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Magersucht
Anorexie: Die Sterblichkeit wird oft unterschätzt
Anorexie, Bulimie, Bigorexie – es gibt eine ganze Reihe von Essstörungen. Die Anorexia nervosa, auch Magersucht genannt, ist ganz besonders tödlich: Bei ihr ist die Sterblichkeitsrate höher als bei allen anderen psychischen Erkrankungen. Was macht die Magersucht aus, wie entsteht sie und was hilft?
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Artikel Abschnitt: Was ist Anorexie?
Was ist Anorexie?
Es gibt zwei Typen von Anorexia nervosa:
- restriktive Anorexie: Die Betroffenen essen kaum etwas, und/oder machen exzessiv Sport.
- Binge-Eating/Purging-Anorexie: Die Betroffenen essen sehr viel auf einmal (binge-eating) und übergeben sich danach – teilweise durch Abführmittel, um die Nahrung schnellstmöglich wieder loszuwerden (purging).
Magersucht ist eine psychische Krankheit mit starken körperlichen Folgen. Es ist die psychische Erkrankung mit der höchsten Sterberate: Etwa zehn Prozent aller Betroffenen sterben entweder an körperlichen Komplikationen oder nehmen sich das Leben. Mehr zu den psychischen und körperlichen Auswirkungen findet ihr in Frage 3.
Essstörungen als Definitionsfrage
Anorexie ist nicht die einzige Essstörung. Sehr bekannt ist auch die Bulimie, bei der die Betroffenen teils erst sehr viel Nahrung auf einmal zu sich nehmen und sich danach absichtlich erbrechen oder ähnliche Mittel nutzen, um nicht zuzunehmen. Das klingt stark nach dem Binge-Eating/Purging-Typ der Anorexie. "Der einzige Unterschied ist dann das Gewicht", sagt Prof. Jochen Seitz, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie der LVR-Universitätsklinik Essen. "Hat der Patient oder die Patientin Untergewicht, gilt es als eine Binge/Purge-Anorexie – sobald sie aber mehr wiegen als die leichtesten zehn Prozent, heißt es plötzlich Bulimia nervosa." Und wenn sich Bulimie-Betroffene nicht übergeben, wird ihre Krankheit als Binge-Eating-Störung klassifiziert.
Obwohl die verschiedenen Essstörungen sich so ähnlich sind, kann die Abgrenzung für die Behandlung entscheidend sein, so Seitz: "Vor allem ist es wichtig zu wissen, ob man zuerst auf ein höheres Gewicht hinarbeiten muss, weil sonst eine akute Gefährdung besteht, oder ob man sich vorrangig um das Essverhalten kümmern sollte."
Atypische Anorexie als Sonderform
Es gibt eine weitere Form der Anorexie, über die es bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen gibt: die atypische Anorexie. Grob kann man sagen, dass das eine Anorexie beschreibt, bei der die Betroffenen zwar auf den oben beschriebenen Wegen sehr stark abnehmen und auf ihr Körpergewicht fixiert sind – gleichzeitig aber noch nicht als untergewichtig gelten. Wenn eine Person mit einem recht hohen Gewicht "startet" und dann in kurzer Zeit mit drastischen Maßnahmen stark abnimmt, kann das die gleichen negativen Konsequenzen haben wie bei der typischen Anorexie. Aber weil diese Menschen nicht als "zu dünn" wahrgenommen werden, fällt ihre Erkrankung seltener auf. Im schlimmsten Fall werden sie von ihrer Umgebung beim Abnehmen bestärkt.
Wie viel und wie schnell ist beim Abnehmen noch okay und wann ist es krankhaft? Es gibt bisher keine übereinstimmende Meinung, was "signifikanter Gewichtsverlust" bedeutet. Diese Unsicherheit kann dazu führen, dass weder die Betroffenen noch das Umfeld die Krankheit wirklich ernst nehmen. Auch bei der Behandlung gibt es offene Fragen (mehr dazu hier).
Artikel Abschnitt: Was bedeutet Anorexie für den gesamten Körper?
Was bedeutet Anorexie für den gesamten Körper?
