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Gesättigt, ungesättigt
Fetthaltige Ernährung: Was wissen wir wirklich?
Fette gelten als schlecht für die Gesundheit. Sind sie das wirklich? Wir schauen auf die schwierige Studienlage.
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Artikel Abschnitt: Was verstehen wir unter ``Fette``?
Was verstehen wir unter ``Fette``?
Was genau bedeutet das?
- Gesättigte Fettsäuren haben keine Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen (C). Stattdessen sind jeweils zwei Wasserstoffe (-H) angelagert. Die Kohlenstoffe sind sozusagen "satt", sie können keine weiteren Bindungen eingehen.
- Bei den ungesättigten Fettsäuren finden sich zwischen manchen Kohlenstoffatomen Doppelbindungen. Chemisch wird das so dargestellt: C=C. Diese beiden Atome haben dann nur noch ein angelagertes Wasserstoffatom, könnten also potenziell ein weiteres aufnehmen – sind also ungesättigt. Je nachdem, wie viele Doppelbindungen vorhanden sind, gibt es einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
- Transfettsäuren sind auch ungesättigt, haben aber mindestens eine Doppelbindung in der Transkonfiguration. Dann stehen sich die Wasserstoffatome gegenüber – noch tiefer tauchen wir jetzt mal nicht in die Chemie ein. Transfette kommen in der Natur seltener vor und entstehen vor allem bei der Verarbeitung von flüssigen Ölen zu festen Fetten.
Für den Körper macht es einen Unterschied, welche Fettsäuren er verarbeiten muss. So entscheidet beispielsweise die Anzahl der gesättigten und ungesättigten Bindungen darüber, wie gut wir sie aufnehmen können und welche Funktion sie ausführen.
Kurzkettig oder langkettig?
Kurze, gesättigte Fettsäuren beispielsweise nimmt der Körper schnell ins Blut auf und sie werden in der Leber zu Glukose und Ethansäure gespalten. Mit der Glukose können wir etwa zehn bis 20 Prozent unseres Energiebedarfs im Ruhezustand abdecken.
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Einige pflanzliche Öle enthalten vor allem ungesättigte Fettsäuren und werden als besonders gesund angepriesen, etwa Olivenöl, Mais-, Raps- und Sonnenblumenöl. Woran das liegt, besprechen wir gleich. Tierische Fette, etwa in Fleisch und Milchprodukten, enthalten größtenteils gesättigte Fettsäuren. Vor allem um sie geht es bei der Diskussion um die Frage, wie viel Fett eigentlich gut oder schlecht für den Körper ist.
Artikel Abschnitt: Ist Fett wirklich schlecht für die Gesundheit?
Ist Fett wirklich schlecht für die Gesundheit?
Sie besagt ganz grundsätzlich, dass gesättigte (tierische) Fettsäuren und über die Ernährung aufgenommenes Cholesterol die Hauptursachen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Und dieser Gedanke hält sich hartnäckig bis heute.
Dabei basierte die Vermutung von Keys praktisch auf einer einzigen Beobachtungsstudie, in der zwar insgesamt fast 13.000 Männer in Europa, den USA und Japan analysiert wurden – aber nur von etwa 500 von ihnen gab es auch tatsächlich Informationen über ihr Essverhalten. Beim Rest bezog er sich auf Durchschnittswerte zur Ernährung in den jeweiligen Ländern. Frauen wurden gar nicht erst mitbedacht.
Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt
Kritiker:innen der Studie bemängelten außerdem, dass ursprünglich Daten aus 22 Ländern verfügbar waren, aber nur sieben Länder zur Auswertung ausgewählt wurden. Frankreich etwa kam nicht mit rein – ein Land, das einen höheren Konsum gesättigter Fettsäuren und gleichzeitig eine niedrige Rate von Herzerkrankungen aufwies. Daten also, die dem Ergebnis der Studie entgegenstanden.
