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Schule
So wenig aussagekräftig sind Schulnoten
Eine Zahl zwischen 1 und 6 – eindeutig, verständlich, klar. Aber: Noten sind nicht objektiv – und sagen auch ganz viel nicht.
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Artikel Abschnitt: Wie vergleichbar sind Schulnoten?
Wie vergleichbar sind Schulnoten?
Die Note ist nur ein Durchschnittswert
Hinzu kommt: Eine Note ist immer eine Gesamtnote, sie bildet einen Mittelwert unterschiedlicher Kompetenzen. Vielleicht kann ein Kind in Deutsch sehr gut formulieren, schreibt fantasievolle Texte – macht aber viele Rechtschreibfehler. Die Note auf dem Zeugnis: 2. Die Bandbreite und Varianz wird in der Note nicht wiedergegeben.
Das zeigt sich auch, wenn man die Ergebnisse internationaler Vergleichstests wie PISA anschaut. Die PISA-Studie untersucht, welche Kompetenzen Schüler weltweit in bestimmten Bereichen haben – in logischem Denken, im Erkennen von Zusammenhängen, dem Formulieren von Texten oder dem Textverständnis. Hier zeigt sich: Wer in den entsprechenden Schulfächern gute Noten hat, schneidet im Vergleichstest nicht unbedingt gut ab – hier gibt es nur einen schwachen Zusammenhang.
Artikel Abschnitt: Was sagen Noten aus?
Was sagen Noten aus?
Keine wissenschaftlich fundierte Bewertung
Fest steht: Noten halten den Kriterien, die man für eine fundierte Bewertung zugrunde legen würde, nicht stand – so das Urteil des Bildungsexperten Hans Brügelmann. Denn: Sie basieren auch auf informellen Beobachtungen, sind also nicht zureichend gültig (valide), sie sind nicht personenunabhängig (objektiv) und nicht verlässlich (reliabel). Daher vermitteln Noten allenfalls eine „Scheinsicherheit“.
Trotzdem halten viele Eltern, Schüler und Lehrer Noten entgegen aller Schwächen für wichtig und notwendig. „Mich überrascht, Kinder zu beobachten, die sich gerne vergleichen. Das ist einer der Gründe, warum sich Noten immer noch so halten“, ist Nele McElvany überzeugt.
Artikel Abschnitt: Motivieren Noten zum Lernen?
Motivieren Noten zum Lernen?
Ob aber auch eine schlechte Note für eher leistungsschwache Schüler ein Ansporn sein kann, mehr zu lernen, sei wissenschaftlich nicht überprüfbar – meint Hans Brügelmann. „Wir sollten die Ansicht, dass wir ohne Druck nicht lernen, überdenken.“
Artikel Abschnitt: Sind Noten objektiv?
Sind Noten objektiv?
Aber: Die unterschiedliche Benotung zeigt sich auch in Fächern wie Mathe, die – vermeintlich – objektiver bewertbar sind. Auch dort geben verschiedene Lehrkräfte für die gleichen Aufgaben andere Punktzahlen und Noten. Das liegt unter anderem daran, dass sie etwa den richtigen Lösungsweg unterschiedlich stark bewerten.
Lehrkräfte haben großen Spielraum
Hinzu kommt, dass Lehrkräfte in der Regel relativ großen Spielraum bei der Benotung haben: Sie können weitgehend selbst festlegen, für welche Punktzahl es welche Note gibt. Bei schriftlichen Arbeiten und Tests ist es leichter, Raster und Standards festzulegen. Anders ist das bei der Vergabe von Noten für mündliche Mitarbeit und sonstiges Verhalten.
Doch auch fernab dieser technischen Freiheiten gibt es eine Reihe von Faktoren, die die Notengebung beeinflussen.
Artikel Abschnitt: Welche Faktoren beeinflussen die Notengebung?
Welche Faktoren beeinflussen die Notengebung?
