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Antworten zum Coronavirus-Test
Corona-Test: Welche Tests es gibt und wie zuverlässig sie sind
Es ist ein Hin und Her: Wer bekommt überhaupt einen Corona-Test? Was bedeutet PCR? Und warum werden nicht einfach alle getestet? Wir haben die Antworten.
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Artikel Abschnitt: Wie funktioniert der PCR-Test?
Wie funktioniert der PCR-Test?
Das Set-up für eine PCR
Die PCR ist ein System mit dem man spezifische DNA-Sequenzen außerhalb des lebenden Organismus, in vitro, vermehren bzw. kopieren kann. Dafür nutzt man Enzyme und Bausteine, die auch in den Körperzellen für die Verdopplung der DNA zuständig sind. Das passiert im Körper bei der Zellteilung, zum Beispiel bei der Entwicklung des Embryos.
Die DNA, die man vermehren möchte, wird oft als Ausgangs-DNA bezeichnet. Sie wird zu Beginn des Prozesses zusammen mit den Vermehrungs-Enzymen und -Bausteinen in eine Reaktionsgefäß gegeben. In diesem Molekül-Mix sind immer sehr ähnliche Stoffe enthalten.
Zum einen die einzelnen “DNA-Buchstaben” Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin. Aus diesen Bausteinen ist die DNA aufgebaut. Dazu kommt eine sogenannte DNA-Polymerase, ein Enzym, das diese Bausteine zusammensetzen kann. Dann kommen noch die Primer dazu. Sie zeigen der Polymerase, wo sie mit dem Zusammensetzen der DNA-Bausteine anfangen soll.
Die DNA wird also mit den DNA-Buchstaben, der Polymerase und den Primern zusammen in ein Reaktionsgefäß gegeben. Zum Beispiel ein kleines Röhrchen. Das wird dann in einen sogenannten Thermocycler gesteckt. Das ist ein Gerät, das automatisch die Temperatur verändern kann und das Röhrchen während der PCR sowohl erhitzt als auch abkühlt.
Der Ablauf der PCR
Das Grundprinzip der PCR ist relativ einfach und basiert darauf, dass die verschiedenen Schritte der Polymerasekettenreaktion jeweils nur bei bestimmten Temperaturen stattfinden.
1. Denaturierung
Als erstes wird die Ausgangs-DNA, die man vervielfältigen möchte, denaturiert. Dafür wird das Reaktionsgefäß im Thermocycler auf 94 bis 96 Grad Celsius erhitzt.
Das führt dazu, dass sich die beiden DNA-Stränge voneinander lösen. Die DNA ist ein Doppelhelix, die aus zwei komplementären Strängen aufgebaut ist. Komplementär bedeutet, dass der Aufbau der beiden Stränge voneinander abhängig ist und man von einem der beiden Stränge der DNA immer auf den Aufbau des anderen schließen kann.
Nach der Denaturierung liegt die DNA also als Einzelstrang vor. Sie ist jetzt sozusagen frei, um neu gepaart zu werden.
2. Anlagerung
Jetzt wird die Temperatur auf unter 72 Grad Celsius gesenkt. Die Primer werden aktiv. Auch die Primer sind komplementär zur DNA, allerdings jeweils nur zu einem sehr kleinen Abschnitt, an den sie sich jetzt anlagern können.
Wenn der Primer keinen genau passenden DNA-Abschnitt findet, kann er sich nicht anlagern. Die Primer sind also Gen-spezifisch. Im Fall der Corona Tests, sind sie auf bestimmte Gene des SARS-CoV-2 Virus abgestimmt. Und zwar auf Gene, die in dieser Form nur in SARS-CoV-2 vorkommen.
3. Verlängerung
Nach der Anlagerungsphase folgt die Verlängerung der DNA, bei circa 72 Grad Celsius. Ausgehend von den Primern bauen die Polymerasen einen neuen Strang an die freiliegenden Stränge der Ausgangs-DNA an. Es bilden sich neue Doppelstränge. Aus einer Ausgangs-Doppelstrang-DNA werden zwei.
Damit ist der erste Zyklus der PCR, bestehen aus Denaturierung, Anlagerung und Verlängerung abgeschlossen. Um die DNA weiter zu vervielfältigen, wird die Temperatur vom Thermocycler einfach wieder auf 94 Grad Celsius hochgefahren und der Prozess beginnt von vorne. Die Menge der DNA wächst dabei immer mehr, weil jedes Mal eine größer Anzahl an Vorlagen zur Verfügung steht. Daher der Begriff “Kettenreaktion”. Hier im Bild ist das Ganze nochmal grafisch dargestellt.

