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Koffein
Das macht Kaffee mit deinem Schlaf
Koffein macht wach und steigert die Konzentration? Nicht unbedingt. Wann Kaffee dich wirklich fitter macht – und wie er deinen Schlaf beeinflusst.
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Artikel Abschnitt: Wie macht Koffein wach?
Wie macht Koffein wach?
Adenosin ist ein körpereigener Botenstoff. Da Koffein chemisch sehr ähnlich aufgebaut ist wie Adenosin, kann es an die Adenosin-Rezeptoren andocken. Überall wo es Adenosin-Rezeptoren gibt, kann also Koffein eine Wirkung entfalten – zum Beispiel in den Muskeln. Hier bewirkt es eine höhere Grundspannung und Aktivität der Muskeln.
Verlieren wir durch Kaffee Flüssigkeit?
Die Nebenniere wiederum setzt unter dem Einfluss von Koffein die Stresshormone Kortisol und Adrenalin frei, sodass die Konzentration im Blut ansteigt. Die Folge: Herzschlag und Puls erhöhen sich.
Auch in der Niere gibt es Adenosin-Rezeptoren. Hier steigert Koffein kurzzeitig die Filterfunktion der Niere, sodass mehr Urin gebildet wird. Deswegen musst du nach dem Kaffeetrinken oft mal Wasser lassen. Über den Tag verteilt verlierst du durch Kaffeetrinken aber nicht mehr Flüssigkeit als ohne. Das dachte man mal, die These ist aber mittlerweile widerlegt.
So wirkt Koffein im Gehirn
Besonders viele Adenosin-Rezeptoren gibt es im Gehirn. Nicht umsonst gilt Koffein als die weltweit am weitesten verbreitete psychoaktive Substanz. Dabei ist es so: Im Gehirn sammelt sich normalerweise im Laufe des Tages immer mehr Adenosin an, bindet dort an die Rezeptoren – und macht uns müde. Der Botenstoff Adenosin wirkt hier also als Müdemacher und beeinflusst so maßgeblich unseren Schlaf-Wach-Rhythmus.
Kommt jetzt Koffein dazu, blockiert es die Adenosin-Rezeptoren. Adenosin kann nicht mehr daran binden – und seine müdemachende Wirkung wird ausgebremst. Unserem Gehirn wird so vorgegaukelt, dass wir eigentlich gar nicht müde sind. Zumindest so lange, bis das Koffein abgebaut ist und die Wirkung nachlässt. Mit einer Halbwertszeit von drei bis sieben Stunden ist nach dieser Zeit die Hälfte des Koffeins im Körper abgebaut. Die Wirkung lässt dann nach.
Artikel Abschnitt: Macht Koffein wirklich immer wach und konzentriert?
Macht Koffein wirklich immer wach und konzentriert?
Proband:innen hingegen, die nur fünf Stunden geschlafen hatten, wiesen ohne Kaffee am Morgen ein klares Schlafdefizit und dementsprechend eine schlechtere Konzentrations- und Denkleistung auf. Hier wirkte Koffein Wunder: Nach drei Tassen Kaffee war das Schlafdefizit überwunden und sie waren wieder so leistungsfähig wie ausgeschlafene Proband:innen.
Unser Körper gewöhnt sich an Koffein
Aber: Die muntermachende Wirkung des Koffeins im Kaffee lässt mit der Zeit nach: "Schon nach drei Tagen haben drei Tassen Kaffee nicht mehr ausgereicht und die Leistungsfähigkeit brach ein", berichtet Schlafforscher David Elmenhorst vom Forschungszentrum Jülich, der an der Studie im Schlaflabor beteiligt war. Auch andere Studien zeigen: Koffein kann ein Schlafdefizit nicht auf Dauer ausgleichen: Spätestens am vierten Tag hat es keinen wachmachenden Effekt mehr.
Andere Studien weisen darauf hin: Menschen, die regelmäßig relativ viel Kaffee trinken, scheinen ihre Dosis Kaffee am Morgen zu brauchen, um überhaupt erst auf ihr Grundlevel an Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit zu kommen.
