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Selbstmitgefühl
Darum solltest du nett zu dir sein
Wer freundlich zu sich selbst ist, lernt mehr aus Fehlern und kann Misserfolge besser aushalten.
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Artikel Abschnitt: Was ist Selbstmitgefühl?
Was ist Selbstmitgefühl?
Drei Bereiche des Selbstmitgefühls
Selbstmitgefühl besteht laut Neff aus drei Bereichen: Selbstfreundlichkeit, einem Gefühl für die gemeinsame menschliche Erfahrung und Achtsamkeit.
- Selbstfreundlichkeit bedeutet, verständnisvoll und freundlich mit sich selbst zu sein, anstatt sich zu verurteilen und zu kritisieren.
- Das “Gefühl für die gemeinsame menschliche Erfahrung” klingt erst einmal sperrig. Es bedeutet, zu erkennen, dass wir mit unseren Erfahrungen nicht allein sind. Wenn wir einen schlechten Tag haben, Fehler machen und negatives Feedback bekommen, denken wir vielleicht, dass es nur uns so geht. Das passiert aber den meisten Menschen.
- Achtsamkeit bedeutet, Gefühle und Gedanken wahrzunehmen, sich aber nicht in ihnen zu verlieren. Also zum Beispiel Trauer zu bemerken und da sein zu lassen, aber nicht in Selbstmitleid zu versinken.
Der britische Psychologe Paul Gilbert definiert Mitgefühl als ein Gespür für das Leiden in sich selbst und bei anderen, mit der Bereitschaft, es zu mildern und zu verhindern. Selbstmitgefühl ist Mitgefühl, das wir auf uns selbst richten. Gilbert hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen die Compassion Focused Therapy (CFT) entwickelt, eine Therapieform, die sich auf Mitgefühl sich selbst und anderen gegenüber fokussiert.
Sowohl Neff als auch Gilbert verdienen Geld mit Programmen und Trainings für mehr Selbstmitgefühl oder der CFT. Daher ist es wichtig zu wissen, dass seitdem viele andere Forschende untersucht haben, wie sich Selbstmitgefühl in verschiedenen Situationen auswirkt.
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Wie wirkt sich Selbstmitgefühl auf die Gefühle aus?
Selbstmitgefühl als Gegenpol zur kritischen Stimme
Viele Menschen kritisieren sich, wenn sie Fehler machen, und empfinden Angst, Schuld, Scham oder Reue. Dadurch fühlen sie sich zusätzlich schlecht. Selbstmitgefühl kann einen Gegenpol zu der kritischen Stimme bilden. Wenn ein guter Freund oder eine gute Freundin einen Fehler machen, etwa bei einer Aufführung auf der Bühne ihren Text vergessen, dann reden wir ihnen meistens gut zu und trösten sie. Wir sagen, dass so etwas jedem passieren kann und dass es okay ist, Fehler zu machen. So können wir auch mit uns selbst reden. Forschende verglichen verschiedene Studien, in denen die Teilnehmenden lernten, mehr Selbstmitgefühl zu entwickeln. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass solche gezielten Trainings den Menschen dabei halfen, die Selbstkritik zu reduzieren.
Eine andere Studie konzentrierte sich speziell auf Menschen, die gerade auf Jobsuche waren. Eine Hälfte machte eine Onlineschreibübung für mehr Selbstmitgefühl, die andere reflektierte frei über die Jobsuche. Diejenigen, die durch die Übung ihr Selbstmitgefühl stärkten, kritisierten sich weniger selbst, erlebten weniger negative und mehr positive Gefühle.
Artikel Abschnitt: Führt Selbstmitgefühl dazu, dass wir weniger Leistung bringen?
Führt Selbstmitgefühl dazu, dass wir weniger Leistung bringen?
Selbstmitgefühl kann zu mehr Verantwortungsbewusstsein führen
Die Forschung deutet allerdings auf das Gegenteil hin. Menschen mit mehr Selbstmitgefühl können tendenziell besser Verantwortung für Fehler übernehmen und daher eher aus ihnen lernen und sich weiterentwickeln. Das könnte damit zusammenhängen, dass diese Menschen weniger negative Emotionen erleben, selbst wenn sie sich eingestehen, dass sie für einen Fehler selbst verantwortlich sind.
Menschen mit weniger Selbstmitgefühl erleben eher unangenehme Emotionen und neigen deshalb stärker dazu, die eigene Verantwortung zu verdrängen, um sich selbst zu schützen.
Lerneffekt durch mehr Selbstmitgefühl
Wenn Menschen an Ereignisse dachten, die sie bereuten, lernten sie mehr daraus, wenn sie mehr Selbstmitgefühl hatten. Interessant ist, dass sich auch ein Effekt zeigte, wenn das Selbstmitgefühl der Teilnehmenden gezielt angeregt wurde.
