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Duftstoffe
So beeinflussen uns Pheromone wirklich
Pheromon-Parfums für den Anziehungskick, Pheromon-Partys für die Partnersuche: Rund um die Duftstoffe ist ein Markt entstanden. Aber: Wirken sie beim Menschen wirklich?
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Artikel Abschnitt: Was ist überhaupt ein Pheromon?
Was ist überhaupt ein Pheromon?
Zwei Arten von Pheromonen
In erster Linie wird zwischen zwei verschiedenen Arten von Pheromonen unterschieden:
- Releasing-Pheromone führen zu einer schnellen Verhaltensänderung, wie sie etwa bei Fischen zu beobachten ist. Wird ein Karpfen von einem Raubfisch verletzt, sondert er einen Schreckstoff ab, der alle anderen Karpfen warnt und vertreibt.
- Anders die Primer-Pheromone: Sie dienen dazu, das Hormon- und Nervensystem von Artgenossen langfristig zu beeinflussen. Bienenköniginnen etwa nutzen Pheromone, um ihre Alleinherrschaft zu sichern: Durch die sogenannte Königinsubstanz unterdrücken sie die Eierstockbildung der Arbeiterbienen.
Für die Wahrnehmung von Pheromonen haben viele Wirbeltiere ein eigenes Organ: das Jacobson-Organ. Das schlauchartige Organ befindet sich neben der Nasenhöhle. Pheromone werden nicht wie normale Gerüche bewusst gerochen, sondern unbewusst wahrgenommen.
Artikel Abschnitt: Welche Rolle spielen Pheromone beim Menschen?
Welche Rolle spielen Pheromone beim Menschen?
Das schließt allerdings nicht aus, dass wir Pheromone wahrnehmen können. Der Psychologe Alexander Prehn-Kristensen vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein erklärt: "Es gibt auch Tiere, die über Pheromone kommunizieren, aber kein Jacobson-Organ besitzen. Das heißt: Dieses Organ ist nicht zwingend notwendig."
Der Mensch besitzt Rezeptoren für Pheromone
Denn klar ist: Wir besitzen Rezeptoren für Pheromone, allerdings nur einen Bruchteil dessen, was viele Tiere besitzen. Zusammen mit den Riechrezeptoren, die für normale Gerüche zuständig sind, sitzen unsere Pheromonrezeptoren auf der Riechschleimhaut innerhalb der Nase. Aber: "Pheromonzellen haben eine eigene Leitungsbahn ins Gehirn. Sie werden an einer anderen Stelle im Hirn verarbeitet als normale Gerüche", sagt Hanns Hatt.
Der Unterschied: Treffen genug Geruchsmoleküle auf unsere normalen Riechrezeptoren, riechen wir etwas. Gelangen jedoch Pheromone in unsere Nase, schlagen die Pheromonrezeptoren an – aber wir nehmen keinen Geruch wahr.
Artikel Abschnitt: Wie wirken sich Pheromone auf unser Verhalten aus?
Wie wirken sich Pheromone auf unser Verhalten aus?
Einige Indizien gibt es bereits. So konnte Hans Hatt mit Kollegen einen unserer Pheromonrezeptoren aktivieren – mit Hedion, einem Duftstoff, der in Jasmin vorkommt. Unter dem Einfluss dieses Duftstoffs reagierten Proband:innen bei Belohnungsspielen mit mehr Vertrauen, bei Bestrafungsspielen mit mehr Misstrauen. Die Erkenntnisse sprechen dafür, dass ein menschliches Pheromon existiert, das Hedion chemisch ähnelt.
Unser Empathiezentrum springt an
Auch unsere Empathie ist durch Pheromone steuerbar. Über den Geruch können wir nicht auseinanderhalten, ob jemand schwitzt, weil er gerade vom Sport kommt – oder weil er Angst hat. Trotzdem springt das Empathiezentrum unseres Gehirns an, wenn wir Angstschweiß riechen.