Das zeigt bereits, wie eng die verschiedenen Systeme im Körper zusammenarbeiten und sich gegenseitig beeinflussen. Verhungert der Körper, kommen immer mehr Symptome hinzu, bis am Ende die Organe geschädigt werden. Hier eine Liste an möglichen Folgen einer Anorexie:
Magen/Darm:
Der Magen wird nicht so effizient geleert, wodurch Betroffene sich sehr schnell satt fühlen, ihnen schlecht wird oder sie Blähungen bekommen. Diese Problematiken verbessern sich mit zunehmendem Gewicht wieder.
Das Herz:
Das Herz von Betroffenen kann plötzlicher stehen bleiben. Woran das Herzversagen liegt, konnte in Autopsiestudien bisher nicht ermittelt werden. Generell haben Menschen, die eine große Menge Gewicht verlieren, oft einen verlangsamten Herzschlag von unter 60 Schlägen pro Minute. Das normalisiert sich meist wieder, sobald die Person zunimmt. Auch die Struktur des Herzens kann sich verändern: Bei vielen Menschen mit Anorexie verkümmert der linke Herzventrikel, was zu Problemen wie Herzrhythmusstörungen führen kann.
Das Blut:
Bei schlimmer werdender Anorexie kann es sein, dass zu wenig vom Blutfarbstoff Hämoglobin im Blut ist, der Sauerstoff im Körper transportiert. Es können auch zu wenig Blutplättchen oder weiße Blutkörperchen werden. Grund dafür sind Schäden an den Zellen des Knochenmarks, die sich normalerweise zu reifen Blutkörperchen entwickeln.
Das Skelett:
Eine häufige Nebenwirkung der Anorexie ist Osteoporose, wodurch die Knochensubstanz brüchig wird. Das geht relativ schnell: Schon etwa ein Jahr nach Krankheitsbeginn haben die Knochen an Dichte verloren, obwohl die Patientinnen und Patienten in der Regel sehr jung sind. Und auch noch Jahre nach einer überstandenen Magersuchterkrankung brechen die Knochen von Betroffenen häufiger als bei gesunden Menschen.
Die Hormone:
Der Hormonhaushalt gerät völlig aus dem Gleichgewicht, zum Beispiel bleibt die Periode aus – eines der Erkennungsmerkmale für Anorexie. Bei Jungen und Männern verringert sich der Testosteronspiegel, sodass etwa Muskeln und Potenz schwächer werden. Gleichzeitig steigen das Stresshormon Cortisol.
Die Nervenzellen im Gehirn:
Sowohl die Nervenzellen als auch die Nervenbahnen verändern sich bei einer Anorexie. Den Betroffenen fällt es oft schwer, mit ihren Emotionen umzugehen. Sie suchen sich dann häufig Wege, um die Gefühle zu unterdrücken. So kann Wut oder Unsicherheit beispielsweise mit noch mehr Sport kompensiert werden – was in diesem Fall aber nicht gesund ist. Auch Erinnerungen an Dinge, die man selbst erlebt hat, können gestört sein. Werden Anorexie-Betroffene etwa nach Ereignissen in ihrer Vergangenheit gefragt, können sie sich an deutlich weniger Details erinnern als andere Menschen. Das kann an Verkümmerungen von Gehirnregionen liegen, die solche Funktionen kontrollieren. Und obwohl sich die Hirnmasse meist mit zunehmendem Gewicht wieder vergrößert, können neurokognitive Funktionen weiterhin eingeschränkt bleiben.
Artikel Abschnitt: Wie entsteht eine Anorexie?
Wie entsteht eine Anorexie?
Auch bis zu 0,3 Prozent der männlichen Bevölkerung bekommen die Diagnose Anorexie. Sie werden jedoch schnell übersehen, weil viele Menschen Anorexie nur mit Frauen verbinden. Diese stereotype Einordnung sorgt unter anderem dafür, dass Männer seltener und später Hilfe suchen. Dadurch ist die Erkrankung für sie besonders gefährlich.
Genetik spielt eine große Rolle
Essstörungen im Allgemeinen haben eine sehr große genetische Komponente. Das erklärt auch zum Teil die Ähnlichkeiten und Überlappungen bei den verschiedenen Essstörungsbildern, sagt Psychiater Jochen Seitz: "Die Gene sind nicht spezifisch, wir haben nicht ein paar 'Anorexie-Gene' und ein paar 'Bulimie-Gene'." Stattdessen gebe es Hunderte von Genen, die auf unterschiedliche Weise mit Essstörungen in Verbindung stehen und sie mehr oder weniger beeinflussen.