Dazu gaben die Forschenden ihnen folgende Aufgabe: “Stell dir vor, du sprichst mit dir selbst aus einer mitfühlenden und verständnisvollen Perspektive über den Vorfall, den du bedauerst. Was würdest du sagen?” Die Teilnehmenden beschrieben eine größere persönliche Verbesserung als die aus der Kontrollgruppe.
Rückschläge können besser weggesteckt werden
In einer Studie sollten sich junge Sportlerinnen negative Erlebnisse im Sport vorstellen, zum Beispiel, dass sie dafür verantwortlich sind, dass ihr Team einen Wettkampf verliert. Diejenigen mit mehr Selbstmitgefühl gaben an, dass sie in solchen Situationen eine positive Einstellung behalten, weiterkämpfen und Verantwortung übernehmen würden, die Situation zu verbessern.
Außerdem würden sie weniger über das Ereignis nachgrübeln, weniger hart mit sich sein und weniger wahrscheinlich aufgeben als Menschen mit weniger Selbstmitgefühl. Das deutet darauf hin, dass Selbstmitgefühl dabei hilft, auch bei Rückschlägen dranzubleiben und sich weiter anzustrengen.
Artikel Abschnitt: Wie unterscheidet sich Selbstmitgefühl von Selbstbewusstsein?
Wie unterscheidet sich Selbstmitgefühl von Selbstbewusstsein?
Selbstbewusstsein kann relativ stabil, also unabhängig von äußeren Einflüssen sein, es kann aber auch stark vom persönlichen Erfolg und vom Feedback anderer abhängen. Wenn uns Dinge gelingen und wir Anerkennung von anderen bekommen, geht es uns gut. Wenn wir scheitern und negatives Feedback bekommen, werden wir unsicher.
Selbstmitgefühl ist unabhängig von Feedback
Selbstmitgefühl dagegen ist relativ unabhängig von den Reaktionen anderer. Auch wenn wir negatives Feedback bekommen, können wir es akzeptieren, ohne uns besonders schlecht zu fühlen oder lange darüber nachzugrübeln.
In einer Studie sollten Menschen ein Ereignis reflektieren, das sie bereuten. Anschließend schätzten sie selbst ein, inwieweit sie daraus gelernt und sich verbessert hatten. Außerdem bewerteten zwei Forschende anhand der Beschreibungen, inwieweit die Menschen aus dem Erlebnis gelernt hatten.
Sowohl diejenigen mit mehr Selbstmitgefühl als auch diejenigen mit mehr Selbstbewusstsein gaben mit höherer Wahrscheinlichkeit an, aus der Situation gelernt zu haben. Nach der Einschätzung der Forschenden führte allerdings nur mehr Selbstmitgefühl zu persönlicher Verbesserung, nicht mehr Selbstbewusstsein.
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Wie kann man Selbstmitgefühl lernen?
- beschreiben, inwiefern andere Menschen ähnliche Erfahrungen machen.
- an sich selbst schreiben in einer Art, wie sie mit einem Freund oder einer Freundin sprechen würden,
- sich die Emotionen, die sie mit dem Ereignis verbinden, als vorübergehende Zustände vorstellen und sie sachlich und achtsam beschreiben.
Tagebuch schreiben oder Meditation als Hilfe
Wer lernen will, mitfühlender mit sich selbst zu sein, kann zum Beispiel regelmäßig Tagebuch schreiben und dabei besonders bei negativen Erfahrungen auf eine mitfühlende Perspektive achten. Um sich nicht zu sehr in die Gefühle hineinzusteigern, sie aber auch nicht zu verdrängen, können Atemübungen oder Meditationen helfen.
Für eine Studie sprachen Forschende mit Leistungssportlerinnen und -sportlern, die mit sich selbst sehr kritisch waren und mehr Selbstmitgefühl lernten. Die Sportler:innen beschrieben einerseits, dass die Unterstützung ihres Umfelds wichtig war: ermutigendes Feedback, Menschen, die sie an ihren Wert auch außerhalb des Sports erinnerten. Außerdem half es ihnen, sich über den Ursprung der selbstkritischen Gedanken klar zu werden. Manche waren besonders perfektionistisch oder hatten den Anspruch, die Besten zu sein. Zu erkennen, dass Fehler machen zum Lernen dazugehört, war wichtig für die Sportler:innen.
Diese Erkenntnisse lassen sich auch auf andere Berufe anwenden. Besonders wichtig ist es, nach und nach eine freundliche, mitfühlende innere Stimme zu entwickeln. Diese kann einen Gegenpol zum inneren Kritiker oder zur inneren Kritikerin bilden.
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Viele die darunter leiden, haben psychosomatische Probleme. Meist ist das Verhalten von Kind auf erzogen. Meist ist es ein Elternteil, dem man nicht gut genug war. So wie bei mir entstehen dann kombinierte Persönlichkeitsstörungen mit emotionaler Instabilität ( Borderline) wie auch Depressionen. Dies wurde alles nicht angesprochen. Natürlich kann man… Weiterlesen »