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Metall in Deos und Essen
Wie schädlich ist Aluminium wirklich?
Aluminium steckt in Cremes, Deos – und unserem Essen. Seit einiger Zeit steht das Metall im Verdacht, giftig zu sein. Stimmt das?
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Aluminium steht unter Verdacht, giftig zu sein
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Wir sind Aluminium täglich ausgesetzt
Die gemeinsame Expertenkommission der Welternährungs- (FAO) und Weltgesundheitsorganisation (WHO) JECFA nennt hingegen einen Grenzwert von 2 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Woche, also entsprechend doppelt so viel.
Das Problem: Wir sind Aluminium ständig ausgesetzt. Es ist das dritthäufigste Element der Erdkruste und gelangt so auch in die Pflanzen. Deshalb enthalten auch einige Lebensmittel wie Tee oder Schokolade Aluminium. Außerdem ist es in vielen Sonnencremes und Körperlotionen enthalten. In Antitranspirantien sorgen Aluminiumsalze dafür, dass wir weniger schwitzen. Auch in Lebensmittelverpackungen, in manchen Impfstoffen oder in einigen Tabletten gegen Sodbrennen kann man Aluminium finden. Selbst in der Luft ist es als Bestandteil von Feinstaub nachzuweisen.
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Der Grenzwert wird oft überschritten
Durch die Omnipräsenz des Aluminiums wird der Grenzwert laut Berechnungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) relativ schnell erreicht – dabei gelangt Aluminium auch über die Haut in den Körper. Das ist zunächst nicht problematisch, denn zwischen Grenzwert und tatsächlich giftigen Dosen liegt ein großer Sicherheitsabstand. Das heißt, selbst wenn der Wert überschritten wird, führt das nicht zwingend zu gesundheitlichen Schäden. "Es kommt immer auf die Bioverfügbarkeit an", sagt Dr. Timo Grimmer, Leiter des Zentrums für Kognitive Störungen an der TU München. Nicht alles, was wir an Aluminium aufnehmen, gelange auch in den Körperkreislauf. Der Großteil des Aluminiums wird über Kot und Urin wieder ausgeschieden.
Wie viel genau in den Kreislauf gelangt, darüber sind sich Forscher bisher aber alles andere als einig. Einige gehen davon aus, dass die Menge, die in den Kreislauf gelangt, von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein kann.
Vor allem Jugendliche sind gefährdet
Eine französische Veröffentlichung schätze allerdings, dass vor allem 11- bis 14-Jährige vergleichsweise viel Aluminium aufnehmen, einerseits durch Nahrung und andererseits durch Deodorants und Kosmetika wie beispielsweise Lippenstifte. Die täglich aufgenommene Menge liegt bei dieser Altersgruppe teilweise deutlich über den bestehenden Grenzwerten. Das BfR hält deshalb in der im November 2019 veröffentlichten Stellungnahme ein erhöhtes Gesundheitsrisiko in dieser Altersgruppe für möglich. Generell sind vor allem junge Menschen, insbesondere Frauen, gefährdet.
Sehr große Mengen Alu können Krankheiten auslösen
Was extrem hohe Dosen Aluminium auslösen können, macht eine Erkrankung deutlich, die Anfang der 70er-Jahre auftrat: die Dialyse-Enzephalopathie. Nierenpatienten, die regelmäßig Dialyse bekamen, zeigten verschiedene neurologische Symptome wie Sprachstörungen, Krampfanfälle, Halluzinationen und Verwirrtheit bis zur Demenz. Außerdem kam es bei einigen Patienten zu Knochenschmerzen und Knochenbrüchigkeit sowie zu Blutarmut.
Es dauerte ein paar Jahre, bis die Ursache identifiziert werden konnte: Aluminium. Anfang der 70er-Jahre wurden den Patienten hohe Konzentrationen über die Dialyselösung zugeführt. Seit vielen Jahren wird das Wasser für die Dialyse nun nicht mehr mit Aluminium angereichert. Die Erkrankung ist damit auch verschwunden. Doch sie hat gezeigt, auf welche Organe und Gewebe Aluminium in hohen Mengen toxisch wirken kann: vor allem das Gehirn, die Knochen und das blutbildende System.
Alzheimer und Brustkrebs durch Aluminium?
