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Kognitive Entwicklung
Warum Kinder lügen (müssen)
Kinder flunkern und lügen. Gleichzeitig lernen sie soziale Kompetenz und Empathie. Beides ist Teil ihrer kognitiven Entwicklung.
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Inhalt
- Darum geht’s: Mit vier Jahren lernen Kinder Empathie – und zu lügen
- Darum müssen wir drüber sprechen: Die moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft sind für ein kleines Kind schwer zu begreifen
- Aber: Mit der Fähigkeit zu lügen entwickeln sich wichtige soziale Eigenschaften
- Und jetzt? Mit dem Kind reden statt bestrafen
- Darum geht’s: Mit vier Jahren lernen Kinder Empathie – und zu lügen
- Darum müssen wir drüber sprechen: Die moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft sind für ein kleines Kind schwer zu begreifen
- Aber: Mit der Fähigkeit zu lügen entwickeln sich wichtige soziale Eigenschaften
- Und jetzt? Mit dem Kind reden statt bestrafen
Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Mit vier Jahren lernen Kinder Empathie – und zu lügen
Menschen schwindeln jeden Tag. Oft handelt es sich um Notlügen oder sogenannte prosoziale Lügen, zum Beispiel aus Höflichkeit: "Diese Bluse steht dir wirklich gut.“ Subtiler agiert der Betrüger, der die Wahrheit bewusst zu seinem eigenen Vorteil verdreht, oder die Blenderin, die zur Selbstdarstellung maßlos übertreibt.
Lügen muss gelernt sein
Kinder kommen nicht als Schwindler auf die Welt. Nicht umsonst gibt es den Spruch: Kindermund tut Wahrheit kund. Unehrlichkeit müssen sie erst lernen, denn Kleinkindern fehlt das geistige Rüstzeug zur perfekten Lüge. Für einen Zwei- oder Dreijährigen gibt es vereinfacht gesagt nur eine Realität, und zwar die eigene. Alles, was er gerade macht, sieht oder denkt – so seine Logik – sehen und denken auch alle anderen Menschen.
Erst mit etwa vier Jahren ist ein Kind in der Lage, sich in die Gedanken seiner Mitmenschen hineinzuversetzen. Der Grund liegt unter anderem in der Reifung des kindlichen Gehirns. Bei drei- bis vierjährigen Kindern entwickeln sich Nervenbahnen, die den präfrontalen Kortex, das Zentrum für kognitive Handlungsplanung und Emotionsregulierung, mit dem temporo-parietalen Übergang verbinden. Diese Zone zwischen Scheitel- und Schläfenlappen des Gehirns verarbeitet visuelle, auditorische sowie sensorische Informationen. Was bedeutet diese Entwicklung?
Ein Experiment
Ein Kind und ein weiterer Proband sehen, dass die Studienleiterin einen Gegenstand in eine Box A legt. Nachdem der Proband den Raum verlassen hat, entnimmt die Studienleiterin den Gegenstand erneut und legt ihn in eine Box B. Nun wird das Kind gefragt, in welcher Box der Proband den Gegenstand vermuten wird, wenn er wiederkommt. Dreijährige tippen auf Box B, denn schließlich liegt der Gegenstand dort. Aus seiner Sicht ist dies die einzig mögliche Realität.
Erst Vierjährige begreifen in diesem "False-Belief“-Test, dass der Proband nichts vom Umpacken des Gegenstands wissen kann, da er diesen Vorgang nicht beobachtet hat. Sie tippen auf Box A, obwohl sie es selbst besser wissen. Sie verstehen, dass die Realität des Probanden eine andere ist als ihre eigene. Diese "Theory of Mind“ genannte kognitive Höchstleistung ermächtigt das Kind fortan nicht nur zu Empathie und geplantem Handeln, sondern auch zum bewussten Mogeln.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Die moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft sind für ein kleines Kind schwer zu begreifen
Für das ungeliebte Geschenk von Tante Hilde beispielsweise sollen sich die Kinder trotz allem artig bedanken und Freude vorgaukeln und sie beobachten Erwachsene, wie diese zum Beispiel Verspätungen mit einem nicht vorhandenen Verkehrsstau entschuldigen. Flunkern sie jedoch bezüglich des Zähneputzens, sind die Eltern verärgert.
