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PISA-Studie 2019: So sind die Ergebnisse einzuordnen
Alle Jahre wieder werden sie mit Spannung erwartet: die Ergebnisse der PISA-Studie. Die aktuellen Ergebnisse sind besonders ernüchternd: Deutsche Schüler:innen schneiden in allen untersuchten Kompetenzbereichen schlechter ab als bei der letzten Erhebung vor drei Jahren.
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Inhalt
- Wer und was wird bei PISA getestet?
- Wo stehen deutsche Schüler:innen im internationalen Vergleich?
- Welche Bedeutung hat der aktuelle Schwerpunkt Lesekompetenz?
- Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren?
- Welche Ergebnisse gibt es über die fachlichen Kompetenzen hinaus?
- Was für Konsequenzen sollten die Ergebnisse haben?
- Welche Kritik gibt es an der PISA-Studie?
- Wer und was wird bei PISA getestet?
- Wo stehen deutsche Schüler:innen im internationalen Vergleich?
- Welche Bedeutung hat der aktuelle Schwerpunkt Lesekompetenz?
- Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren?
- Welche Ergebnisse gibt es über die fachlichen Kompetenzen hinaus?
- Was für Konsequenzen sollten die Ergebnisse haben?
- Welche Kritik gibt es an der PISA-Studie?
Artikel Abschnitt: Wer und was wird bei PISA getestet?
Wer und was wird bei PISA getestet?
Bei der Studie geht es nicht um Schulleistungen, vielmehr werden die Kompetenzen verglichen, die 15-Jährige in den Teilnahmeländern erwerben. Somit lässt die Studie Rückschlüsse auf die Qualität der Bildungslandschaft zu.
Schwerpunkt der aktuellen Erhebung war die Lesekompetenz. Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, wie gut ein Schüler oder eine Schülerin lesen kann. Vielmehr geht es um das Verständnis von Texten, das Erfassen von Kontexten, die Fähigkeit, Quellen zu erkennen und einzuordnen.
Artikel Abschnitt: Wo stehen deutsche Schüler:innen im internationalen Vergleich?
Wo stehen deutsche Schüler:innen im internationalen Vergleich?
Einzelne Rangplätze von Staaten zu nennen halten die ZIB-Experten für nicht sinnvoll. Der Grund: Die Unterschiede zwischen den Punktzahlen in den einzelnen Staaten seien teilweise so gering, dass sie statistisch nicht signifikant sind. Daher sagen die Ränge entsprechend wenig aus.
Ergebnisse Lesekompetenz:
"Die 15-Jährigen erreichen ähnliche Ergebnisse wie 2009, als Lesen zuletzt im Mittelpunkt der PISA-Studie stand“, heißt es in einer Mitteilung des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der TU München, das für den deutschen Teil der Erhebung verantwortlich ist. Der Anteil derjenigen, die besonders gut lesen können, ist auf 11 Prozent angewachsen und liegt über dem OECD-Schnitt.
Aber: Auch der Anteil der besonders Leseschwachen ist mit 21 Prozent groß, an nicht gymnasialen Schulen ist er seit 2009 sogar auf 29 Prozent gestiegen. "Die schlechte Nachricht ist, dass ein Fünftel der 15-Jährigen kaum in der Lage ist, denn Sinn von Texten zu erfassen und zu reflektieren“, sagt Kristina Reiss, Leiterin der deutschen PISA-Studie und Professorin am ZIB.
Ergebnisse Mathematik:
Auch in Mathe sind Schüler:innen in Deutschland besser als der OECD-Durchschnitt, allerdings schaffen sie es auch nicht in die Spitzengruppe. Im Vergleich zur Erhebung von 2012, als Mathe zuletzt den Schwerpunkt bildete, haben sich die Leistungen verschlechtert (von 514 auf 500 Punkte).
Ergebnisse Naturwissenschaften:
In den Naturwissenschaften sehen die PISA-Tester:innen die Leistungen von 2015 (509 Punkte), als sie den Schwerpunkt bildeten, in den aktuellen Ergebnissen (503 Punkte) bestätigt. Als "stabil auf gutem Niveau“ schätzen sie die Leistungen ein. Allerdings hat auch hier der Anteil der leistungsschwachen Schüler:innen an nicht gymnasialen Schulen zugenommen.
Artikel Abschnitt: Welche Bedeutung hat der aktuelle Schwerpunkt Lesekompetenz?
Welche Bedeutung hat der aktuelle Schwerpunkt Lesekompetenz?
