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Aktives Leben
Wie viel Bewegung ist sinnvoll?
Jede körperliche Aktivität ist besser, als nur rumzusitzen. Aber wie findest du die beste Menge an gesunder Bewegung und welche Sportarten tun besonders gut?
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Inhalt
- Was passiert, wenn du dich zu wenig bewegst?
- Wie viel solltest du dich eigentlich bewegen?
- Wie wirkt sich Sport auf den Körper und das Gehirn aus?
- Was macht Sport mit der Psyche?
- Welcher Sport passt zu welchem Menschen?
- Kann man auch zu viel Sport machen?
- Wie findest du eine sinnvolle Bewegungsroutine?
- Pille statt Sport – können Exercise mimetics funktionieren?
- Was passiert, wenn du dich zu wenig bewegst?
- Wie viel solltest du dich eigentlich bewegen?
- Wie wirkt sich Sport auf den Körper und das Gehirn aus?
- Was macht Sport mit der Psyche?
- Welcher Sport passt zu welchem Menschen?
- Kann man auch zu viel Sport machen?
- Wie findest du eine sinnvolle Bewegungsroutine?
- Pille statt Sport – können Exercise mimetics funktionieren?
Artikel Abschnitt: Was passiert, wenn du dich zu wenig bewegst?
Was passiert, wenn du dich zu wenig bewegst?
Wohl deshalb gilt körperliche Inaktivität als einer der größten Risikofaktoren für nichtübertragbare Erkrankungen. Gesunde Bewegung ist wichtig. Wer sich zu wenig bewegt, steigert laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sein Sterberisiko um 20 bis 30 Prozent – das betrifft weltweit über ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung.
Neben der allgemeinen Sterblichkeit begünstigt ein zu ruhiger Lebensstil bei Kindern Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zu wenig Schlaf und Verhaltensprobleme. Zudem bleiben wichtige motorische Fähigkeiten auf der Strecke.
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Aber obwohl all das bekannt ist: Die Zahl inaktiver Menschen steigt vor allem in Ländern mit hohen Einkommen noch an. Besonders schlimm sieht es bei Jugendlichen aus: Die WHO schätzt, dass weltweit nur jede:r fünfte Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren ausreichend körperlich aktiv ist.
Körper fährt durch Sitzen runter
Wie die negativen Effekte zustande kommen, ist nicht abschließend geklärt. Vermutlich spielen eine ganze Menge Faktoren eine Rolle. "Generell kann man sagen, dass wir im Sitzen den Körper in gewisser Weise runterfahren", sagt Dr. Bettina Wollesen, Professorin für Bewegungs- und Trainingswissenschaft an der Universität Hamburg und Vizepräsidentin der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft im Ressort Gesundheit.
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Auswirkungen auf Magen-Darm und andere Organe
"Die körperliche Ruhe verlangsamt auch die Magen-Darm-Tätigkeit und die Organe sind etwas eingeengt", so Wollesen. „Da die Atmung nicht so frei fließen kann wie im Stehen, wird auch der Sauerstoff nicht so effizient im Körper verteilt.“ Zudem komme es auf die Sitzhaltung an: Bei einer ungünstigen Haltung werden die Muskeln falsch belastet, was zu den klassischen Nacken - und Rückenverspannungen führt. Besonders ungünstig, etwa für den Blutkreislauf, sei dabei eine Haltung, bei der das Becken niedriger ist als die Knie.
Weitere Angaben zum Artikel:
Rumsitzen belastet auch die Psyche
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Studien kritisch betrachten
Aber: Forschende weisen darauf hin, dass es zu wenig wissenschaftliche Fakten bei diesem Thema gibt, erst recht in Bezug auf bestimmte Personengruppen. So müsste genauer untersucht werden, wie sich der Anteil an sitzendem und aktivem Verhalten auf verschiedene Gesundheitsparameter auswirkt oder welche Vorteile schon leichte körperliche Bewegung haben kann.
Bei den existierenden Studien müsse man zudem genau darauf achten, wonach die Forschenden geschaut haben, sagt Bettina Wollesen: "Es wird beispielsweise untersucht, ob es für die Konzentration besser wäre, im Stehen statt im Sitzen zu arbeiten. Die Ergebnisse sind aber recht unterschiedlich – je nachdem, welche kognitiven Tests darin benutzt wurden."