Was auch eine Rolle spielt: Ist eine Person von Natur aus schlank? Oder gibt es beispielsweise Familienmitglieder mit psychischen Erkrankungen? Häufig begünstigen andere psychische Krankheiten eine Entwicklung von Essstörungen. Beispiele sind etwa zwanghafte Verhaltensstörungen, Angststörungen und Depressionen. Ein problematisches Essverhalten kann Stress- und Angstgefühle anfangs verbessern, denn es aktiviert bestimmte Belohnungssysteme im Gehirn – und so begünstigen sich Anorexie und psychische Störungen gegenseitig.
Erfahrung der Betroffenen ist auch relevant
Zuletzt sind da noch die Erfahrungen, die Betroffene in ihrem Leben gesammelt haben. "In Regionen, wo ein rundlicher Körper als besonders schön gilt, gibt es praktisch keine Anorexie", sagt Jochen Seitz – außer, sie werde von außen eingebracht, etwa durch Fernsehshows , die wiederum dünne Körper verherrlichen. Generell herrschen weltweit große Unterschiede darin, wie häufig Anorexie vorkommt. Besonders hoch ist die Rate beispielsweise in der westlichen Welt – darunter auch Deutschland – und China (über ein Prozent der Bevölkerung, wobei die genauen Zahlen je nach untersuchter Altersgruppe und Zeitraum schwanken). Sehr niedrig ist die Rate in Afrika (unter 0,01 Prozent).
Ungünstig wirken sich auch Hobbys aus, bei denen Wert auf das Dünnsein gelegt wird: etwa Modeln, Ballett oder Turnen. Und das Stigma von "höherem Gewicht" ist gerade bei jungen Menschen fest verankert. In einer britischen Langzeitstudie aus dem Jahr 2024 füllten mehr als 4000 Teilnehmende dazu mit 13 Jahren einen Fragebogen aus. Davor und danach wurden sie immer wieder in einer Klinik untersucht und beantworteten zwischen 21 und 31 Jahren jährlich einen weiteren Fragebogen. Es zeigte sich, dass sie ihr Gewicht besonders schlimm fanden, wenn sie sich in ihrer Jugend zum Abnehmen gedrängt fühlten – etwa durch die Familie, die Medien oder Mobbing.
Eltern spielen keine große Rolle
Ein Punkt ist Jochen Seitz besonders wichtig: "Wenn Kinder oder Jugendliche eine Anorexie oder eine andere Essstörung entwickeln, hört man immer wieder: 'Da müssen doch die Eltern schuld sein.'" Das sei schlichtweg falsch: "Es gibt keine seriöse Studie, die belegt, dass Eltern überhaupt eine große Rolle bei der Entstehung der Erkrankung spielen." Deutlich entscheidender seien zunächst die Gene und dann individuelle Einflüsse oder der Freundeskreis. Sehr wichtig sind die Eltern hingegen im Prozess der Therapie.
Artikel Abschnitt: Wie wird Anorexie diagnostiziert?
Wie wird Anorexie diagnostiziert?
- Betroffene nehmen weniger Energie auf als sie brauchen. Das führt zu einem signifikant niedrigen Körpergewicht, also einem Gewicht, das unterhalb des Minimums des normalen oder erwarteten Gewichts liegt.
- Betroffene haben große Angst davor, zuzunehmen oder zu dick zu werden, obwohl sie so wenig wiegen.
- Betroffene nehmen ihre Figur oder ihr Körpergewicht nicht richtig wahr.
Das zweite Diagnosehandbuch, ICD-11, spezifiziert genauer, was ein zu niedriges Gewicht ist: Bei Erwachsenen listet es einen Body-Mass-Index (BMI) unter 18,5 Kilogramm pro Quadratmeter, für Kinder und Jugendliche einen BMI "unter der fünften Altersperzentile". Das bedeutet, dass betroffene Kinder weniger als 95 Prozent der Kinder im gleichen Alter wiegen.