Bei der Durchführung von PCRs gibt es leichte Variationen. Die Temperaturen der jeweiligen Schritte kann zum Beispiel je nach den genutzten Primern leicht variieren. In machen Fällen wir Anlagerung und Verlängerung auch im gleichen Temperatur-Schritt gemacht.
Von Virus-RNA zu DNA
Das Corona-Virus hat jedoch keine DNA, sondern RNA. Das Erbgut liegt also in anderer Form vor. Der Corona-Test ist darum keine einfach PCR, sondern eine RT-PCR. RT steht für Reverse Transkriptase. Ein Enzym, das RNA in DNA umschreiben kann. Das passiert in einem Schritt vor der eigentlichen PCR, aber im gleichen Reaktionsgefäß.
Genau wie die Polymerase braucht auch die Reverse Transkriptase einen Primer, der ihr hilft einen Startpunkt zu finden. Ausgehend von dem Primer setzt die Reverse Transkriptase dann die komplementären DNA-Bausteine an die Virus-RNA. Der so entstehende DNA-Strang enthält also die gleichen genetischen Informationen, wie das Virus-Genom.
Nach der Trennung des DNA-RNA Doppelstrangs durch erhitzen, wird der DNA-Strang als Vorlage für die PCR genutzt. Danach laufen die Zyklen wie bei der normalen PCR.
Auch hier gibt es im Ablauf leichte Variationen, ähnlich wie bei der normalen PCR.
Leuchtende Gene als Erkennungsmerkmal
Der Corona-Test hat allerdings noch eine weitere Besonderheit. Es handelt sich um eine Sogenannte Real-Time PCR (abgekürzt wird das mit einem q oder r. Beim Corona-Test zum Beispiel RT-qPCR, manchmal auch qRT-PCR). Das bedeutet, dass man schon während der Laufzeit sehen kann, ob sich SARS-CoV-2 Gene in der Probe befinden. Das funktioniert über Fluoreszenz.
Bei der Real-Time PCR befinden sich neben den Gen-spezifischen Primern noch sogenannten DNA-Sonden im Reaktionsgefäß. Diese Sonden sind wie der Primer Gen-spezifisch und binden nur an den gesuchten Coronavirus-Genabschnitt, und zwar während der Ablagerungsphase, in der auch der Primer bindet. Die Sonden haben eine Fluoreszenzmarkierung, die allerdings inaktiv ist, solange die Sonde intakt ist.
Die Sonde bleibt aber nicht intakt. Wenn nach der Ablagerungsphase die Polymerase mit der Verlängerung beginnt, ist die Sonde im Weg. Sie wird während der Verlängerung durch die Polymerase zerstört. Das setzt die Fluoreszenz frei und die Probe beginnt zu leuchten.
Artikel Abschnitt: Was besagt der CT-Wert?
Was besagt der CT-Wert?
Ein Zyklus besteht wie bei der normalen PCR aus Denaturierung, Anlagerung und Verlängerung. Allerdings zerren die ständigen Temperaturwechsel an der Polymerase, den Primern und den Sonden. Eine PCR kann deshalb nicht endlos laufen. Im Falle der Corona-Tests ist meistens nach 40 bis 42 Zyklen Schluss.
Wann die PCR nicht mehr funktioniert, kann man an sogenannten Kontrollen sehen. Zum Beispiel an einem Röhrchen, das kein Virusmaterial enthält, aber die DNA-Sonden. Wenn aus diesem Röhrchen eine positives Signal gemeldet wird, ist klar, dass die Sonden sich zersetzen und die PCR nicht mehr funktioniert.
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Artikel Abschnitt: Wie zuverlässig sind die Corona-Tests?
Wie zuverlässig sind die Corona-Tests?
Sensitivität und Spezifität
Allerdings ist kein Test fehlerfrei. Positive und negative Testergebnisse können also auch mal falsch liegen. Wie verlässlich ein bestimmtes Testverfahren ist, wird zunächst durch zwei Parameter bestimmt:
- Die Sensitivität eines Tests gibt an, bei wie viel Prozent der Infizierten ein Test die Infektion auch wirklich erkennt. Ein Test mit einer Sensitivität von 99 Prozent identifiziert 99 von 100 Infektionen und eine nicht. Eine Person hat also ein falsch-negatives Ergebnis. Heißt: Je höher die Sensitivität ist, desto sicherer erfasst ein Test die Erkrankung.
