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Jungs und Mädchen
Darum kommt die Pubertät immer früher
Genervt mit neun, aufsässig mit zehn, unerträglich mit elf. Und schon setzt die erste Regelblutung ein. Die Pubertät kommt immer früher – aber woran liegt das?
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Inhalt
- Welche Hormone sind für die Pubertät verantwortlich?
- Woher weiß ich, wie weit mein Kind in der Pubertät ist?
- Kommt die Pubertät tatsächlich immer früher?
- Was hat die Pubertät mit dem Gewicht zu tun?
- Was ist mit Umweltgiften?
- Wie wirkt sich Stress auf die sexuelle Reifung aus?
- Frühe Pubertät – was sind die Folgen?
- Mein Kind ist früh dran – und nun?
- Welche Hormone sind für die Pubertät verantwortlich?
- Woher weiß ich, wie weit mein Kind in der Pubertät ist?
- Kommt die Pubertät tatsächlich immer früher?
- Was hat die Pubertät mit dem Gewicht zu tun?
- Was ist mit Umweltgiften?
- Wie wirkt sich Stress auf die sexuelle Reifung aus?
- Frühe Pubertät – was sind die Folgen?
- Mein Kind ist früh dran – und nun?
Artikel Abschnitt: Welche Hormone sind für die Pubertät verantwortlich?
Welche Hormone sind für die Pubertät verantwortlich?
Die Pubertät beginnt im Kopf – im wahrsten Sinne des Wortes – und zwar mit ungefähr neun oder zehn Jahren. Das Zwischenhirn bildet dann bestimmte Freisetzungshormone, die auf die Hirnanhangsdrüse wirken. Diese Drüse, die auch Hypophyse genannt wird, produziert daraufhin die sogenannten Gonadotropine. Diese Hormone regen die Geschlechtsdrüsen (also die Hoden und die Eierstöcke) dazu an, Sexualhormone zu bilden. Bei den Jungen sind das hauptsächlich Testosteron und Progesteron, bei den Mädchen Östrogen und Progesteron.
Testosteron bewirkt bei Jungen vor allem eine Vergrößerung der Hoden und des Penis und die Reifung der Samenzellen. Durch die Einwirkung des Progesterons kommt es zur Ausbildung des Adamsapfels und mit der Vergrößerung des Kehlkopfes zum Stimmbruch.
Bei Mädchen führen die Geschlechtshormone zum Brustwachstum und zum Einsetzen der Regelblutung. Hüfte und Becken werden dann meist etwas breiter. Ein erster Eisprung findet aber erst statt, wenn der Zyklus etwas regelmäßiger geworden ist.
Artikel Abschnitt: Woher weiß ich, wie weit mein Kind in der Pubertät ist?
Woher weiß ich, wie weit mein Kind in der Pubertät ist?
Artikel Abschnitt: Kommt die Pubertät tatsächlich immer früher?
Kommt die Pubertät tatsächlich immer früher?
Diese Tendenz ist nicht neu. Schon 1994 stellte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) fest, dass die erste Menstruation 1,3 Jahre und der erste Samenerguss 1,6 Jahre früher als noch 1980 erfolgten. Und es wird immer früher:
Eine dänische Studie von 2018 zeigt, dass das Eintrittsalter in die Pubertät bei beiden Geschlechtern noch weiter gesunken ist. Die Zahlen stammen aus der Nationalen Geburtenkohorte Dänemarks und gelten unter Wissenschaftler:innen als ziemlich verlässliche Quelle. In der Kohorte werden Kinder der Geburtsjahrgänge 2000 bis 2003 seit der Schwangerschaft ihrer Mütter begleitet. Ab dem Alter von etwa elf Jahren wurden über 22.000 Kinder alle sechs Monate zu ihrer körperlichen Entwicklung befragt.
Das Ergebnis: Bei Mädchen setzten die Veränderungen der Brust mit 10,5 Jahren ein. Die Menarche erreichten die Mädchen mit durchschnittlich 13 Jahren und die Pubertät abgeschlossen hatten die Mädchen mit 15,8 Jahren. Verglichen haben das die Forschenden mit dem Einsetzen der Regelblutung der Mütter, die waren seinerzeit gut 3,6 Monate älter als ihre Töchter heutzutage – innerhalb einer Generation.
Doch genau das ist das Problem beim Ermitteln, ob die Pubertät früher einsetzt oder nicht: Die meisten Zahlen beruhen auf Befragungen der Kinder – und die müssen nicht immer zutreffen. Daher wird meist das Alter bei der ersten Regelblutung herangezogen. Nicht etwa, weil nur die Mädchen früher pubertieren, sondern weil sich die meisten Frauen an die Umstände ihrer ersten Monatsblutung sehr gut erinnern.
