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Bundestagswahl
Planen die Parteien genug für den Klimaschutz?
Fast alle großen Parteien wollen das Pariser Klimaabkommen einhalten – sagen sie. Wir haben geprüft, ob das mit ihren Wahlprogrammen überhaupt möglich ist.
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Inhalt
- Darum geht’s: Auf dem Papier wollen (fast) alle Parteien mehr Klimaschutz
- Was muss passieren, damit Deutschland seinen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen erfüllt?
- Was plant die CDU/CSU?
- Was plant die SPD?
- Was plant die AfD?
- Was plant die FDP?
- Was plant Die Linke?
- Was plant Bündnis 90/Die Grünen?
- Und jetzt?
- Darum geht’s: Auf dem Papier wollen (fast) alle Parteien mehr Klimaschutz
- Was muss passieren, damit Deutschland seinen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen erfüllt?
- Was plant die CDU/CSU?
- Was plant die SPD?
- Was plant die AfD?
- Was plant die FDP?
- Was plant Die Linke?
- Was plant Bündnis 90/Die Grünen?
- Und jetzt?
Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Auf dem Papier wollen (fast) alle Parteien mehr Klimaschutz
Mit seinem Bericht hat der Weltklimarat auch sehr deutlich gemacht: Das Pariser Abkommen wird scheitern, wenn nicht weltweit sofort und drastisch Emissionen reduziert werden. Die nächsten Jahre werden laut Klimabericht darüber entscheiden, wie viel Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts zu erwarten ist und welche Folgen auf uns zukommen dürften.
In Deutschland wird am 26. September 2021 ein neuer Bundestag gewählt – der dann letztendlich dafür verantwortlich ist, ob Deutschland seinen Beitrag fürs Pariser Abkommen erfüllen wird oder nicht. Auf dem Papier haben das alle großen Parteien vor, die zur Wahl stehen – außer der Alternative für Deutschland (AfD), die aus dem Abkommen aussteigen würde. Aber wie ernst meinen die Parteien das? Wir haben die Wahlprogramme analysiert und ganz konkret nachgerechnet.
Auswahl und Reihenfolge der Parteien
Es gibt verschiedene Ansätze dafür, in welcher Reihenfolge über die Parteien berichtet wird, die zur Wahl stehen. In diesem Text wird die Reihenfolge übernommen, in der die Parteien auf dem Stimmzettel stehen. Das richtet sich danach, wie sie bei der Bundestagswahl 2017 abgeschnitten haben, und lässt sich beim Bundeswahlleiter abrufen.
Neben den sechs großen Parteien, die aktuell im Bundestag vertreten sind, gibt es auch noch viele kleinere Parteien. Einige von ihnen setzen sich sehr deutlich für besseren Klimaschutz ein. Als öffentlich-rechtliches Medium ist Quarks verpflichtet, sich an das Prinzip der abgestuften Chancengleichheit zu halten. Das heißt kurz gesagt: Würde der Text das Wahlprogramm einer Kleinstpartei analysieren, müssten auch die Wahlprogramme der anderen Kleinstparteien analysiert werden – und das würde jeden Artikel sprengen. Deshalb geht es hier um die Parteien, die schon im Bundestag sitzen. Und es nach aktuellen Umfragen auch wieder schaffen werden.
So, und weil wir ja vorab einmal festlegen müssen, woran wir die Klimaziele der Parteien denn eigentlich bewerten können, vorneweg ein bisschen Theorie. Mit welchen Ideen könnte das 1,5-Grad-Ziel eingehalten werden, mit welchen nicht?
Artikel Abschnitt: Was muss passieren, damit Deutschland seinen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen erfüllt?
Was muss passieren, damit Deutschland seinen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen erfüllt?
Wenn wir die Erderwärmung stoppen wollen, geht es aber nicht nur darum, ab wann wir keine Emissionen mehr ausstoßen, sondern auch, wie viel wir bis dahin noch ausstoßen. Und so hat der Weltklimarat unterschiedliche CO2-Budgets berechnet – je nachdem, ob man das 1,5-Grad-Ziel erreichen will oder unter zwei Grad Erwärmung bleiben will. Mehr CO2 darf die Menschheit nicht ausstoßen, sonst verfehlt sie die Ziele. Es ist sinnvoll, solch ein CO2-Budget zu definieren und nicht nur eine Jahreszahl anzugeben, bis zu der ein Land klimaneutral werden soll. Denn: Wenn von jetzt an bis 2050 noch unheimlich viel ausgestoßen und dann radikal reduziert wird, erwärmt sich die Erde deutlich stärker, als wenn schon jetzt deutlich Emissionen reduziert werden.
Wie viel darf Deutschland noch ausstoßen?
Das CO2-Budget des Weltklimarats lässt sich auf einzelne Länder herunterrechnen – und so beziffern, wie viele Emissionen Deutschland noch ausstoßen darf, um seinen Beitrag zum Pariser Abkommen zu leisten. Das hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen, kurz Umweltrat, getan, der die Bundesregierung zur Umweltpolitik berät.
Um die Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent auf 1,5 Grad zu begrenzen, verbleiben ab 2020 weltweit noch 580 Gigatonnen CO2. Gemessen am Anteil der Weltbevölkerung bleiben für Deutschland damit noch 4,2 Gigatonnen CO2 ab 2020. Das ist eine ziemlich abstrakte Zahl, daher zur Einordnung: Wenn die deutschen Kohlekraftwerke wirklich noch bis 2038 laufen (wie momentan geplant), würden allein sie knapp die Hälfte dieses CO2-Budgets aufbrauchen.