Wieso die Wirkung des Koffeins schon nach wenigen Tagen nachlässt, weiß man nicht. Es hält sich die Hypothese, dass sich bei regelmäßigem Koffeinkonsum mehr Adenosin-Rezeptoren bilden – und man somit auch mehr Kaffee braucht, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Bisher konnte die erhöhte Adenosin-Rezeptorbildung bei Personen, die regelmäßig viel Kaffee trinken, jedoch in Studien nicht nachgewiesen werden.
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Wie viel Kaffee muss ich trinken, um fitter durch den Tag zu kommen?
"Bei dieser Belegungsrate der Rezeptoren hat man eine sehr gute Wirkung, aber noch wenige Nebenwirkungen", sagt Studienleiter David Elmenhorst. Das heißt aber auch: Konsumierst du mehr als fünf Tassen am Tag, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass unerwünschte Nebenwirkungen auftreten wie Nervosität, ein flaues Gefühl im Magen, Herzrasen, Schlafprobleme oder Angstsymptome.
Artikel Abschnitt: Wirkt Koffein bei allen Menschen gleich?
Wirkt Koffein bei allen Menschen gleich?
Es geht um das Gen ADORA2A. Dieses Gen trägt den Code für einen Adenosin-Rezeptor. Je nachdem, wie das Gen bei Personen ausgeprägt ist, reagieren diese unterschiedlich sensibel auf Koffein. Drei verschiedene Koffein-Typen wurden ermittelt:
- die Hochsensiblen
- die Normalsensiblen
- die Nichtsensiblen
Dabei gilt: Koffeinhochsensible Personen haben selbst dann noch Schlafprobleme in der Nacht, wenn sie schon am Mittag ihren letzten Kaffee trinken. Bei den nichtsensiblen Menschen scheint der Kaffee – unabhängig von der konsumierten Menge – keine Auswirkung auf den Schlaf zu haben: Selbst wenn sie noch ein Verdauungskäffchen nach dem Abendessen trinken, wirkt er sich nicht negativ auf ihren Schlaf aus.
Zur größten Gruppe zählen die, die irgendwo dazwischenliegen: die Normalsensiblen. Das betrifft etwa 40 Prozent der Menschen. Dabei wurde für die Einteilung verschiedener Koffein-Sensibilitäten nur untersucht, wie Koffein die Schlafqualität beeinflusst. Es wurde aber nicht erhoben, wie schnell andere unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Etwa Herzrasen oder Angstsymptome könnten auch schon früher oder später auftreten, je nach konsumierter Koffeinmenge.
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Artikel Abschnitt: Verschlechtert täglicher Kaffeekonsum nachhaltig meinen Schlaf?
Verschlechtert täglicher Kaffeekonsum nachhaltig meinen Schlaf?
Hier erklären wir, was "guter Schlaf" eigentlich ist.
Schlechtere Erholung von Schlafmangel
David Elmenhorst und sein Team am Forschungszentrum Jülich untersuchten in ihren Studien im Schlaflabor auch, wie schnell sich die Proband:innen von ihrem Schlafdefizit wieder erholten. Nach fünf Nächten mit nur fünf Stunden Schlaf durften sie in der sechsten Nacht wieder ausschlafen.
Bei der Gruppe, die keinen oder entkoffeinierten Kaffee bekommen hatte, zeigte sich: Sie erholten sich in der sechsten Nacht deutlich besser vom Schlafentzug als die Gruppe, die täglich koffeinhaltigen Kaffee bekommen hatte.
"Wir haben bei unseren Studien einen Modus gewählt, der dem täglichen Leben ähnlich ist", erklärt David Elmenhorst. So würden Menschen häufig unter der Woche wenig Schlaf bekommen und viel Kaffee trinken – um dann das Wochenende zum Ausschlafen zu nutzen. "Unsere Studie zeigt, dass der Erholungsschlaf, den man dann am Wochenende bekommt, in Kombination mit dem vorher eingenommenen Koffein nicht so erholsam zu sein scheint, als hätte man kein Koffein zu sich genommen", sagt Elmenhorst.
Wenn Kaffee den Tiefschlaf stört
Und das ist nicht die einzige Studie, die darauf hindeutet, dass regelmäßiger Kaffeekonsum unserem Schlaf langfristig eher schaden könnte – vor allem, wenn das Koffein darin chronischen Schlafmangel ausgleichen soll.
