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Folgen der Pandemie
Wirtschaftsprognosen: Wie schlimm wird es durch Corona werden?
Arbeitslosigkeit, drohende Insolvenzen, Staatsverschuldung. Die Coronapandemie verlangt der Wirtschaft einiges ab. Welche Folgen wird das haben? Und wann wird es wieder so sein wie vorher?
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Inhalt
- Welche wirtschaftlichen Folgen hat Corona?
- Warum unterscheiden sich die Prognosen so stark?
- Welche Branchen treffen die Maßnahmen am härtesten?
- Welche Firmen profitieren von der Coronakrise?
- Was heißt Corona für die Gleichberechtigung?
- Wann geht es der Wirtschaft wieder so wie vor Corona?
- Können zu starke Lockerungen der Wirtschaft auch schaden?
- Welche wirtschaftlichen Folgen hat Corona?
- Warum unterscheiden sich die Prognosen so stark?
- Welche Branchen treffen die Maßnahmen am härtesten?
- Welche Firmen profitieren von der Coronakrise?
- Was heißt Corona für die Gleichberechtigung?
- Wann geht es der Wirtschaft wieder so wie vor Corona?
- Können zu starke Lockerungen der Wirtschaft auch schaden?
Artikel Abschnitt: Welche wirtschaftlichen Folgen hat Corona?
Welche wirtschaftlichen Folgen hat Corona?
Je länger der Shutdown, umso teurer für die Wirtschaft
Geschlossene Geschäfte, Schulen, Universitäten, Abstandsregelungen, Reisebeschränkungen und Quarantäne führen unter anderem zu weniger Kaufkraft und Investitionen, verlangsamter Produktion und Verlusten von Geschäftsbeziehungen. Die Sorge ist: Je länger und extremer die Maßnahmen andauern, umso folgenschwerer sind die wirtschaftlichen Konsequenzen. Die vor einigen Wochen eingeführten Lockerungen wurden darum von den Unternehmen positiv aufgenommen.
Im April berechnete das Ifo-Institut, dass die volkswirtschaftlichen Kosten im Jahr 2020 für Deutschland bei einer Shutdown-Dauer von zwei Monaten je nach Szenario zwischen 255 und 495 Milliarden Euro liegen. Bei drei Monaten hingegen erreichten sie bereits 354 bis 729 Milliarden Euro. Zur Größeneinordnung: Die gesamten Ausgaben des Bundes lagen 2018 bei rund 348 Milliarden Euro.
Die schwerste Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik
Im Jahr 2019 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Man meldete erfreut, dass die deutsche Wirtschaft damit das zehnte Jahr in Folge gewachsen war – die längste Wachstumsphase im vereinten Deutschland.
Sie scheint durch Corona nun vorerst beendet. Die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung erwartet für das Jahr 2020 einen Rückgang des BIP um 6,3 Prozent. Folglich stünde der Bundesrepublik "die schwerste Rezession seit ihrem Bestehen bevor“. Andere Prognosen kommen je nach Szenario und Zeitpunkt der Untersuchung auf Werte zwischen 0,1 und 8,7 Prozent Rückgang des BIP. Die aktuellste Prognose des Ifo-Instituts vom 28. Mai liegt mit einem Einbruch der Wirtschaft von 6,6 Prozent in der Nähe der Frühjahrsprojektion.
Zum Vergleich: In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 sank das BIP um 5,7 Prozent. Es misst den Wert der hergestellten Waren und Dienstleistungen im Inland und ist somit ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft. 2019 lag es in Deutschland bei rund 3.435 Milliarden Euro. Im ersten Quartal 2020 (Januar bis März) ist das BIP nun bereits um 2,2 Prozent im Vergleich zum vorigen gesunken, teilte das Statistische Bundesamt mit.