Schon nach einer Stunde Sport bessern sich Blutwerte nachweislich. Regelmäßiges Training und gesunde Bewegung haben einen positiven Effekt auf den ganzen Körper. Welche? Das erfährst du hier.
Die Methode spielt eine große Rolle dabei, was die Studie letztendlich aussagen kann. Davon unabhängig empfiehlt sie aber, im Alltag nicht länger als 20 Minuten in einer bestimmten Sitzposition zu verbringen. Mal am Schreibtisch stehen und mal sitzen könne also nicht schaden.
Artikel Abschnitt: Wie viel solltest du dich eigentlich bewegen?
Wie viel solltest du dich eigentlich bewegen?
Mindestens 20 Minuten moderate Aktivität pro Tag
Das hier sagt die WHO zum Beispiel zu Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren:
- mindestens 150 bis 300 Minuten moderate aerobe Bewegung pro Woche
- oder mindestens 75 bis 150 Minuten anstrengende aerobe Bewegung
- oder eine äquivalente Mischung aus moderat und anstrengend
- zudem mindestens an zwei Tagen in der Woche Aktivitäten zur Muskelstärkung, bei moderaten oder stärkeren Intensitäten, die alle großen Muskelgruppen einschließen, da dies zusätzliche gesundheitliche Vorteile bringt
- für weitere gesundheitliche Vorteile lohnt sich mehr Bewegung als oben empfohlen
- Zeit im Sitzen minimieren und durch körperliche Bewegung jeglicher Intensität ersetzen
Das klingt nach einer ganzen Menge, vor allem, wenn man auf die Maximalzahlen schaut. 300 Minuten moderate Bewegung – das wären etwas über 40 Minuten pro Tag. Das Minimum bedeutet also etwa 20 Minuten moderate Aktivität täglich, schon nicht mehr ganz so einschüchternd.
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Training häufig zu weit an der oberen Grenze
"Es gibt bestimmte Pulsfrequenzen, die unseren Fitnesszustand widerspiegeln" so Wollesen. "Bei nicht übergewichtigen 20 bis 40-Jährigen liegt der Puls während moderatem Training irgendwo zwischen 120 und 140." Bei Älteren oder Menschen mit Übergewicht liege die Spanne eher bei 100 bis 120.
"Die meisten Leute bewegen sich aber tendenziell zu weit an der oberen Grenze, wenn sie moderates Ausdauertraining machen", so die Bewegungswissenschaftlerin. "Das kann überfordernd sein und dazu führen, dass man sich hinterher völlig fertig fühlt und keinen Spaß dabei hat." Ohne Freude an der Bewegung fällt es dann besonders schwer, die Empfehlungen einzuhalten.
Dazu kommt: Wer beispielsweise an einem Tag 60 Minuten intensiven Sport macht (idealerweise mit Begeisterung), hat schon einen großen Schritt bis zum Minimum geschafft. Wenn dann mal ein Tag mit wenig Bewegung folgt, kann man trotzdem über die Woche verteilt die empfohlenen Zeiten schaffen.
Weitere Angaben zum Artikel:
Moderate Aktivität:
- schnelles Laufen (4 – 6,5 Kilometer pro Stunde)
- Aquafitness
- Fahrradfahren auf gerader Fläche oder mit wenigen Erhebungen
- Tennisdoppel
- Rasenmähen
Intensive Aktivität:
- Rennen oder Joggen
- Runden schwimmen
- schnelles Fahrradfahren (oder mit Hügeln/Bergen)
- Tenniseinzel
- Basketball
Artikel Abschnitt: Wie wirkt sich Sport auf den Körper und das Gehirn aus?
Wie wirkt sich Sport auf den Körper und das Gehirn aus?
Muskeln werden trainiert, Organe werden effizienter
Generell kann man sagen: Sport trainiert Muskeln. Bei der sogenannten kardiorespiratorischen Fitness wird vor allem der Herzmuskel gestärkt. Je fitter, desto besser können Herz und Lungen den restlichen Körper mit Sauerstoff versorgen. Wer gut trainiert ist, kommt so auch nach einer sportlichen Betätigung schneller wieder zu Atem – einfach, weil die Organe effizienter arbeiten – und hat in Ruhe einen niedrigeren Blutdruck.
