist das relevant? Tatsächlich klingt die Zahl erst einmal klein. Aber an dem Ergebnis eines IQ-Tests kann einiges hängen. Beispielsweise ob eine Person die Diagnose einer Intelligenzminderung oder einer geistigen Behinderung bekommt.
Deshalb werden gute IQ-Tests regelmäßig (etwa alle 10 bis 15 Jahre) überarbeitet und neue Normen veröffentlicht. So kann die 100-Punkte-Marke weiterhin den Durchschnitt der Gesellschaft abbilden.
"Früher hat man eigentlich nur zwischen verbalen und nichtverbalen Fähigkeiten unterschieden", erklärt Prof. Dr. Oliver Wilhelm. Er leitet die Abteilung Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Ulm und hat selbst schon IQ- und ähnliche Tests erstellt. "Mittlerweile weiß man, dass das zu kurz greift. Wichtig ist beispielsweise die Unterscheidung zwischen fluider und kristalliner Intelligenz."
Die fluide Intelligenz sei etwa das, was die meisten Menschen sich unter dem Begriff der Intelligenz vorstellen: das analytische Denken. Als kristalline Intelligenz werden hingegen erlernte Fähigkeiten und Wissen bezeichnet, wie etwa unser Wortschatz.
Artikel Abschnitt: Was genau misst ein IQ-Test?
Was genau misst ein IQ-Test?
Intelligenz wird für Tests geschichtet
Als oberste Schicht gilt die "Allgemeinintelligenz", die auch g-Faktor genannt wird. Darunter fächert die mittlere Schicht ("breite Intelligenz") 10 grobe Fähigkeiten auf, unter anderem Kurzzeitgedächtnis und Reaktionsgeschwindigkeit.
Und die unterste Schicht nennt darunter dann genaue ("enge") Fähigkeiten – beispielsweise Gedächtnisspanne, Arbeitsgedächtniskapazität und Lernfähigkeit für das Kurzzeitgedächtnis. So bekommt jede der 10 breiteren Kategorien zwei bis sieben enger definierte Fähigkeiten.
Artikel Abschnitt: Welche Arten von IQ-Tests gibt es?
Welche Arten von IQ-Tests gibt es?
Moderne Versionen von validierten (also wissenschaftlich soliden) Tests orientieren sich fast ausschließlich am CHC-Modell. Sie sollten sich demnach theoretisch sehr ähneln und vor allem zu ähnlichen Ergebnissen kommen.
Ungenau werden die IQ-Werte es an den Rändern
Eine Forschungsgruppe aus der Schweiz untersuchte das 2021 genauer und ließ 383 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen vier und 20 Jahren verschiedene Tests machen. Manche der Testpersonen absolvierte nur zwei Tests, andere bis zu fünf, abhängig auch davon, für welches Alter die jeweiligen Analysen geeignet waren. Insgesamt schauten sich die Forschenden sieben Q-Tests an.
Dabei kam heraus: Zwischen den Tests gab es deutliche Unterschiede. Eine Person konnte also recht schwankende Werte erhalten, wenn sie zwei oder mehr IQ-Tests ausprobierte. Das zeigte sich vor allem bei denjenigen, die einen eher hohen IQ hatten – im Vergleich zu denen mit Ergebnissen um die 100, wo die Resultate sich öfter über verschiedene Tests ähnelten.
Wie entscheidend sind die Unsicherheiten?
Für Menschen, die ungefähr im Durchschnitt liegen, ist die Auswahl des genauen Tests wohl nicht so relevant. Hängt aber etwa eine Diagnose von Intelligenzminderung oder eine Einstufung als hochbegabt an den Ergebnissen, halten die Forschenden aus der Schweiz die strengen Grenzen von "unter 70" oder "über 130" nicht für zielführend. Vielmehr sollten bei schwerwiegenden Entscheidungen flexiblere Einordnungen in den unteren oder oberen IQ-Bereich möglich sein.
Zudem ist es wichtig, dass die richtigen Tests für die jeweilige Zielgruppe gewählt werden. Für Kinder und Erwachsene gibt es unterschiedliche Tests. Einige benötigen angepasste Analysen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder Sprachschwierigkeiten. "Selbst bei Kindern, die noch nicht lesen und schreiben können, sind IQ-Tests möglich", erklärt Oliver Wilhelm. Diese müssten nur entsprechend so aufgebaut sein, dass die Kinder sie ohne Alphabetkenntnisse lösen können.