- Stimmung des Lehrers
Untersuchungen zeigen, dass die exakt gleichen Arbeiten einige Wochen und Monate später vom gleichen Lehrer teilweise anders benotet werden.
- Qualität der anderen Arbeiten
Die Notengebung hängt auch davon ab, was für eine Arbeit der Lehrer vorher korrigiert hat. Er verteilt tendenziell bessere Zensuren, wenn er vorher einige schlechtere Arbeiten benotet hat.
- Intention des Lehrers
Die eine Lehrerin will ihre Klasse zu härterer Arbeit anspornen – und benotet unter Umständen etwas strenger. Der Kollege dagegen vergibt nicht so gerne schlechte Noten – sondern will mit guten Zensuren motivieren.
- Soziale Herkunft des Schülers
Kindern aus Akademikerfamilien wird häufig mehr zugetraut als Kindern aus Arbeiterfamilien. „Vor allem bei der Empfehlung für die weiterführende Schule wird deutlich, dass die soziale Herkunft eine wichtige Rolle bei der Benotung spielt“, betont Nele McElvany.
- Geschlecht
Tendenziell erhalten Mädchen bessere Noten als Jungen.
- Keinen Einfluss hat dagegen:
der Name des Schülers
Vor einigen Jahren hat eine Studie für Aufsehen gesorgt, die einen Zusammenhang zwischen Noten und Namen von Schülerinnen und Schülern erkannt haben wollte. Die These: Namen wie Chantal und Kevin bringen schlechtere Noten ein – wer Maximilian oder Anna heißt, schneidet bei gleicher Leistung besser ab. Inzwischen ist dieser Zusammenhang aber weitgehend widerlegt.
Artikel Abschnitt: Machen Noten das Bildungssystem gerechter?
Machen Noten das Bildungssystem gerechter?
Artikel Abschnitt: Welche Alternativen zu Noten gibt es?
Welche Alternativen zu Noten gibt es?
Experten propagieren Dialogformen
Klingt ein bisschen utopisch. Denn mal ehrlich: Welcher Schüler, welche Schülerin wäre da wirklich objektiv? „Die Erfahrung zeigt, dass Schüler sich manchmal besser, manchmal aber auch schlechter einschätzen, als sie eigentlich sind. Vor allem Mädchen unterschätzen sich oft, Jungen überschätzen sich dann eher“, hat Brügelmann beobachtet.
Gerade deshalb sei diese Selbsteinschätzung ein wichtiger Prozess, gewissermaßen ein Korrektiv. Denn in so einem Gespräch wäre es wichtig, betont Nele McElvany, „nicht nur positive Rückmeldung zu geben, sondern auch zu kommunizieren, wo Schwächen sind“. Je älter Schüler seien, desto besser könnten sie sich einschätzen. Daher hält auch sie solche dialogischen Formen für richtig und zielführend: Nicht nur können die Eltern mit ins Boot geholt werden, auch können konkrete Ziele für die Förderung vereinbart werden.
Zeugnistexte statt Noten
Die werden vor allem in Grundschulen häufig in den ersten Schuljahren vergeben. Aber auch diese Bewertungen basieren auf dem subjektiven Eindruck des Lehrers. Und häufig sind sie für die Schüler und deren Eltern nicht sehr aussagekräftig – sie können aus den Texten nicht immer entnehmen, was das Kind schon kann oder wo noch Förder- oder Nachholbedarf besteht.
Eine weitere Möglichkeit: Rasterzeugnisse
Darin werden für jedes Fach die unterschiedlichen Bereiche und Kompetenzen, die in einem Schulhalbjahr abgedeckt werden sollen, aufgeführt und entsprechend bewertet. Der Vorteil: Man erkennt viel besser, wo Stärken und Schwächen eines Kindes liegen.
Der Nachteil an den Alternativmethoden: Sie sind zeitaufwendig. Und am Ende, da sind sich auch Bildungsexperten einig, steht dann doch irgendwann eine zentrale Abschlussprüfung. Eine Lösung, wie ein Zeugnis ohne Noten für die mittlere Reife oder das Abitur aussehen könnte, gibt es bisher nicht. Denn spätestens beim Numerus clausus oder bei der Bewerbung für einen Ausbildungsplatz hätten Absolventen völlig ohne Noten bisher noch schlechte Karten.