Die Wirtschaftsleistung der Eurozone sinkt um 3,8 Prozent
Zur Wirtschaftsleistung der Eurozone gibt es für das erste Quartal ebenfalls erste Daten. Sie ist laut Daten des europäischen Statistikamtes Eurostat um 3,8 Prozent geschrumpft. Seit Beginn der Messungen sei dies der stärkste Rückgang im gemeinsamen Währungsraum. Dabei gehen Experten davon aus, dass der Tiefpunkt noch nicht erreicht ist. Für die Weltwirtschaft erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) einen Rückgang von rund 3 Prozent im Jahr 2020.
2021 soll sich die Wirtschaft erholen
Immerhin: Für das Jahr 2021 gehen die meisten Experten von einer Erholung der Wirtschaftsleistung aus, wenngleich auch hier die Prognosen je nach Szenario schwanken. So rechnet die Bundesregierung mit einem Plus von 5,2 Prozent. Das Ifo-Institut hingegen prognostiziert für 2021 ein Wachstum von 10,2 Prozent. Grundlage für dieses Ergebnis ist die Auswertung einer Unternehmensumfrage im Mai. Im Durchschnitt gaben die Firmen an, dass sich ihre Geschäftslage wahrscheinlich innerhalb von neun Monaten wieder normalisieren werde.
Ein Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von März unterscheidet wiederum drei Szenarien und kommt auf Wachstumswerte zwischen einem und 4,9 Prozent. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sagt für 2021 ein Wachstum von 2,4 Prozent voraus. Dieses würde jedoch nicht ausreichen, um die Verluste aus 2020 innerhalb eines Jahres wieder aufzuholen. Wahrscheinlich werde das BIP im Jahresendquartal 2021 immer noch unter dem Wert von Ende 2019 liegen.
Artikel Abschnitt: Warum unterscheiden sich die Prognosen so stark?
Warum unterscheiden sich die Prognosen so stark?
Einige Forscher entscheiden sich darum, statt oder zusätzlich zu einer Prognose, eine Szenarienanalyse durchzuführen. Dann ist nicht eine wahrscheinliche Voraussage das Ergebnis, sondern es werden unter unterschiedlichen Annahmen verschiedene Szenarien entwickelt. Das ist etwa im Sondergutachten der fünf Wirtschaftsweisen der Fall oder in der Untersuchung des Ifo-Instituts.
Außerdem hängen die getroffenen Annahmen vom jeweiligen Veröffentlichungsdatum und dem damit zusammenhängenden aktuellen Stand der Entwicklung der Pandemie zusammen.
Prognosen sind mit Vorsicht zu behandeln
Relevant sind Fragen wie: Wie lange werden die Maßnahmen tatsächlich andauern? Wie schnell werden sie wirken? Wie zügig erholt sich die Wirtschaft im Anschluss? In welchem Rahmen finden Lockerungen statt? Wie schnell breitet sich das Virus weiter aus? Welche Entscheidungen wird die Politik noch treffen? Wie wahrscheinlich ist eine zweite Welle? Fragen, die derzeit niemand mit absoluter Sicherheit beantworten kann.
Für Prognosen und Szenarien bedeutet das: Sie geben einen Anhaltspunkt, sind jedoch mit Vorsicht zu behandeln und es gilt zu berücksichtigen, wann sie veröffentlicht wurden und auf welchen Annahmen sie jeweils basieren.
Prognosen ändern sich
Es ist darum auch nicht verwunderlich oder ein Zeichen von unsauberer Arbeit, wenn sich die Prognosen derselben Experten oder Institute mit der Zeit verändern. Beispielsweise ging das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) in seiner Frühjahrsprognose von März 2020 noch von einem durch die Coronakrise bedingten Rückgang des BIP von nur 0,1 Prozent aus. Etwa eine Woche später aktualisierte das Institut seine Prognose: Je nachdem, ob die verordneten Einschränkungen bis Mai oder August andauerten, würde das BIP um 4,5 oder um 8,7 Prozent fallen.
