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Hunger und Sättigung
Das muss passieren, damit wir satt sind
Langsam essen ist gesund, heißt es. Aber warum eigentlich? Weil die Mechanismen, die uns satt machen, ganz schön kompliziert sind!
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Inhalt
- Was geschieht im Körper, wenn wir hungrig sind?
- Gibt es das Phänomen “hangry” wirklich?
- Was beeinflusst, wann ich satt bin?
- Wie lange dauert es, bis ich satt bin?
- Warum kann Fast Food problematisch sein?
- Was macht besonders satt?
- Welche Rolle spielt das Mikrobiom im Darm?
- Was kann man tun, um nicht zu viel zu essen?
- Was geschieht im Körper, wenn wir hungrig sind?
- Gibt es das Phänomen “hangry” wirklich?
- Was beeinflusst, wann ich satt bin?
- Wie lange dauert es, bis ich satt bin?
- Warum kann Fast Food problematisch sein?
- Was macht besonders satt?
- Welche Rolle spielt das Mikrobiom im Darm?
- Was kann man tun, um nicht zu viel zu essen?
Artikel Abschnitt: Was geschieht im Körper, wenn wir hungrig sind?
Was geschieht im Körper, wenn wir hungrig sind?
Hunger sei eigentlich eine Art "Default-Zustand, wenn der Körper keine Signale zur Sättigung empfängt", erklärt Susanne Klaus, Professorin für die Physiologie des Energiestoffwechsels am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam (DIfE).
Das Hungergefühl entsteht im Gehirn
Genauer: im Hypothalamus. Dort liegt die Steuerungszentrale für Hunger und Sättigung. Hier laufen alle Hungersignale aus dem Körper zusammen – und von hier werden auch die Hormone ausgeschüttet, die ein Sättigungsgefühl oder Magenknurren auslösen.
Denn: Hunger entsteht nicht allein dadurch, dass der Magen leer ist. Auch bestimmte Gerüche oder ein spezieller Geschmack können Hunger auslösen. Ob wir hungrig sind oder nicht, wird also auch stark von äußeren Reizen bestimmt, denen wir ausgesetzt sind. Prinzipiell gilt: Hunger ist ein kompliziertes Zusammenspiel von externen Signalen, Hormonen – und dem Gehirn.
Nicht zu unterschätzen: der Genuss
Eine wichtige Rolle spielt auch die Freude am Essen, die "Befriedigung durch das Verspeisen einer schmackhaften Mahlzeit", wie es Susanne Klaus beschreibt. Denn auch das Belohnungssystem im Gehirn spielt eine Rolle bei der Nahrungsaufnahme: "Wenn ich etwas Leckeres sehe oder rieche, kann es also sein, dass ich Hunger bekomme", erklärt Klaus. Und wenn ich dann etwas esse, werden Neurotransmitter wie das Glückshormon Serotonin und Dopamin ausgeschüttet. Denn: Die zwei entscheidenden Systeme – homöostatische, körperliche Signale (Stoffwechselsystem) und hedonische (eher emotionale) Signale – sind miteinander verknüpft.
So kann es sein, dass erwarteter Genuss uns zum Essen verführt – "oft auch gegen ernährungsphysiologisches Wissen", wie der Physiologe Wolfgang Langhans von der ETH Zürich schreibt. Häufig geht es uns beim Essen um Genussmaximierung. Entsprechend beeinflussen Schmackhaftigkeit und Genuss die Entscheidung, wann, was und wie viel wir essen.
Artikel Abschnitt: Gibt es das Phänomen “hangry” wirklich?
Gibt es das Phänomen “hangry” wirklich?
Sinkt der Blutzuckerspiegel, hat das Auswirkungen auf den Hormonhaushalt. Die Bauchspeicheldrüse schüttet weniger Insulin aus. Und dieser niedrige Insulinspiegel im Blut signalisiert dem Gehirn: Du musst Essen suchen! Im Gehirn reagiert die Schaltzentrale für Hunger und Sättigung, der Hypothalamus, und kommuniziert mit weiteren Hirnarealen – unter anderem werden Areale aktiviert, in denen Emotionen verortet sind.
Deine Wahrnehmung wird sensitiver, deine Haptik – auch im Mund – verändert sich, der Körper ist unter Stress und reaktionsbereiter. "Da kann es auch zu aggressivem Verhalten kommen", sagt der Psychologe Michael Macht von der Universität Würzburg. Vor allem dann, wenn leichte Irritationen hinzukommen – dann gehst du direkt an die Decke und reagierst deutlich emotionaler und heftiger, als wenn du satt bist.