Die Anpassungen des Herzens kann man teils sogar sehen: Vor allem wird die Wand der Ventrikel, also der Herzkammern, dicker und kann sich damit auch besser zusammenziehen, also pumpen. Gleichzeitig beugt Sport der Verstopfung von Blutgefäßen vor und sorgt dafür, dass sich die Gefäße besser weiten können, wenn mehr Blut hindurchfließen muss. Auch das Netzwerk an kleinen Blutgefäßen wird erweitert.
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Mehr Beweglichkeit durch Sport
Wer sich regelmäßig bewegt, trainiert dabei zudem die Skelettmuskeln und damit die Balance, Beweglichkeit und Geschwindigkeit. Es kommt jeweils auf die Art des Trainings an, doch in jeder Form lernen die Muskeln neue Bewegungsmuster. Das Gehirn ist ebenso gefragt: Bei der Koordination trainiert es verschiedenste Denkfunktionen.
Wichtig ist zudem die Aufmerksamkeit. Beim Sport liegt der Fokus idealerweise ganz auf der entsprechenden Aktivität, damit man etwa beim Rennen nicht stolpert. Ältere Menschen profitieren beispielsweise davon, weil bei ihnen die kognitive Leistungsfähigkeit nicht so schnell abnimmt wie bei inaktiveren Personen.
Viele Möglichkeiten der körperlichen Betätigung
Die genauen Effekte von gesunder Bewegung zu untersuchen ist insofern schwierig, als es so viele Möglichkeiten für körperliche Betätigungen gibt. So ist es schon ein Unterschied, ob man sich von Berufs wegen bewegt, als Freizeitaktivität, unterwegs oder zu Hause. Dazu kommen Fragen wie: Wie oft, wie stark, wie lange? Der Kontext spielt ebenfalls eine Rolle, also etwa, ob man im Grünen trainiert oder im Fitness-Studio, ob man es allein oder mit Freund:innen macht. Das Warum und das Was sind genauso relevant.
Das bedeutet: Ein täglicher Spaziergang im Grünen wirkt anders auf den Körper als eine Stunde Krafttraining im Fitness-Studio pro Woche. Nicht für jede Variation gibt es gesicherte Studienergebnisse. Frei nach der WHO kann man aber festhalten: Ein wenig Bewegung ist besser als gar keine – egal, welche Sorte.
Artikel Abschnitt: Was macht Sport mit der Psyche?
Was macht Sport mit der Psyche?
Veränderung am Gehirn
Was die Bewegung allgemein angeht, gibt es verschiedene Theorien, wie sie die psychische Gesundheit verbessern könnten. Ein Faktor ist sicher die Veränderung im Gehirn, die in Frage 3 schon aufkam: Vermehrte Durchblutung, modifizierte Ausschüttung der Botenstoffe – tatsächlich kann sogar die Gehirnstruktur durch Bewegung etwas umgebaut werden.
Psychologische Faktoren wie Selbstwirksamkeit, die wahrgenommene Kompetenz und die Zufriedenheit mit dem Aussehen sind weitere Möglichkeiten. Regelmäßig wahrzunehmen, wie man sich verbessert oder was der eigene Körper und Willen tun können, fühlt sich gut an und steigert die Lebensqualität.
Der "gute" Stress
Einen großen Einfluss hat wohl die Wirkung von Bewegung auf das Stresserleben. Spannenderweise ist körperliche Aktivität zunächst einmal selbst eine Art Stress. So wird das Stresshormon Cortisol über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (kurz HPA-Achse genannt) ausgeschüttet und sorgt dafür, dass man kurzfristig mehr Leistung von sich abverlangen kann.
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Starkes Glücksgefühl stellt sich ein
Regelmäßiges Training sorgt dafür, dass der Prozess umso problemloser klappt. Dazu kommt die Ausschüttung von Endocannabinoiden, die an die gleichen Stellen im Gehirn binden wie der Wirkstoff der Cannabis-Pflanze und auf diese Weise die Emotionen beruhigen. Vermutlich sind diese Endocannabinoide auch dafür verantwortlich, dass manche Menschen bei längerem, intensivem Sport ein starkes Glücksgefühl empfinden, das sogenannte Runner’s High.