Würde Deutschland noch bis 2050 Emissionen ausstoßen, würde dieses Budget mit großer Wahrscheinlichkeit gesprengt werden. Denn es ist einfach nicht mehr genug CO2-Budget in Deutschland übrig, um mit dem Reduzieren so lange zu warten. Kurz: Wir hätten unser CO2-Budget ziemlich wahrscheinlich schon vorher aufgebraucht.
Was das bedeutet, hat das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie berechnet. Die Forschenden zeigen sehr konkret, wie wir das CO2-Budget für 1,5 Grad noch einhalten könnten. Bis 2025 müssten die Emissionen demnach um 60 Prozent gesenkt werden, bis 2030 um 85 Prozent und 2035 müssten null Emissionen erreicht werden. Wichtig: Es geht immer um den Vergleich mit dem, was wir 1990 ausgestoßen haben.
Weitere Angaben zum Artikel:
Negative Emissionen
Negative Emissionen lassen sich am einfachsten auf natürliche Weise erzeugen – indem Wälder aufgeforstet oder Moore wiedervernässt werden. So wird CO2 aus der Atmosphäre geholt, ohne sich auf aufwendige Technologien zu verlassen. Genau diese Art von negativen Emissionen empfiehlt auch der Umweltrat, um den deutschen Beitrag für die Pariser Klimaziele zu erreichen.
Daneben gibt es noch die Idee, CO2 technologisch aus der Atmosphäre zu holen und im Untergrund zu speichern. Die Forschung ist hier aber noch nicht besonders weit. Der Umweltrat rät deshalb davon ab, sich für die deutschen Klimaziele auf diese Technologien zu verlassen. Zudem befürchten Forschende: Wenn zu viel Hoffnung auf der CO2-Speicherung liegt, vernachlässigen Regierungen, dass bereits jetzt drastisch Emissionen reduziert werden müssen.
Artikel Abschnitt:
Klimapolitische Maßnahmen: Was müsste passieren?
Die Parteien sollten aber nicht nur in der Theorie dieses Budget einhalten wollen, wenn sie es mit 1,5 Grad wirklich ernst meinen. Sondern auch ausreichend Maßnahmen vorschlagen, die eine Begrenzung der Erwärmung auch realistisch machen. Also: Was müsste passieren?
Die meisten Emissionen werden im Energiesektor erzeugt, vor allem durch Kraftwerke, die noch mithilfe von fossilen Stoffen Energie erzeugen (wie Kohle). Dort ist relativ klar, wie die Klimaneutralität aussehen würde: Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien. In Deutschland wären das hauptsächlich Windkraft und Solarenergie.
Allerdings müsste nicht nur der Strom ersetzt werden, der momentan aus fossiler Energie kommt. Bis 2050 wird sich unser Energieverbrauch Studien zufolge voraussichtlich verdoppeln. Denn auch in allen anderen Bereichen brauchen wir quasi für alles, was vorher mit Kohle, Gas oder Öl lief: Strom – aus erneuerbaren Energien. Und deshalb ist die klimaneutrale Energie die Basis fast aller anderen Bereiche.
Ein Beispiel ist der Verkehr: Ein großer Teil der Emissionen stammt von Autos, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Diese können am sinnvollsten durch E-Autos ersetzt werden. Zwar gibt es auch Forschung zu synthetischen Kraftstoffen, diese brauchen allerdings deutlich mehr Energie als Autos, die direkt mit Strom fahren.
Hoffnungsträger Wasserstoff
Auch die Industrie ist davon abhängig, wie schnell unsere Energie klimaneutral erzeugt werden kann. Denn klar, eine klimaneutrale Produktion ist erst dann möglich, wenn auch der Strom dafür klimaneutral ist. Es gibt allerdings einige Branchen, in denen es selbst dann noch nicht möglich ist. Gerade Stahl, Zement und Stoffe in der Chemieindustrie sind sehr CO2-intensiv. Hoffnung für diese Felder liegt auf dem Energieträger Wasserstoff, mit dem es möglich wäre, auch sie klimaneutral zu produzieren. Allerdings auch dann erst wirklich, wenn er komplett aus erneuerbarer Energie erzeugt werden kann.
Weitere Angaben zum Artikel:
Wasserstoff
Für manche gilt blauer Wasserstoff deshalb als möglicher Energieträger, bis grüner Wasserstoff breit verfügbar ist. Allerdings hält der Umweltrat CO2-Speichertechnologien für keine gute Alternative, dafür sind sie zu unsicher und noch nicht weit genug entwickelt.
Recherchen des Online-Magazins Correctivs und des britischen Guardian zufolge ist blauer Wasserstoff zudem eher ein Einfall der Gas-Lobby - um trotz mehr Klimaschutzpolitik weiterhin fossiles Gas zu verkaufen. Durch immer mehr verfügbare erneuerbare Energien wird grüner Wasserstoff für die Industrieprozesse ausreichen, schreibt Correctiv.
Artikel Abschnitt:
Artikel Abschnitt: Was plant die CDU/CSU?
Was plant die CDU/CSU?
Klimaziele
CDU/CSU geben im Wahlprogramm die Ziele an, die sie schon im Klimaschutzgesetz festgelegt haben. Das bedeutet:
- bis 2030: 65 Prozent Reduktion gegenüber 1990
- bis 2040 88 Prozent
- 2045: Klimaneutralität
Zwar schreiben die CDU/CSU im Wahlprogramm, sie würden "unseren deutschen Beitrag [schaffen], um international den 1,5-Grad-Pfad zu beschreiten“. Im Vergleich mit dem verbleibenden CO2-Budget und dem vorgeschlagenen Emissionspfad des Wuppertal- Instituts wird aber deutlich: Das Klimaschutzgesetz reicht in der aktuellen Form nicht aus, um den deutschen Beitrag für 1,5 Grad tatsächlich zu schaffen.