- Die Spezifität gibt an, zu wie viel Prozent ein Test eine gesunde Person auch als gesund erkennt. Ein Test mit einer Spezifität von 95 Prozent liefert bei 95 von 100 gesunden Menschen ein negatives Ergebnis. Bei fünf Gesunden schlägt der Test allerdings trotzdem an und erkennt sie fälschlicherweise als infiziert. Er liefert also bei fünf Personen ein falsch-positives Ergebnis.
Selten so gut wie angegeben
Hersteller geben oft eine nahezu 100-prozentige Sensitivität und Spezifität für PCR-Tests an. Diese guten Werte gelten zunächst aber nur unter Laborbedingungen. Sie dürften in der Praxis selten erreicht werden, schon weil beim Testen selbst Unsicherheitsfaktoren hinzukommen. So können bei der Entnahme der Proben Fehler passieren oder die Proben falsch transportiert werden.
Auch der Zeitpunkt der Probenentnahme spielt eine Rolle dafür, ob überhaupt noch Viren nachweisbar sind. So zeigt eine im Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie eines deutschen Forschungsteams: Abstrichproben aus dem Rachen enthalten vermehrungsfähige Viren nur bis zum vierten, aus dem Sputum bis zum achten Tag nach Symptombeginn.
Fakt ist auch: Es gibt nicht den einen Test. Es gibt viele verschiedene Tests, die alle ein bisschen unterschiedlich sind. Sie zielen zum Beispiel auf verschiedene Virus-Gene und haben dadurch unterschiedliche Primer und unterschiedliche Fluoreszenz-Sonden. Sogar innerhalb der einzelnen Labore werden unterschiedliche Tests verwendet. Zum einen, um nach mehreren verschiedenen Genen zu suchen oder Ergebnisse zu prüfen. Aber auch, weil es wegen der hohen Nachfrage manchmal Lieferengpässe gibt. Denn die Sonden und Primer für die Tests müssen extra hergestellt werden.
In Tests schneiden die Labore gut ab
Ein Ringversuch im April hat gezeigt, dass die in den Laboren in der Praxis verwendeten Tests eine hohe Qualität haben. Zumindest in den Laboren, die an der Vergleichsuntersuchung teilgenommen haben. Insgesamt waren es 463 – davon 284 aus Deutschland. Für die Untersuchung der Testgenauigkeit in den Laboren wurden genormte Proben mit einer definierten Virusmenge zentral hergestellt und verschickt. Ohne den Laboren mitzuteilen, ob und wieviel Virus in den Proben enthalten ist.
Die Proben wurden in 97,9 Prozent der Fälle richtig als positiv bzw. negativ erkannt. Die Sensitivität lag dabei jeweils über 98 Prozent. Die Spezifität zwischen 93 Prozent (in einer sehr hohen Verdünnung des Virus) und 98.8 Prozent. Das bedeutet, dass Test eher falsch negativ, als falsch positiv waren. Auch in wissenschaftlichen Studien wurde die Qualität von verschiedenen Tests untersucht. In den meisten Fällen mit ähnlich guten Ergebnissen.
Untersuchung auf mehrere Gene verbessert die Genauigkeit
Um die Genauigkeit der Test weiter zu erhöhen, werden in vielen Laboren Multiplex-PCRs eingesetzt. Das bedeutet, dass in einem Ansatz unterschiedliche DNA-Sonden und Primer sind, die auf verschiedenen Gene ausgerichtet sind. Sonden für verschiedene Gene haben dabei unterschiedliche Fluoreszenzfarben. Weil im Fall von Corona oft nach zwei verschiedenen Genen gesucht wird, spricht man auch von Dual-Targeting. Diese doppelte Untersuchung der Probe verfeinert die Sensitivität der Tests noch einmal deutlich (im Ringversuch wurde jeweils nur auf ein Gen getestet). Wenn Virus-Gene in der Probe sind, dann können sie mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99% auch nachgewiesen werden. Darin stimmen alle Labormediziner und Virologen, mit denen wir gesprochen haben, überein.
Falsch-positiv und Falsch-negativ
Hin und wieder kann es aber zu falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen kommen. Falsch negativ heißt, dass der Patient infiziert ist, aber einen negativen Corona-Test hat. Falsch positiv bedeutet, dass der Patient gesund ist, aber einen positiven Corona-Test kriegt. Wie oft das passiert hängt auch von der Vortestwahrscheinlichkeit ab. Sie beschreibt, wie hoch das Risiko ist, dass eine Person überhaupt mit dem Virus infiziert sein könnte. Zum Beispiel abhängig von Symptomen oder der Anzahl der Erkrankten im Umfeld.
