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Immer mehr Einsame
So sehr kann uns Einsamkeit krank machen
In unserer digital perfekt vernetzten Welt gibt es ein oft übersehenes Problem: Einsamkeit. Der Mangel an sozialen Interaktionen hat nicht nur Folgen für das seelische Befinden, sondern kann auch ernsthaft körperlich krank machen.
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Immer mehr Menschen sind einsam
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Einsamkeit kann ernsthaft krank machen
In den 1940er-Jahren beschrieb der amerikanische Psychologe René Spitz in einer Studie, dass kleine Kinder in Waisenhäusern bei zu wenig Nähe und sozialer Interaktion körperlich oder mental verkümmerten, einige Kinder starben – obwohl sie ausreichend Essen und Trinken erhielten. Kontakt und Geborgenheit sind offenbar so wichtig wie Essen, Trinken und Schlafen.
Schon seit den 1970er-Jahren beschreiben Forschende in Studien den Zusammenhang zwischen sozialer Interaktion und der körperlichen Gesundheit. Inzwischen gibt es immer bessere Daten, die diese Wirkungszusammenhänge beschreiben.
Allerdings werden die Begriffe nicht immer trennscharf verwendet. Einsamkeit, bemängeln einige Wissenschaftler:innen, sei eher ein Gefühl. Besser messbar seien die sozialen Interaktionen. In Untersuchungen werden unterschiedliche Begriffe verwendet, die oft das Gleiche oder zumindest ähnliche Symptome und Problematiken beschreiben. Erfasst werden Einsamkeit und soziale Kontakte mit Fragebögen, die Wissenschaftler:innen auswerten. Einsam kann man sich auch fühlen, wenn man nicht allein ist.
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Lange Zeit wurden die körperlichen Folgen wenig beachtet
Bei einsamen Menschen, zeigen zahlreiche Untersuchungen, ist der Spiegel dieses Hormons im Blut auch dauerhaft erhöht. Auch der Blutdruck und Blutzuckerspiegel erhöhen sich, das Immunsystem ist geschwächt. Wie genau die Zusammenhänge im Körper wirken, ist noch nicht erforscht. Doch es gibt einige Hinweise.
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass Einsamkeit die Wahrscheinlichkeit für zahlreiche Krankheiten erhöht: Neben Depressionen und Angsterkrankungen sind das Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Demenz. In einer umfangreichen Metastudie konnte die amerikanische Wissenschaftlerin Julianne Holt-Lunstad zeigen, dass Menschen mit funktionierenden sozialen Interaktionen seltener an bestimmten Krankheiten leiden.
Denn: Soziale Interaktion schützt das Herz und stärkt das Immunsystem. Cortisol ist eine Art Marker für das Immunsystem. Bei sozialen Interaktionen steigt die Anzahl sogenannter Killerzellen, die unter anderem verhindern können, dass Krebs entsteht. Cortisol aber schwächt die Bildung von Killerzellen. Die generelle Sterblichkeit bei einsamen Menschen steigt.
Lange Zeit haben vor allem die körperlichen Folgen von Einsamkeit wenig Beachtung gefunden. Holt-Lunstad betont, dass Einsamkeit ein großer Risikofaktor ist. Die Ausmaße vergleicht sie mit denen von Alkoholsucht und Fettleibigkeit – ähnlich viele Menschen sind laut ihren Berechnungen betroffen. Zu den Ausmaßen, wie stark Einsamkeit zum Beispiel auf die Herzgesundheit wirkt, gibt es sehr unterschiedliche Angaben.
Es sind nicht nur Ältere einsam
Ältere Menschen sind zwar besonders betroffen, aber auch viele Mittdreißiger leiden unter Einsamkeit. "Es leben so viele Menschen in Ein-Personen-Haushalten wie nie zuvor", erklärt Psychiater Meyer-Lindenberg. Allerdings ist es nicht notwendigerweise das Alleinleben. Einsamkeit und ein Mangel an sozialer Interaktion heißt: Ich habe weniger soziale Kontakte, als ich möchte.