CDU/CSU wollen für den Klimaschutz auch Technologien fördern und erforschen, die CO2 aus der Luft holen und zum Beispiel im Boden speichern. Für den Umweltrat sind solche Technologien allerdings keine echte Alternative. Die Technik ist noch nicht weit entwickelt und birgt einige mögliche Risiken. In Deutschland sei es sinnvoller, vor allem auf Wald- und Moorschutz zu setzen, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen.
Energie
Im Energiebereich haben CDU/CSU wenige konkrete Vorschläge. Den Ausstieg aus der Kohleenergie wollen sie nicht vorziehen – wenn es nach ihnen geht, bleibt der bei 2038. Das ist allerdings zu spät. Wenn die deutschen Kohlekraftwerke wirklich noch so lange laufen, würden allein sie knapp die Hälfte des verbleibenden CO2-Budgets für 1,5 Grad aufbrauchen. Der Umweltrat empfiehlt den Kohleausstieg bis spätestens 2030.
Gleichzeitig sind Maßnahmen nötig, um schnell für ausreichend viel Energie aus erneuerbaren Quellen zu sorgen. Dazu schreiben CDU/CSU nur, dass sie “den Ausbau der Erneuerbaren Energien entscheidend voranbringen und daher deutlich schneller ausbauen” wollen. Was das bedeutet, wird allerdings nicht näher beschrieben.
Industrie
Um Prozesse wie die Produktion von Stahl und Zement klimaneutral zu machen, will die CDU/CSU auf Wasserstoff setzen. In erster Linie soll der aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, in einer Übergangszeit soll aber auch blauer Wasserstoff (siehe blauer Kasten oben) verwendet werden. Dieser wird zwar aus fossiler Energie gewonnen, das entstehende CO2 wird dabei allerdings mithilfe von Technologien gespeichert, die der Umweltrat kritisiert. Zudem ist blauer Wasserstoff Recherchen von Correctiv und Guardian zufolge auch eher ein Einfall der Gas-Lobby, um weiterhin fossiles Gas verkaufen zu können.
Verkehr
CDU/CSU wollen den europäischen Emissionshandel auch auf den Verkehrssektor ausweiten und für den Luftverkehr stärken. Das Verbot von Dieselmotoren und ein Tempolimit auf der Autobahn lehnen CDU/CSU ab. Für klimaneutrale Antriebe kommen für CDU/CSU neben E-Autos auch Antriebe mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen infrage. Allerdings glauben Expert:innen momentan nicht, dass sich solche synthetischen Antriebe – zumindest für Pkw – lohnen, da sie deutlich energieintensiver sind als E-Motoren. CDU/CSU wollen außerdem den Zugverkehr stärken, beispielsweise durch den Streckenausbau und den Einsatz von Nachtzügen.
Es bleibt unklar, wie CDU/CSU konkret dafür sorgen wollen, dass der Verkehrssektor rechtzeitig emissionsfrei wird. Die Parteien wollen Anreize schaffen, aber wenige Regeln aufstellen. Ein Datum für den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor gibt es nicht. Sich allein auf den Emissionshandel zu verlassen, wäre auch keine gute Idee – warum das so ist, erklären wir noch mal detaillierter beim Wahlprogramm der FDP. Denn die hat genau das vor.
Fazit
Zwar schreiben CDU/CSU im Wahlprogramm, dass sie einen Beitrag dafür leisten wollen, dass die 1,5-Grad-Grenze eingehalten wird. Die geplante Emissionsreduktion (wie im Klimaschutzgesetz) würde das verbleibende CO2-Budget für 1,5 Grad allerdings sprengen. Auch die Maßnahmen von CDU/CSU sind großenteils nicht konkret und geben keine Aussicht darauf, dass rechtzeitig ausreichend Emissionen reduziert werden, um das Pariser Abkommen tatsächlich einzuhalten.
Artikel Abschnitt: Was plant die SPD?
Was plant die SPD?
Klimaziele
Auch die SPD gibt im Wahlprogramm die Ziele aus dem Klimaschutzgesetz an, das sie mitbeschlossen hat. Das bedeutet:
- bis 2030: 65 Prozent Reduktion gegenüber 1990
- bis 2040 88 Prozent
- 2045: Klimaneutralität
Zwar steht im SPD-Wahlprogramm: “Wir müssen die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius begrenzen.” Im Vergleich mit dem verbleibenden Budget und dem vorgeschlagenen Emissionspfad des Wuppertal-Instituts wird aber deutlich: Das Klimaschutzgesetz reicht in der aktuellen Form nicht aus, um tatsächlich den deutschen Beitrag für 1,5 Grad zu leisten.
Für negative Emissionen will die SPD sich auf natürliche Kohlenstoffsenken verlassen – das heißt, Wälder und Moore schützen, die viel CO2 binden. Außerdem will sie Moore wiedervernässen und Wälder an den Klimawandel anpassen. Das ist auch das, was der Umweltrat empfiehlt.
Energie
Am Kohleausstieg will die SPD nichts ändern – wenn es nach ihr geht, bleibt der bei 2038. Das ist allerdings, genau wie bei der CDU, zu spät. Wenn die deutschen Kohlekraftwerke wirklich noch so lange laufen, würden allein sie knapp die Hälfte des verbleibenden CO2-Budgets für 1,5 Grad aufbrauchen. Der Umweltrat empfiehlt den Kohleausstieg bis spätestens 2030.