Das IfW Kiel erklärt den niedrigen Wert der Frühjahrsprognose damit, dass sich zum Zeitpunkt der Erstellung der Prognose, die "massiven Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung in Deutschland durch die weltweiten Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie noch nicht in der heutigen Dramatik abzeichneten“. Dieses Beispiel zeigt, mit welch unklarer Datenlage die Wissenschaftler zu kämpfen haben.
Auf Erklärungen der Autoren achten
Um die Aussagekraft der unterschiedlichen Prognosen überhaupt ansatzweise beurteilen zu können, ist es unerlässlich, sich die Studien und Anmerkungen der jeweiligen Autoren und Institute genau durchzulesen. So erläuterte beispielsweise IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths, dass das 8,7-Prozent-Szenario weniger wahrscheinlich sei als das 4,5-Prozent-Szenario, denn es unterstelle "einen fast halbjährigen Lockdown weiter Teile des Wirtschaftslebens und geht damit an die Grenze dessen, was man sich derzeit vorstellen kann“.
Im Mai 2020 erfolgte dann das nächste Update. Das IfW Kiel veröffentlichte eine Interimsprognose, die die Daten der bisherigen eigenen Veröffentlichungen und der Gemeinschaftsdiagnose verschiedener Wirtschaftsinstitute von April miteinander vereint. Das Resultat: ein prognostizierter Einbruch der deutschen Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 von 7,1 Prozent. Außerdem verweist das Institut auf die höhere Zuverlässigkeit des Ergebnisses. Denn mittlerweile gebe es "deutlichere Anhaltspunkte für die Tiefe des Einbruchs“ und die Forscher sehen ihn überdies als "überwunden“ an.
Viele unterschiedliche Faktoren spielen eine Rolle
Auch das Ifo-Institut weist in seiner Studie von April ausführlich auf die Vielzahl von Annahmen hin, die für die unterschiedlichen Szenarien getroffen wurden. Beim Lesen wird schnell klar, dass es nicht nur um scheinbar einfach Fragen geht, wie der nach der Dauer des Lockdowns. Um zu bestimmen, wie sich die Einschränkungen auf die gesamte Wirtschaft auswirken könnten, muss unter anderem die Bedeutung einzelner Wirtschaftsbereiche für die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung, die jeweilige Betroffenheit der Bereiche vom Shutdown und die Geschwindigkeit der Erholung der Wirtschaft im Rahmen einer Aufhebung oder schrittweisen Lockerung der Maßnahmen bestimmt werden.
Manche Aspekte werden gar nicht berücksichtigt
Bei der Interpretation der Ergebnisse sei es darum "wichtig, zu berücksichtigen, dass sie auf vielfältigen Prämissen zu ökonomischen Größen beruhen, über deren Entwicklung keine oder nur sehr begrenzt belastbare Informationen vorliegen“, erklärt das Institut. Neben all den Annahmen, die die Wissenschaftler aktuell für Prognosen treffen müssen, gibt es zudem auch immer Aspekte, die gar nicht berücksichtigt werden.
So hat das Ifo-Institut beispielsweise die verschiedenen Arten von Kosten des Shutdowns in den Berechnungen ausgeklammert. Zu diesen Kosten gehören unter anderem entfallene Unterrichtsstunden an Schulen und Universitäten sowie soziale, psychologische und medizinische Belastungen infolge der Einschränkungen.
Soziale und gesundheitliche Folgen haben wirtschaftliche Kosten
Auch diese Faktoren sind ökonomisch relevant, denn sie betreffen das sogenannte Humankapital, also zukünftige oder derzeitige Arbeitskräfte in der Volkswirtschaft. Verringert sich also beispielsweise durch Corona die Qualität der Ausbildung massiv, verschieben sich Abschlüsse oder ist ein Großteil der Menschen wegen psychologischer oder medizinischer Folgen des Shutdowns weniger einsatzfähig, kann das negative Auswirkungen auf die Produktivität haben.