In einer digitalen Welt nutzen Menschen alle möglichen Informationsquellen. "Es geht beim Lesen nicht mehr in erster Linie darum, Texten Informationen zu entnehmen, sondern darum, Wissen aufzubauen, kritisch zu denken und zu fundierten Urteilen zu gelangen", so die OECD in der Einführung zur aktuellen Studie. Die Ergebnisse zeigen, dass in den OECD-Ländern weniger als ein Zehntel der Schüler:innen in der Lage ist, "anhand von impliziten Hinweisen in Bezug auf Inhalt oder Informationsquelle zwischen Tatsachen und Meinungen zu unterscheiden".

Display statt Buchseite
Die entsprechend zu nutzen, sei eine Herausforderung, meint die deutsche PISA-Koordinatorin Kristina Reiss, Professorin für die Didaktik der Mathematik an der TU München. Dass heutzutage fast alle Jugendlichen ein Smartphone besäßen, bringe noch nichts, sagte sie dem "Spiegel": "Werden Jugendliche damit alleingelassen und schauen den ganzen Tag nur Videos, lernen sie nicht, sich kompetent im Netz zu bewegen", so Reiss.
Wer die Ergebnisse der vergangenen PISA-Studien mitverfolgt hat, findet einen roten Faden: Denn weiterhin, so die OECD, hänge der Bildungserfolg in Deutschland stark von den sozioökonomischen Umständen und damit dem Elternhaus ab.
Dies habe sich bei der Lesekompetenz noch weiter verstärkt, das zeigen die aktuellen Zahlen: "Der Leistungsunterschied zwischen Schüler:innen mit günstigem sozioökonomischem Hintergrund und solchen mit ungünstigem Hintergrund ist in Deutschland beträchtlich und hat sich seit 2009 um neun Prozentpunkte ausgeweitet".
Artikel Abschnitt: Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren?
Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren?
Die Macher:innen der deutschen PISA-Studie bezeichnen die Lesekompetenz der Schüler:innen hierzulande dennoch als "überdurchschnittlich gut". Ob man sich mit Ländern wie China und Südkorea, deren Bildungssysteme für ihren Druck und die starke Leistungsorientierung bekannt sind, messen wolle, sei fraglich, meint etwa der Mitautor der deutschen Studie, Eckhard Klieme vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF).
"Nach der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 gab es einen richtig positiven Trend", so Klieme. Es seien exzellente Programme vor allem für die Förderung des Mathematik- und naturwissenschaftlichen Unterrichts aufgelegt worden "Leider müssen wir jetzt eine Stagnation feststellen", fügt er hinzu. Negative Veränderungen hätten unterschiedliche Gründe: Themen wie Inklusion und Integration, aber auch das Hickhack um G8 oder G9 an Gymnasien hätten dazu geführt, dass inhaltliche Fragen nicht mehr so im Vordergrund gestanden hätten.
Erklärungen für das schlechte Abschneiden
Ein Grund für die schlechteren Leistungen bei der Lesekompetenz könnte die gestiegene Zahl von Schüler:innen mit Migrationshintergrund sein, dieser Anteil hat sich zwischen 2009 und 2018 von 18 auf 22 Prozent erhöht. Fünf Punkte des Leistungsrückgangs zwischen 2015 und 2018 ließen sich darauf zurückführen.
Aber: "Die demografischen Veränderungen können jedoch nur einen geringen Teil der umfassenderen negativen Trends erklären, die seit 2012 in Mathematik und Naturwissenschaften zu beobachten sind", schreibt die OECD. Bei all den Veränderungen gebe es auch eine andere Lesart, als einen Rückgang zu konstatieren, meint Klieme: "Man kann ja auch sagen: Ein Stillstand seit 2009 ist auch eine Leistung – mit all den schon genannten Veränderungen."
Klieme nennt einen weiteren Punkt, der Einfluss auf die Testergebnisse gehabt habe: 2015 wurden die PISA-Tests erstmals mit dem Computer durchgeführt und nicht mehr auf Papier. "Deutsche Schüler:innen sind es eher nicht gewohnt, Testaufgaben am Computer zu lösen", sagt Klieme.
Kristina Reiss interpretiert die Entwicklung grundsätzlich positiv. Im Jahr 2000 seien die Leistungen der Jugendlichen in Deutschland unter dem OECD-Durchschnitt gewesen. Im Jahr 2009 lagen sie im Durchschnitt, jetzt habe Deutschland sich über dem OECD-Durchschnitt etabliert und gehalten.
