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Wetterextreme
So können sich Landwirte für den Klimawandel wappnen
Monatelange Dürre, Ernteausfälle, Nothilfen: Landwirte spüren die Folgen des Klimawandels schon jetzt. Aber: Machtlos sind sie nicht.
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Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
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Landwirte müssen sich an Dürre und Starkregen anpassen
Konkret: Das Met Office, der englische Wetterdienst, hat Wahrscheinlichkeiten für Dürren wie 2018 errechnet, heute und im Zeitraum 1901-1930. Während Dürren in England zu Beginn des 20. Jahrhunderts etwa alle 200 Jahre auftraten, ist die Wahrscheinlichkeit heute wesentlich höher: Laut der Prognosen müssen wir heute mehr als einmal im Jahrzehnt mit monatelanger Trockenheit rechnen.
Und auch die Folgen spüren Landwirte schon jetzt: So litt im letzten Sommer insbesondere die Futterproduktion für Rinder. Auf ganz Deutschland bezogen sank der durchschnittliche Ertrag von Futtergras und Silomais gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Viertel. Es gab ein Fünftel weniger Kartoffeln und Sommerweizen pro Hektar.
Auch wenn das letzte Jahr extrem ungewöhnlich war, war es kein Einzelfall: Schon in den Jahren 1992, 2003, 2011 und 2015 sorgte langanhaltende Trockenheit für überdurchschnittlich hohe Ernteausfälle. Klar ist also: Die Landwirte müssen sich vorbereiten. Landwirtschaftliche Berater nutzen Extreme wie den letzten Dürre-Sommer und die Starkregenfälle 2016 als Leitplanken – Beispielfälle, die die Bauern bei der Anpassung mitdenken müssen.
Artikel Abschnitt: Darum sollten wir drüber sprechen:
Darum sollten wir drüber sprechen:
Nothilfen können keine langfristige Lösung sein
Doch weder die Nothilfen noch solche Versicherungen können eine langfristige Lösung sein. Beide gleichen erst einmal nur die Verluste aus. Dies ist zwar notwendig – doch nimmt die Anzahl der Dürren, Stürme und Starkregenfälle zu, wären Nothilfen schnell dauerhafte Unterstützungen.
Vor allem aber fördern sie nicht den wichtigsten Punkt: Investitionen in Maßnahmen, um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen.
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Aber:
Landwirte können selbst etwas tun
Reduzierte Bodenbearbeitung erhält die Bodenstruktur und führt zu mehr Humusbildung. Der Boden kann so mehr Wasser speichern und wird bei Regen nicht so schnell weggespült. Ein Beispiel ist das Streifen-Pflügen (Strip Till): Der Landwirt pflügt, düngt und sät jeweils in Streifen – die Streifen dazwischen lässt er unbearbeitet.
Die meisten Landwirte pflügen konventionell – im Jahr 2015/16 auf 53 Prozent des deutschen Ackerlands. Sie sind gegenüber bodenschonenden Verfahren skeptisch, weil diese oft mehr Unkraut mit sich bringen. Die Landwirte fürchten, ein Totalherbizid spritzen zu müssen. Hier brauchen sie Beratung und technische Unterstützung. Dem Unkraut können sie beispielsweise mechanisch begegnen.
Landwirte können Zwischenfrüchte mit tiefen Wurzeln anbauen, wie Senf oder Rotklee. Die tiefen Wurzeln und ihre Überbleibsel verbessern die Bodenstruktur – und der Boden kann besser Wasser speichern. Aktuell werden in Feldversuchen neue Saatgut-Mischungen ausprobiert.
Eine Maßnahme: Vielfalt
Auch die Sortenwahl ist wichtig: In den Versuchen der Landwirtschaftskammern zeigen sich manche Getreidesorten als besser geeignet für trockene Jahre. Diese werden den Landwirten empfohlen. Reift die gewählte im Herbst eingesäte Getreidesorten beispielsweise im späten Frühling, leidet sie nicht unter Trockenheit im Frühsommer.
Eine weitere Maßnahme: Vielfältiger Wirtschaften, rät das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung. Mehr unterschiedliche Feldfrüchte anbauen, die Geschäftszweige des eigenen Betriebs erweitern. So wird auch in Deutschland inzwischen Soja angepflanzt – und einige Landwirte haben die Energieerzeugung aus Biomasse, Strom und Wind für sich entdeckt.
Die meisten Feldfrüchte in Deutschland werden nicht künstlich bewässert, sondern sind auf Regen angewiesen. Nur bei Sonderkulturen wie Obst und Gemüse lohnte sich bisher eine künstliche Bewässerung. Kommt es häufiger zu Dürren, könnte man weitere Pflanzen bewässern – zum Beispiel Mais oder Soja.
Weiter in die Zukunft gedacht könnten zur Wasserspeicherung wesentlich mehr Regenrückhaltebecken angelegt werden und schiffbare Kanäle zur Umverteilung des Wassers. Gesellschaft und Politik müssen für sich klären, ob solche Infrastruktur aufgebaut werden kann.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Die Landwirte brauchen Unterstützung von Forschung und Politik – und von uns
Für andere Anpassungen gehen Landwirte ein wirtschaftliches Risiko ein, wie bei der Einführung neuer Arten – Soja etwa. Betrachtet man Landwirte als Unternehmer, ist dies ganz normal. Experimentieren sie aber für die Allgemeinheit, brauchen sie wirtschaftliche Unterstützung.
Hinzu kommt: Ohne die Erfahrungen der Landwirte zusammenzufassen und sie zu vernetzen, bleiben ihre Experimente Einzelfälle. Forschungsinstitute wie das ZALF, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) oder Thünen-Institut des Bundes bauen also Netzwerke auf, sammeln Fallstudien, werten sie aus und bilden Landwirte weiter. Experten fordern: Die Forschungspolitik muss solche Forschung direkt auf den Höfen erleichtern – auch länderübergreifend.
Erste Ergebnisse gibt es bereits:
Wissenschaftler um Ahmad Hamidov und Frank Ewert vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung sammelten europaweit größere Fallstudien, um Anpassungsoptionen zu vergleichen. Sie zeigen zum einen, dass es große Unterschiede zwischen den Regionen gibt. Aber auch, dass sich mit einigen der Maßnahmen die Ernten durchaus steigern können: Mit einer Kombination aus künstlicher Bewässerung und guter Drainage zur Entwässerung, mit veränderten Fruchtfolgen und reduziertem Pflügen.
Und auch in der Politik tut sich etwas: Die Landwirtschaftsminister der Länder und des Bundes haben sich im April 2019 zusammengesetzt und eine Agenda zur Klimaanpassung beschlossen. Bis zum kommenden Frühjahr sollen die Maßnahmen mit den Ländern ausgearbeitet werden.
Autor: Andreas Bäumer
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