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Klimaschutz
Wie klimaschädlich sind Kinder wirklich?
Aufs Kinderkriegen verzichten – für den Klimaschutz. Denn Kinder, so die Argumentation, hätten in unserer Klimabilanz die größten Auswirkungen. Stimmt das tatsächlich?
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Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Aktivistinnen und Aktivisten fordern den Verzicht auf Kinder fürs Klima
#birthstrike
Das Thema ist mittlerweile über Ländergrenzen hinweg präsent. Wer zum Beispiel "Birthstrike" (übersetzt: Gebärstreik) in eine Suchmaschine eingibt, findet Gruppen vor allem aus Großbritannien und den USA, die keine Kinder mehr in die Welt setzen wollen. Auch unter dem Hashtag #birthstrike bei Twitter tauschen sich Menschen über Kinder und den Klimaschutz aus. Sie haben hauptsächlich drei Beweggründe:
- Sie wollen aus Angst vor den Folgen des Klimawandels keine Kinder in diese Welt setzen.
- Sie wollen keine Kinder in die Welt setzen, weil deren pure Existenz den Planeten weiter zerstört.
- Sie wollen keine Kinder in die Welt setzen, um mehr Zeit für Klimaschutzaktivitäten zu haben.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Eine Studie unterstützt die Forderung der Aktivisten
Der Verzicht auf Kinder spart massiv CO2
Die Studie, auf die in der aktuellen Diskussion immer wieder verwiesen wird, ist die der Autoren Seth Wynes und Kimberly Nicholas. Sie haben in unterschiedlichen Szenarien untersucht, durch welche Maßnahmen sich besonders viele CO2-Emissionen verhindern lassen. Das Ergebnis fällt zumindest auf den ersten Blick eindeutig aus: Der Verzicht auf ein Kind könnte demnach 58,6 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr einsparen. Zum Vergleich: Bei einem Leben ohne Auto kommt die Studie auf ein Einsparpotenzial von 2,4 Tonnen pro Jahr. Der Verzicht aufs Fliegen spart 1,6 Tonnen im Jahr und das Umstellen auf pflanzenbasierte Ernährung sogar nur 0,8 Tonnen jährlich.
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Die Berechnung der Ergebnisse sollte man kritisch sehen
Kinder- und Kindeskinder werden mitberücksichtigt
Dabei gehen sie davon aus, dass ein in die Welt gesetztes Kind auch den CO2-Fußabdruck der folgenden Generationen beeinflusst. Es werden also Kinder- und Kindeskinder über mehrere Generationen in der Zukunft berücksichtigt; vergleichbar mit Zinsen und Zinseszinsen. So ergeben sich besonders hohe Werte. Die Wissenschaftler bestimmen also nicht den CO2-Fußabdruck, den ein einzelner Mensch zu seinen Lebzeiten hinterlässt. Sondern ihre Zahlen beinhalten auch die CO2-Emissionen künftiger Generationen, bis ins Jahr 2400.
Der Vergleich hinkt
Wynes und Nicholas haben nun genau diese Zahlen ihrer aufsehenerregenden Studie zugrunde gelegt. Dann haben sie untersucht, welche anderen Möglichkeiten es gibt, um den CO2-Ausstoß zu minimieren – beispielsweise den Verzicht auf ein Auto, auf Flugreisen und die Umstellung auf fleischfreie Ernährung. In dem Fall legten sie jedoch nur die Werte für die Emissionen zugrunde, die in einem Jahr entstehen und nicht über Generationen hinweg.
Die Berechnung des CO2-Fußabdrucks mit Blick auf folgende Generationen ist damit nicht an sich falsch. Nur mit den Ergebnissen der anderen Berechnungen lässt sie sich eigentlich nicht vergleichen. Die Absurdität wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass ein neugeborenes Kind eine Emission von 58,6 Tonnen CO2 pro Jahr bedeutet. Das Ergebnis für einen Durchschnitts-US-Amerikaner liegt jedoch bei rund 16 Tonnen im Jahr. Das Kind würde demnach für über 300 Prozent mehr CO2-Verschmutzung jährlich verantwortlich sein, als ein Durchschnittsbürger. Das ergibt schlicht keinen Sinn.
Einige Annahmen stimmen nicht mit der Realität überein
Darüber hinaus gehen die Wissenschaftler in ihren Berechnungen davon aus, dass der CO2-Fußabdruck von Anfang bis Ende eines Lebens gleichbleibend hoch ist. Das stimme aber nicht mit der Realität überein, heißt es beim Umweltbundesamt. Denn zu Beginn des Lebens beispielsweise sei der CO2-Fußabdruck eher gering, weil in den ersten Lebensjahren Aspekte wie Heizkosten, Mobilität und Konsum kaum ins Gewicht fielen, erklärt UBA-Experte Michael Bilharz.