Die Wahrscheinlichkeit eines falsch negativen Tests ist übrigens höher als eines falsch positiven Tests. Einfach weil bei der Probenentnahme und Verschickung einiges schief gehen kann. Oder weil der Betroffenen vielleicht ganz am Anfang der Erkrankung steht und zu früh getestet wurde. Beides kann dazu führen, dass sich trotz Infektion kein Virusmaterial in der Probe befindet.
Die Vortestwahrscheinlichkeit: Wie hoch ist das Risiko für eine Infektion überhaupt?
Sensitivität und Spezifität zeigen nur auf, wie viele Personen in einer Gruppe von infizierten Personen auch als solche erkannt werden (Sensitivität) und wie viele Personen in einer Gruppe von gesunden Menschen richtig als gesund erkannt werden (Spezifität).
Für die Aussagekraft der Tests ist noch ein weiterer Faktor wichtig: die sogenannte Vortestwahrscheinlichkeit. Sie beschreibt, wie hoch das Risiko ist, dass eine Person überhaupt mit dem Virus infiziert sein könnte.
Also: Hatte die Person vor dem Test Kontakt mit Infizierten? Kommt sie aus einem Risikogebiet? Zeigt sie Krankheitssymptome und sind diese mit Covid-19 vereinbar? Dabei spielt auch eine Rolle, wie viele Menschen in der gesamten Bevölkerung oder der untersuchten Gruppe gerade infiziert sind. Je höher der Anteil an Infizierten ist, umso größer ist auch das Ansteckungsrisiko – und damit die Vortestwahrscheinlichkeit.
Bei hohem Infektionsrisiko sind positive Testergebnisse sehr sicher
Grundsätzlich gilt: Je wahrscheinlicher es ist, dass sich eine Person tatsächlich infiziert hat, desto höher ist auch die Aussagekraft eines positiven Tests. Mit anderen Worten: Hatte eine Person engen und längeren Kontakt mit einem Covid-19-Patienten, so ist ein positiver PCR-Test mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit richtig.
Auf der anderen Seite steigt unter diesen Bedingungen der Anteil von Personen, die fälschlicherweise als negativ getestet werden. Denn es gibt schlicht einen größeren Pool an infizierten Personen, die überhaupt ein falsch-negatives Testergebnis erhalten können. Heißt also: Wenn das Ansteckungsrisiko in der Bevölkerung generell hoch ist, das Virus also stark verbreitet ist, dann steigt die Zahl der Infizierten, die trotz Test nicht als infiziert erkannt werden. Es bleibt also ein höherer Anteil an Infizierten unentdeckt.
Das ist extrem wichtig für die Einschätzung von Testergebnissen. Denn: War eine Person mit einem Infizierten in engem Kontakt und hat damit ein hohes Infektionsrisiko, dann ist ein einzelner negativer Test kein Freibrief – und auch kein Anlass, die Quarantänezeit zu verkürzen. So empfiehlt es auch das Robert-Koch-Institut. Aber: „Bei unsicheren Testergebnissen kann durch die Wiederholung und Kombination verschiedener Tests die Aussagekraft der Testergebnisse gesteigert werden“, sagt Martin Hellmich, Leiter der Arbeitsgruppe Medizinische Statistik an der Universität Köln.
Ist das Ansteckungsrisiko gering, steigt der Anteil falsch-positiver Tests
Nehmen wir das gegenteilige Szenario an: Das Ansteckungsrisiko ist sehr gering, da es zum Beispiel nur sehr wenige Infektionen in der Bevölkerung gibt. Unter diesen Voraussetzungen sind negative Testergebnisse ziemlich sicher richtig. Gesunde Personen werden also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als gesund identifiziert.
Gleichzeitig steigt jedoch der Anteil der falsch-positiven Tests: Personen erhalten zwar ein positives Testergebnis, sind aber gar nicht mit SARS-CoV-2 infiziert. Denn bei insgesamt wenig Infizierten gibt es einen viel größeren Pool an gesunden Menschen, die ein falsch-positives Testergebnis erhalten können.
Fazit: Massentests machen nicht immer Sinn
Wir wissen: Es ist kompliziert. Daher hier ein kleines Gedankenexperiment, um zu veranschaulichen, welchen Effekt ein hohes oder niedriges Risiko für eine Erkrankung auf das Testergebnis hat. Für die Berechnung nutzen wir für Spezifität und Sensitivität die Mittelwerte, die die Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien für PCR-Testungen in 488 Laboren aus 36 Ländern ermittelt hat: eine Sensitivität von 99,3 Prozent und eine Spezifität von 98,2 Prozent.