Ähnlich sieht es ökonomisch aus, wenn die Pandemie dazu führt, dass viele Menschen gleichzeitig krank werden oder gar sterben. Abgesehen von der tragischen menschlichen Komponente stünden diese Personen der Wirtschaft auch nicht länger als Arbeitskräfte zur Verfügung.
Daten hinterfragen
Eine exakte Prognose über die konkreten Folgen, die die Coronapandemie und die getroffenen Maßnahmen auf die Wirtschaft haben werden, ist wegen der Vielzahl an unbekannten Einflussgrößen schlicht nicht möglich. Umso wichtiger ist es darum, veröffentlichte Daten zu diesem Thema zu hinterfragen und nicht losgelöst von den getroffenen Annahmen zu betrachten. Andernfalls gibt man zusätzlich zur unsauberen Darstellung der Ergebnisse denjenigen Raum, die die Daten nutzen, um sie politisch in ihrem eigenen Sinn zu instrumentalisieren.
Artikel Abschnitt: Welche Branchen treffen die Maßnahmen am härtesten?
Welche Branchen treffen die Maßnahmen am härtesten?
Unter der Bedingung, dass die Einschränkungen noch länger anhalten sollten, gaben insgesamt 29,2 Prozent der befragten Firmen an, dass sie nur drei Monate oder kürzer durchhalten könnten. Sechs Monate oder kürzer könnten 52,7 Prozent überleben. Klaus Wohlrabe, der Leiter der Befragung, sieht in dem Ergebnis Anzeichen für eine drohende Pleitewelle.
Der Einzelhandel hat hohe Umsatzeinbußen
Vor allem der Einzelhandel hat der Umfrage nach große Probleme, die Krise zu überstehen. Klamottenläden, Schuhgeschäfte, Einkaufscenter und Warenläden haben infolge der Schließungen hohe Umsatzeinbußen bei meist weiterlaufenden Kosten für Miete oder Gehälter von Angestellten. 44,9 Prozent der Unternehmen gaben an, sie könnten maximal drei Monate überleben. 63,2 Prozent sehen ihr Limit bei einem halben Jahr.
Freiberufler aus der Kreativwirtschaft sind besonders betroffen
Opern, Museen und Theater waren ebenfalls lange Zeit geschlossen. Doch gerade in der Kreativwirtschaft arbeiten viele Freiberufler und Kleinstunternehmen. Sie sind stärker als andere auf Veranstaltungen angewiesen, um Geld zu verdienen. Eine Szenarioanalyse von April im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) prognostiziert darum, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft mit besonders hohen Umsatzausfällen zu rechnen habe.
Rund 1,7 Millionen Erwerbstätige zählen zu dieser Branche, 260.000 sind freiberuflich oder selbstständig. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Umsatzeinbußen im Jahr 2020 für die Kultur- und Kreativwirtschaft je nach Szenario zwischen 21,7 und 39,8 Milliarden Euro bewegen werden. Im Jahr 2018 erwirtschaftete die Branche knapp 170 Milliarden Euro Umsatz.
Nun werden auch im Kulturbereich die Einschränkungen vorsichtig gelockert. Die Kulturminister von Bund und Ländern haben sich auf Eckpunkte verständigt, die unter anderem eine langsame Öffnung von Kinos und Theatern wieder ermöglichen sollen. Dabei soll die lokale Entwicklung der Infektionszahlen eine Voraussetzung sein. Auf dieser Basis sollen dann an die Spielstätte individuell angepasste Vor-Ort-Konzepte entwickelt werden.
Viele Hotels werden storniert
Kritisch ist die Lage außerdem für Hotels und Gaststätten. Durch die Absagen von Messen und Großveranstaltungen werden viele Hotels storniert. Landgasthöfe, die vor allem von Hochzeiten oder Trauerfeiern leben, bleiben trotz der Lockerungen geschlossen. Obwohl Restaurants und Cafés unter bestimmten Auflagen mittlerweile wieder öffnen dürfen, bleiben bei vielen die Gäste aus – zum einen wegen der reduzierten Sitzplatzzahlen, um die Schutzmaßnahmen einzuhalten, und zum anderen gebe es sicherlich viele Gäste, die mit dem Restaurantbesuch noch einige Tage warten wollen, vermutet Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Dehoga-Bundesverbands.
