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Pestizide
Darum nutzen auch Biobauern Pflanzenschutzmittel
Der Ökolandbau nutzt keine Chemie. Aber auch Biobauern müssen ihre Ernte vor Schädlingen schützen. Dazu nutzen sie biologische Mittel – die sind aber nicht zwangsläufig weniger schädlich.
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Auch Bio-Bauern nutzen Pflanzenschutzmittel
Ganz ohne Pflanzenschutzmittel geht es aber auch im Ökolandbau nicht: Biobauern nutzen Mittel, die pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder mineralischen Ursprungs sind – dazu gehören etwa Kupfer, Schwefel, Bienenwachs oder Pflanzenöle. Sie zersetzen sich oft schneller in der Natur (z.B. durch die Einwirkung von Sonnenlicht), als Mittel chemischen Ursprungs. Das gilt aber nicht immer: Der Wirkstoff Kupfer etwa liegt in elementarer Form vor und kann daher nicht wie andere organische Verbindungen abgebaut werden. Stattdessen geht es in Böden oder Gewässern eine reihe von Verbindungen ein.
Bio-Pestizide unterscheiden sich auch in ihrer Wirkungsweise:
- Kontaktmittel wie Kupfer wirken bei Kontakt auf den Schädling, dringen aber nicht in die Pflanze ein.
- Fraßgifte wie das Niembaum-Extrakt entfalten erst im Darm von Insekten ihre Wirkung,
- inerte Gase wie Kohlenstoffdioxid blockieren die Atemwege von Schädlingen.
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Darum müssen wir drüber sprechen:
Auch Bio-Pestizide wie Kupfer können der Umwelt schaden
Ein umstrittenes Mittel ist Kupfer. Es ist zwar ein essentielles Spurenelement für Pflanzen, Tiere und Menschen. Doch die Dosis macht das Gift: So setzen Biobauern und konventionelle Landwirte Kupfer gegen Pilzkrankheiten ein – vor allem gegen Apfelschorf im Obstbau, gegen Kraut- und Knollenfäule in Kartoffeln und Tomaten oder gegen Falschen Mehltau in Wein und Hopfen. Wird Kupfer auf die jeweilige Pflanze gesprüht, dringen Kupferionen in die Pilzsporen ein, blockieren lebenswichtige Enzymreaktionen und können so den Pilz zum Absterben bringen.
Kupfer ist ein wirkungsvolles Bio-Pestizid, aber: Durch Regenabwaschungen etwa kann sich das Schwermetall auch im Boden anreichern und dort Regenwürmern und anderen Mikroorganismen schaden. Ab 100 mg Reinkupfer im Boden konnten Forscher bei Regenwürmern beispielsweise Fluchtverhalten und eine verringerte Reproduktionsleistung beobachten. Der Regenwurm ist eine Art Teststäbchen der Wissenschaft – finden sich kaum oder keine Würmer, ist die Bodenfruchtbarkeit gefährdet.
Kupfer-Mengen sind streng begrenzt
Viele Böden waren aber schon mit Kupfer belastet, bevor der Ökolandbau anfing, das Bio-Pestizid zu nutzen. Denn seit 150 Jahren wird es als Fungizid eingesetzt – in Hochzeiten haben Bauern im Jahr bis zu 60 Kilogramm Kupfer pro Hektar auf ihre Felder gesprüht. Heute dürfen Landwirte deutlich weniger ausbringen: Im Ökolandbau sind jährlich maximal drei Kilogramm Kuper pro Hektar erlaubt, bei Hopfen vier Kilogramm pro Hektar. Wie groß das Gefährdungspotential der Kupfer-Mengen ist, die heute auf die Felder gelangen, ist unklar, da alte Weinbaugebiete die Altlasten noch immer spüren.
Für Menschen stellt der Einsatz von Kupfer im Biolandbau keine direkte Gefahr dar. Denn im Gegensatz zu anderen Pflanzenschutzmitteln reichert sich Kupfer nicht in Früchten an. Gesunde Menschen können außerdem kaum mehr Kupfer aufnehmen, als sie für ihren Körper benötigen – zu viel Kupfer wird einfach ausgeschieden. Dennoch empfiehlt das Bundesinstitut für Risikoforschung, mögliche Risiken durch den Kupfer-Einsatz im Pflanzenschutz zu berücksichtigen und die Kupferminimierung konsequent fortzusetzen.
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Es gibt kaum Kupfer-Alternativen für den Obst- und Weinbau
Im Jahr 2010 wurde dennoch eine Kupferminimierungsstrategie vereinbart, in der sich ökologische und konventionelle Anbauverbände mit der Politik auf weitere Maßnahmen zur Reduzierung von Kupfer verständigt haben. Dabei werden unterschiedliche Ansätze verfolgt, einer ist die Züchtung pilzresistenter Sorten: Für den Wein- und Kartoffelanbau wurden zwar schon einige erfolgversprechende Sorten entwickelt – dennoch können sie Kupfer entweder nicht vollständig ersetzen oder sind noch nicht zugelassen. Bei Äpfeln gibt es bisher kaum Erfolge in der Züchtung.