Und zuletzt: Mit ihrem Studiendesign (keine randomisiert-kontrollierte Studie) konnte die Untersuchung zwar prüfen, ob Herzerkrankungen vor allem bei Menschen auftreten, die viel gesättigte Fettsäuren zu sich nehmen, aber nicht, ob die Fettsäuren wirklich die Erkrankungen auslösten oder woher der beobachtete Zusammenhang kam.
Trotzdem hatten die gesättigten Fette nun ihren Ruf weg, fettreduzierte Produkte galten als gesünder. Das Problem bei der Sache: Obwohl die Forschung seitdem weiterging, lässt sich nicht eindeutig belegen, dass gesättigte Fettsäuren zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einer erhöhten Sterblichkeit führen – es gibt aber einige Hinweise in diese Richtung.
Weitere Angaben zum Artikel:
Wie viel Fett ist okay?
Die amerikanischen Ernährungsrichtlinien etwa raten schon seit 1990, höchstens zehn Prozent der täglichen Energie über gesättigte Fette aufzunehmen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt in ihrer "Fettleitlinie" sogar, gesättigte Fettsäuren möglichst auf sieben bis zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr zu beschränken und gleichzeitig die Zufuhr von mehrfach ungesättigten auf bis zu zehn Prozent zu steigern.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geht in ihren Empfehlungen in eine ähnliche Richtung. Sie schlagen 20 bis 35 Prozent der Gesamtenergie pro Tag vor, mit dem Zusatz, gesättigte Fettsäuren und Transfette so gering wie möglich zu halten.
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American Heart Association sieht Zusammenhang belegt
Die American Heart Association sieht das anders: In einem Review von 2017 beruft sie sich auf vier Interventionsstudien, in denen die Teilnehmenden überwiegend ungesättigte Fettsäuren zu sich nehmen sollten, während die Kontrollgruppe ihre übliche Ernährung mit einem hohen Anteil gesättigter Fettsäuren beibehielt.
Und tatsächlich zeigten sich bei denjenigen, die überwiegend ungesättigte Fettsäuren zu sich genommen hatten, teilweise verminderte Konzentrationen von Cholesterin und weniger Herzerkrankungen. Die Fachgesellschaft schränkt zwar ein, dass es auch in diesen Studien jeweils methodische Mängel gab, sieht aber in Kombination mit weiteren Interventions- und Beobachtungsstudien den Zusammenhang von gesättigten Fettsäuren und Herzerkrankungen bestätigt.
Fazit: Es ist nicht einfach, bei den teils widersprüchlichen Studien und Diskussionen durchzublicken. Stand jetzt kann man sagen: Weniger gesättigte – also vor allem tierische – Fettsäuren zu essen, kann nicht schaden. Im besten Fall sind ungesättigte Fettsäuren gesünder – schlechter als gesättigte sind sie in jedem Fall nicht. Ja, wir wissen: So richtig zufriedenstellend ist das nicht.
Was ist sonst noch auf dem Teller?
"Die Frage, ob Fett schlecht ist oder nicht, ist viel zu simpel", resümiert Fabian Eichelmann. "Was man aber sagen kann: Dass bei einer ausgeglichenen Energiezufuhr die Gesamtmenge an Fett wahrscheinlich keinen Effekt auf das Gewicht und Krankheitsrisiken hat."
Letztendlich kommt es auf eine allgemein gesunde Ernährung an – und wie die aussieht, ist gar nicht so einfach herauszufinden. Zu tief sitzen manche Glaubensgrundsätze, die wissenschaftlich eher auf wackeligen Beinen stehen. Wie ein pauschales 'Fett ist schlecht' eben. Nur weil etwas wenig Fett enthält, ist es längst nicht gesund. Es könnte trotzdem ein hochverarbeitetes Produkt sein, das stark mit Salz und Zucker angereichert ist, damit es überhaupt noch schmeckt.