Das zu verstehen, ist für Kinder nicht einfach. Was ist erlaubt, was ist verboten? Wo verläuft die Grenze zwischen toleriertem, sozialem Flunkern und einer geächteten, falschen Lüge? Die moralischen Werte der Familie und der Gesellschaft, in der es aufwächst, prägen diesen Lernprozess ebenso wie kulturelle Einflüsse.
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Mit der Fähigkeit zu lügen entwickeln sich wichtige soziale Eigenschaften
Wer lügt, muss kreativ sein
Forschende zeigten in Studien, dass geschickte Lügner:innen oft besonders kreative und intelligente Menschen sind. Das überrascht nicht, denn mit der Lüge allein ist es nicht getan. Im Nachhinein müssen mehrere Realitäten erschaffen und aufrechterhalten werden, damit das Lügengebäude nicht in sich zusammenstürzt. Schon eine Diskrepanz, ein kleiner Widerspruch in der Geschichte lässt das Gegenüber aufhorchen. Das erfordert höchste Konzentration und Selbstbeherrschung, aber auch Einfallsreichtum und komplexes Denken.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Mit dem Kind reden statt bestrafen
Eltern sollten erklären, warum Ehrlichkeit wichtig ist, statt Lügen pauschal zu rügen. So geben sie dem Kind die eigenen moralischen Werte mit auf den Weg, ohne es zu verwirren.
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Artikel Überschrift:
Guter Artikel zum Flunkern.
Leider wird hier für selbstverständlich angenommen, dass ein fünf-jähriges Kind die Zähne selber putzen kann. Damit die Zähne aber gründlich geputzt sind, müssen die Zähne bis die Kinder selber Schreibschrift schreiben können von den Eltern nachgeputzt werden. Siehe bspw https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/koerper/zahn/zahnpflege-bei-kindern-1071516
Gerade bei Kindergartenkindern halte ich es für wichtig zu überlegen, warum diese lügen. Oft sind es kleine Unfälle und Ungewünschtes, und das Kind distanziert sich vom Geschehenen, ist jetzt klüger als einen Moment vorher, und insofern hat es erstens von sich aus gelernt, dass das nicht gut war, und zweitens… Weiterlesen »
Ich stimme zwar der Aussage zu, dass gute Lügner meist wohl intelligenter sind, will aber deutlich ausdrücken und anfügen, dass man dies nicht mit hoher Intelligenz generell bei Lügnern gleichsetzen kann, ganz im Gegenteil. Ein intelligenter Mensch braucht sich erst gar nicht selbst in die Gelegenheit einer Lüge zu bringen.… Weiterlesen »
Ich möchte hier eindringlich auf Psychopathen / Soziopathen aufmerksam machen. Meiner empirischen Forschung nach ist dies durchaus schon bei kleinen Kindern erkennbar. Diese lügen, nutzen andere Kinder aus, haben ein Selbstbewusstsein bereits im Kindesalter welches teilweise sehr auffällig ist. In der Regel sollte man fernerhin beachten: es gibt familiäre Häufungen,… Weiterlesen »
Finde es ungewöhnlich, daß zu so elementarem Thema ich der Erste sein sollte, der einen Kommentar abgibt. Wie kommt das denn zustande? Unabhängig von dem was Jaspers, Hegel oder Kant oder andere Größen geschrieben haben, kann es doch nicht einfach ein uninteressantes Thema sein. Allenthalben sehen wir doch in Nachrichten… Weiterlesen »
Vielleicht schreibst du beim nächsten Mal etwas mehr über den Beitrag statt über Corona oder warum hier kaum Kommentare sind.