Ein weiterer Ansatz: Die Suche nach alternativen, umweltfreundlichen Wirkstoffen mit vergleichbarer fungizider Wirkung. Doch anfangs vielversprechende Präparate haben sich bisher nur unter Laborbedingungen bewährt. Nach Ansicht von Fachleuten ist auf absehbare Zeit kein Stoff in Sicht, der Kupfer mit gleicher Wirkung vollständig ersetzen könnte.
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Und jetzt?
Von alternativen Anbaumethoden inspirieren lassen
Im ökologischen Landbau steht das Vorbeugen von Krankheiten und Schädlingen im Vordergrund. Dazu bepflanzen Biobauern ihre Felder beispielsweise abwechselnd mit verschiedenen Sorten (Fruchtfolge). Die Idee dahinter: Schädlinge sind meist auf eine Pflanze spezialisiert. Wenn die Pflanze, die von Erregern befallen wurde, im nächsten Jahr aber nicht mehr angebaut wird, verschwindet mit ihr meist auch der Schädling. Für Dauerkulturen wie Wein und Obst funktioniert ein Fruchtwechsel aber nicht, da sie spezielle Bodeneigenschaften benötigen und nicht jedes Jahr den Standort wechseln können.
Im Ökolandbau werden Felder zum Schutz vor Schädlingen meist auch weniger dicht bepflanzt. Das Prinzip dahinter ist mit der Massentierhaltung vergleichbar: Dadurch, dass die Pflanzen mehr Platz haben, stecken sie sich gegenseitig nicht so schnell mit Erregern an. Auch der Anbau robuster Sorten begrenzt die Ausbreitung von Schädlingen.
Der Ökolandbau nutzt also bereits viele alternative Anbaumethoden, statt nur auf Bio-Pestizide zu setzen. So wirkungsvoll und umweltschonend sie auch sein mögen, haben diese Alternativen einen Nachteil: Robuste Sorten, Fruchtwechsel oder weniger dicht bepflanzte Felder gehen auch immer mit weniger Ertrag einher. Deshalb ist noch viel mehr Forschung nötig, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren – im Ökolandbau und der konventionellen Landwirtschaft.
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Hallo Frau Schwenner, ein sehr interessanter Artikel. Über einen Satz bin ich allerdings gestolpert: „Robuste Sorten, Fruchtwechsel oder weniger dicht bepflanzte Felder gehen auch immer mit weniger Ertrag einher. Deshalb ist noch viel mehr Forschung nötig, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren – im Ökolandbau und der konventionellen… Weiterlesen »
Der Artikel fängt gut an, weil er die Kupfer-Problematik richtig darstellt, aber dann ist er doch wieder sehr voreingenommen und liefert Erklärungen warum der ökologische Landbau besser sein sollte, die genaueren Betrachtungen nicht standhalten. „Insgesamt umfasst die Liste der im Biolandbau zugelassenen Wirkstoffe nur ein Zehntel der Pestizide, die konventionellen… Weiterlesen »
Vielen Dank für ihren Kommentar, genau dieser Absatz den Sie ansprechen fand ich auch bedenklich/falsch. Wie man mit der geringeren Anzahl an verfügbaren Wirkstoffe auf eine geringere Umwelteinwirkung schließen kann ist mir völlig unklar und ich wüsste auch nicht wie sich diese Aussage Wissenschaftlich begründen lassen sollte. Wieso oft vermischen… Weiterlesen »
Danke für diese Informationen. Ich habe in einer Doku gesehen, dass besonders bei Äpfeln (Bio) viel Kupfer benötigt wird. Gibt es denn Obstsorten, die robuster sind und weniger Kupfer benötigt wird? Ich esse im Moment täglich einen Apfel, aber könnte ja etwas umstellen.
DAnke schonmal,
Patrizia
Sehr informativer toller Beitrag. Mich würde noch interessieren wie viel Kupfer denn konventionelle Bauern im Vergleich verwenden dürfen.
https://www.topagrar.com/acker/news/kupferhaltige-pflanzenschutzmittel-erneut-zugelassen-10124176.html
In 7 Jahren 28 kg pro ha: Im Schnitt 4 kg/ha und Jahr
Ich kann nur für den Konventionellen Obstbau sprechen. Dort wird im Durchschnitt deutlich weniger Kupfer je Hektar im Vergleich zum Bioanbai eingesetzt, aufgrund der alternative durch chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Diese haben natürlich auch ganz individuelle Nebenwirkungen, denn nichts was wirkt, wirkt ohne Nebenwirkungen…