Intelligenz-Test in Kurzform
Für erste Einschätzungen können kurze Versionen der validierten Tests genutzt werden. Eine Analyse verglich 2020 die kurze und die lange Form der "Wechsler Intelligence Scale for Children" bei 107 Kindern. Insgesamt fanden sie eine recht gute Übereinstimmung – allerdings gab es die Tendenz, niedrige IQ-Werte zu unter- und hohe zu überschätzen. Darauf sollte geachtet werden, gerade wenn die Kurzversion bei Risikopopulationen eingesetzt wird, schreiben die Forschenden.
Für eine erste Einschätzung im klinischen Bereich könnten die Kurzformen aber sehr nützlich sein, wenn die Langform unpraktisch ist. Das fand ein Team in den USA und Puerto Rico, das eine spanische und eine englische Version eines etablierten IQ-Tests mit fast 300 Kinder mit ADHS untersuchte.
Artikel Abschnitt: Sind Online-IQ-Tests aussagekräftig?
Sind Online-IQ-Tests aussagekräftig?
Grundsätzlich sei nichts dagegen zu sagen, einen Test online zu machen, so der Experte. Viele Tests würden mittlerweile ohnehin am Computer durchgeführt. "Wichtig ist, dass die verschiedenen Aspekte wie die fluide und die kristalline Intelligenz und andere Faktoren wie das Kurzzeitgedächtnis abgefragt werden." Aus psychologischer Sicht ließe sich recht gut beurteilen, ob ein Test sinnvoll ist oder nicht. Für Laien allerdings ist das nicht so einfach.
Vergleichsgruppe und Atmosphäre sind wichtig
Dazu kommt ein ganz grundsätzlicher Punkt, betont Wilhelm: "Der IQ wird immer relativ zu einer Vergleichspopulation bestimmt, und die muss sorgfältig ausgewählt werden." Das bedeutet, die Tests sollten mit Personen erstellt und validiert sein, die ähnliche Charakteristiken aufweisen wie man selbst. "Das können ‚alle Erwachsenen in Deutschland‘ sein, dann hat man eine sehr breite Basis." Wenn zur Normierung des Tests aber beispielsweise nur hochgebildete Menschen genutzt wurden, ist das Ergebnis für die allgemeine Bevölkerung wenig aussagekräftig. Oft sei aber gar nicht leicht erkennbar, welche Vergleichspopulation zugrunde liegt.
Ein weiterer Punkt: "Machen Sie einen IQ-Test nicht im Bus auf dem Weg zur Arbeit – suchen Sie sich eine ruhige Umgebung, in der sie sich konzentrieren und alles gut erkennen können." Und selbst, wenn all das berücksichtigt ist, könne das Resultat von online-Tests immer nur unter Vorbehalt betrachtet werden. "Wenn es mir darum geht, ein belastbares Ergebnis zu bekommen, würde ich mich eher nicht auf Online-Testungen verlassen."
Online-Tests im Check: Süddeutsche Zeitung
Als einen sehr guten kostenlosen Online-IQ-Test bezeichnet das Verbraucher-Portal CHIP.de den Test der Süddeutschen Zeitung (SZ). Er enthält insgesamt 86 Fragen, für die rund 60 Minuten vorgesehen sind. Die SZ schreibt "Er beinhaltet verbale, numerische und bildhafte Aufgaben in sechs verschiedenen Intelligenztests." Das lässt erahnen, dass nicht alle Aspekte des CHC-Modells abgedeckt sind.
Hilfreich ist, dass Beispielaufgaben erklären, was pro Unteraufgabe erwartet wird. Nach jeder Aufgabe wird direkt angezeigt, ob das Ergebnis richtig war – das kann interessant sein, aber möglicherweise auch ablenken oder Druck machen. Am Ende bekommt die Testperson dann den altersabhängigen IQ-Wert und eine detailliertere Auswertung der sechs Untertests.
Klingt größtenteils gut. Allerdings schreibt die SZ selbst als Hinweis, dass für den Test keine repräsentativen Normwerte vorliegen und sie deshalb keine gesicherten Angaben zur Vorhersagegüte und Zuverlässigkeit machen können. Als Spielerei also vielleicht interessant, als belastbarer Test nicht hilfreich.
IQ-Test für hochbegabte Menschen
Ebenfalls aufgelistet bei CHIP.de ist der IQ-Kurztest bei Mensa, dem größten Netzwerk für hochbegabte Menschen in Deutschland. Mitglied kann nur werden, wer einen IQ von mindestens 130 hat, und Mensa bietet zur Ermittlung normierte, wissenschaftlich anerkannte Intelligenztests in verschiedenen Städten an.