Eine Metastudie, die das Ergebnis vieler Studien zu diesem Thema zusammenfasst, kommt zu dem Schluss: Häufiger Koffeinkonsum könnte dazu beitragen, die Schlafqualität der Bevölkerung insgesamt zu verschlechtern. Zumindest könnte das auf koffeinsensible Personen zutreffen. Sogar schon ein bis zwei Espressi 16 Stunden vor dem Schlafengehen können demnach diesen Effekt haben: Im Schlaf-EEG zeigte sich, dass Studienteilnehmer:innen seltener in Tiefschlafphasen kamen, obwohl kaum mehr Koffein im Blut vorzufinden war.
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Vielleicht schlafen die Leute nachts schlechter ein und durch, weil sie Schlafprobleme haben und trinken darum tagsüber mehr Kaffee? (sie schlafen schlecht, obwohl kaum noch Koffein im Blut ist: „Im Schlaf-EEG zeigte sich, dass Studienteilnehmer:innen seltener in Tiefschlafphasen kamen, obwohl kaum mehr Koffein im Blut vorzufinden war.“) Wohingegen Leute, die… Weiterlesen »
Die zitierten Studien wurden kontrolliert im Schlaflabor durchgeführt. D.h. die Proband:innen wurden zufällig gewählt (also nicht nur Schlecht- oder Gut-Schläfer) und sie konnten sich die Menge an Koffein, die sie zu sich nahmen, nicht aussuchen. Es ist also nicht so, dass sie mehr Kaffee tranken, weil sie schlecht schliefen. Vielmehr… Weiterlesen »
Ich wusste nicht, dass Koffein und Teein chemisch betrachtet die gleiche Substanz sind! Da habe ich was gelernt! 🙂 Ich gehöre zu den hochsensiblen (wenig bis gar nicht) Kaffeetrinkerinnen. Bei mir wirkt sich Kaffee sehr stark auf die Schlafqualität aus. Nur eine Tasse Kaffee am Nachmittag und ich habe tendenziell… Weiterlesen »
Vielen Dank für den interessanten Text. Ich scheine zu den Normal-Sensiblen Menschen zu gehören. Mehrmals im Jahr, bevorzugt im Urlaub, mache ich einen mehrwöchigen „Koffein-Entzug“. Dieser macht sich in den ersten drei Tagen mit erhöhter Müdigkeit und teilweise Kopfschmerzen bemerkbar. Danach komme ich gut ohne Koffein aus. Meist halte ich… Weiterlesen »
Hallo Den, Studien weisen darauf hin, dass die Koffein-Wirkung schon nach 2 bis 3 Tagen nachlässt, bzw. eine Gewöhnung schon nach 2-3 Tagen eintritt. Proband:innen, die eine Woche lang keinen Kaffee tranken – dann aber 5 Tage hintereinander, konnten ihr Defizit schon am 3. Tag mit dem Kaffee nicht mehr… Weiterlesen »
Ich habe seit meiner Hüft-OP vor zwei Jahren eklige Zuck-Schmerzen (Nervenschmerzen wie kleine Stromstöße) nachts, wenn ich zur Ruhe komme. Sie kommen, wenn ich im ersten Schlaf bin und dann ca. alle halbe Minute, immer w´twas stärker. Es hilft nur aufstehen, herumlaufen, bis sich der Schmerz begeben hat, dann wieder… Weiterlesen »
Vielleicht hast du ja das Restles Legs Syndrom (RLS). Da gibt es Dopaminagonisten als Medikament: https://de.wikipedia.org/wiki/Dopaminagonist
Hallo Annedore, Koffein hat in der Tat eine schmerzreduzierende Wirkung. Inwieweit hier auch ein Gewöhnungseffekt stattfindet, können wir in der Kürze nicht beantworten. Allerdings weisen Expert:innen in den Studien zu Koffein und Schlaf darauf hin, dass sie ausschließlich die fitmachende Wírkung von Koffein untersucht haben. Es ist also durchaus möglich,… Weiterlesen »
Mich regt schon der Geruch manchmal an. Ist das schlicht „Vorfreude“ oder bewirkt Riechen auch etwas?
@Chris: Habe von ADHS-Menschen gehört, die bei Kaffee oder Cola ruhiger werden. Meinst du sowas?