Ein weiteres Problem sei, dass Umsätze im Gastgewerbe nicht nachgeholt werden könnten. "Das Schnitzel, das heute nicht gegessen wird, kann morgen nicht mehr verkauft werden“, erklärt Hartges. Sie wünscht sich von der Bundesregierung ein Rettungsprogramm für die Branche: "Es kann nicht sein, dass für Großkonzerne Lösungen geschaffen werden und über 220.000 Unternehmen der Branche, die Gastgeber Deutschlands, im Stich gelassen werden“.
Reisebüros müssen Kunden ihr Geld rückerstatten
Mittlerweile haben sich einige Verbände der Tourismuswirtschaft zusammengeschlossen, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. Sie fordern einen Tourismusgipfel unter Leitung der Bundeskanzlerin. Über eine Million Arbeitsplätze seien durch die Krise in Gefahr geraten, Rücklagen seien aufgebraucht, sagt Michael Frenzel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW). Besonders betroffen sind laut Norbert Fiebig, dem Präsidenten des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Reisebüros und Reiseveranstalter. Ihnen sei nicht nur das Neugeschäft weggebrochen, sondern bereits abgeschlossene Buchungen wurden aufgrund der Reisewarnung nachträglich annulliert und Kunden forderten ihr Geld zurück.
Diskussionen um das Recht auf staatliche Unterstützung
Es gibt kaum eine Branche, die nicht angibt, unter den Folgen der Pandemie zu leiden. Große wie kleine Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige fordern mehr finanzielle Unterstützung und weitere Lockerungen der Maßnahmen. Dabei gilt es zu unterscheiden zwischen denen, die tatsächlich unverschuldet Not leiden und keine entsprechenden Finanzpolster aufweisen können, und jenen, die versuchen, die Möglichkeit auf Staatshilfen auszunutzen.
So wurde medial bereits die Frage diskutiert, ob beispielsweise Unternehmen, die Beteiligungen und Tochterunternehmen in Steueroasen haben, ein Recht auf Staatshilfen haben. Kritik wurde in der Öffentlichkeit außerdem laut, als selbst Firmen mit scheinbar ausreichendem Finanzpolster wie Adidas, Deichmann oder H&M infolge der Coronakrise teilweise ihre Mietzahlungen einstellten. Adidas hat sich mittlerweile entschuldigt und zahlt die Miete doch. Ein anderes Beispiel sind Unternehmen wie BMW, Daimler und VW, die Milliarden an ihre Aktionäre ausschütten, obwohl sie Kurzarbeit in Anspruch nehmen.
Artikel Abschnitt: Welche Firmen profitieren von der Coronakrise?
Welche Firmen profitieren von der Coronakrise?
Außerdem wird fieberhaft nach einem möglichen Impfstoff und wirksamen Medikamenten gesucht. So stammt das Anti-Virus-Medikament Remdesivir vom Biotech-Unternehmen Gilead. Mittlerweile wurde es in den USA per Notfallzulassung für erweiterte Zwecke zugelassen und auch die europäische Zulassungsbehörde EMA erweitert die Härtefallregelung so, dass Patienten mit schwerem Verlauf einen leichteren Zugang zu dem Medikament haben.
Genaueres zu Remdesivir erfährst du hier.
Die Hoffnung, die auf dem Mittel ruht, beflügelte den Aktienkurs von Gilead. Seit Ende Januar sprang er deutlich nach oben.
Neben Unternehmen aus der Medizin- und Pharmaindustrie profitieren auch Softwarehersteller für Videokonferenzen von der Pandemie. Denn noch immer arbeiten viele Menschen im Homeoffice. So hat beispielsweise der Aktienkurs des Softwareanbieters "Zoom“ merkbar zugelegt.