Die neurotoxische Wirkung von Aluminium, die sich an den Dialysepatienten zeigte, führte zu der Vermutung, dass Aluminium an der Entstehung von Alzheimer beteiligt sein könnte. Schon in den 1960er-Jahren legten Tierexperimente den Grundstein für die Hypothese. Dabei führte die Gabe von Aluminium in der Nahrung oder über Injektionen ins Gehirn zu Gedächtnisstörungen und zu Veränderungen innerhalb der Nervenzellen, die denen bei der Alzheimerkrankheit ähnlich sind. Weitere Hinweise kamen von Forschern, die in den Gehirnen verstorbener Alzheimerpatienten erhöhte Mengen Aluminium fanden.
Neben Alzheimer diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch immer wieder über den Einfluss von Aluminium auf die Entstehung von Brustkrebs. Englische und italienische Forscher fanden 2011 in der Brustflüssigkeit von Frauen mit Brustkrebs erhöhte Mengen Aluminium. Zudem lieferten Experimente eines Genfer Forschungsteams an Brustzellkulturen Hinweise, dass Aluminium zumindest unter Laborbedingungen Mutationen auslösen könnte.
Weiteren Indizien durch neue Studie
Neuen Aufwind bekam die Brustkrebshypothese im Jahr 2017 durch eine Studie aus Innsbruck. Über 200 Patientinnen mit Brustkrebs und eine gleich große Kontrollgruppe wurden nach ihrem Deokonsum befragt. Außerdem wurde in Gewebeproben aus der Brust die Aluminiumkonzentration gemessen. Das Ergebnis: Vor allem Frauen, die sagten, dass sie in jungen Jahren mehrmals täglich Deodorants verwendet haben, wiesen ein erhöhtes Brustkrebsrisiko auf. Außerdem hatten Frauen mit Brustkrebs eine höhere Aluminiumkonzentration im Brustgewebe. Das galt insbesondere für Frauen mit Tumoren in Achselnähe.
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Es fehlen große Studien, die den Verdacht belegen
Das wirft die Frage nach der Henne und dem Ei auf: Führt nun Aluminium dazu, dass Alzheimer entsteht? Oder sammelt sich bei der Entstehung von Alzheimer Aluminium in den erkrankten Gehirnregionen an? Inzwischen gehen die meisten Experten davon aus, dass Aluminium keine oder nur eine zu vernachlässigende Rolle bei der Entstehung der Alzheimerkrankheit spielt.
Zusammenhang zwischen Alu und Brustkrebs umstritten
Auch beim Thema Brustkrebs sind sich Forscher uneinig: Während die einen sicher sind, dass ein Zusammenhang zu aluminiumhaltigen Produkten besteht, erklären andere das vermehrte Auftreten von Tumoren im äußeren Brustbereich damit, dass dort das Brustdrüsengewebe dichter ist. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit für ein Entarten der Zellen erhöht.
Die Innsbrucker Studie, in der eine Verbindung von Alu-Deo und Brustkrebs untersucht wurde, kann einen kausalen Zusammenhang nicht belegen. Auch die Methode der Studie weist Schwächen auf: Die Frauen wurden nachträglich über ihren Deodorantkonsum befragt – ein Vorgehen, das vom Wahrheitsgehalt der Erinnerungen und Aussagen der Frauen abhängt und damit fehleranfällig ist.
Komplizierter Fall: Antitranspirantien
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: Wie viel Aluminiumsalz aus Antitranspirantien überhaupt in den Körper gelangt, ist schwer festzustellen und wird noch immer wissenschaftlich untersucht. Die Menge an Aluminiumsalzen in kommerziellen Antitranspirantien – also Roller oder Spray – variiert. So ist ein Aluminiumgehalt von 0,2 bis 5,8 Prozent möglich. Außerdem trägt jeder Mensch eine unterschiedliche Menge Antitranspiranz pro Tag auf. Zu guter Letzt ist unklar, wie viel Aluminium überhaupt durch die Haut in den Körper eindringt. Denn dies wurde bisher an Menschen noch nicht systematisch getestet.
2014 beauftragte deshalb der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit (Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS) der EU-Kommission die europäische Kosmetikbranche damit, diese Unsicherheiten zu klären. Eine Forschergruppe aus Erlangen untersuchte unabhängig davon, wie viel Aluminium der Körper aus Antitranspirantien aufnimmt.