Umgekehrt beeinflusst der psychische Zustand die Bewegung: So haben Menschen mit depressiven oder Angstsymptomen ein höheres Risiko für Sportverletzungen. Und: Wer sich schlecht fühlt, rafft sich seltener zu Bewegung auf, auch wenn es genau dann guttun würde. Allerdings gibt es wesentlich weniger Untersuchungen in diese Richtung als zu der Wirkung von Sport auf die Psyche.
Artikel Abschnitt: Welcher Sport passt zu welchem Menschen?
Welcher Sport passt zu welchem Menschen?
Aufhören mit dem Sitzen
Bei dieser Grundaktivität kommt es erst einmal nur darauf an, mit dem Sitzen aufzuhören. Wie genau, ist nicht so relevant: Das können Spaziergänge, Garten- oder Hausarbeit oder generell alle Tätigkeiten sein, bei denen man sich bewegt. Das allein ist schon ein wichtiger Schritt, aber zu einer gesunden Lebensweise gehört noch mehr.
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Werden Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit nicht regelmäßig bewusst aktiviert, verkümmern sie. "Wenn wir unsere aktuellen Fitness- und Leistungsfähigkeiten behalten wollen, ist es sinnvoll, den WHO-Empfehlungen für körperliches Training zu folgen", resümiert Wollesen.
Das Alter und die Umstände
So weit die Grundlagen, die an sich für jeden Menschen gelten. Dass nicht jedes Training und jede Bewegungsmenge für alle gleich sinnvoll ist, liegt aber auf der Hand. Die WHO ist sich dessen bewusst und gibt entsprechend für verschiedene Personengruppen unterschiedliche Empfehlungen ab.
Da gibt es die Kinder unter fünf Jahren (die noch weiter unterteilt sind), die Kinder und Jugendlichen zwischen fünf und 17 Jahren, die Erwachsenen bis 64 und dann ab 65 und älter, Schwangere und kürzlich entbundene Mütter, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Einschränkungen.
Beispielsweise sollten sich Kinder und Jugendliche täglich mindestens eine Stunde moderat bis intensiv bewegen, also mehr als Erwachsene. Ältere Menschen über 65 Jahre bekommen ebenfalls zusätzliche Aufgaben: Sie sollen neben den Empfehlungen für jüngere Personen an mindestens drei Tagen pro Woche Balance- und Krafttraining einbauen, um etwa Stürzen entgegenzuwirken. Die detaillierten Empfehlungen für alle Gruppen sind hier aufgelistet (leider bisher nicht in deutscher Sprache).
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Wer eine vielseitige Sportart mache, müsse nicht unbedingt zusätzlich ins Fitness-Studio gehen. "Wenn ich aber feststelle, dass ich altersbedingt mein Niveau nicht mehr halten kann, brauche ich vermutlich auch ein regelmäßiges Krafttraining oder streue immer wieder eine Ausdauer-Trainingseinheit ein."
Kraft- und Balancetraining unterstützt
Daher die WHO-Empfehlung für Menschen über 65: Das Kraft- und Balancetraining unterstützt bei den alltäglichen Tätigkeiten. Es geht gar nicht unbedingt darum, möglichst sportlich zu sein, sondern etwa bei einem Sturz schnell reagieren zu können und ausreichend Muskeln zu haben, um sich gut abzufangen.
Mit Blick auf die Umsetzung rät Bettina Wollesen zu etwas Umsicht: "Folgen die älteren Menschen allen Empfehlungen, kommen sie auf etwa 520 Minuten pro Woche – das ist für die meisten unrealistisch. Da muss man schauen, wie verschiedene Trainings am besten kombiniert werden und wie man das Beste für sich herausholt."
Weitere Angaben zum Artikel:
Sport bei Erkrankungen
Eine Untersuchung etwa zeigte, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes schon von einer moderaten Erhöhung der körperlichen Bewegung profitierten. Dazu eigneten sich vor allem Sportarten in geschlossenen Räumen, sagt Bettina Wollesen, weil man dort leicht zwischendurch den Blutzucker kontrollieren kann – bei einer Fahrradtour zumindest ein aufwendigeres Unterfangen.
"Bei Gelenkbeschwerden hingegen kann man sich im Wasser bewegen, wodurch die Gelenke gut isoliert und nicht so stark belastet sind", so Wollesen. Sportarten im Wasser können genauso wirkungsvoll sein wie an Land, stellte auch ein Vergleich von "high-intensity interval training" (HIIT: intensives Training, bei dem Bewegungsphasen von kurzen Pausen unterbrochen sind, etwa 45 Sekunden Hampelmann und 15 Sekunden ruhen) fest.
