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Kriminalistik
Darum kann eine DNA-Analyse nicht immer den Täter liefern
DNA-Analysen kommen in der Strafverfolgung bereits häufig zum Einsatz. Jetzt will die Bundesregierung die Analyse für Proben unbekannter Personen ausweiten: Auch Haar-, Haut-, Augenfarbe und Alter sollen darüber bestimmt werden. Kritiker warnen, dass die Analysen zu ungenau sind.
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Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Die DNA-Analyse wird in der Strafverfolgung genutzt
DNA-Profile werden gespeichert
Um herauszufinden, ob die DNA zu einer der Polizei bereits bekannten Person gehört, können die Ermittler das DNA-Profil zudem mit der sogenannten DNA-Analyse-Datei abgleichen. Ein Match bedeutet: Das Profil ist schon mal in der Datenbank aufgetaucht. Das Bundeskriminalamt verwaltet diese Analyse-Datei und gibt an, bislang rund 870.000 DNA-Profile von Personen und 340.000 Spuren gespeichert zu haben.
Weitere Angaben zum Artikel:
Was kann die DNA-Analyse?
DNA kann Personen identifizieren
Geringste Mengen von DNA können durch Analyse einer Person zugeordnet werden – sofern man das DNA-Profil dieser Person kennt und mit der Probe vergleichen kann. Um es anschaulicher zu machen: Angenommen, ein Täter hat an einem Tatort Haare verloren. Die Polizei findet diese Haare und bestimmt daraus die DNA. Dann kann sie das DNA-Profil der Probe mit ihrer Datenbank abgleichen und schauen, ob schon jemand mit dem gleichen Profil erfasst worden ist. Damit wäre klar, wem die Haare gehören.
Ist weder die Person, die die Spur gelegt hat, noch ein naher Verwandter in der DNA-Datenbank erfasst, ist eine eindeutige Zuordnung zum Spurenleger nicht möglich.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber reden:
Darum müssen wir drüber reden:
Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, die Analyse auszuweiten
Dahinter steckt die Annahme, dass sich einer bestimmten Population bestimmte genetische Merkmale zuordnen lassen und sich die Herkunft eindeutig anhand der DNA bestimmen lässt. Tatsächlich ist das falsch: Menschen wandern seit Jahrtausenden, in fast jeder Familiengeschichte sind auch "ortsfremde“ Menschen zu finden. Darum gibt es heute kaum noch DNA-Proben, die sich eindeutig einer Region zuordnen lassen.
In Freiburg überführte ein Haar den Täter
Ausgangspunkt für die Debatte war der Mord an einer Studentin in Freiburg. 2016 war sie nachts auf dem Heimweg vergewaltigt und ermordet worden. Der Täter wurde eineinhalb Monate danach festgenommen. Die entscheidende Spur war ein eigentlich dunkles, aber teils blond gefärbtes Haar, das am Tatort gefunden worden war. Es konnte einem Mann zugeordnet werden, der auf einer Überwachungskamera einer Straßenbahn zu sehen war, die in der Nähe des Tatorts gehalten hatte.
Anschließend machten sich der Freiburger Polizeipräsident und der Justizminister von Baden-Württemberg dafür stark, DNA-Spuren von Tatorten umfassender auswerten zu dürfen. Im speziellen Fall hätte es demnach die Ermittlungen beschleunigt, wenn die Polizei mehr über das Aussehen, die Herkunft und das Alter des Täters erfahren hätte. Der Mann kam aus Afghanistan.
Was steht im Gesetzesentwurf?
Seit dem 23. Oktober dieses Jahres hat die Bundesregierung nun einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Prüfung von Alter, Augenfarbe, Hautfarbe und Haarfarbe erlauben soll.
Demnach sollen:
" … die zulässigen Untersuchungen von DNA-fähigem Material von unbekannten Spurenlegern, die bislang nur das Geschlecht erfassten, um die Merkmale Augenfarbe, Haarfarbe, Hautfarbe sowie Alter erweitert werden, wenn nicht bekannt ist, von wem das Spurenmaterial stammt – es also weder dem Beschuldigten oder anderen Personen entnommen wurde noch ein Abgleich des DNA-Identifizierungsmusters mit der beim Bundeskriminalamt geführten Analysedatei (§ 81g Absatz 5 Ziffer 2 StPO) erfolgreich war.“
Was ist mit Persönlichkeitsrechten?
Weiter steht dort, dass dies zwar ein Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte sei, aber ein verhältnismäßiger. Zudem würden Zeugen oder Aufnahmen aus Überwachungskameras ja ebenfalls äußere Merkmale eines Täters beschreiben. Teilweise wären die durch Zeugen oder Kameras entstehenden Bilder sogar noch genauer. Deshalb solle die DNA-Analyse vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn es weder Zeugen noch Überwachungsbilder gebe. Die Ermittlungsbehörden erhoffen sich außerdem, dass die Erweiterung der DNA-Analyse neue Erkenntnisse für bislang ungeklärte Straftaten schafft.