BMI als Diagnosekriterium in der Kritik
Die Verwendung des BMI als Diagnosekriterium wird häufig kritisiert. Wie aussagekräftig der BMI ist, erklären wir in diesem FAQ. Außerdem kann das "Normalgewicht" bei jeder Person sehr unterschiedlich sein. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es Diskussionen darüber, ob nicht sogar die leichtesten zehn Prozent in der Gewichtskurve als Anorexie definiert werden sollten. Das würde deutlich mehr Kinder einschließen.
Im DSM-5 wird darauf hingewiesen, dass ein zu niedriges Gewicht von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, sagt Jochen Seitz, da es Menschen gebe, die von ihrer Konstitution her einfach dünn sind: "Die meisten Menschen sind irgendwo in der Mitte, und dann gibt es gesund dicke und gesund dünne Leute – das sind nur eben weniger."
Zahnschäden und Magen-Darm-Problem weitere Anzeichen
Neben den Diagnosekriterien gibt es weitere Hinweise für Anorexie, zum Beispiel Zahnschäden, Magen-Darm-Probleme oder exzessive sportliche Aktivität. Außerdem testen Fachleute bei einem Verdacht die Blutwerte und schauen bei Frauen in oder nach der Pubertät auf die Menstruation.
Kinder mit Anorexie finden sich seltener als Erwachsene zu dick, sondern wollen so "dünn" bleiben, wie sie sind. Sie haben deutlich seltener Essattacken mit anschließendem "Purging", aber treiben stattdessen oft obsessiv Sport und vermindern oder verweigern eher die Nahrungsaufnahme.
Regelmäßige Vorsorge für Kinder und Jugendliche
In Deutschland sind die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche vorgeschrieben. Darunter die J1 im Alter zwischen 12 und 15 Jahren: Besonders in dieser kritischen Zeit sollten die Kinderärztinnen und -ärzte auf Anzeichen einer Essstörung achten.
Einer Studie zufolge funktioniert das auch schon ganz gut: Offenbar wird Anorexie in Deutschland in einem früheren Stadium erkannt als in anderen Ländern, wodurch der BMI bei der Diagnose höher ist – beides gute Vorzeichen für eine Genesung.
Auch Selbsttests im Internet können einen ersten Eindruck liefern, findet Jochen Seitz: "In größeren Bevölkerungsstudien verwenden wir solche Schnelltests auch." Schon mit fünf Fragen könne man zu einer ersten Einschätzung kommen.
Wenn jemand mehr als eine dieser Fragen mit "Ja" beantwortet, sei er oder sie definitiv gefährdet und sollte möglichst mit einer Fachperson darüber sprechen. "Das sind zwar ganz globale Fragen, die aber schon eine relativ hohe Trefferquote haben."
Artikel Abschnitt: Ist eine stationäre Behandlung nötig?
Ist eine stationäre Behandlung nötig?
Wenn die erkrankte Person schlicht nicht zunimmt, sollte man über eine Tagesklinik oder eine vollstationäre Aufnahme nachdenken. "Es gibt Patientinnen, die es zu Hause nicht schaffen, genug zu essen", so Seitz. "Auch wenn der Vorsatz da ist und sie wissen, dass es gefährlich ist."
Artikel Abschnitt: Welche Therapien helfen?
Welche Therapien helfen?
Vielmehr müsse man den Körper zunächst aus dem Notfallmodus herausbringen. In dem Modus versucht der Körper zum Beispiel, so wenig Kalorien wie möglich zu verbrennen und stellt teilweise sogar Funktionen ein.
Wenn dem Körper Nahrung fehlt, schaltet er dauerhaft in diesen Modus. Erst wenn wieder Nahrung kommt, kann man sich darum kümmern, wie die Betroffenen ein stabiles Gewicht halten können und nicht rückfällig werden.
Behandlung ist sehr individuell
Darüber hinaus ist die Behandlung von Anorexie sehr individuell und muss auf die jeweiligen Bedürfnisse und Umstände der Betroffenen abgestimmt werden. Empfohlen wird neben der Gewichtszunahme immer eine anorexiespezifische Psychotherapie. Hier geht es beispielsweise auch um das Körperbild.
"Oft konzentrieren sich die Patientinnen und Patienten auf einzelne Stellen", erklärt die Ernährungsmedizinerin Dr. Elisabeth Rauh, Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie an der Schön Klinik Bad Staffelstein.