Für den Online-Kurztest haben Interessierte maximal 20 Minuten Zeit und müssen 33 Knobelaufgaben im Bereich Mathematik und Geometrie lösen. Doch auch hierbei handelt es sich um reines Vergnügen, nicht um fundierte Wissenschaft. Das Netzwerk schreibt: "Die Aufgaben in einem echten Intelligenztest sind deutlich vielfältiger und umfangreicher und es ist wichtig, dass die Kandidaten die Aufgaben vorher nicht kennen. Daher findet man im Internet auch keine seriösen echten Intelligenztests."
Offline-Tests sind teuer
Der Kurztest ist letztendlich nur als grobe Einschätzung gedacht, ob sich ein richtiger Mensa-Test lohnen könnte. Unter auf jeder einzelnen Seite steht zur Erinnerung: "Bitte beachte, dass es sich beim Mensa-IQ-Rätsel nicht um einen formellen IQ-Test handelt." Das wird auf der Ergebnisseite noch unterstrichen: Dort bekommen die Teilnehmenden keinen IQ-Wert angezeigt, sondern nur die Anzahl und die Prozentzahl der korrekten Antworten. Gemeinsam mit dem Hinweis, dass eine Anmeldung zu einem echten Test vor Ort ab 22 richtigen Antworten sinnvoll sein könnte.
Für offline durchgeführte IQ-Tests fallen in der Regel Gebühren an. Bei Mensa kostet die Testung vor Ort 60 Euro – wer zudem ein detailliertes Intelligenz-Profil bekommen möchte, muss nochmal 69 Euro draufzahlen.
Bei der Testzentrale werden die IQ-Testkits eigentlich für Fachleute vertrieben und es gibt entsprechend Angebote für mehrfache Nutzungen, mit Antwortbögen oder Testheften und Auswertungsschablone oder weiteren Accessoires. Die Preise variieren teils stark. Eine Einzelnutzung eines "IST 5" zur Erfassung der Intelligenz-Struktur für Personen zwischen 15 und 60 Jahren etwa kostet derzeit 17 Euro. Allerdings ist dieser Test genauso wenig wie die anderen Angebote auf der Seite dazu gedacht, sie sich selbst zu kaufen und eigenständig durchzuführen.
Artikel Abschnitt: Wann sind IQ-Tests sinnvoll?
Wann sind IQ-Tests sinnvoll?
Und auch, welche medizinische Behandlung ihnen zusteht und von den Krankenkassen übernommen wird, hängt von solchen Tests ab.
Umgekehrt kann eine Hochbegabung, also ein IQ ab 130, rechtliche Ansprüche auf gezielte Förderungen mit sich bringen. Tipps dazu gibt unter anderem der eingetragene Verein "Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind" (DGHK).
Das ist der Blick auf die Extreme: besonders hoch oder besonders niedrig. Ein IQ-Test kann medizinisch aber auch in anderer Hinsicht helfen, erklärt Oliver Wilhelm: "Damit lässt sich bei manchen Erkrankungen erkennen, ob eine Behandlung erfolgreich ist." Als Beispiel nennt er den Schlaganfall: Kommen die kognitiven Fähigkeiten der Betroffenen zurück? Ähnlich sieht es auch bei Demenzmedikamenten aus.
Psychische Diagnose mit IQ-Test?
Selbst bei neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus kann es helfen, den IQ zu bestimmen und möglichst ein individuelles Intelligenzprofil zu erstellen. Das legt eine britische Meta-Analyse von 18 Studien mit insgesamt über 1800 neurodiversen Menschen aus 2024 nahe. Hier zeigte sich: Kinder und Erwachsene im Autismus-Spektrum hatten in verbalen und nichtverbalen Schlussfolgerungen keine Schwierigkeiten. Bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit und im Arbeitsgedächtnis waren ihre Ergebnisse jedoch eher unter dem Durchschnitt.
Das reiche nicht aus, um Autismus über einen IQ-Test zu diagnostizieren, so der Autor der Analyse, Alexander C. Wilson. Eine kognitive Einschätzung bei Menschen im Autismus-Spektrum könne jedoch helfen, die Betroffenen in ihren Stärken und Schwächen gezielter zu unterstützen.
Einen Nutzen von IQ-Tests oder Abwandlungen davon sieht Oliver Wilhelm aber auch im Alltag, etwa bei Einstellungstests – umso mehr, je höher die kognitiven Anforderungen im Beruf sind. "Solche Tests können dann einerseits die analytischen, fluiden Denkleistungen abfragen und andererseits relevante, berufliche Kompetenzen."