Der dritte Einflussfaktor auf das Testergebnis, das Infektionsrisiko, ist grundsätzlich natürlich für jeden Menschen individuell unterschiedlich – je nachdem, ob er mit einer infizierten Person in engerem Kontakt war, zum Beispiel auf einer Party. Für unsere Rechnung gehen wir aber davon aus, dass quer durch die Bevölkerung getestet wird. So hat jede getestete Person das gleiche Risiko für eine Infektion. Je nach Vortestwahrscheinlichkeit ergeben sich so verschiedene Werte:
1. Hohe Vortestwahrscheinlichkeit:
Gehen wir davon aus, dass sich 80 von 100 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infizieren. Das heißt, das Risiko der Bevölkerung, sich zu infizieren, liegt im Durchschnitt bei 80 Prozent. Unter diesen Voraussetzungen würden in der Regel 80 von 100 getesteten Menschen richtigerweise als positiv getestet werden. Keine Person würde ein falsch-positives Testergebnis erhalten.
2. Niedrige Vortestwahrscheinlichkeit:
Gehen wir nun davon aus, es ist nur einer von 100 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert. Das Risiko, sich zu infizieren, liegt im Durchschnitt bei 1 Prozent. Unter diesen Voraussetzungen würde eine Person von 100 getesteten Menschen richtigerweise als positiv getestet werden: Zwei Personen würden jedoch ein falsch-positives Testergebnis erhalten, heißt: positives Testergebnis, aber gar nicht infiziert. Dieser Anteil an falsch-positiven Ergebnissen steigt sogar noch weiter an, wenn das Infektionsrisiko noch unter einem Prozent liegt.
Beliebtes Argument für Verschwörungsideologen
Dieser statistische Zusammenhang wird auch von Verschwörungsanhängern für ihre Argumentation herangezogen, dass das Coronavirus eigentlich gar nicht existiert. Sie behaupten: Die Infektionsrate in Deutschland sei so niedrig, dass alle gemeldeten Fälle in Wirklichkeit auf falsch-positive Testergebnisse zurückzuführen seien, Corona also gar nicht existiere. In anderen Worten: Die Vortestwahrscheinlichkeit liege bei null.
Doch ihre Argumentation hat einen Haken: „Wenn quer durch die Bevölkerung getestet würde, läge die Falsch-positiv-Rate bei der aktuell niedrigen Infektionsrate tatsächlich hoch“, sagt Walter Krämer von der Fakultät Statistik an der TU Dortmund. Das passiere aber nicht – vielmehr finde eine Vorselektion statt, sodass im Normalfall nur auf Verdacht getestet werde. Darüber hinaus lassen sich Falsch-Positive im Verdachtsfall vermeiden, indem doppelt getestet wird. Dadurch reduziert sich auch die Rate von Falsch-Positiven.
Das Robert-Koch-Institut rät in seiner Nationalen Teststrategie deshalb auch klar davon ab, die gesamte Bevölkerung ohne Verdacht querbeet durchzutesten – und empfiehlt ein zielgerichtetes Vorgehen. Getestet werden sollen vor allem:
- Personen mit Covid-19-spezifischen Symptomen
- Menschen, die mit einem Corona-Infizierten in engeren Kontakt gekommen sind
- Einreisende aus Risikogebieten
- medizinisches und Pflegepersonal
- und Bewohner von Betreuungseinrichtungen und Patienten.
Fazit: Testergebnis im Kontext interpretieren
Ein Testergebnis muss immer in seinem Kontext interpretiert werden. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist eine positiv getestete Person tatsächlich positiv und eine negativ getestete tatsächlich negativ?
„Sollte es doch zu Massentestungen in Deutschland kommen, so muss die Bevölkerung über die Möglichkeit falsch-positiver, aber auch falsch-negativer Tests unbedingt aufgeklärt werden“, fordert Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz an der Universität Potsdam. Das Problem: Bei falsch-negativen Ergebnissen würden sich Infizierte in falscher Sicherheit wiegen und könnten zu Superspreadern werden.
Artikel Abschnitt: Bedeutet ein positiver Test, dass man erkrankt ist?
Bedeutet ein positiver Test, dass man erkrankt ist?
Ob man erkrankt und/oder infektiös ist, hängt auch davon ab, wie viel Viren im Körper sind. Die Viruslast kann man über den oben beschrieben CT-Wert abschätzen.
Der CT-Wert ist die Zahl der Zyklen, die eine PCR gelaufen ist, bis das Virus anhand der Fluoreszenz nachgewiesen werden kann.