"Zum Beispiel betrachten sie ihren Bauch, ihre Beine, ihre Arme und finden die Teile jeweils zu dick." Eine Therapie könne helfen, den Fokus von den Details weg wieder auf die gesamte Person zu lenken und die Idealvorstellung mit der Realität in Einklang zu bringen.
"Besonders wichtig ist es, dass sie lernen, wieder selbstfürsorglich ausreichend zu essen", so die Ärztin. Damit ist gemeint, regelmäßig genügend Dinge zu sich zu nehmen, die dem Körper guttun.
Der Einfluss der Mitmenschen
Entscheidend ist in dem Prozess das Umfeld. Anders als bei der Entstehung einer Anorexie spielt bei der Genesung gerade für junge Betroffene die Familie eine große Rolle, betont Jochen Seitz: "Wenn die Eltern klar sagen: 'Wir bringen dich zur Therapie, bis du zugenommen hast, und auch, wenn du wieder abnimmst', ist das ein sehr protektiver Faktor."
Damit könnten die Bezugspersonen die Chancen auf eine Heilung deutlich steigern. Lassen sie sich hingegen von der Patientin oder dem Patienten beeinflussen – 'Das ist doch gar nicht so schlimm, und überhaupt will ich auf keinen Fall in die Klinik' – , kann es sich sehr negativ auswirken. Empfohlen ist deshalb eine Therapie, welche die Familie mit einbezieht. So können alle lernen, wie sie mit den Themen Essen, Gewicht und Aussehen zu Hause umgehen können.
Auch gut gemeinte Bemerkungen aus dem Umfeld der Betroffenen können problematisch sein, erklärt Elisabeth Rauh: "Am besten wäre es, wenn wir als Gesellschaft aufhören würden, das Aussehen anderer Menschen zu kommentieren." Denn letztendlich wisse man nie, was dahinterstecke.
Ein 'Du siehst aber gut aus' kann eine weitere Abnehmspirale unterstützen und gerade während der Genesung nach einer Anorexie schädlich sein. "Ganz allgemein lenken solche Bemerkungen die Aufmerksamkeit immer wieder auf den eigenen Körper und darauf, dass wir andauernd von unserem Umfeld bewertet werden."
Bisher keine Medikamente
Zugelassene Medikamente gegen Anorexie gibt es bislang nicht. Das Einzige, was wirklich hilft, ist Essen. Tatsächlich sind bei einem akuten Untergewicht psychische Begleiterkrankungen wie Depression besonders problematisch, sagt Jochen Seitz: "Medikamente wie Antidepressiva funktionieren in einem fast verhungerten Körper kaum." Auch deshalb sei es so wichtig, zunächst das Gewicht zu steigern.
Grundsätzlich kann man sagen: Es ist möglich, sich von einer Anorexie zu erholen und nicht wieder rückfällig zu werden. Ob das funktioniert, hängt mit einer ganzen Reihe von biologischen, psychischen und Umweltfaktoren zusammen. Hilfreich ist es in jedem Fall, an der Emotionskontrolle zu arbeiten und das Selbstbewusstsein und vor allem den Selbstwert der Betroffenen zu stärken.
Sonderfall atypische Anorexie
Bei einer typischen Anorexie lässt sich ungefähr bestimmen, wie viel Gewicht eine Person zunehmen muss, um die Körperfunktionen erst einmal wiederherzustellen oder zu stabilisieren, zum Beispiel bis die Menstruation wieder einsetzt.
Das ist bei der atypischen Anorexie deutlich schwieriger. Hier ist es schon kompliziert, die Anorexie überhaupt festzustellen, und wie eine wirksame Therapie aussehen sollte, ist noch viel weniger gut untersucht als bei der typischen Anorexie.
Artikel Abschnitt: Was ist das Anorexie-Kachexie-Syndrom?
Was ist das Anorexie-Kachexie-Syndrom?
Keine psychische Erkrankung, sondern Stoffwechselstörung
Anders als die Anorexia nervosa geht das aber auf eine körperliche Erkrankung wie Krebs, AIDS, Herz- oder Lungenerkrankungen zurück. Das AKS hat nichts mit der Körpervorstellung der Betroffenen und der Angst vor der Gewichtszunahme zu tun.
Die Krankheit muss entsprechend anders behandelt werden. Insbesondere die Therapie der Grunderkrankung ist dabei entscheidend.
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