Hat sich auch bei Jungen etwas verschoben?
Ja, auch Jungs pubertieren heute eher als noch vor Jahrzehnten. Laut der dänischen Studie von 2018 begann die Pubertät bei den Jungen im Alter von durchschnittlich 11,1 Jahren mit dem Wachstum der Hoden. Den Stimmbruch hatten sie im Durchschnitt im Alter von 13,1 Jahren. Über die erste Ejakulation berichteten die Jungen im Alter von 13,4 Jahren. Das Wachstum von Hoden und Penis war mit 15,6 Jahren abgeschlossen.
Die Väter wurden in der dänischen Studie nicht befragt, daher sind Aussagen zur zeitlichen Entwicklung etwas schwierig. Studien aus den Jahren zwischen 1968 und 2005 aber legten das Stimmbruchalter zwischen 14,0 bis 15,5 Jahren fest, also deutlich später. Und auch die erste Ejakulation ist laut dieser Studien mit 14,7 Jahren erst ein gutes Jahr später aufgetreten als bei den Jungen in der aktuellen Untersuchung.
Da auch die Jungen nur befragt wurden und man sich auf ihre Angaben verlassen muss, sind diese Zahlen nicht ganz so verlässlich wie die Angaben der Mädchen zur ersten Regelblutung. Die beginnende Vergrößerung der Hoden fällt den Jungen vielleicht nicht unbedingt auf und auch der Stimmbruch schleicht sich oft langsam ein.
Artikel Abschnitt: Was hat die Pubertät mit dem Gewicht zu tun?
Was hat die Pubertät mit dem Gewicht zu tun?
Das Körpergewicht der jungen Mädchen im Pubertätsalter ist seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts deutlich gestiegen. Zudem zeigen Studien, dass Mädchen mit höherem BMI und mehr Körperfett früher menstruieren als dünnere, magere Altersgenossinnen.
Insbesondere Übergewicht kann zu einem früheren Einsetzen der Pubertät führen. Mädchen bekommen dann nicht nur eher ihre Regel, sondern auch das Brustwachstum setzt früher ein. Das haben amerikanische Wissenschaftler:innen 2013 an über 1200 Mädchen untersucht: Je übergewichtiger das Mädchen, desto früher die Thelarche (so nennt man das Einsetzen des Brustwachstums). Umgekehrt kann extremes Untergewicht zu einem Ausbleiben der Regelblutung führen.
In Fachkreisen existiert dazu die sogenannte "Critical weight hypothesis". Demnach muss ein Mädchen eine bestimmte Körpergröße oder aber ein bestimmtes Körpergewicht erreichen, damit die Regelblutung einsetzt. Dieses Gewicht oder die Größe wird heutzutage aufgrund der Lebensumstände und eben auch der Ernährung schneller erreicht als vor fünfzig Jahren. Das nennt man auch den säkularen Trend, nach dem Kinder generell immer größer und schwerer werden als die Generationen zuvor.
Diese Hypothese ist mittlerweile umstritten
Die Forschenden, die sie Anfang der 1970er-Jahre aufgestellt haben, haben seinerzeit eine klare Grenze gezogen: Ein Mädchen müsse demnach mindestens 48 Kilo wiegen und 22 Prozent Körperfett haben, damit die Pubertät losgehe. Diese Grenze konnte so in nachfolgenden Untersuchungen nicht bestätigt werden. Es bleibt aber bei dem Fakt, dass übergewichtige Kinder eher in die Pubertät kommen als leichtere Altersgenossen.
Die Gründe liegen wieder in den Hormonen: Übergewichtige Mädchen haben mehr Östrogen im Blut als Normalgewichtige. Und Östrogen ist eines der Hormone, das die Regelblutung starten lässt. Der Mechanismus, wie es zu einer vermehrten Sexualhormon-Produktion bei übergewichtigen Kindern kommt, wird noch diskutiert.
Am wahrscheinlichsten ist, dass Sättigungshormone wie Insulin, Leptin und der Insulin-like Growth Faktor 1 (IGF-1) dafür verantwortlich sind. Übergewicht führt zu einer vermehrten Ausschüttung. Diese Stoffe regulieren aber nicht nur das Sättigungsgefühl und den Energiehaushalt, sie nehmen auch Einfluss auf die Sexualhormone – und damit die Pubertät.
Insbesondere Leptin und IGF-1 beeinflussen die Ausschüttung der Freisetzungshormone im Zwischenhirn. Wie bereits beschrieben wirken diese Hormone auf die Hirnanhangdrüse, die dann Signalhormone ausschüttet. Diese Signalhormone regen dann in Eierstock und Hoden die Bildung von Geschlechtshormonen an. Und: Insulin kontrolliert im Körper ein bestimmtes Eiweiß, das Östrogene bindet. Viel Insulin führt dazu, dass die Verfügbarkeit von Östrogenen ansteigt, also mehr Östrogene im Blut zu finden sind.