Weitere Angaben zum Artikel:
Vom Gesetzentwurf zum Gesetz
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Kritiker zweifeln an der Sicherheit der Messverfahren
Es gibt nicht das eine Gen für ein bestimmtes Merkmal
Aus einer DNA-Probe lässt sich grundsätzlich nur eine Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes äußeres Merkmal ableiten. Die liegt zwar im hohen Prozentbereich, variiert aber je nach Augen-, Haar- oder Hautfarbe und sogar je nach Studie. Und dass es das eine Gen für ein bestimmtes Merkmal gibt, ist ebenfalls ein Trugschluss. Eine Studie in Nature Genetics fand etwa heraus, dass allein die Haarfarbe wahrscheinlich von 124 Genregionen beeinflusst wird.
Menschen können sich optisch verändern
Hinzu kommt, dass sich zum Beispiel Haarfarben ändern können. Blond kann beispielsweise im Laufe des Lebens nachdunkeln. Der Spurenleger kann graue Haare bekommen. Und wer nicht erkannt werden will, kann sich auch einfach die Haare färben. All das verraten die Gene nämlich nicht.
Die DNA-Analyse sagt nicht eindeutig das Alter voraus
Auch die Vorhersagegenauigkeit des Alters ist nicht aufs Jahr genau möglich. Die Ergebnisse können drei bis fünf Jahre daneben liegen. "Im Einzelfall sind Abweichungen von bis zu zehn Jahren möglich“, steht selbst im Gesetzentwurf der Regierung. Somit besteht die Gefahr, dass die aus DNA-Analysen ermittelten äußeren Merkmale die Polizei sogar fehlleiten.
Die Herkunft soll nicht analysiert werden
Auf eine Herkunftsanalyse wird gemäß dem Gesetzentwurf jedenfalls erst einmal verzichtet. Dazu hatten Kritiker die meisten Bedenken. Der Zentralrat deutscher Sinti und Roma weist zum Beispiel darauf hin, dass eine Herkunftsanalyse schnell kollektiv eine ganze Volksgruppe unter Generalverdacht stellen kann – und das, obwohl diese Bestimmung nicht einmal unbedingt der Wahrheit entspricht.
Was ist das "Heilbronner Phantom"?
Der Zentralrat führt als Beispiel den einzigen Fall an, bei dem es in Deutschland bislang eine DNA-Analyse auf biogeografische Merkmale gegeben hat: den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter. Sie ist eines der Opfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU). Eine erste Herkunftsanalyse hatte ergeben, dass der Täter den Sinti und Roma angehörte. Ein Fehler, wie sich später herausstellte. Die Minderheit geriet trotzdem stark in den Fokus der Polizei und der Medien. Der Fall wurde bekannt als das "Heilbronner Phantom“.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
DNA-Analyseergebnisse nicht als gesetzt betrachten
DNA-Analyse allein genügt nicht
Problematisch wird es, wenn die Ermittler andere Möglichkeiten neben der DNA-Analyse außer Acht lassen und ihre Ergebnisse eine zu hohe Gewichtung bekommen. Noch kritischer, wenn die Ergebnisse dann mit der Öffentlichkeit geteilt werden, die Bevölkerung sie als präzise Abbilder eines Verdächtigen wahrnimmt und daraufhin bestimmte Gruppen diskriminiert werden.
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In England und Amerika machen sie eine bloodline Analyse. Weshalb bei uns in Deutschland wieder nicht. Und sorry aber dort scheint es zu funktionieren.
die Rechtsmedizin ist an die Strafprozessordnung gebunden und die regelt: „§ 81e Molekulargenetische Untersuchung (1) An dem durch Maßnahmen nach § 81a Absatz 1 oder § 81c erlangten Material dürfen mittels molekulargenetischer Untersuchung das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person festgestellt und diese Feststellungen mit Vergleichsmaterial abgeglichen werden,… Weiterlesen »
Was heisst das konkret, wenn eine Teilsequenz einer DNA mit einer Wahrscheinlichkeit von einer Million vorliegt- äüßerlich auf einer Briefmarke gefunden(Postsendung)
Im vorliegenden Artikel heißt es, dass hinsichtlich des Heilbronner Phantoms eine Herkunftsanalyse ergeben hätte, dass „der Täter den Sinti und Roma angehörte“. Dies ist nicht korrekt. Dem fraglichen Gutachten zufolge sei es wahrscheinlich gewesen, dass die mutmaßliche Täterin aus der Region Osteuropa stamme. Eine Verbindung zu bestimmten Ethnien oder Volksgruppen… Weiterlesen »