Gleichzeitig sind Maßnahmen nötig, um schnell für ausreichend viel Energie aus erneuerbaren Quellen zu sorgen. Die SPD will spätestens bis 2040 dafür sorgen, dass der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommt, und weist auch darauf hin, dass der Verbrauch in den nächsten Jahren stark steigen wird. Um diesen Bedarf zu decken, will die Partei verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energie beschließen – dann, wenn sie regieren. Noch nennt sie keine konkreten Werte, mit denen sie arbeiten würde.
Industrie
Auch die SPD will auf Wasserstoff setzen, um etwa die Produktion von Stahl klimaneutral zu machen. Dafür will sie eine “umweltfreundliche Wasserstoffwirtschaft” aufbauen. Auf Anfrage hat eine SPD-Sprecherin erklärt, was das genau bedeutet: Die Partei will sich auf grünen Wasserstoff verlassen und ihn möglichst schnell marktfähig machen. Den dauerhaften Einsatz und die staatliche Förderung von blauem Wasserstoff aus fossiler Energie lehnt die SPD ab, allerdings ist es für die Partei akzeptabel, wenn er in einer Übergangszeit eingesetzt wird. Der Umweltrat kritisiert die Technologien, die für die CO2-Speicherung bei blauem Wasserstoff eingesetzt werden würden. Zudem ist blauer Wasserstoff Recherchen von Correctiv und Guardian zufolge auch eher ein Einfall der Gas-Lobby, um weiterhin fossiles Gas verkaufen zu können.
Verkehr
Auch die SPD möchte den Bahnverkehr fördern, zum Beispiel durch mehr Strecken und Nachtzugverbindungen. Zudem fordert sie im Wahlprogramm ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen. Bis 2030 soll es nach der SPD mindestens 15 Millionen E-Autos in Deutschland geben. Das will die Partei unter anderem damit fördern, dass die Ladeinfrastruktur ausgebaut wird. Laut Kraftfahrtbundesamt gibt es momentan über 48 Millionen Pkw in Deutschland, die meisten von ihnen fahren mit fossilen Brennstoffen. Für die 1,5-Grad-Grenze dürften bis 2035 keine Emissionen mehr erzeugt werden, also müssten diese Autos durch emissionsfreie Antriebe ersetzt werden. Eine Idee wären synthetische Kraftstoffe, die allerdings nicht effizient sind. Die SPD schreibt darüber auch nichts im Wahlprogramm. Eine andere Idee wäre es, den Autoverkehr insgesamt zu reduzieren – und mehr auf Fahrrad, öffentlichen Nahverkehr und Züge zu setzen. Auch darüber steht allerdings nichts im Wahlprogramm. Sollte also tatsächlich ein Großteil der 48 Millionen Pkw durch E-Autos ersetzt werden, ist das Ziel der SPD nicht besonders hoch angesetzt und reicht für eine rechtzeitige Klimaneutralität nicht aus.
Die SPD hat mehr konkrete Ziele als die CDU/CSU zur Verkehrspolitik, allerdings sind diese nicht ausreichend. Es gibt auch kein Datum für einen Ausstieg aus dem fossilen Verbrennermotor. Daher ist nicht zu erwarten, dass der Verkehrssektor rechtzeitig für das verbleibende 1,5-Grad-Budget emissionsfrei sein wird.
Fazit
Zwar schreibt die SPD im Wahlprogramm, dass 1,5 Grad Erderwärmung möglichst nicht überschritten werden sollen. Die Emissionsreduktion gemäß Klimaschutzgesetz würde das verbleibende CO2-Budget für 1,5 Grad aber sprengen. Zwar hat die SPD mehr konkrete Zahlen und Ziele im Wahlprogramm als die CDU/CSU und auch als die FDP. Diese sind aber nicht ausreichend für eine Politik, die tatsächlich die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad anstrebt.
Artikel Abschnitt: Was plant die AfD?
Was plant die AfD?
Artikel Abschnitt: Was plant die FDP?
Was plant die FDP?
Klimaziele
Die FDP hat von allen Parteien (bis auf die AfD) das späteste Ziel zur Klimaneutralität: 2050. Die Partei möchte sich an den EU-Klimazielen orientieren und nicht in Deutschland eigene Ziele durchsetzen, das hat sie auf eine Nachfrage erklärt. Was heißt das?
Die EU plant momentan bis 2030 eine Emissionsreduktion um 55 Prozent gegenüber 1990 und bis 2050 Klimaneutralität. Zwar bekennt sich die FDP im Wahlprogramm zum Pariser Abkommen und zu dem Ziel, “die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen”. Im Vergleich mit dem tatsächlich verbleibenden CO2-Budget für Deutschland wird aber deutlich, dass die EU-Ziele dafür nicht ausreichen.
Mehr als alle anderen Parteien will die FDP auf technologische Lösungen setzen, um negative Emissionen zu erreichen. Sie würde das EU-Klimaziel um ein zusätzliches Negativziel erweitern, sodass fünf Prozent negative Emissionen durch Technologien erreicht werden sollen. Außerdem möchte die Partei die Erforschung dieser Technologien fördern, die beispielsweise CO2 im Boden speichern. Für den Umweltrat sind solche Technologien allerdings keine echte Alternative. Die Technik ist noch nicht weit entwickelt und bietet einige mögliche Risiken. In Deutschland ist es laut Umweltrat ausreichend, auf Wald- und Moorschutz zu setzen, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen.