Der CT-Wert steht in Bezug zu Viruslast des Abstrichs (oder der Probe), der untersucht wird. Je geringer die Viruskonzentration in der Probe, desto länger dauert es, bis eine Fluoreszenz gemessen werden kann. Der CT-Wert kann allerdings aus diversen Gründen nur als Hinweis auf die Infektiosität einer Patientin betrachtet werden und keine direkte Aussage dazu machen.
CT-Wert der Probe ist ungleich CT-Wert des Patienten
Ein hoher CT-Wert bedeutet zwar, dass der untersuchte Abstrich wenig Viren enthalten hat. Das heißt aber NICHT, dass auch der Patient selbst nur eine geringe Viruslast hat. Es kann einfach daran liegen, dass der Abstrich schlecht ausgeführt wurde, oder es Probleme bei der Lagerung und dem Transport gegeben hat. Selbst das Stäbchen, das für den Abstrich verwendet wird, kann Auswirkung auf seine Qualität haben. Denn hier gibt es verschiedenen Modelle. Dazu kommen Schwankungen je nach Ort des Abstrichs. Einen hoher CT-Wert sagt also nicht direkt etwas über die Infektiosität der Betroffenen aus.
Hoher CT-Wert bedeutet nicht gesund
Kritiker bemängeln, dass man mit einem positiven PCR-Test mit hohem CT-Wert eigentlich falsch positiv ist. Zumindest, wenn der Viral-Load so gering ist, dass man aus der entsprechenden Probe im Labor kein Virus mehr anzüchten kann. Das ist laut dem Robert Koch Institut ab einem CT-Wert von 30 der Fall.
Tatsächlich ist es aber so, dass der CT-Wert je nach Test unterschiedlich sein kann. Auch die einzelne Maschine, in der der Test stattfindet, kann einen Einfluss haben. Die CT-Werte lassen sich also nicht von Labor zu Labor vergleichen.
Trotzdem wird der CT-Wert in den Laboren genau beobachtet. Die Tests werden von speziell geschultem Personal durchgeführt, das sich mit der Interpretation der Ergebnisse gut auskennen. Wenn CT-Werte grenzwertig wirken oder Resultate uneindeutig sind, werden Tests wiederholt. Gegebenenfalls mit einer neuen Probe. Das entspricht auch den Empfehlungen des Robert Koch Instituts.
Maschinen eichen?
Man kann die einzelnen Maschinen natürlich eichen, indem man einen Standard mitlaufen lässt: Eine Probe, die eine fixe Anzahl an Viren enthält. Durch einen Vergleich mit dem CT-Wert der Standardprobe könnte man auf die Viruskonzentration in den Proben von Patienten zurückschließen. Man hätte dann aber weiterhin das Problem, dass die Aussage sich nur auf die Viruslast des Abstrichs, nicht auf den Patienten allgemein bezieht.
Das Ergebnis eines PCR-Tests muss immer im Zusammenhang betrachtet werden.
Falls ein hoher CT-Wert tatsächlich auf eine niedrige Viruslast im Patienten zurückzuführen ist, kann das außerdem zwei Dinge bedeuten: Die Infektion ist auf dem abklingenden Ast, oder die Infektion fängt grade erst an. In beiden Fällen habe Betroffene eine geringe Viruslast.
Weitere wichtige Punkte sind zum Beispiel:
- hatten die getesteten Personen Risikokontakte?
- kommen sie aus einem Risikogebiet?
- arbeiten sie in einem besonders gefährdeten Bereich?
- haben sie typische Corona-Symptome?
Das Ergebnis eines Corona-Test ist keine komplette Diagnose, sondern vielmehr ein Indiz. Sie ist ein Hinweis auf die Infektiosität des Patienten, der im Kontext betrachtet werden muss.
Aber: Quarantäne bei positivem Testresultat macht trotzdem Sinn
Ein positiver PCT-Test ist zwar kein Nachweise für eine aktive Infektion, aber er ist trotzdem Nachweis für eine Infektion. Auch bei einem hohen CT-Wert. Denn SARS-CoV-2 gehört nicht zur Standard-Besiedlung des menschlichen Körpers. Wenn das Virus in der Probe vorhande ist, wurde die getestete Person infiziert.
Das man Menschen mit positiven Tests aber hohem CT-Wert nach Hause und in Quarantäne schickt, macht Sinn. Weil man nur anhand des PCR-Tests eben nicht ablesen kann, in welchem Stadium einer Infektion sich die getestet Person befinden oder wie ansteckend sie sind. In einer Situation, in der man die Ausbreitung einer Krankheit möglichst verhindern möchte, sollte man alle Infizierten isolieren, anstatt die mögliche Ansteckung Anderer in Kauf zu nehmen.