Ohnehin bringt es uns nicht weiter, einzelne Nährstoffe allein zu betrachten – dadurch machen wir unsere Ernährungsweisen nicht gesünder oder ungesünder. "Wenn ich aber entscheiden soll, ob ich immer mit Butter koche oder auch mal mit Pflanzenöl, dann hilft mir eine evidenzbasierte Empfehlung schon", sagt Fabian Eichelmann. Dann ist ein Griff zu Oliven-, Sonnenblumen- oder Rapsöl sicher eine gute Idee.
Letztendlich stehen wir wieder an dem Punkt, den praktisch alle Ernährungsfragen erreichen: Solange keine bestimmten Vorerkrankungen oder Bedürfnisse bestehen, ist eine ausgewogene Ernährung am sinnvollsten. Wer viel frisches Obst, Gemüse und generell wenig verarbeitete Lebensmittel zu sich nimmt, muss sich kaum Gedanken um zu viele gesättigte Fettsäuren machen. Und: Ausnahmen sind unproblematisch. Vielleicht hilft dieser Gedanke ja bei der nächsten fettigen Pizza – sofern der Teller ansonsten mit möglichst vielen frischen Zutaten gefüllt ist.
Artikel Abschnitt: Warum ist so vieles noch unsicher?
Warum ist so vieles noch unsicher?
Denn kontrollierte Interventionen zu machen heißt: Gruppen von Menschen müssen sich über einen langen Zeitraum an ganz genaue Diätvorgaben halten, damit sie dann später miteinander verglichen werden können. "Um ausreichend gut belastbare statistische Aussagen treffen zu können, müssen diese Studien daher recht groß sein und lange dauern, damit genügend Personen eine Krankheit entwickeln können."
Wann werden Gesundheitseffekte sichtbar?
Was etwas fies klingt, meint: Wenn eine Studie die Menschen nur zwei Jahre lang begleitet, werden ohnehin von den Testpersonen nur wenige eine Herzerkrankung erleiden oder gar daran sterben – was für die Menschen natürlich erfreulich ist. Schauen sich die Forschenden aber an, was in zehn Jahren oder später passiert, zeigen sich viel eher Unterschiede zwischen den verschiedenen Ernährungsweisen – insofern die Testpersonen die Ernährungsweisen überhaupt so lange durchhalten.
Und: Je strikter die Diät, desto schwieriger ist es, sie langfristig umzusetzen. Dann kommen noch eine Menge weiterer Aspekte dazu, etwa die Frage, was die Kontrollgruppe essen sollte – vergleicht eine Interventionsstudie eine bestimmte Ernährung mit einer individuellen "normalen" Diät, mit einer typischen westlichen Diät oder ganz anderen Ernährungsweisen?
Wie genau wird überprüft, ob sich die Teilnehmenden an das Protokoll halten? Müssen sie es selbst zubereiten oder werden die Lebensmittel bereitgestellt? Das zeigt noch mal, wo das große Problem bei Ernährungsstudien generell liegt – und wieso ihr erstmal kritisch sein solltet, wenn ihr lest: Studie belegt, XY ist gesund!
Artikel Abschnitt: Kann Fett auch gut für uns sein?
Kann Fett auch gut für uns sein?
Die wichtigste Omega-6-Fettsäure ist Linolsäure (LA), die wiederum zu anderen Fettsäuren verstoffwechselt werden kann. Der Körper kann Linolsäure nicht selbst von Grund auf herstellen und muss diese Fettsäure deshalb über die Nahrung aufnehmen. Gute Quellen für Linolsäure sind etwa Soja-, Sonnenblumen-, Färberdistel- und Mohnsamenöl.
Aufseiten der Omega-3-Fettsäuren ist die essenzielle Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA), die wir etwa aus Sojabohnen, Leinsamen oder schwarzen Johannisbeeren und den jeweiligen Ölen aufnehmen. Stoffwechselprodukte von ALA, die ebenfalls Omega-3-Fettsäuren sind – Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) – können wir besonders gut über ölige Fische zu uns nehmen.