Artikel Abschnitt: Kann man auch zu viel Sport machen?
Kann man auch zu viel Sport machen?
Mehr Sport ist nicht immer besser
Allerdings: Die WHO schreibt zwar, dass mehr Bewegung auch zu mehr gesundheitlichen Vorteilen führt. Trotzdem merkt sie an, dass es einen optimalen Bereich gibt. Mehr ist nicht automatisch besser, denn irgendwann steigt das Verletzungsrisiko, während die Vorteile eine Obergrenze haben, an der sie nicht zu noch mehr Gesundheit führen können. Übertreiben sollte man es also auch nicht.
Das sagt auch Bettina Wollesen: "Wer es mit dem Sport übertreibt, bekommt es häufiger mit Ermüdungsverletzungen zu tun. Der Körper ist grundsätzlich überfordert und reagiert entsprechend mit Muskelverletzungen, Ermüdungsbrüchen im Fuß oder Ähnlichem." In solchen Fällen zeigt also der Körper, dass er mehr Ruhepausen benötigt. Wo genau der optimale Bereich für jedes Individuum liegt, kann allerdings ganz unterschiedlich sein.
Es gibt auch eine "Sportsucht"
Manche Menschen werden sogar süchtig nach der Bewegung. Wie häufig eine "Sportsucht" vorkommt, lässt sich nicht genau sagen – zumal Betroffene nicht unbedingt zum Arzt gehen oder überhaupt selbst davon wissen und es natürlich keine Meldepflicht gibt. Dazu kommt, dass Sportsucht keine eigentliche Diagnose ist, also keinen Eintrag in den Diagnosehandbüchern hat. Bei Befragungen verschiedener Personengruppen ergab sich aber, dass rund sechs Prozent der Teilnehmenden Anzeichen einer Sportsucht hatten.
Als eine Art Definition kann man sagen, dass jemand sportsüchtig ist, wenn er oder sie das Verhalten nicht mehr kontrollieren kann und es der betroffenen Person schadet. Negative Effekte können einerseits die körperlichen Verletzungen sein, andererseits aber auch der soziale Rückzug, erklärt Bettina Wollesen: "Wenn man dem Sport alle anderen Dinge hintanstellt, Freunde oder die Arbeit vernachlässigt, das vielleicht sogar von anderen rückgemeldet bekommt – dann sollte man darüber nachdenken, ob der Bewegungsdrang ausufert."
Das bedeutet nicht, dass Leistungssportler:innen alle sportsüchtig sind, betont Wollesen. Bei ihnen gehöre der Sport zum Alltag und zum Beruf. Kritisch werde es dann, wenn der Bewegungsumfang nicht mehr mit dem klassischen Alltag vereinbar ist.
Was man gegen eine Sportsucht tun kann, hängt somit auch von den Umständen ab. Reicht es, das Problem zu erkennen und sich bewusst in einem gesünderen Ausmaß zu bewegen? Oder braucht man therapeutische Unterstützung, um die zugrunde liegenden Themen zu verarbeiten? Dabei kommt es ganz auf das Individuum an.
Artikel Abschnitt: Wie findest du eine sinnvolle Bewegungsroutine?
Wie findest du eine sinnvolle Bewegungsroutine?
Das "Warum" finden
Ein großer Punkt ist, das "Warum" zu finden – also den eigenen, persönlichen Grund für den Wunsch nach mehr Bewegung. "Die WHO sagt" reicht vermutlich für die wenigsten als Motivation. Schließlich ist bekannt, dass zu viel Zeit im Sitzen nicht gut für die Gesundheit ist, und trotzdem ändern viele Menschen nichts an ihrem Verhalten.
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Bewegung in den Alltag integrieren
Studien untersuchen zudem, wie man die Bewegung in den Alltag integrieren kann – etwa eine Einheit von maximal 30 Minuten in der Mittagspause oder "Bewegungssnacks": Kurze, vielleicht nur minutenlange Abschnitte über den Tag verteilt, an denen man sich bewegt. Dafür gibt es vielseitige Möglichkeiten: Treppen laufen, Liegestützen an der Wand beim Warten, Kniebeugen, eine Runde ums Haus joggen – mit Kreativität finden sich viele Dinge, die nicht gleich ins Schwitzen bringen.