Dabei beobachten Expert:innen drei Einsamkeitsphänomene:
- Einsamkeit korreliert mit anderen gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen (wer einsam ist, ernährt sich beispielsweise häufig schlechter).
- Einsamkeit und das Gefühl der Isolation lösen Stress aus – die Menschen schlafen schlechter.
- Einsamkeit korreliert mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angsterkrankungen.
Verwechseln wir dabei möglicherweise Ursache und Wirkung? Haben wir vielleicht weniger soziale Kontakte, weil oder wenn wir krank sind? "Bei jüngeren Menschen funktioniert es eher in die Richtung, dass Einsamkeit krank macht, bei älteren Menschen in beide Richtungen – sie sind einsam, weil sie krank sind, und/oder krank und daher einsam", sagt Meyer-Lindenberg. Wissenschaftler:innen sehen durchaus Hinweise, dass soziale Interaktionen Stress abpuffern können – und damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken.
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Und jetzt?
Es gibt Hilfe!
Inzwischen gibt es Initiativen, die die Nachbarschaft fördern. Es gibt die Möglichkeit, in Clubs und Vereine einzutreten. Auch soziale Medien können – in Maßen – ein Anfang für mehr soziale Kontakte sein, sagt Meyer-Lindenberg. Wichtig ist: Soziale Kontakte muss man pflegen, ein Leben lang.
Falls du selbst über Suizid nachdenkst, versuch darüber mit anderen Menschen zu sprechen. Es gibt auch professionelle Hilfsangebote, bei denen du anonym bleiben kannst, zum Beispiel die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Die ist rund um die Uhr kostenlos erreichbar unter 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222. Andere Hilfsangebote findest du auch hier.
Über den/die AutorIn:
Mich würden auch regionale Unterscheide interessieren. Ich habe das Gefühl, es gibt einsam machende Strukturen und Sitten. z.B. im pietistischen Raum Stuttgart grüßen die Leute keine Fremden und Wohngemeinschaften gelten als Teufelszeug. Auch das nur Autofahren macht einsam. Wie oft treffe ich jemanden, wenn ich zu Fuß oder mit Rad… Weiterlesen »
„Danke“ fürs oberschnelle löschen meiner Kommentare!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Trotzdem eine schöne Weihnachtszeit und das ohne Einsamkeit!
Kann es sein das nicht alle Kommentare veröffentlicht werden?
Kommentare, die sich nicht an die https://www.quarks.de/netiquette/ halten, werden natürlich nicht veröffentlicht.
Hab eben wie so oft versucht nur jemanden zum Reden zu finden, aber wie immer umsonst würde man dagegen mit dem Hunderter wedeln*, würden viele Schlange stehen, dabei bin ich hier auf die vielleicht hilfreiche Diskussion und das wichtige Thema hier gestoßen………… Könnte man auch die Arztpraxis ( bin gehbehindert.… Weiterlesen »
Was gegen Einsamkeit helfen kann Vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag. Wir haben den Eindruck, dass sich nicht jeder einsam fühlt, der allein ist. Aber für viele Menschen ist Einsamkeit ein schweres Thema, besonders dann, wenn sie wenig Möglichkeiten haben, am sozialen Leben teilzunehmen. Das betrifft speziell kranke, alte und… Weiterlesen »
in der Stadt ist es leichter Menschen kennenzulernen. Die Tage sind dort länger. Auf dem Dorf ist nichts los. Und wer besucht bitte noch die Kirche oder geht Chorsingen?
„in der Stadt ist es leichter Menschen kennenzulernen“ – es gibt in der Stadt aber auch ziemlich häufig (ca 0,79% der Einwohner in Größstädten Chinas) das Symptom von überforderung, wodurch sich Menschen freiwillig komplett zurück ziehen und ihre sozialen Kontakte auf ein minimum oder sogar ganz reduzieren. – Hikikomori –… Weiterlesen »