Betrüger nutzen die Nachfrage nach Medizinprodukten aus
Zuletzt gibt es noch diejenigen, die von der Krise profitieren, weil sie betrügen. Menschen, die die hohe Nachfrage nach Medizinprodukten nutzen, um diese zu Wucherpreisen anzubieten, bei gleichzeitig schlechter Qualität. Allein zwischen dem dritten und zehnten März stellten Polizeibehörden weltweit 34.000 gefälschte OP-Masken sicher, berichtete die europäische Polizeiorganisation Europol. In einem anderen Fall bestellte eine französische Firma für rund 6,6 Millionen Euro Desinfektionsgel und Schutzmasken bei einem Unternehmen in Singapur. Doch die Ware sei nie angekommen. Mittlerweile wurde laut Europol ein 39-jähriger Mann festgenommen.
Artikel Abschnitt: Was heißt Corona für die Gleichberechtigung?
Was heißt Corona für die Gleichberechtigung?
Sicher, die Pandemie trifft auf die eine oder andere Art jeden, ganz gleich welchen Geschlechts. Doch wer einen Blick auf die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, wirft, der erkennt, dass in diesem Vergleich die Frauen das Nachsehen haben.
Vermutlich übernehmen vor allem Mütter die Betreuung zu Hause
Die Pandemie führt zu Gegenmaßnahmen wie Lockdowns, geschlossenen Schulen und Kindergärten. Das erfordert eine Betreuung zu Hause. Es gibt noch keine verlässlichen Daten dazu. wer diese in der Krise in erster Linie übernimmt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt jedoch, dass es vor allem die Mütter sind, die die Kinderbetreuung zu Hause übernehmen. Diese Schätzung beruht auf einer Untersuchung der Daten des Statistischen Bundesamtes aus den Jahren 2012/2013 zur Zeitverwendung von Personen in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und Haushaltskonstellationen.
Das DIW verglich hierbei, wie Eltern ihre Zeit verwenden, deren jüngstes Kind keine Kita besucht, mit der Zeiteinteilung von Eltern, deren jüngstes Kind in eine Kita geht. Zwei der Ergebnisse: Besucht das Kind keine Kita, verbringen die Eltern mehr Zeit mit ihm – vor allem die Mütter. Sie kommen im Schnitt auf 134 Minuten mehr Kinderzeit am Tag. Bei den Vätern sind es nur 19 Minuten mehr. Außerdem verbringen Mütter weniger Zeit mit bezahlter Erwerbstätigkeit, wie beispielsweise einem Bürojob. Bei Vätern hingegen macht es in diesem Punkt keinen Unterschied, ob ihr Kind in eine Kita geht oder nicht.
Frauen kümmern sich häufiger um Kinder, Angehörige und Haushalt
Auch unabhängig von Corona übernehmen Frauen in Deutschland den größten Anteil der unbezahlten Sorgearbeit. Das heißt, sie kümmern sich häufiger um Kinder, pflegebedürftige Angehörige und Haushalt. Im Durchschnitt verwenden sie dafür 52,4 Prozent mehr Zeit am Tag als Männer, zeigt der zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung.
Frauen sind häufiger alleinerziehend
Durch die aktuelle Situation in Schulen und Kitas sind besonders Alleinerziehende belastet. In rund 90 Prozent der Fälle in Deutschland sind das Frauen. Sie sind es auch, die häufiger als Männer in den sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Beispielsweise sind laut der Bundesagentur für Arbeit 76 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Krankenhäusern Frauen. Im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln sind es 72,9 Prozent. Darüber hinaus verdienen Frauen im Schnitt für gleichwertige Arbeit noch immer weniger als Männer. Zudem sind sie häufiger in Minijobs und Teilzeit tätig, wodurch ihre Arbeitsplätze in Krisen stärker gefährdet sind.