Artikel Abschnitt: Was ist mit Umweltgiften?
Was ist mit Umweltgiften?
Diese These ist bei Weitem am umstrittensten, denn die Studienergebnisse widersprechen sich. Meist wird nach Pubertätszeichen geschaut und im Blut oder Urin nach Spuren der Chemikalien geschaut. Mit unterschiedlichen Ergebnissen: Mal hängen Blutwerte und Pubertät überhaupt nicht zusammen; mal zeigen Kinder, die eher in die Pubertät kommen, erhöhte Werte für die Umweltgifte in Blut oder Urin.
Das Problem: Die Datenlage ist schlecht. So werden etwa andere Faktoren für eine frühere Pubertät, wie etwa das Körpergewicht, nicht berücksichtigt oder die Teilnehmerzahlen sind sehr klein. Heißt konkret: Man kann weder beweisen noch widerlegen, ob diese Stoffe einen nennenswerten Effekt haben.
Artikel Abschnitt: Wie wirkt sich Stress auf die sexuelle Reifung aus?
Wie wirkt sich Stress auf die sexuelle Reifung aus?
Eine amerikanische Studie von 2018 stützt diese Theorie. Die Wissenschaftler:innen untersuchten knapp 250 Kinder zwischen 8 und 17 Jahren. 25 Prozent von ihnen hatten angegeben, sie seien sexuell missbraucht worden, 42 Prozent hatten andere körperliche Qualen erlitten. 16 Prozent der Kinder hatten Phasen erlebt, in denen sie nicht ausreichend ernährt wurden. Das Ergebnis: Kinder, die Gewalterlebnisse erfahren hatten, waren in einer fortgeschritteneren Phase der Pubertät als diejenigen, die unter Hunger gelitten hatten.
Der Grund zeigte sich den Forschenden zufolge bei einer Untersuchung des Erbguts: Die DNA der Kinder zeigte ein erhöhtes Maß an sogenannten Methylierungen, die die unterschiedlichen Pubertätsverläufe erklären konnten. Methylierungen sind epigenetische Veränderungen, die häufig als Grund dafür angesehen werden, wie seelischer Stress oder eben auch seelisches Wohlbefinden die körperlichen Funktionen dauerhaft beeinflusst.
Artikel Abschnitt: Frühe Pubertät – was sind die Folgen?
Frühe Pubertät – was sind die Folgen?
Der Effekt auf die Krebserkrankungen hängt zum einen mit dem erhöhten Risiko für Übergewicht zusammen, denn Übergewicht erhöht das Krebsrisiko. Zum anderen spielen aber auch hier wieder die Geschlechtshormone eine Rolle: Der Einfluss ist zwar gering, aber je länger Brust oder Eierstock beziehungsweise Hoden und Prostata den Geschlechtshormonen ausgesetzt sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit für Tumore. Auch Frauen, die spät in die Wechseljahre kommen, also länger Hormone bilden als ihre Altersgenossinnen, haben ein erhöhtes Brustkrebsrisiko.
Und dann ist da noch die Psyche
Generell haben es Jugendliche in der Pubertät nicht leicht. Das liegt vor allem an der großen Diskrepanz zwischen körperlicher und geistiger Reife – und diese Diskrepanz ist natürlich umso größer, je jünger die Pubertierenden sind. Kinder, die deutlich früher pubertieren als alle anderen, scheinen zu einem geringeren Selbstbewusstsein und auch stärker zu Depressionen zu neigen als ihre Altersgenoss:innen.
Oft neigen Kinder mit früher Pubertät auch dazu, etwas über die Stränge zu schlagen: Zigaretten, Alkohol, frühe sexuelle Erfahrungen – all das scheint es unter früh Pubertierenden häufiger zu geben. Glücklicherweise gibt sich das dann aber wieder bis zum Erwachsensein. Zudem ist nicht klar, ob diese Effekte sich verkleinern, wenn immer mehr Mädchen früher ihre Tage bekommen, da dann die frühe Pubertät nicht mehr so isolierend wirkt.
Artikel Abschnitt: Mein Kind ist früh dran – und nun?
Mein Kind ist früh dran – und nun?
Mit einem früh pubertierenden Kind sollte man also am besten so umgehen, wie mit allen anderen Pubertierenden: mit ganz viel Verständnis. Wichtig ist vor allem, dem Kind psychologisch zur Seite zu stehen, obschon das ganz schön schwierig sein kann. Nicht umsonst heißt ein bekannter Pubertätsratgeber: "Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen". Und es bleibt die Hoffnung: Wenn die Pubertät früher anfängt, hört sie ja vielleicht auch ein bisschen früher wieder auf.
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