Energie
Die FDP spricht sich im Wahlprogramm gegen konkrete Ausbaupfade für erneuerbare Energien aus. Stattdessen setzt sie darauf, dass ein steigender CO2-Preis fossile Energie zunehmend unattraktiv macht und dass dadurch erneuerbare Energien automatisch ausgebaut werden – weil die Nachfrage nach ihnen zunimmt. In der Theorie könnte das funktionieren, glauben Expert:innen. Allerdings möchte die FDP auch den Verkehrssektor über den CO2-Preis steuern, und zwar über denselben Preis. Daraus ergeben sich einige Probleme, die auch die FDP vermutlich nicht möchte (siehe Verkehr).
Industrie
Wie die meisten anderen Parteien will sich die FDP im Industriesektor auf Wasserstoff verlassen, um klimaneutral zu produzieren. Deshalb will sich die Partei dafür einsetzen, dass eine europäische Wasserstoffunion gegründet wird. Nicht nur grüner, klimaneutraler Wasserstoff soll verwendet werden, sondern auch blauer (bei dem das entstehende CO2 im Boden gespeichert wird) und türkiser Wasserstoff aus fossilem Gas. Bei beiden fossil produzierten Wasserstoffarten ist geplant, dass das CO2 mithilfe von Technologien gespeichert wird. Der Umweltrat kritisiert diese Technologien. Und: Blauer Wasserstoff ist den Recherchen von Correctiv und Guardian zufolge auch eher ein Einfall der Gas-Lobby, um weiterhin fossiles Gas verkaufen zu können.
Verkehr
Um den Verkehrssektor emissionsfrei zu gestalten, möchte die FDP nicht auf Verbote von Verbrennungsmotoren setzen, auch ein Tempolimit lehnt die Partei ab. Stattdessen möchte sie den Emissionshandel auf den Verkehr ausweiten, sodass sich “klimafreundliche Motoren und alternative Kraftstoffe durchsetzen, weil sie gegenüber emissionsstarken Produkten günstiger werden”. Alle anderen Maßnahmen, um den Verkehr klimaneutral zu machen, möchte die FDP beenden. Zudem möchte sie einen einheitlichen CO2-Preis über alle Sektoren, also einen CO2-Preis, der sowohl den Energie- als auch den Verkehrssektor steuert. Kann das funktionieren?
Knackpunkt einheitlicher CO2-Preis
Die Idee eines CO2-Preises ist es, fossile Energien teurer zu machen und Innovationen in erneuerbare und nachhaltige Technologien zu fördern. Grundsätzlich gilt der CO2-Preis unter Expert:innen als sinnvolle Maßnahme, um die Kosten von fossiler Energie mit einzuberechnen.
Würde man allerdings einen CO2-Preis über alle Sektoren machen und den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennermotor allein darüber steuern wollen, hätte das weitreichende Folgen. Konkret würde das bedeuten: Benzin und Diesel müssen so teuer werden, dass Menschen sich deshalb entscheiden, das Auto stehen zu lassen oder ganz zu verkaufen – und auf klimafreundlichere Wege umzusteigen. Damit das passiert, müsste der CO2-Preis aber stark ansteigen. Erwartet werden hierfür mindestens 150 Euro pro Tonne CO2 oder noch mehr. Der Liter Benzin könnte dann über 2 Euro kosten.
Wenn es einen einheitlichen CO2-Preis gibt, wie die FDP das fordert, würde aber auch der Preis für Kohlekraftwerke schnell auf über 150 Euro pro Tonne CO2 steigen. Das würde bedeuten: Kohlekraftwerke müssten sofort vom Netz, denn es wäre einfach zu teuer, sie weiter zu betreiben. Dadurch würde aber eine Versorgungslücke entstehen, denn so schnell wären erneuerbare Energien in Deutschland nicht ausreichend ausgebaut. Wenn man keine Stromversorgungslücke für Deutschland erreichen will, würden die Pläne der Partei deshalb so nicht funktionieren. Weder für den Verkehrssektor noch für den Energiesektor.
Fazit
Nationale Klimaziele lehnt die FDP ab und orientiert sich stattdessen an den Vorgaben der EU, die für 1,5 Grad nicht ausreichen. Klimaschutz will die Partei vor allem über den Emissionshandel vorantreiben – ihre konkreten Pläne dazu sind laut Expert:innen beim genaueren Hinsehen aber nicht realistisch. Auch wenn die FDP von sich selbst behauptet, das Pariser Abkommen zu achten, ist ihre Politik nicht darauf ausgerichtet.
Artikel Abschnitt: Was plant Die Linke?
Was plant Die Linke?
Klimaziele
Von allen Parteien hat Die Linke das ehrgeizigste Ziel für die Klimaneutralität, nämlich bis 2035. Bis 2030 sollen die Emissionen um 80 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. Auch sie hat das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Verglichen mit dem verbleibenden CO2-Budget für 1,5 Grad und den vorgeschlagenen Pfad des Wuppertal-Instituts liegt Die Linke zwar noch knapp darüber. Von allen Parteien überschreitet sie das CO2-Budget für 1,5 Grad aber am wenigsten.
Für negative Emissionen setzt Die Linke auf Moore und Wälder, die sie schützen möchte. Das ist auch das, was der Umweltrat empfiehlt. Die unterirdische Speicherung von CO2 will Die Linke verbieten.
Energie
Die Linke möchte den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen und auch bald aus fossilem Erdgas aussteigen. Das ist auch das Ausstiegsdatum, das der Umweltrat empfiehlt. Bis spätestens 2035 soll der Strom vollständig aus erneuerbaren Energien kommen. Für dieses Ziel gibt Die Linke auch konkrete Ausbauziele vor – wie viel Fotovoltaik und Windkraft jährlich ausgebaut werden sollen. Bisher läuft der Ausbau von erneuerbaren Energien nämlich eher schleppend.