Wichtig ist nur, dass man nicht einmal eine Minute am Tag macht und dann "satt" ist. Bei den Bewegungssnacks geht es darum, täglich mehrere dieser Einheiten zu machen und auch über die Tage hinweg dabeizubleiben. Das Ziel bei solchen Übungen ist es, nach und nach die Bewegung zu einer Selbstverständlichkeit zu machen und sich beim Sport allmählich zu steigern.
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Technische Hilfen
Sie könnten helfen, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. "Irgendwann braucht man sie dann nicht mehr unbedingt – allerdings mag ich sie auch wegen der Gamifizierung", sagt die Sportwissenschaftlerin und meint damit die beliebte Funktion in Fitness-Apps, dass man beispielsweise Punkte bekommt, wenn man eine festgelegte Schrittzahl geschafft hat.
Wie gut Fitness- und Gesundheitsapps generell darin sind, zu mehr Bewegung zu motivieren, ist allerdings nicht ausreichend untersucht. Besonders die Frage, ob die Veränderungen auch nach längerer Zeit noch anhalten, konnten bisherige Studien nicht zufriedenstellend klären. Im Zweifel kann man natürlich ausprobieren, wie es sich anfühlt – macht es Spaß, spricht erst einmal nichts dagegen.
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Vorsicht bei "Schon soundso viel Bewegung macht dich gesünder"-Meldungen
Manche Untersuchungen können leicht missverstanden werden. Eine Studie aus 2019 etwa zeigte, dass ältere Frauen bereits bei 4400 Schritten pro Tag eine geringere Sterberate aufweisen als bei 2700 Schritten, während mehr als 7500 Schritte keine weiteren Vorteile brachten. Daraus könnte man leicht den Schluss ziehen: Wenn ich rund 5000 Schritte am Tag geschafft habe – oder maximal 7500 – kann ich mich auf die Couch setzen und nur noch für die nötigsten Tätigkeiten aufstehen.
Das wäre aber natürlich der falsche Weg. Mal davon abgesehen, dass man nicht immer auf den ersten Blick erkennt, wie gut die Studien sind und was genau sie eigentlich gemessen haben: Andere Untersuchungen kommen teils zu dem Ergebnis, dass mehr Schritte noch besser sind.
Schaut man nicht auf die allgemeine Sterblichkeit, sondern auf Fitness-Parameter oder bestimmte Erkrankungen, kommen noch mal andere Resultate heraus. Überhaupt geht es den Forschenden in diesen Studien nicht darum, die geringstmögliche Menge an Bewegung zu finden, die noch positive Effekte hat, sondern darum, die Zusammenhänge zwischen Bewegung und Gesundheit besser zu verstehen.
Sie sollten also nicht dazu missbraucht werden, einen möglichst inaktiven Lebensstil zu rechtfertigen. Egal, was die neueste Studie zur Schrittzahl sagt: Die Empfehlungen der WHO sind ein guter Maßstab, vor allem, wenn man sie entsprechend den eigenen Bedürfnissen und Voraussetzungen umsetzt.
Artikel Abschnitt: Pille statt Sport – können Exercise mimetics funktionieren?
Pille statt Sport – können Exercise mimetics funktionieren?
Bisher kein Medikament, das wie Sport wirkt
Natürlich gibt es ein großes ABER: Zwar hat sich gezeigt, dass manche Wirkstoffe ähnliche Reaktionen im Körper auslösen, wie beispielsweise für Muskelausdauer benötigt werden. Sie könnten also ganz spezifische Vorteile von Sport "nachmachen". Bisher gibt es jedoch kein Medikament, das die vielfältigen Gesundheitswirkungen von Sport imitieren kann.
Und es ist unwahrscheinlich, dass es jemals so etwas geben wird, zumal Bewegung den Körper und die Psyche auf zu vielen Ebenen verändert. Die kurze Schlussfolgerung: Wir werden wohl nicht darum herumkommen, Sport und generell gesunde Bewegung sinnvoll in unseren Tag zu integrieren, wenn wir die positiven Effekte genießen wollen. Und wer die richtige Dosis für sich findet, hat auch noch Spaß dabei.
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