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Selbsthilfe
So bietet Social Media Unterstützung in Krisen
Trauer, Krankheiten, unerfüllter Kinderwunsch – in den sozialen Medien machen viele ihre Probleme öffentlich. Hilft das oder schadet es?
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Artikel Abschnitt: Warum machen Menschen ihre Probleme im Internet öffentlich?
Warum machen Menschen ihre Probleme im Internet öffentlich?
Auch in anderen Krisen wenden sich Menschen an die Online-Community. Bei unerfülltem Kinderwunsch etwa unterstützen sich Betroffene – emotional und auch ganz praktisch, wie eine Untersuchung zeigt. Sie tauschen sich über medizinische Möglichkeiten, Samenspenden und auch sogenanntes Co-Parenting aus, bei dem zwei Menschen, die nicht in einer Beziehung sind, gemeinsam ein Kind aufziehen.
Artikel Abschnitt: Nutzt oder schadet Selbsthilfe im Internet?
Nutzt oder schadet Selbsthilfe im Internet?
Christiane Eichenberg leitet das Institut für Psychosomatik der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien und beschäftigt sich mit Online-Psychotherapie und der Wirkung digitaler Medien. Sie sieht die Selbstoffenbarung im Internet eher positiv. “Man sollte das nicht so sehr als ein 'Zurschaustellen' ansehen, sondern als Versuch, empathische Reaktionen in einer akuten Krise zu erfahren”, so die Expertin. Trotzdem gebe es Gefahren: “Anstatt Empathie und Hilfe zu erfahren, schlägt so manchem Unverständnis, ja sogar Ablehnung oder Aggression entgegen. In der Anonymität des Internets ist die Schwelle für Beleidigungen und persönliche Angriffe bekanntermaßen niedriger – mit der Folge, dass es ohnehin schon psychisch belasteten Blogger:innen möglicherweise noch schlechter geht.”
Artikel Abschnitt: Kann Social Media bei Trauer helfen?
Kann Social Media bei Trauer helfen?
Andere erzählten von ihren liebsten Erlebnissen mit der verstorbenen Person oder erinnerten an die Werte, die dem oder der Toten zu Lebzeiten wichtig waren. So sahen einige in der neuen Form des Trauerns eine Chance, das Leben des Verstorbenen zu feiern und Trost zu finden. Die Online-Denkmäler bieten eine wichtige Möglichkeit, der eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen, schlussfolgerten Brian Carroll und Katie Landry. Um abschließend zu klären, welche Wirkung solche virtuellen Gedenkstätten auf uns haben, brauche es aber noch mehr Forschung, fanden die Forschenden damals.
Eine 2015 erschienene Untersuchung beleuchtete den Effekt auf die Hinterbliebenen genauer. Forschende um die Sozialwissenschaftlerin Jo Bell befragten dafür elf Personen, darunter Eltern, Geschwister und Freunde, die im letzten halben Jahr jemanden durch Selbstmord verloren und daraufhin bei Facebook eine digitale Gedenkstätte errichtet hatten. In den Interviews bestätigten sie, dass sie dadurch ihren Schmerz ausdrücken, mit anderen Trauernden in Kontakt treten und mit Unbekannten kommunizieren konnten, die das Gleiche durchmachten. Gemeinsam schufen sie ein positives Bild des oder der Verstorbenen, was die Forschenden als wichtigen Schritt im Trauerprozess identifizierten.
Artikel Abschnitt: Gibt es auch negative Effekte von Online-Selbsthilfe?
Gibt es auch negative Effekte von Online-Selbsthilfe?
Zwar deuten die genannten Studien darauf hin, dass bestimmte Aspekte der Online- Gedenkstätten den Trauerprozess fördern. Ob es psychologisch hilfreich ist, ständig nur einen Klick entfernt von den Erinnerungen an den Verlust zu sein, ist aber noch unklar, meinen Jo Bell und ihr Team.
Artikel Abschnitt: Sind Selbsthilfegruppen vor Ort besser als Online-Gruppen?
Sind Selbsthilfegruppen vor Ort besser als Online-Gruppen?
Deutsche Forschende verglichen 2017 traditionelle Face-to-Face-Selbsthilfegruppen für Prostatakrebs-Patienten mit entsprechenden Online-Gruppen. Sie sammelten und analysierten dafür Daten von insgesamt über 1000 Mitgliedern. Das Ergebnis: Die Patient:innen bewerteten beide Arten sehr positiv und gaben an, dass der Austausch mit anderen einen großen Einfluss auf Entscheidungen zur Behandlung hatte.
Es zeigte sich, dass ältere Patienten etwas mehr vom Vor-Ort-Kontakt profitierten, während jüngere auch mit dem Online-Format gut klarkamen. In den traditionellen Gruppen, die sich zu persönlichen Treffen verabredeten, fühlten sich die Mitglieder nach eigenen Angaben etwas besser anerkannt, informiert und emotional unterstützt als diejenigen, die nur online zusammenkamen. Digitale Selbsthilfegruppen sind trotzdem eine gute, leicht zugängliche Alternative für alle, die sich online gut zurechtfinden, schlussfolgerten die Autoren der Studie.
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