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Badeunfälle
Ertrinken: Darum kann man nicht um Hilfe schreien
Man denkt, ein Ertrinkender schreit und fuchtelt mit den Armen. Eben nicht – und genau das ist das Problem.
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Artikel Abschnitt: Wie viele Menschen ertrinken jedes Jahr?
Wie viele Menschen ertrinken jedes Jahr?
Artikel Abschnitt: Was sind die Hauptursachen fürs Ertrinken?
Was sind die Hauptursachen fürs Ertrinken?
Der Rhein beispielsweise fließt mit einer Strömungsgeschwindigkeit von acht bis zwölf Stundenkilometern. Selbst ein gut trainierter Olympia-Schwimmer habe keine Chance, dagegen anzuschwimmen, sagt Michael Grohe von der DLRG in NRW. Auch können Schiffe für enormen Sog und Wellengang sorgen. Daher kann das Schwimmen im Rhein und in Kanälen lebensgefährlich sein.
Auch in Seen kommt es aufgrund unterschiedlicher Tiefen zu Temperaturschwankungen. Ist das Wasser kalt, ziehen sich die Gefäße zusammen. Dadurch steigt die Atemfrequenz, wodurch der Körper noch weniger Leistung abrufen kann – die Körpertemperatur sinkt. Herz und Lunge kühlen ab, es kann zu Herzrhythmusstörungen kommen.
Auch Herzinfarkte gelten als eine Ursache fürs Ertrinken. Und gerade bei heißen Temperaturen: Alkohol. Betrunkene Schwimmer überschätzen sich oft.
Artikel Abschnitt: Was passiert beim Ertrinken?
Was passiert beim Ertrinken?
Ertrinken sieht gar nicht aus wie Ertrinken
Ertrinken ist ein stiller Tod: Ein Ertrinkender wedelt nicht mit den Armen, er spritzt nicht mit Wasser – das gibt es nur im Film. Ein Ertrinkender ist erschöpft, kraftlos, bewegungsunfähig. Denn der Körper konzentriert sich im Überlebensmodus nur auf eins: das Atmen.
Ein Ertrinkender kann deshalb auch nicht um Hilfe rufen. Denn die Atmungsfunktion ist der Sprechfunktion übergeordnet – wir können nicht schreien.
Nach etwa ein bis zwei Minuten tritt die Ohnmacht ein. Nach drei bis fünf Minuten sterben erste Gehirnzellen. Wann genau, ist etwa abhängig vom Alter des Schwimmers und der Wassertemperatur, so Andreas Klingberg. Schäden am Gehirn und anderen Organen sind schließlich die Folge. Der Tod tritt ein.
Expert:innen unterscheiden übrigens zwischen "trockenem" und "nassem" Ertrinken. Denn der Stimmritzenkrampf kann sich durch die Bewusstlosigkeit wieder lösen, wodurch Wasser in die Lunge kommen kann. Manchmal ist bei Ertrunkenen also Wasser in der Lunge – meistens jedoch nicht.
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Können Kinder heute wirklich schlechter schwimmen?
Seit Jahren kritisiert der Verband die immer schlechteren Rahmenbedingungen für die Schwimmausbildung. "Immer mehr Schwimmbäder schließen oder werden in Spaßbäder umfunktioniert, in denen an Schwimmausbildung nicht mehr zu denken ist", sagt Klingberg – Wartezeiten für Schwimmkurse werden länger.
Weniger Schwimmunterricht durch Corona
Und: Während der Corona-Pandemie wurden vielerorts keine oder nur wenige Schwimmkurse angeboten. Allein beim DLRG absolvierten im Jahr 2020 70.000 weniger Kinder einen Schwimmkurs. Das ist ein Rückgang von zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr.
Auch viele Grundschulen mussten den Schwimmunterricht vom Stundenplan streichen. "Wir haben fast einen ganzen Jahrgang an Kindern, die noch nicht schwimmen gelernt haben", sagt Martin Holzhause, Pressesprecher der DLRG.
Wichtig ist auch: Wer ein Seepferdchen hat, gilt nicht als sicherer Schwimmer. Als sicherer Schwimmer gilt erst, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze erfüllt – das ist der so genannte "Freischwimmer".
Artikel Abschnitt: Was kannst du tun, wenn jemand zu ertrinken droht?
Was kannst du tun, wenn jemand zu ertrinken droht?
Das kannst du tun:
- Rufe den Notdienst unter der Nummer 112, damit sich professionelle Helfer so schnell wie möglich auf den Weg machen können.
- Wirf der betroffenen Person einen schwimmenden Gegenstand zu, wenn sie sich in deiner Nähe befindet. Das kann ein Rettungsring, aber auch ein Fußball oder eine Luftmatratze sein, an der sich die Person festhalten kann.
- Schwimme nur zum Ertrinkenden, wenn es die Situation zulässt. Schätze deine eigenen Kräfte, die Strömung und die Distanz vorher genau ein. Im Zweifel gilt: Bleib am Ufer und warte auf den Rettungsdienst. Die eigene Sicherheit geht vor!
- Wenn du dich entscheidest ins Wasser zu gehen: Schwimme von hinten an den Ertrinkenden heran, greife unter die Achseln und bringe ihn in dieser Position ans Ufer. Ist die Person bei Bewusstsein, kann sie sich auch an deinen Schultern festhalten. Das erleichtert das Transportschwimmen. Vorsicht: Die Person kann sich in ihrer Not an dir festklammern und dich unter Wasser drücken.
- Zurück am Ufer: Wenn die Person bewusstlos ist, prüfe ob sie atmet. Wenn ja, bringe die Person in die stabile Seitenlage. Wenn nicht: Starte sofort mit der Wiederbelebung (30-mal Herzdruckmassage und 2-mal Beatmen im Wechsel).
Über den/die AutorIn:
Keine Angst, dass der in Not geratende Mensch sich anklammert. Wenn doch, einfach abtauchen. Von vorne hinschwimmen, allein das ist schon hilfreich und nimmt die Angst. Dann Luft holen und den Rücken anbieten. Mit Kopf unter Wasser gemeinsam zum Ufer schwimmen. Meist kommen dann weitere Retter. Anderen Menschen geholfen zu… Weiterlesen »
Vielen Dank für die sehr informativen Texte. Ich verstehe nicht ganz den Stellenwert des Abschnitts „Können Kinder heute wirklich schlechter schwimmen?“ wenn es ums Ertrinken geht. Oder kann man sagen, nicht schwimmen zu können ist bei Kindern und Jugendlichen ein Risikofaktor, einen tödlichen Badeunfall zu erleiden? Bei den Erwachsenen jedenfalls,… Weiterlesen »
Das „trockene“ Ertrinken finde ich „interessant“. Weil es doch in vielen Krimis immer heißt, das Opfer sei schon tot gewesen, schließlich habe man kein Wasser in der Lunge gefunden. Das wäre demnach eine unzulässige Aussage?
Wenn Dummheit weh tut – au weia
Dann nimm ein starkes Schmerzmittel, DSDS.