Quellenangaben zum Artikel:
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Artikel Überschrift:
Ich finde diesen Beitrag sehr schwach. Sicherlich ist am heutigen Notensystem vieles zu kritisieren. Allerdings werden hier viele Dinge vermischt. Es wird häufig „Differenzierung“ gewünscht. Das ist ein vollkommen richtiger Gedanke, dem ich zustimme, aber was hat das mit Noten zu tun? Es kann doch eine Notenvergabe stattfinden, bei gleichzeitiger… Weiterlesen »
Noten variieren oftmals stark davon, was wirklich an Leistung erbracht wurde und oft ist es absolut undurchsichtig, wer jetzt wirklich die bessere Leistung erbracht hat. Gerade bei Lehrerwechseln merkt man doch recht schnell, wie ungenau und für’n Allerwertesten die Notengebung oft ist. Man muss nichtmal etwas ändern und bekommt plötzlich… Weiterlesen »
Woher sind die Ergebnisse das Schüler in manchen Bereichen gute Noten in der Schule haben, und dennoch im PISA- Test nicht gut abschneiden? Bitte um Rückmeldung!
Dass eine Zwei in einer Klasse in einer anderen Klasse eine andere Note sei, ist kompletter Quatsch. Da kann man schon aufhören zu lesen, weil der Autor offensichtlich keine Ahnung vom Thema hat sondern sich bei Stammtischwissen bedient. Und bei mir wurde in der Schule in Fächern wie English und… Weiterlesen »
Und worauf basieren deine Erkenntnisse zu Noten? Nur anekdotische Evidenz, oder hast du auch ein paar seriöse Quellen für uns? Danke!
Jedes Bundesland hat ein Schulgesetz, darin ist die Notengebung glasklar geregelt. Zum Beispiel gibt es, wenn man 96% der zu erreichenden Punktzahl geschafft hat, noch die Note Eins. Für jede Leistungsüberprüfung muss ein Erwartungsbild erstellt werden, anhand dessen die Punkte vergeben werden. Aus diesem Grund entbehrt die Diskussion, die der… Weiterlesen »
Wir haben uns das ja nicht aus den Fingern gesogen. Die Quellen findest du am Ende des Beitrags. Trotz Erwartungshorizont gibt es beim Korrigieren nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern auch Grau. Und solche Grenzfälle eröffnen Spielraum, und Lehrkräfte müssen dann entscheiden, wie diese Fälle zu bewerten sind.
Das ganze Leben besteht jeden Tag aus Grenzfällen, jeden Tag muss man entscheiden. Daran ist nichts Schlimmes. Man sollte den ausgebildeten Pädagogen schon gewisse Kompetenzen zusprechen, mit deren Hilfe sie diese Grenzfälle bewerten. Und überhaupt….. gefragt wurde nach Quellen. Wo sind denn bitteschön eure Quellen? Oder ist der Artikel nach… Weiterlesen »
Als ob die Pisa-Tests besser wären … Als ob die Lehrer den Schülern einfach kommentarlos die Noten hinknallen … Als ob die subjektive Einschätzung durch den Lehrer bei Verbalbeurteilungen nicht gegeben wäre … Ja, die Form der Beurteilung unserer Kinder in der Schule zeigt einige Schwächen. Dieser Artikel hier allerdings… Weiterlesen »
Ich denke, die Pisa-Studien prüfen wichtigere Kompetenzen als Schulnoten aussagen. Klar, es lässt sich streiten darüber, was wichtig ist, aber mir gefällt der Ansatz der funktionalen Grundbildung. Bei mir ist es in der Schule durchaus häufig vorgekommen, dass Lehrer Schülern Noten kommentarlos hinknallen. Genau das wird im Artikel, wie in… Weiterlesen »