Hinweise auf positive Effekte
Beide Sorten scheinen gut für die Gesundheit zu sein: Studien legen nahe, dass sie das Risiko für Herzerkrankungen, Arteriosklerose und Thrombosen senken. Eine gute Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren soll zudem einer Reihe anderer Erkrankungen vorbeugen, wie Osteoporose, Entzündungsreaktionen oder
Erkrankungen des Nervensystems. Wenn auch einige Studien zu dem Thema genauso mit Vorsicht zu genießen sind wie die zu den gesättigten Fettsäuren, häufen sich doch zumindest die Hinweise auf positive Effekte.
Was die Mechanismen angeht: Offenbar beeinflussen die essenziellen Fettsäuren die Struktur und Fließeigenschaften von Zellmembranen sowie die Enzyme und Rezeptoren, die in den Membranen sitzen. Auch der Blutdruck und der Mineralstoffwechsel hängen von den Fettsäuren ab.
Immer wieder liest man zudem, dass das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 für die Vorteile wichtig ist. Allerdings ist diese Diskussion laut Fabian Eichelmann vom DIfE überholt. Ein höherer Anteil an Omega-6-Fettsäuren, wie wir ihn heute zu uns nehmen, scheint keine negativen Auswirkungen zu haben.
Artikel Abschnitt: Was ist mit der ketogenen Diät?
Was ist mit der ketogenen Diät?
Dabei sieht Fabian Eichelmann das gleiche Problem wie bei anderen Diäten: "Wenn man von einer Nährstoffgruppe weniger isst, nimmt man dafür oft von etwas anderem mehr zu sich." Einen Abnehmeffekt gebe es aber nur dann, wenn man insgesamt die Energiezufuhr verringert, also etwas weglässt und nicht durch einen anderen Nährstoff ersetzt.
Allerdings, merkt Fabian Eichelmann an, macht es die Zusammensetzung der Makronährstoffe (Fette, Kohlenhydrate und Proteine) einfacher oder schwerer, einer energiereduzierten Diät zu folgen. Proteine beispielsweise sättigen eher als Fette. Wichtig sei dabei vor allem, dass man ausreichend satt wird und auch der Genuss erhalten bleibt – um auch langfristig dranbleiben zu können.
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Quellenangaben zum Artikel:
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Als Sportwissenschaftlicher habe ich mich auch mit Ernährung beschäftigt, das ist wirklichein sehr gut zusammengefasster Artikel.
Wenn die Bewegung fehlt, krepierst du eh schnell … da kannste fressen was du willst.
„Stand jetzt kann man sagen: Weniger gesättigte – also vor allem tierische – Fettsäuren zu essen, kann nicht schaden. Im besten Fall sind ungesättigte Fettsäuren gesünder – schlechter als gesättigte sind sie in jedem Fall nicht“ Ich glaube das gibt die Datenlage nicht her: „kann nicht schaden“ Wenn man nun… Weiterlesen »
Was ich bei allen (den allermeisten) Ernährungstudien vermisse, ist eine Messung. Warum werden von den Probanden nicht z.B. jährlich die Blutwerte gemessen, und zwar alle. D.h. die Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren, Fette etc. Dies zusammen mit einer Gesundheitsbewertung und der Befragung zum Essverhalten würde doch viel bessere Ergebnisse liefern. Wichtiger als… Weiterlesen »
Die Wirkung von Kohlenhydraten wird in diesem Bericht überhaupt nicht erwähnt. Dabei ist sie maßgeblich dafür verantwortlich, ob ein Mensch übergewichtig wird oder nicht. Fett spielt da eine absolute Nebensache.
Mitnichten: Je nach individueller Stoffwechselsituation kann sich ein Mensch sein „Fett“ bspw. bevorzugt aus Kohlenhydraten über die Cholesterinbiosynthese in der Leber oder Cholesterinresorption im Darm „abholen“. Hinzu kommen andere Blutfettwerte wie Triglyceride, Lipoproteine verschiedener Dichte und Zusammensetzung, deren Bestandteile (u.a. ApoB, Lpa) hinsichtlich atherosklerotischem und damit kardiovaskulären Risiko intensiv beforscht… Weiterlesen »