In Zukunft muss dieser Ausbau Studien zufolge deutlich ansteigen, damit die Energieversorgung in Deutschland weiterhin garantiert ist. Um das sicherzustellen, empfehlen Expert:innen konkrete Ausbauziele. Wie viel Energie in Zukunft gebraucht wird, lässt sich nicht abschließend sagen – denn das hängt von vielen Faktoren ab. Bei der Windenergie empfehlen Studien, dass etwa 7,5 bis 10 Gigawatt an Leistung jedes Jahr dazukommen, bei Fotovoltaik jedes Jahr 15 bis 20 Gigawatt Leistung – damit Deutschland rechtzeitig klimaneutral Energie produzieren kann und sich an das Pariser Abkommen hält.
Bis 2025 plant Die Linke, jedes Jahr 9 Gigawatt Windenergie dazuzubauen und 10 Gigawatt an Photovoltaik. Im Vergleich mit den tatsächlich notwendigen Zahlen ist das noch zu gering. Allerdings ist es trotzdem ein deutlicher Sprung nach oben, gemessen am Ausbautempo bisher. Expert:innen halten es für unrealistisch, den Zubau von erneuerbaren Energien innerhalb von einem oder zwei Jahren so deutlich zu steigern, wie es eigentlich nötig wäre. Aber damit Klimaneutralität bis 2035 klappt, wie es Die Linke plant, müssten die erneuerbaren Energien nach 2025 dann noch deutlich stärker ausgebaut werden.
Industrie
Die Linke fordert, dass die nächste Bundesregierung einen verbindlichen Zukunftsplan für die Industrie entwickelt, wie dort Klimaneutralität bis 2035 erreicht werden kann. Dafür soll es auch Investitionsprogramme geben. Außerdem setzt auch Die Linke auf Wasserstoff in den Bereichen, in denen es keine andere Lösung gibt – also gerade bei Stahl, Zement und Chemie. Es soll nur grüner Wasserstoff eingesetzt werden, CO2-Speicherung für blauen Wasserstoff lehnt die Partei ab. Laut Recherchen von Correctiv wäre grüner Wasserstoff für die Industrieprozesse auch ausreichend.
Verkehr
Im Wahlprogramm nennt Die Linke das konkrete Ziel, dass die Mehrheit der Menschen bis 2030 nicht mehr aufs Auto angewiesen sein soll. Dafür will die Partei Bahnfahren und den Nahverkehr attraktiver und günstiger machen, Bahnstrecken ausbauen und Nachtzüge einsetzen. Mehr Geld soll auch in Rad- und Fußwege investiert werden. Die Linke will auf Autobahnen ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern, auf Landstraßen 80 und innerorts die Regelgeschwindigkeit 30 Stundenkilometer. Flüge zwischen Orten, die maximal fünf Stunden Zugfahrt oder 500 Kilometer auseinanderliegen, will Die Linke verbieten. Sie will außerdem bis 2030 aus dem fossilen Verbrennungsmotor aussteigen.
Für die Klimaneutralität bis 2035 ist das allerdings zu spät. Expert:innen gehen davon aus, dass ein Auto im Schnitt 15 Jahre auf der Straße bleibt. Würden erst ab 2030 fossile Verbrenner verboten werden, würden sie noch bis etwa 2045 gefahren werden – wenn sie nicht durch Abwrackprämien oder ähnliche Maßnahmen vorzeitig wieder von der Straße geholt werden würden. Diese Maßnahmen sind allerdings teuer und ressourcenverschwendend. Sinnvoller wäre beispielsweise ein früheres Datum für den Verbrennerausstieg, sodass rechtzeitig keine fossilen Brennstoffe mehr im Verkehr eingesetzt werden.
Fazit
Die Linke hat mit der Klimaneutralität 2035 das ehrgeizigste Ziel aller Parteien und würde damit auch zumindest fast das CO2-Budget für 1,5 Grad einhalten. Allerdings reichen die Maßnahmen noch nicht aus, vor allem der Ausstieg aus dem fossilen Verbrennerauto kommt zu spät. Die Linke lehnt zudem das Konzept des Emissionshandels ab und möchte sich nicht darauf verlassen. Expert:innen halten einen CO2-Preis grundsätzlich aber für eine wichtige Maßnahme, um die tatsächlichen Kosten von CO2-Emissionen mit einzuberechnen. Deshalb ist nicht klar, wie Die Linke die hochgesteckten Ziele tatsächlich erreichen will.
Artikel Abschnitt: Was plant Bündnis 90/Die Grünen?
Was plant Bündnis 90/Die Grünen?
Klimaziele
Auch die Grünen streben die Klimaneutralität früher an, als im Klimaschutzgesetz bisher festgelegt. Sie schreiben im Wahlprogramm, dass Deutschland in 20 Jahren klimaneutral sein soll, also 2041 – bis 2030 sollen die Emissionen um 70 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Um die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu begrenzen, wie das Pariser Abkommen es vorsieht, würde das ausreichen. Aber auch die Grünen wollen die 1,5-Grad-Grenze nicht überschreiten: “Wir lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-Pfad führen”, schreiben sie im Wahlprogramm. Verglichen mit dem tatsächlich verbleibenden CO2-Budget würde aber auch der Plan der Grünen noch zu viele Emissionen erzeugen, 1,5 Grad würden so nicht eingehalten.
Besonders interessant am Wahlprogramm der Grünen ist, dass die Partei als einzige ein konkretes verbleibendes CO2-Budget nennt. Sie schreibt:
“Der Weltklimarat beziffert das globale CO2-Budget ab dem Jahr 2018 für das 1,5-Grad-Ziel mit einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung auf 420 Gigatonnen CO2. Der Sachverständigenrat hat daraus ein verbleibendes nationales Kohlenstoffbudget von 6,6 Gigatonnen CO2 ab 2020 abgeleitet.”