Tests für Kinder in der Grundschule
Kritischer sieht er manche Untersuchungen für Kinder: "Viele von den Tests fürs Kindesalter nehmen gar nicht Bezug auf Fähigkeiten, die im Schulalter relevant sind." Dennoch würde eine Einteilung der Kinder etwa in Hinblick auf die Schulform angestrebt: "Häufig wird dann gesagt, man möchte das Potenzial der fluiden Leistungsfähigkeit beurteilen – und tatsächlich ist damit die Intelligenz gemeint, nur dass man dieses Wort lieber umgehen möchte."
Umgesetzt wird das beispielsweise gerade in Baden-Württemberg, wo seit dem Schuljahr 2024/2025 alle Kinder der 4. Klasse an einem Kompetenztest, genannt Kompass 4, teilnehmen müssen. Abgefragt werden darin Deutsch- und Mathematikfähigkeiten sowie Aufgaben zum logischen Denken. Dieser Test soll gemeinsam mit der Einschätzung der Klassenkonferenz – also der Lehrerinnen und Lehrer – und dem Elternwille bei der Einstufung in Hauptschule, Realschule oder Gymnasium berücksichtigt werden.
Test traut weniger Kindern Gymnasium zu
Das Problem dabei: Bisher funktioniert die Auswertung nicht sonderlich gut. In Mathematik etwa qualifizierten sich bei den ersten Testdurchgängen nur 6 Prozent der Kinder für das Gymnasium und 7 Prozent für die Realschule, in Deutsch waren es 27 Prozent (Gymnasium) und 18 Prozent (Realschule).
"Und wenn die Eltern mit dem Ergebnis trotzdem nicht zufrieden waren, konnten die Kinder einen weiteren Test machen, den sogenannten Potenzialtest, der auch die fluide Intelligenz messen soll", so Oliver Wilhelm.
Die Landesregierung Baden-Württemberg schreibt in einer Pressemeldung vom 25. Februar 2025, mit der Auswertung seien sie weiterhin nicht zufrieden und würden den Kompass 4 nun anhand der vollständigen Rückmeldungen weiterentwickeln.
Artikel Abschnitt: Bedeuten hohe IQ-Werte mehr Erfolg im Leben?
Bedeuten hohe IQ-Werte mehr Erfolg im Leben?
Das mag in mancher Hinsicht stimmen. Nicht verwunderlich ist, dass sich die Intelligenz auf den Erfolg in der Schule und bei der Arbeit auswirkt. Studien haben zudem einen Zusammenhang zwischen der Intelligenz und dem Einkommen, dem Erfolg der zwischenmenschlichen Beziehungen und der Gesundheit gefunden. Einer Meta-Analyse aus 2011 zufolge, bei der 16 Studien mit über einer Millionen Teilnehmenden untersucht wurden, leben intelligente Menschen sogar länger.
Beim schulischen Erfolg ist die Assoziation leicht zu verstehen, denn das Schulsystem ist schließlich genau darauf getrimmt, verschiedene Faktoren der Intelligenz zu fördern und abzurufen.
Warum leben Menschen mit hohem IQ länger?
Andere Zusammenhänge sind schwerer nachvollziehbar und führen möglicherweise über Umwege. Leben Menschen mit einem höheren IQ vielleicht deshalb länger, weil sie in der Schule mehr Erfolg hatten, dann einen körperlich weniger anstrengenden und dafür besser bezahlten Job bekamen und sich ein gesünderes Leben leisten konnten? Das wäre eine Erklärung, wissenschaftlich nachgewiesen sind solche Theorien bisher aber nicht.
Ein niedriger IQ ist umgekehrt ein deutlicher Faktor für Probleme bei der Bildung und generell im Schulsystem, findet beispielsweise eine Analyse aus 2018 von über einer Million dänischer Männer. Andererseits legt eine Befragung und Untersuchung von 72 Menschen mit einer milden Intelligenzstörung (hier definiert als IQ zwischen 55 und 85) aus 2016 nahe, dass der IQ keine große Auswirkung auf das tägliche Funktionieren oder auf das Wohlbefinden hat.