"Auf das subjektive Riechen lassen sich die Ergebnisse nicht zurückführen. Es muss also eine Komponente im Körpergeruch geben, die wir nicht bewusst riechen können“, schließt der Psychologe Prehn-Kristensen. Dass wir Angst wahrnehmen können, macht durchaus Sinn – da wir so vor einer potenziell gefährlichen Situation gewarnt werden.
Wirkungen laufen unbewusst ab
"Solche chemosensorischen Reize wirken unbewusst auf uns ein", sagt Prehn-Kristensen. "Pheromone beeinflussen unsere vorbewussten Entscheidungen – und somit unser Verhalten." Das heißt jedoch nicht, dass wir durch Pheromone wie ferngesteuert reagieren, stellt der Psychologe klar. "Bei einer Entscheidungsfindung spielen viele Informationen eine Rolle, aber neben den Sinnesorganen Auge und Ohr dürfen wir die Nase nicht vergessen. Man sollte ihre Rolle nicht überinterpretieren, aber sie auch nicht kleiner machen, als sie ist."
Artikel Abschnitt: Helfen Pheromone, passende Partner:innen zu finden?
Helfen Pheromone, passende Partner:innen zu finden?
Das Problem dieser Studien: “Anhand einer Verhaltensänderung kann man noch nicht ablesen, ob diese durch ein Pheromon eingeleitet worden ist – oder durch eine normale Duftwirkung”, erklärt Hanns Hatt.
Perfekter Partner dank verschwitzter Shirts
Trotzdem wurde die Rolle von Pheromonen beim Thema Anziehung und Partnerwahl in den letzten Jahren mystifiziert. So werden Pheromon-Parfums für den zusätzlichen Anziehungskick vermarktet, rund um die vermeintlichen Sexuallockstoffe ist gar ein eigenes Dating-Format entstanden: Pheromon-Partys.
Das Konzept: Jeder Gast bringt ein T-Shirt mit, in dem er drei Nächte geschlafen hat – und die anderen Gäste dürfen sich durch die T-Shirts schnuppern. Wer sich gut riechen kann, bekommt die Chance, sich zu treffen.
Diese Art Pheromon-Tinder basiert also auf dem Gedanken, dass Menschen wie Tiere Pheromone durch den Schweiß abgeben können. Als geruchlich besonders anziehend sollen Menschen auf uns wirken, deren Immunsystem sich möglichst stark von dem unseren unterscheidet – eine gute Voraussetzung für gesunden Nachwuchs. Aber können wir tatsächlich das Immunsystem anderer Menschen erschnuppern?
Unwahrscheinlich, glauben Expert:innen
Klar ist, bei Mäusen funktioniert es. Eine Maus kann über Pheromone sehr gut wahrnehmen, ob sie auf eine verwandte Maus mit ähnlichem Immunsystem trifft – oder auf eine fremde, die mit ihrem andersartigen Immunsystem als Partner bevorzugt wird. Dazu benötigt die Maus lediglich gründlichen Urin- und Fellkontakt mit der anderen Maus. Aber während die Maus ca. 300 hochspezialisierte Rezeptoren besitzt, um Pheromone zu detektieren, besitzen wir gerade mal fünf klassische Pheromonrezeptoren.
Dass der Mensch mit seiner geringen Zahl an Pheromonrezeptoren nur anhand eines T-Shirts Informationen über das Immunsystem anderer Partygäste sammeln kann, hält Hanns Hatt für äußerst unwahrscheinlich. Hinzu kommt: Es wird zwar davon ausgegangen, dass sich Pheromone im Schweiß befinden – aber bisher konnte noch kein menschliches Pheromon isoliert werden.
"Wenn der Mensch irgendwas riecht, dann wohl eher die Duftwolke des Mikrobioms", der vielen Bakterien in und auf uns. "Der Geruch der Bakterien kann Auskünfte über unsere Gesundheit geben. Das hat mit Pheromonen aber nichts zu tun, sondern hierfür sind die normalen 400 Riechrezeptoren der Nase verantwortlich", urteilt der Biologe und Mediziner.
Autorin: Verena Mengel
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Also ich habe mir jetzt so ein Pheromone Parfuem besorgt. Mal sehen was sich daraus entwickelt.
Und ?