Die Krise macht Ungleichheiten sichtbarer
Natürlich sind all diese Ungleichheiten nicht erst durch die Pandemie entstanden. Doch die Krise macht sie sichtbarer. Das ist nicht nur negativ zu bewerten. Denn verstärkte Aufmerksamkeit für das Thema könnte auch bewirken, dass mehr getan wird, um Gleichberechtigung zu fördern. Nicht nur in Ländern wie Deutschland, die in diesem Punkt in den vergangenen Jahrzehnten bereits viel erreicht haben. Sondern auch dort, wo die wirtschaftliche Ungleichheit zwischen Mann und Frau noch weitaus gravierender ausfällt.
Artikel Abschnitt: Wann geht es der Wirtschaft wieder so wie vor Corona?
Wann geht es der Wirtschaft wieder so wie vor Corona?
Schätzungen sind keine präzise Zukunftsvoraussage
Doch auch diese beiden Schätzungen beruhen auf Annahmen und bergen Unsicherheiten. Unter anderem gehen sie davon aus, dass eine Insolvenzwelle sowohl in Deutschland als auch in seinen Absatz- und Beschaffungsmärkten vermieden wird. Außerdem legen sie zugrunde, dass das Coronavirus in den kommenden Monaten zwar nicht besiegt, die Ausbreitung aber eingedämmt und auch eine zweite Infektionswelle vermieden werden kann. Ob diese Annahmen auch vor dem Hintergrund der immer weiteren Lockerungen haltbar sein werden, wird sich erst noch zeigen.
Das Verhalten der Konsumenten spielt eine Rolle
Darüber hinaus ist es nicht ganz einfach, die konkreten Effekte der Lockerungen zu bestimmen, denn dabei spielt auch das individuelle Verhalten der Konsumenten eine große Rolle. Nur weil Restaurants, Kinos und Geschäfte wieder öffnen, heißt es nicht, dass sie sogleich wieder starken Zulauf haben. Zum einen beschränken viele Maßnahmen weiterhin Gästezahlen, zum anderen kann die Sorge vor Ansteckung so groß sein, dass die Menschen den Besuch doch lieber vertagen.
Artikel Abschnitt: Können zu starke Lockerungen der Wirtschaft auch schaden?
Können zu starke Lockerungen der Wirtschaft auch schaden?
Zu diesem Schluss kommt eine gemeinsame Studie des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und des Ifo-Instituts. Der Grund: Würde zu früh und zu weit gelockert, bestünde die Gefahr einer zweiten Infektionswelle. Das wiederum würde das Vertrauen von Konsumenten und Investoren schädigen, Nachfrage und Investitionen würden zurückgehen und viele Unternehmen müssten unabhängig von staatlichen Vorgaben den Betrieb zurückfahren.
Maßnahmen vorsichtig und schrittweise lockern
Eine Politik der großen Lockerungen würde laut den Forschern lediglich kurzfristig mehr Wirtschaftsleistung erlauben. Langfristig würde sie den Simulationsanalysen zufolge die Phase der leichten Beschränkungen so sehr verlängern, dass die Gesamtkosten in den Jahren 2020 und 2021 zusammen betrachtet steigen würden. Aus diesem Grund sei es wichtig, dass die Politik die Maßnahmen äußerst vorsichtig und schrittweise lockert. Parallel sollte sichergestellt werden, dass verstärkt und zuverlässig getestet wird, damit die Zahl der Neuinfektionen kontrolliert werden kann.
Die Wissenschaftler weisen allerdings auch auf Grenzen ihrer Studie hin. Insbesondere raten sie von einer engen quantitativen Interpretation der Resultate ab, da die Simulationsmodelle diversen Grenzen unterliegen. Durchaus robust sei jedoch die qualitative Aussage, dass eine leichte, schrittweise Lockerung nicht nur aus gesundheitspolitischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht besser sei als eine schnelle und weite Aufhebung der Einschränkungen.
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