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Quarks Daily Spezial
Demokratie – so machen wir sie besser
Wählen gehen? Bringt das was? Können wir "kleinen Leute“ überhaupt etwas ausrichten? Ja, sagt die Wissenschaft, die Demokratie funktioniert – aber es gibt noch jede Menge Luft nach oben.
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Demokratien sind erfolgreich
Die Demokratie ist die Volksherrschaft – wir alle entscheiden also, was für Gesetze bei uns herrschen. Und das ist erwiesenermaßen ein Erfolgsmodell. Demokratien sind im Durchschnitt wirtschaftlich erfolgreicher und führen in der Regel keine Kriege gegeneinander. Auch die meisten Menschen in Deutschland sind überzeugt davon: 9 von 10 glauben, dass die Demokratie die richtige Staatsform ist. Aber: Immerhin 2 von 10 glauben nicht, dass sie bei uns in der Praxis richtig funktioniert.
Warum die Zweifel? Expert:innen glauben, das hat unter anderem etwas mit Selbstwirksamkeit zu tun – also dem Gefühl, dass das, was ich tue, wirklich einen Unterschied macht. Politische Entscheidungen werden in weit entfernten Orten getroffen, in Parlamenten in Berlin oder Brüssel. Da sitzen Menschen, die ich nicht kenne und deren Beweggründe ich nicht durchschauen kann. Wer sagt denn, dass die wirklich in meinem Interesse handeln?
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Vertrauen schafft Akzeptanz
Es ist ja logisch: Wir können nicht mit allen 85 Millionen Menschen in Deutschland die Gesetze diskutieren. Wir brauchen also auf jeden Fall Politiker:innen, die sich darum kümmern. Das Problem: Wenn wir die nicht als unsere Vertreter:innen sehen, vertrauen wir auch weniger darauf, dass sie in unserem Sinne entscheiden. Dann akzeptieren wir politische Entscheidungen auch seltener.
Eine Möglichkeit: Mehr Werbung für Lokalpolitik machen. Wenn wir uns aufraffen können, uns zum Beispiel an Bürgerdiskussionen bei uns im Ort zu beteiligen, dann merken wir: Meine Stimme wird gehört. Die Menschen, die im Stadtrat oder in der Gemeindevertretung sitzen, kenne ich vielleicht sogar privat, ich treffe sie beim Einkaufen. Hier wäre es also möglich, Vertrauen aufzubauen – dass die Politik wirklich meine Interessen vertritt.
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Lieber direkt entscheiden?
Oft gefordert wird mehr direkte Demokratie. Könnten wir nicht per Volksabstimmung entscheiden, ob zum Beispiel eine neue Autobahn gebaut werden soll? Dann könnten sich alle beteiligen, die Mehrheit entscheidet, und es ist transparent, wie die Entscheidung zustande kam. In Umfragen finden die Deutschen diese Art der direkten Demokratie sogar durchschnittlich besser als unser aktuelles System.
Die Wissenschaft ist sich uneinig: Ja, Volksabstimmungen können funktionieren. In der Schweiz haben sie eine lange Tradition, dort ist auch das Vertrauen der Bürger:innen in die Politik größer, sagt etwa Demokratieforscher Prof. Hans Vorländer. Die Schweiz lässt sich aber nicht einfach auf Deutschland übertragen, meint Politikwissenschaftlerin Prof. Susanne Pickel. Volksabstimmungen funktionieren nur, wenn sich alle vorher selbst mit dem Thema beschäftigen und sich gut informieren. In der Schweiz sind die Menschen das gewohnt. Hier in Deutschland müssten wir uns das erst lernen.
Bürger:innen als Beirat?
Eine andere Idee ist die des Bürgerrats. Hier kommen zufällig ausgeloste Menschen aus ganz Deutschland zusammen, um ein Thema zu diskutieren. Anschließend geben sie dann Empfehlungen an das Parlament ab. Die Politikwissenschaft traut dem Mittel einiges zu – wenn es richtig eingesetzt wird. In Irland zum Beispiel hat so ein Bürgerrat geholfen, das Abtreibungsrecht zu reformieren. Das hat gezeigt: Auch die "einfachen“ Bürger:innen können etwas bewegen.
In Deutschland gibt es ebenfalls Bürgerräte – die sieht die Wissenschaft aber kritischer. Denn die Politik legt die Themen fest – und hat keinerlei Verpflichtung, sich hinterher an die Empfehlungen zu halten. Das kann frustrieren. Die Fachleute sind sich da ziemlich einig: Wenn Bürgerräte wirklich das Vertrauen in die Demokratie stärken sollen, dann nur, wenn sie relevante Themen diskutieren dürfen und die Vorschläge hinterher ernst genommen werden.
Das alles hörst du ausführlich in unserem Podcast Quarks Daily Spezial.
DIE MACHER:INNEN
Markus Meyer-Gehlen ist Journalist für Wissenschaftsthemen wie Energie und Umwelt – und bearbeitet, wenn es geht, auch alles andere von Nachrichten bis Tierschutzrecht.
Sebastian Sonntag ist leidenschaftlicher Radiomoderator und Quarks-Daily-Host.
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