Artikel Abschnitt: Wie funktionieren Schnelltests?
Wie funktionieren Schnelltests?
Auch für die Schnelltest wird eine Probe aus dem Nasenrachenraum gesammelt. Anschließend wird das Probenmaterial in eine Flüssigkeit gegeben, um die Proteine zu lösen. Danach werden wenige Tropfen in das Testkit gegeben und wandern über einen Papierstreifen.
Ergebnis nach 15 Minuten
Ein großer Vorteil der Antigen-Tests besteht darin, dass zwischen Probenentnahme und Ergebnis nur 10 bis 15 Minuten vergehen. Deshalb könnten gerade die Antigen-Schnelltests helfen, Infizierte früher zu finden. Der Grund: Aus Studien weiß man, dass man die höchste Viruslast hat, bevor man überhaupt etwas von der Krankheit bemerkt. Gerade dann kann man andere Menschen leicht anstecken – auch wenn man sich gesund fühlt.
Die Tests könnten in vielen Situationen sinnvoll sein:
- Akuter Ausbruch: Mit Schnelltests verringert sich die Zeit, bis erste Informationen über Größe und Umfang eines Ausbruchs vorliegen, egal ob in Pflegeheimen oder Schulen. Schnelltests verringern die Zeit, in denen Menschen unbemerkt weitere Personen infizieren.
- Akute Erkrankung: Sobald Antigen-Schnelltests bei Infizierten negative Ergebnisse liefern, ist die Viruslast womöglich so niedrig, dass sie etwa wieder aus der Quarantäne entlassen werden können.
- Vorsorge bei Risikogruppen: Um vulnerable Personen zu schützen, könnten sich etwa Besucher von Pflege- und Altersheimen vor einem Besuch der Verwandten testen lassen.
- Vorsorge bei Schulbetrieb oder Veranstaltungen: Bei großen Personenzahlen sind PCR-Tests zu aufwändig, zu teuer und durch die Verzögerung bis zum Ergebnis unpraktisch. Schnelltests könnten die Gefahr von Superspreading-Events eindämmen.
Das heißt: Mit den Antigen-Schnelltests erhöht man die Chance, genau die Menschen zu finden, die vermutlich sonst unwissentlich andere Menschen angesteckt hätten.
Antigen-Tests lösen aber nicht alle Probleme
Die Schnelltests sind insgesamt weniger genau als PCR-Nachweise. Sie erkennen im direkten Vergleich Kranke seltener als krank, Gesunde seltener als gesund. Die Herstellerangaben für Schnelltests, die in Deutschland vom BfArM gelistet sind, sprechen in der Regel von einer Trefferquote zwischen 95-99 Prozent.
Dabei muss aber eines klar sein: Ein negatives Testergebnis mit einem Antigen-Schnelltest bedeutet nicht, dass man nicht infiziert ist. Es bedeutet aber, dass man an diesem Tag mit hoher Wahrscheinlichkeit niemanden ansteckt – denn gerade dann, wenn man besonders infektiös ist, schlägt der Test auch genauer an.
Artikel Abschnitt: Wann sind Antikörper-Tests sinnvoll?
Wann sind Antikörper-Tests sinnvoll?
Anfangs wurde daher große Hoffnung in Antikörper-Studien gesetzt, um Einblicke in die Dunkelziffer zu bekommen. Neue Ergebnisse zeigen jedoch, dass Infizierte ohne Krankheitssymptome teilweise gar keine Antikörper mehr aufweisen können. Andere Bestandteile des Immunsystems haben das Virus in den ersten Tagen der Infektion bereits bekämpft.
Ob wir nach einer Infektion immun sind, das erklären wir hier.
Solch verfügbare Tests zeigen vermeintlich in bis zu 99,9 Prozent der Fälle richtig an, ob Personen Antikörper haben. Allerdings weichen Herstellerangaben und Untersuchungsergebnisse von Wissenschaftlern immer wieder voneinander ab. Meist liegt die Trefferquote niedriger.
Die Trefferquoten unterscheiden sich
Bei rund 90 Prozent und mehr sollen sie richtig feststellen, wenn keine Antikörper vorliegen. Das Problem: Je größer die Stichprobe und je geringer der Anteil an immunen Personen, desto mehr falsche Ergebnisse entstehen. Von einer Million Untersuchten ohne vorherige Infektion würde ein Test mit 90-prozentiger Genauigkeit 100.000 Menschen fälschlicherweise als immun kennzeichnen.