Das stimmt allerdings nicht. Das Budget, das die Grünen nennen - 6,6 Gigatonnen CO2 ab 2020 - hat der Umweltrat für den Fall berechnet, dass Deutschland seinen Teil dazu leisten will, die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu begrenzen. Für 1,5 Grad gilt ein kleineres Budget: die 4,2 Gigatonnen CO2 ab 2020, an dem die Wahlprogramme in diesem Text bemessen werden.
Warum die Grünen dieses falsche CO2-Budget im Wahlprogramm nennen, lässt sich nicht abschließend beantworten. Auf die Nachfrage von Quarks verwies die Partei zuerst wiederholt auf das Budget von 6,6 Gigatonnen CO2, obwohl dieses laut Umweltrat für unter 2 Grad gilt und nicht für 1,5 Grad. Zuletzt antwortete eine Sprecherin, dass die Partei sich im Wahlprogramm hinter kein konkretes Budget stellen würde, sondern nur den Budgetansatz erklären würde. Das erklärt allerdings auch nicht, weshalb die Partei im Zusammenhang mit dem 1,5-Grad-Ziel ein falsches CO2-Budget für Deutschland angibt. Es bleibt also offen, warum die Grünen ein CO2-Budget im Programm nennen, das für die Einhaltung von 1,5 Grad zu groß ist - wenn sie gleichzeitig ihre Politik auf dieses Ziel ausrichten wollen.
Für negative Emissionen planen die Grünen vor allem, Moore zu schützen und wiederzuvernässen. Das ist auch das, was der Umweltrat empfiehlt.
Energie
Wie Die Linke wollen die Grünen den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. Das ist auch das Datum, das der Umweltrat empfiehlt. Bis 2035 soll die Stromversorgung ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Für dieses Ziel geben die Grünen auch konkrete Ausbauziele vor – wie viel Fotovoltaik und Windkraft jährlich ausgebaut werden sollen. Bisher läuft der Ausbau von erneuerbaren Energien nämlich eher schleppend.
In Zukunft muss dieser Ausbau Studien zufolge deutlich ansteigen, damit die Energieversorgung in Deutschland weiterhin garantiert ist. Um das sicherzustellen, empfehlen Expert:innen konkrete Ausbauziele. Wie viel Energie in Zukunft gebraucht wird, lässt sich nicht abschließend sagen – denn das hängt von vielen Faktoren ab. Bei der Windenergie empfehlen Studien, dass etwa 7,5 bis 10 Gigawatt an Leistung jedes Jahr dazukommen, bei Photovoltaik jedes Jahr 15 bis 20 Gigawatt – damit Deutschland rechtzeitig klimaneutral Energie produzieren kann und sich an das Pariser Abkommen hält.
Die Grünen planen zunächst, ab sofort jährlich 5–6 Gigawatt Leistung an Windenergie (an Land) dazuzubauen, und jedes Jahr 10 bis 12 Gigawatt Leistung an Fotovoltaik. Ab Mitte der 20er Jahre soll der Ausbau dann deutlich gesteigert werden: bei der Windenergie auf 7 bis 8 Gigawatt jährlich, bei Fotovoltaik auf 18–20 Gigawatt jährlich. Ab dann befinden sich die Ausbauziele der Grünen also in dem Feld, was auch Studien empfehlen, vorher sind die Ziele noch zu niedrig.
Allerdings sind auch die niedrigeren Ziele schon ein deutlicher Sprung gegenüber dem bisherigen Ausbau. Expert:innen halten es für unrealistisch, den Zubau von erneuerbaren Energien innerhalb von einem oder zwei Jahren so deutlich zu steigern, wie eigentlich nötig wäre. Von daher sind die Ausbauziele der Grünen realistisch, je nach künftigem Stromverbrauch müssten sie in Zukunft noch gesteigert werden.
Industrie
Für die Industrie wollen die Grünen konkrete Vorgaben aufstellen und einen wirksamen CO2-Preis etablieren, der dafür sorgt, dass vor allem in klimaneutrale Innovationen investiert wird. Auch die Grünen setzen auf Wasserstoff, sie nennen ausschließlich grünen Wasserstoff aus erneuerbarer Energie. Sollte dieser nicht für die Versorgung ausreichen, wollen die Grünen Wasserstoff aus Ländern importieren, in denen es schon einen hohen Anteil an erneuerbarer Energie gibt. Dafür wollen sie die nötige Infrastruktur schaffen.
Verkehr
Wie Die Linke haben die Grünen das Ziel, den Autoverkehr insgesamt zu reduzieren. Dafür wollen sie weniger Straßen bauen, und bis 2030 soll die Hälfte aller Wege im sogenannten “Umweltverbund” zurückgelegt werden – damit meinen die Grünen beispielsweise Züge, Nahverkehr, das Fahrrad oder Fußwege. Zugstrecken sollen ausgebaut werden, es soll auch mehr Nachtzüge geben. Im Autoverkehr wollen die Grünen Ladeinfrastrukturen für E-Autos ausbauen. Außerdem wollen sie ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen und innerorts den Standard von 30 Stundenkilometer. 50 Stundenkilometer sollen dort zur Ausnahme werden.