Neue Studien entlasten Antitranspirantien – wahrscheinlich
Sowohl die Forscher aus der Kosmetikbranche als auch die Forschergruppe aus Erlangen sind sich einig: Es gelangt nur eine sehr geringe Menge an Aluminium aus Antitranspirantien in den Körper. Die Bioverfügbarkeit liegt bei gerade einmal 0,00192 Prozent und damit deutlich unter der aufgrund einer Studie von 2001 bisher angenommenen Aufnahmerate von 0,014 Prozent. Nach dem SCCS stellte deshalb im Juli 2020 auch das BfR fest: „Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Aluminium-Aufnahme über die Haut sind unwahrscheinlich“, denn: „Der Beitrag von aluminiumhaltigen Antitranspirantien zur Gesamtbelastung mit Aluminium ist deutlich geringer als bisher angenommen.“
Aber die BfR-Stellungnahme spricht auch eine „große Streuung der Daten“ sowie „heterogene Ergebnisse“ der EU-Studien an und beschreibt damit ein großes Manko der Humanstudien. Denn mit 6, 11 beziehungsweise 15 Probanden und Probandinnen nahmen nur wenige Menschen an den Versuchen teil. Die Studienteilnehmer waren außerdem alle zwischen 20 und 39 Jahre alt und deshalb nicht Teil der Altersgruppe, die zuvor als besonders gefährdet festgestellt wurde (11- bis 14-Jährige). Und noch immer fehlen Langzeitstudien. Weiterhin bleibt die Frage, wie unabhängig Studien sein können, die von der Kosmetikbranche durchgeführt werden, die wiederum Produkte mit dem zu untersuchenden Stoff verkaufen.
Für das BfR sind die Studien hinreichend. In einer Stellungnahme Mitte August heißt es: „Gruppengrößen von 4–6 Individuen sind in der Toxikologie üblich für Studien zur Bioverfügbarkeit und Toxikokinetik (…) einer Substanz.“ Und weiter: „Die TNO-Studie von 2019 wurde an 6 Probanden durchgeführt. Die Gruppengrößen liegen damit in dem für solche Studien üblichen Bereich.“ Damit sind offenbar für SCCS und BfR die Kriterien für eine wissenschaftliche Studie hinreichend erfüllt.
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Und jetzt?
Keine Panik, aber wo es geht, auf Alu verzichten
Das BfR empfiehlt zum Beispiel:
- abwechslungsreich essen hilft, denn das verringert mögliche einseitige Belastungen
- Alufolie, Alu-Grillschalen oder andere Alu-Gefäße sollten nicht mit sauren oder salzhaltigen Lebensmitteln in Kontakt kommen
- auf weißende Zahnpasten verzichten oder sie zumindest weniger nutzen
Denn auch wenn Antitranspirantien nach den neuen Studienergebnissen von Seiten des BfR erstmals rehabilitiert sind, bleiben noch zahlreiche weitere Aluminiumquellen.
Autorinnen: Andrea Wille, Sigrid März
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Was ist mit Aluminiumstaub, der z.b. in der verarbeitenden Industrie entsteht?
eine eindeutige Verharmlosung von Aluminium Chlorhydrat.. hat jemand den Artikel finanziert?
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Das mit den Studien stimmt so nicht, ich habe vor etlichen Jahren einen entsprechenden Bericht aus Frankreich gesehen in dem klar Zusammenhänge, zwischen hohen Konzentrationen von Aluminium im Körper und entsprechenden Störungen von Körperfunktionen, aufgezeigt wurden. Schon alleine die Tatsache daß Aluminium kein natürlicher Stoff ist, auch nicht in den… Weiterlesen »
Ich bin was diese Glaubwürdigkeit solcher durchgeführten Studien angeht extrem misstrauisch geworden. Ein Paradebeispiel welch skurrile Hintertürchen die Industrie in ihrer Produktwerbung verwenden darf um aus uns dummen Verbrauchen Nutzen zu ziehen ist das alkoholfreie Bier. Warum darf ein trockener Alkoholiker kein von der Werbung als alkoholfrei angepriesenes Bier trinken?… Weiterlesen »