Wichtig ist auch der Zeitpunkt des Tests. Der Körper bildet Antikörper erst nach einiger Zeit, teilweise sind bereits drei Wochen vergangen, ehe man die wichtigsten Antikörper zuverlässig nachweisen kann. Denn nicht alle schaffen es, das Virus selbstständig zu bekämpfen.
Antikörpertests sind daher nicht für den akuten Nachweis einer Infektion geeignet.
Welche Antworten die Antikörpertests aus der Heinsberg-Studie liefern, haben wir hier erklärt.
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Artikel Abschnitt: Wer testet und wo passiert das?
Wer testet und wo passiert das?
Der wichtigste Hinweis: Im Verdachtsfall sollte man sich vorerst telefonisch melden und nicht einfach eine Arztpraxis oder Klinik aufsuchen. Dort wird man oftmals direkt wieder nach Hause geschickt. Verdachtsfälle sollten sich daher telefonisch entweder an den Hausarzt oder an eine der offiziellen Hotlines wenden. In Deutschland ist das die 116 117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes.
Zusätzlich gibt es in vielen Bundesländern spezielle Hotlines, an die man sich wenden kann.
Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreist, kann sich auch direkt in vielen Flughäfen und Bahnhöfen in speziell eingerichteten Testzentren auf eine mögliche Infektion testen lassen.
Quellenangaben zum Artikel:
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Artikel Überschrift:
Wir haben vor ein paar Tagen unsere neue Seite https://corona-station.com/de/ ins Leben gerufen, in welcher sämtliche Corona Test- und Impfstationen in Deutschland gelistet sind. Die Seite wird ständig aktualisiert, also täglich kommen neue Impf- und Teststationen dazu. Sicherlich auch für den ein oder anderen Leser hier interessant, der in seiner… Weiterlesen »
Die WHO hat einen Hinweis herausgegeben, der alle Benutzer sogenannter IVD-zertifizierter PCR-Tests betrifft und klarstellt, dass ein positiver PCT-Test allein KEIN HINREICHENDER GRUND ist, von einer Infektion zu sprechen. Insbesondere schwach positive Tests (= sehr geringe Virenlast in den Ausgangsproben) sollen erneut nachgetestet werden. >> WHO guidance Diagnostic testing for… Weiterlesen »
Hallo Micha, danke, dass du uns auf die neuen Informationen der WHO hinweist. Es gehört zur Wissenschaft dazu, dass sich Ansichten ändern und dementsprechend auch unsere Ansichten! Insofern erkennen wir diese Erkenntnisse natürlich an.
Leider wird das nicht öffentlich diskutiert, wird der Fakt mittlerweile in den täglichen Fallzahlen berücksichtigt, Ich glaube nicht. Es wird uns allen wissenschaftliche Daten vorgegaukelt. Ich finde es so erbärmlich wie wir behandelt werden. Ich hätte mir so eine Situation niemals vorstellen können.
Ich finde deine Interpretation nicht ganz richtig.
(KEIN HINREICHENDER GRUND ist, von einer Infektion zu sprechen)
Das steht so nicht im Text.
(Insbesondere schwach positive Tests (= sehr geringe Virenlast in den Ausgangsproben) sollen erneut nachgetestet werden.)
Es geht ausschließlich um die schwachen Testergebnisse in Anbetracht der CT Durchläufe.
liebe quarks macher, herrn mullis, einen verstorbenen nobelpreisträger, als „schrägen vogel“ zu bezeichnen ist unanständig und beleidigend. er kann sich nicht wehren. bitte nehmen sie diesen despektierlichen satz umgehend heraus. für einen öff. rechtl. sender gehört sich diese form der berichterstattung nicht. über herrn trump würden sie das nicht schreiben,… Weiterlesen »
Guter Artikel!
Leider sind einige der Aussagen im Artikel so gefasst das falsche Rückschlüsse daraus gezogen werden können. – ja am Anfang wurde hauptsächlich nur bei Verdacht getestet. Allerdings hat sich dies im Laufe der Zeit stark verändert. Leider genau zu einem Zeitpunkt als die Prävalenz eher als sehr niedrig einzustufen gewesen… Weiterlesen »
„Es wäre zum Beispiel denkbar, dass sich harmlose Mutationen des SARS-Coronavirus schon lange unter uns befinden…“ „Es könnte nämlich sein das man insgesamt mehr Schaden anrichtet…“- so weit lese ich bei Ihnen vages Halb-Wissen zur Verunsicherung und Unterstützung von Pandemie-Ignoranz. Die Fallsterblichkeit der 1. und 2. Welle passen zu dem… Weiterlesen »