Interessant ist, dass wir eigentlich recht lange ohne Nahrung auskommen können – auch wenn der Magen leer ist. Wenn wir aber Hungersignale von unserem Körper empfangen und gleichzeitig unter Stress stehen, können wir unsere Emotionen nicht mehr kontrollieren. Wir sind etwa schneller genervt, werden eher aggressiv. Hangry eben.
Artikel Abschnitt: Was beeinflusst, wann ich satt bin?
Was beeinflusst, wann ich satt bin?
- Physiologische Faktoren
Das, was im Körper geschieht und dafür sorgt, dass der Körper genügend Energie hat – sie regeln die sogenannte Energiehomöostase. - Hedonische Faktoren
Das, was kognitiv geschieht und mit "Freude am Essen" zu tun hat.
Der eine kann nicht widerstehen, wenn er beim Anblick einer Tafel Schokolade an die cremige Süße schmelzender Schokolade im Mund denkt, die andere kriegt sofort Appetit, wenn sie bei der Nachbarin den krachenden Laut beim Kauen knuspriger Chips hört und die würzige Mischung aus der Tüte die Nase streift.
Wir essen nicht nur, weil wir hungrig sind
Immer deutlicher wird: "Es gibt ein starkes Zusammenspiel", sagt Susanne Klaus. Die homöostatische und die hedonische Kontrolle sind miteinander verquickt. "Wenn ich etwas sehr gerne esse und das mein Belohnungssystem aktiviert, dann beeinflusst das, wie mein Gehirn Leptin verarbeitet und darauf reagiert." Leptin ist ein Hormon, das unseren Appetit zügelt. "Und wenn ich zum Beispiel etwas Leckeres rieche oder sehe, dann kann es sein, dass ich auch Hunger bekomme." Heißt: Unsere Wahrnehmung ist mit den physiologischen Systemen im Körper eng verknüpft.
Eine ganze "Sättigungskaskade"
Im Körper geschieht dann das: Zunächst gelangt die Nahrung in den Magen, der sich ausdehnt. Sogenannte Mechano-Rezeptoren melden diese Füllung und Ausdehnung des Magens an das Sättigungszentrum im Gehirn.
Außerdem wird die Bauchspeicheldrüse aktiv, der Blutzuckerspiegel steigt an. Das Hormon Insulin wird ausgeschüttet, um den Zucker in die Zellen zu transportieren – gleichzeitig fungiert es auch als Sättigungshormon. Auch diese Signale werden über Nervenbahnen ins Gehirn geleitet.
Es kommen weitere Stoffe hinzu: Im Darm wird eine ganze Kaskade von Hormonen produziert, die Sättigungssignale ans Hirn schicken, das Fettgewebe schüttet das Sättigungshormon Leptin aus. Das signalisiert: Die Fettspeicher sind voll! Es dient so einerseits der langfristigen Regulation – und zügelt kurzfristig unseren Appetit.
Wenn all diese Stoffe ihre Signale ans Gehirn geschickt haben, spüren wir: "Ich bin satt!"
Artikel Abschnitt: Wie lange dauert es, bis ich satt bin?
Wie lange dauert es, bis ich satt bin?
Bis die Sättigungskaskade voll einsetzt, dauert es also mindestens mehrere Minuten, es können gut auch 20 bis 30 Minuten sein. Daher sollten wir eher langsam essen und Pausen machen, damit wir nur so viel essen, bis wir satt sind. Und nicht mehr.
Artikel Abschnitt: Warum kann Fast Food problematisch sein?
Warum kann Fast Food problematisch sein?
Wir essen also weiter – und nehmen entsprechend viele Kalorien zu uns. "Fast Food vermittelt dem Magen kein Sättigungsgefühl", erklärt Susanne Klaus. Wenn man dann das Essen auch entsprechend schnell verzehrt, isst man schnell zu viel – weil die Sättigungssignale noch gar nicht im Gehirn angekommen sind.
Artikel Abschnitt: Was macht besonders satt?
Was macht besonders satt?
Ein große Rolle bei der Frage, wie viel (oder sogar zu viel) wir essen, spielt die Energiedichte. Sie gibt an, wie viele Kalorien ein Lebensmittel pro Gramm hat. So hat Müsli mit Milch, Honig und Obst 1,1 Kilokalorien pro Gramm, ein Croissant immerhin 5,1 Kilokalorien.
Fetthaltige Lebensmittel haben zwar eine große Energiedichte – machen dadurch aber nicht automatisch lange satt. Im Gegenteil: Wer auf sein Gewicht achten möchte, sollte vermehrt zu Lebensmitteln mit niedriger Energiedichte greifen – sie enthalten oft wenig Fett, aber viel Wasser, haben entsprechendes Volumen und vermitteln dadurch ein Sättigungsgefühl. Das heißt: Wasserhaltige und ballaststoffreiche Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Vollkornprodukte sättigen besser als fettreiche, wasserarme Produkte.