Artikel Abschnitt: Welche Ergebnisse gibt es über die fachlichen Kompetenzen hinaus?
Welche Ergebnisse gibt es über die fachlichen Kompetenzen hinaus?
In Mathematik und in den Naturwissenschaften haben sich die Leistungen der Jungen seit 2012 beziehungsweise 2015 verschlechtert, damit ist ihr Vorsprung gegenüber den Mädchen geschrumpft, in Naturwissenschaften sind jetzt beide Geschlechter gleich kompetent.
Bei der Lesekompetenz zeigt sich besonders stark die Segregation im deutschen Bildungssystem: Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft der Jugendlichen und ihrer Lesekompetenz ist besonders ausgeprägt. In allen drei Kompetenzbereichen ist der Anteil der Jugendlichen mit sehr geringen Fähigkeiten größer geworden.
Besonders erschreckt hat PISA-Koordinatorin Kristina Reiss, "dass die Lesefreude so stark zurückgegangen ist“. Lesemotivation und Lesemenge haben deutlich nachgelassen. "Die Jugendlichen lesen, um sich gezielt zu informieren. Aber eben nur dann, wenn sie es müssen." Viele gaben an, Lesen als Zeitverschwendung zu empfinden. Das ist aus Sicht von Reiss "kein gutes Ergebnis".
Artikel Abschnitt: Was für Konsequenzen sollten die Ergebnisse haben?
Was für Konsequenzen sollten die Ergebnisse haben?
Grundsätzlich sollte die Studie das Bildungssystem durchaus aufrütteln: "Für die Bildungspolitik sollte dies ein Signal sein, noch besser werden zu wollen!", meint Reiss.
Artikel Abschnitt: Welche Kritik gibt es an der PISA-Studie?
Welche Kritik gibt es an der PISA-Studie?
Weil Bildungssysteme so unterschiedlich sind, nehmen Wissenschaftler:innen, die den deutschen Teil der Studie verantworten, andere OECD-Länder als Vergleich – weil diese Bildungssysteme zumindest annähernd ähnliche Standards haben. "Eine solche Dauerbeobachtung des Bildungssystems ist wichtig", meint auch Eckhard Klieme.
Auch wenn die OECD eher eine Wirtschaftsorganisation sei, habe die Studie aus seiner Sicht "unabhängig davon einen Wert, weil man sehen kann, wie sich unser Schulsystem entwickelt". Man könne einige Punkte durchaus kritisieren, meint auch Kristina Reiss. Aber immerhin nehmen fast 80 Länder an der Studie teil, alle mit dem gleichen Test-Instrumentarium, und inzwischen stünden viele Daten zur Verfügung. Das sei schon ein Erfolg, so Reiss.
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Brandenburgs Schüler beim Ergebnis der Lesekompetenz absolut katastrophal! Interessant war noch bei den Resultaten von Pisa-Test 2018, die kürzlich erst veröffentlicht wurden, in Erfahrung zu bringen, wie die einzelnen Bundesländer der Bunderepublik Deutschland hier abgeschnitten haben. Erfreulich ist, dass Brandenburger Gymnasiasten im Fach Mathe 550 Punkte „absahnen“ konnte. Ein hervorragendes… Weiterlesen »
Aus eigener Anschauung sehe ich, dass das Grundschulniveau in den vergangenen sechs Jahren deutlich gesunken ist (BW). Als Folge davon dann auch das Niveau der weiterführenden Schulen. Manche Eltern versuchen das mit viel Zeit und Energie auszugleichen (das sind dann die sogenannten „starken sozioökonomischen Bedingungen“), andere Eltern aus Zeitmangel/ Desinteresse/… Weiterlesen »
PISA-Test 2018 – Finnland liegt wieder ganz weit vorn! Neben China (555 Punkt), Estland (523 Punkte) und Kanada (523 Punkte) liegt Finnland (523 Punkt) beim PISA-Vergleich 2018 der OECD von 600.000 Neuntklässler aus fast 80 Ländern traditionell wieder weit vorn in der Lese- und Rechtschreibkompetenz, in Mathe und in den… Weiterlesen »
Wird das Einschulungsalter berücksichtigt, oder ist nur das Alter der Schüler ausschlaggebend? Das würde ja bedeuten das Australien noch weiter hinten liegen würde. Man sollte doch die Anzahl der Schuljahre als Grundlage nehmen.