Jüngere Generationen denken um
Die Möglichkeit, dass künftige Generationen ihren Konsum ändern und klimafreundlicher leben könnten, berücksichtigt die Studie von Wynes und Nicholas ebenfalls nicht. Dabei zeigen unter anderem Protestgruppen wie Fridays for Future durchaus, dass in jüngeren Generationen ein Umdenken stattfindet. Das UBA kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass es grundsätzlich möglich wäre, Deutschland bis 2050 klimaneutral zu machen.
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Und jetzt?
Kindern ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit vermitteln
Jeder hat ein Recht auf Familie
Wissenschaftler weisen zudem darauf hin, dass die Vereinten Nationen Familienplanung zum Menschenrecht erklärt hätten. Außerdem betonen sie, dass der Einfluss einer einzelnen Person begrenzt sei. Sinnvoller könnte es sein, als Gruppe, privat oder professionell, aktiv zu werden.
Auf Kinder verzichten hilft nur sehr langfristig
Kritisch ist laut Bilharz zudem, dass der Verzicht auf Kinder nicht akut hilft: Denn bis wir die positiven Klimaauswirkungen spüren würden, verginge viel Zeit – mindestens eine ganze Generation. Andere Maßnahmen, etwa das Abschalten der Kohlekraftwerke, der Verzicht auf Flugreisen, energiesparende Heizsysteme oder eine klimaneutralere Mobilität, ließen sich teilweise sofort, auf alle Fälle aber wesentlich schneller ergreifen. So könne sich auch ihre Wirkung schneller entfalten.
Besser als der Verzicht könnte daher sein, bei Kindern ein Bewusstsein für klimafreundliches Verhalten und für einen nachhaltigen Konsum zu schaffen. Damit sie die Fehler älterer Generationen nicht wiederholen.
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Quellenangaben zum Artikel:
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Artikel Überschrift:
Fragwürdiger Ansatz und verschwendung von GEZ gebühren! Traurig!
Hast du denn den Artikel auch gelesen? Wir greifen eine Forderung von Aktivist:innen auf und gehen kritisch darauf ein. Wie hättest du es dir stattdessen gewünscht? Oder ist das Thema generell uninteressant für dich?
Wer hat sich diesen Schwachsinn ausgedacht !
Das ist ja fast schon Menschenfeindlich !
So etwas im Internet zu posten sollte verboten sein
H.g. nicht alle Frauen haben Kinderwunsch.Ich NULL.Bin seit zwei Jahren dank selbstbestimmt steril e.v. (Aerztekarte) sterilisiert.Bei mir nicht wegen Klima ,ich will meine Freiheiten ohne Verpflichtungen.
Liebe Frau Franck, vielen Dank für Ihren kontextualisierenden Artikel. Die Diskussion dazu möchte ich gar nicht antreiben, auch wenn ich für mich selbst dankbar bin, dass meine Eltern an mir kein CO2 gespart haben. Aber eine Frage bleibt mir: Wie klimaschädlich sind Kinder wirklich?Also, wenn man nicht über Generationen denkt,… Weiterlesen »
Wir stellen im Text ja dar, woher zum Beispiel die von Wynes und Nicholas in ihrer Studie vorgestellte Zahl von 58,6 Tonnen CO2 pro Jahr pro neugeborenem Kind kommt, beziehungsweise auf welchen Vorberechnungen (Murtaugh und Schlax, 2009) diese beruht. Wir haben weiterhin ausgeführt, warum diese Zahl aus verschiedenen Gründen etwas… Weiterlesen »
Hallo alle zusammen, Ich habe mir nun einen Großteil der Kommentare hier durchgelesen und bin ehrlich gesagt etwas konsterniert. Klar ist der Mensch mit seinen individuellen Konsumgewohnheiten maßgeblich verantwortlich für die CO2-Emisssionen auf unserem Planeten. Jedoch ist allein das Bevölkerungswachstum nicht ausschlaggebend. Vielmehr ist mangelnde Bildung und Aufklärung hinsichtlich des… Weiterlesen »
Sollen alle Menschen auf diesem Planeten möglichst gut und in einem funktionierenden Ökösystem leben?
…oder sollen möglichst viele Menschen (weniger gut) auf diesem Planeten leben?
Ist der (egoistische) Kinderwunsch von Eltern wichtiger als die Zukunft der
nächsten Generation?