Ballaststoffe sättigen – durch Volumen
Ballaststoffe, also unverdauliche Kohlenhydrate, haben durch ihr Volumen einen mechanischen Sättigungseffekt – sie dehnen den Magen, aber auch den gesamten Dünndarm. Außerdem bilden die Mikrobiota im Darm flüchtige Fettsäuren, im Dickdarm führt dies dann zur Produktion sättigender Hormone.
Besonders satt machen: Proteine
Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Hülsenfrüchten wird ein besonders hohes Sättigungspotenzial zugeschrieben. So haben Studien gezeigt, dass Energie aus Eiweißen besser sättigt als die Energie aus Kohlenhydraten oder Fett.
Warum, ist noch nicht abschließend erforscht. Susanne Klaus vermutet, dass Aminosäuren etwa das System der Appetitregulation beeinflussen.
Der Physiologe Wolfgang Langhans von der ETH Zürich erklärt, dass es vermutlich mehrere Gründe für den Sättigungseffekt von Eiweißen gibt: Zum einen stimulieren Proteine, also Eiweiße, die Bildung von Sättigungshormonen. Außerdem tragen sie dazu bei, dass Ketonkörper in der Leber gebildet werden – diese Ketonkörper werden als Energiequelle genutzt und haben ebenfalls einen sättigenden Effekt. Ein weiterer Grund: Einzelne Aminosäuren, vor allem das Leucin, haben einen vergleichsweise schnellen Einfluss auf die Bildung von Neurotransmittern, die "Sättigung" ans Gehirn melden. Das geschieht laut Langhans innerhalb von wenigen Minuten.
Ein weiterer Vorteil von Eiweißen: Ihre Verdauung verbraucht besonders viel Energie. Auch das kann helfen, um nicht zuzunehmen.
Artikel Abschnitt: Welche Rolle spielt das Mikrobiom im Darm?
Welche Rolle spielt das Mikrobiom im Darm?
Fakt ist: Dem Mikrobiom des Darms kommt eine möglicherweise wichtige Rolle in der Sättigungskaskade zu: "Die Darmbakterien können Fettsäuren aus den Ballaststoffen produzieren, von denen man annimmt, dass sie auch das Hunger- und Sättigungssystem beeinflussen", sagt Susanne Klaus, Professorin für die Physiologie des Energiestoffwechsels.
In Tierversuchen haben Forschende herausgefunden, dass Mäuse, in deren Darm bestimmte Bakterien häufiger vorkommen, bei gleicher Nahrungszufuhr stärker zunahmen. Daher ist die Zusammensetzung der Darmbakterien auch ein möglicher Therapieansatz bei der Behandlung von Übergewicht.
Artikel Abschnitt: Was kann man tun, um nicht zu viel zu essen?
Was kann man tun, um nicht zu viel zu essen?
- Vor dem Essen:
Höre auf deinen Körper! Also erst mal checken: Habe ich wirklich Hunger? Und wenn ja: Was wäre gut und lecker – und macht mich in diesem Moment wirklich zufrieden? - Während des Essens:
Langsamer essen, ab und zu Pausen machen – damit das Sättigungsgefühl überhaupt eine Chance hat, zu uns durchzukommen. - Umfeld umgestalten
Lieber eine Schale Obst auf den Schreibtisch statt eine Tafel Schokolade. Denn: "Wenn ich den ganzen Tag eine Schüssel mit Süßigkeiten neben mir stehen habe, werde ich bestimmt irgendwann hineingreifen", sagt Susanne Klaus.
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Danke an Marco für die tolle Antwort hier und danke Quarks für den aufschlussreichen Artikel!
P.S.: Leider kann ich gar nix bewerten… schreibt sofort, dass nur 1 Bewertung erlaubt ist…
Alles falsch. Würden die hier genannten Mechanismen wirken gäbe es keine Fettleibigkeit. Der Verzicht auf Kohlenhydrate senkt das generelle Hungergefühl. Kohlenhydrate zeigen dem Körper an überzukonsumieren. Protein, und hier vor allem in Form von Fleisch sorgen lange für Sättigung. Zyklisches Fasten kann den den Leptinspiegel, das Sättigungshörmon wieder in Balance… Weiterlesen »
Nein, nicht falsch! Es gibt nicht nur 1 Sättigungshormon, sondern mehr als ein Dutzend. Ich vermute du kommst aus der Keto- / Low-Carb- / Fasten-Ecke, da du speziell von Leptin und vom Fasten sprichst. Wenn Leptin das einzige Sättigungshormon wäre, wären Übergewichtige niemals richtig satt. Und das ist ja mal… Weiterlesen »