Intelligenz passt nicht immer in Stufen
Zwar beeinflusse die Intelligenz spezifische Aktivitäten wie etwa die Schule, aber in anderen Aspekten gebe es höchstens geringe Zusammenhänge, so die Schlussfolgerung der Studie. Grundsätzlich gilt: Bei all diesen Aspekten geht es immer nur um Risiken oder statistische Wahrscheinlichkeiten. Bei jeder Person können sich die Intelligenzwerte auch anders auswirken.
Problematisch ist in dem Zusammenhang der harte Schnitt zwischen den Einstufungen. Einer Person mit einem IQ von 69 geht es nicht notwendigerweise anders als einer Person mit 70 und der Schritt von 129 zu 130 macht keinen tatsächlichen Unterschied. Dafür sorgen schon allein die Variabilität der Tests und die persönlichen Schwankungen. Sinnvoller kann es deshalb sein, die Intelligenz als ein Kontinuum zu betrachten, anstatt es in feste Abschnitte zu pressen.
Artikel Abschnitt: Lässt sich der IQ verbessern?
Lässt sich der IQ verbessern?
Tatsächlich sei gut belegt, dass sich die Intelligenz im Lebenslauf ohnehin verändert. "Die fluide Intelligenz, als das analytische Denken, nimmt bis ins junge Erwachsenenalter steil zu, beginnt dann abzuflachen und irgendwann wieder zu sinken." Das hänge vermutlich unter anderem mit degenerativen Erkrankungen zusammen, welche die geistige Flexibilität zum Lebensende hin abnehmen lassen.
Wissen wächst von alleine
"Bei der kristallinen Intelligenz, dem Wissen, kommt es mehr darauf an, wie sie gemessen wird." Verallgemeinert lasse sich dabei aber beobachten, dass diese Form der Intelligenz im Laufe des Lebens beharrlich ansteigt oder zumindest gleichbleibt und erst kurz vor dem Tod etwas abfällt. "Wobei Menschen kurz vor dem Sterben wohl auch andere Sorgen haben, als einen Intelligenztest zu machen."
Intuitiv scheint bei der Intelligenz die "Use it or lose it"-Hypothese sinnvoll zu sein: Gebrauche deinen Verstand oder verliere ihn. Das passt zu Intelligenz- und Gehirntrainings, ebenso wie dem Ziel der schulischen Bildung, das analytische Denken sowie das Wissen zu fördern. Tatsächlich sei die wissenschaftliche Evidenz für diese Theorie jedoch gar nicht so stark, sagt Oliver Wilhelm.
Was bringt Gehirnjogging?
"Es gibt schon Studien, in denen beispielsweise das Arbeitsgedächtnis verbessert werden soll." Die Steigerungen, die dort auftreten, seien aber oft sehr auf die einzelnen Aufgaben beschränkt und übertragen sich nicht auf die allgemeine Kapazität des Arbeitsgedächtnisses oder noch größer gedacht auf die fluide Intelligenz.
Dazu kommt laut dem Experten ein wichtiger Punkt: "Wir nutzen unser Arbeitsgedächtnis und unsere fluide Intelligenz täglich, den ganzen Tag lang – natürlich manchmal mehr und manchmal weniger." Wenn nun Menschen in einer Interventionsstudie zehn Mal für eine halbe Stunde ein Training absolvieren, sei das als Dosis gesehen lachhaft. "Wer seine fluide Intelligenz verändern möchte, hat eine große Herausforderung vor sich, das geht nicht in ein paar Minuten."
Macht Sport schlauer?
Was hingegen erstaunlich gut hilft: Sport. So legt etwa eine Meta-Analyse aus 2024 nahe, dass die allgemeine und speziell die fluide Intelligenz durch körperliches Training verbessert werden kann. Dazu untersuchten spanische Forschende insgesamt 14 randomisierte, kontrollierte Studien mit zusammen 3203 Kindern zwischen 5 und 14 Jahren. Im Durchschnitt fanden sie eine Verbesserung von vier IQ-Punkten durch den Sport.
Dabei zeigten sich die positiven Effekte sowohl bei Kindern als auch bei Jugendlichen, unabhängig vom ursprünglichen IQ-Level und von der Länge der Interventionen. Allerdings schränken die Forschenden ein, dass die untersuchten Studien recht heterogen, also unterschiedlich, waren und durch das "Zusammenschmeißen" der Daten möglicherweise verzerrende Faktoren nicht auffallen könnten. Trotzdem findet auch Oliver Wilhelm: "Anstatt nur auf einen kognitiv aktiven Lebensstil zu achten oder täglich irgendwelche Gehirnübungen zu machen, ist so etwas wie ein aerobes Fitnesstraining vielleicht zuträglicher."
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