Bis 2030 soll es laut Grünen-Wahlprogramm mindestens 15 Millionen E-Autos in Deutschland geben. Laut Kraftfahrtbundesamt gibt es momentan über 48 Millionen Pkw in Deutschland, die meisten von ihnen fahren mit fossilen Brennstoffen. Da die Grünen gleichzeitig den Autoverkehr deutlich reduzieren wollen, sodass es in Zukunft insgesamt weniger Autos gibt, sind 15 Millionen Expert:innen zufolge ein guter Anfang. Würde man dagegen alle Autos durch E-Autos ersetzen wollen, wäre die Zahl zu niedrig angesetzt.
Zudem wollen die Grünen ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos zulassen, das heißt, einen Ausstieg aus fossilen Verbrennungsmotoren bis 2030. Für eine 1,5-Grad-konforme Klimaneutralität bis 2035 wäre das allerdings zu spät und auch für das grüne Ziel 2041 reicht es nicht aus.
Expert:innen gehen davon aus, dass ein Auto im Schnitt 15 Jahre auf der Straße bleibt. Würden erst ab 2030 fossile Verbrenner verboten werden, würden sie noch bis 2045 gefahren werden – wenn sie nicht durch Abwrackprämien oder ähnliche Maßnahmen vorzeitig wieder von der Straße geholt werden würden. Diese Maßnahmen sind allerdings teuer und ressourcenverschwendend. Sinnvoller wäre beispielsweise ein früheres Datum für den Verbrennerausstieg, sodass rechtzeitig keine fossilen Brennstoffe mehr im Verkehr eingesetzt werden.
Fazit
Die Grünen berufen sich auf das Ziel, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Ihre Emissionspfade reichen allerdings nur für das Pariser Ziel, die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu halten. Die Maßnahmen der Grünen sind deutlich konkreter als bei den meisten anderen Parteien (außer bei der Linken). Für 1,5 Grad reichen die Maßnahmen allerdings noch nicht aus, vor allem im Verkehrssektor kommt der Verbrennerausstieg zu spät. Das Wahlprogramm der Grünen könnte das Pariser Abkommen einhalten – die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu begrenzen. Allerdings nicht auf 1,5 Grad, obwohl genau das als Ziel genannt wird.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Die Grünen bleiben mit ihren Plänen und Maßnahmen in einem Feld, in dem das Pariser Abkommen noch eingehalten würde. Ihren Plänen zufolge würde Deutschland seinen Teil dazu beitragen, dass die Erderwärmung auf unter 2 Grad begrenzt werden würde. Für die Begrenzung auf 1,5 Grad reichen aber auch die Pläne der Grünen nicht aus.
In der Wissenschaft ist längst klar, welche Maßnahmen nötig sind, um das CO2-Budget für 1,5 Grad in Deutschland einzuhalten. Die Parteien sind im Vergleich dazu allerdings immer noch zu zögerlich – obwohl der aktuelle Bericht des Weltklimarats sehr eindrücklich warnt, dass sofort etwas unternommen werden muss.
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Hallo liebes Quarks Team, An Ihrer freien Journalistin ist das Thema VWL wohl leider vorbei gegangen. Das ist auch garnicht schlimm, keiner kann alles wissen. Ich hätte jedoch erwartet, dass ihr Artikel von Ihnen Korrektur gelesen wird und die offensichtlichen Lücken auffallen. Das komplette Thema Zertifikathandel ist leider falsch. Der… Weiterlesen »
Hallo, natürlich werden Artikel, wie in jeder seriösen Redaktion, redigiert -es herrscht hier die Regel: (min.) Vier-Augen-Prinzip. Wir können im Artikel keine sachlichen Fehler erkennen.
Hallo liebes Quarks Team, jetzt wo ich meinen Beitrag nochmal lese, wirkt er ein wenig wie ein Angriff. Das sollte so nicht rüberkommen. Deshalb erstmal ein Lob dafür, dass Sie umfangreiche Quellen mitgeliefert haben und sich mit den Kommentaren Ihrer Leser beschäftigen. Damit machen Sie vieles besser als Ihre Mitbewerber.… Weiterlesen »
Laut der Quarksberechnung zum Klimaschutz CO2 Ausstoß Video war doch die FDP „eigentlich“ an erster Stelle, bei der Umsetzung? Warum wurde DAS so willkürlich seitens Quarks geändert auf Platz 5? Nur weil es nicht seien kann und es unvorstellbar wäre? Das hat dann leider NICHTS mit seriöser Wissenschaft zu tun!… Weiterlesen »
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Ich bin zutiefst enttäuscht über diesen Artikel.
Mir hat die Übersichtlichkeit und die Vollständigkeit sehr gut gefallen. Mir missfällt allerdings die stark herauskommende Meinung. Ich finde genau das ist es, was im öffentlich rechtlichen nicht sein sollte. Was nicht passt wird passend gemacht.
Das ist eine Meinung kein objektiver Journalismus.
Keine Meinung – Haltung! Wir haben ganz klar die Haltung, dass wir unsere Erde noch ein paar Jährchen bewohnen wollen…
Was soll der Verkehr schon groß mit seinen 6% bewirken? Es soll den Bürger hier die Ganz Bürde aufgelegt werden, während Bau und Heizen mit ihren 60% von allen ignoriert werden. Noch schlimmer ist die damit verbunden Preisentwicklung und somit die Gefahr für Jobs. Dabei hätte man Atomkraft weiter nutzen… Weiterlesen »
Wow, harte Zensur, die hier betrieben wird. Man brauch nur Dinge aus dem Wahlprogramm ansprechen und man kommt durch eure Zensur nicht durch. Also, nochmal: Wie kommt ihr darauf, das das FDP Programm nicht funktioniert? Fast alle Studien zeigen, das Emissionshandel funktioniert ohne die Wirtschaft zu schädigen. Ebenfalls müssen Kohlekraftwerke… Weiterlesen »
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