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Hypnose – so kann sie uns wirklich helfen
Hypnose ist mehr als Hokuspokus. Sie soll uns helfen, Ängste zu überwinden, Schmerzen zu lindern und das Rauchen aufzugeben. Was ist dran?
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Hypnosetherapie ist ein altes Heilkonzept
Hypnose ist in der Medizin keinesfalls neu, sondern eine ziemlich alte Methode, die zwischendurch nur mal aus der Mode war. Bereits im alten Ägypten findet man schriftliche Anleitungen, wie man mit Selbsthypnose in Trance gehen kann.
Um 1840 wurde der "mesmersche Schlaf“ als Narkosebehandlung in der Chirurgie beschrieben. Der "mesmerscherSchlaf“ ist nach dem deutschen Arzt Franz Anton Mesmer benannt, der schon im 18. Jahrhundert sehr viel mit Hypnose experimentiert hat und sogar Marie- Antoinette, die Königin von Frankreich, damit behandelt haben soll.
Die Wiederentdeckung der Hypnose
Hypnose als Behandlungsmethode kam aus der Mode, als in den 1840er-Jahren Lachgas, Äther und Chloroform eingeführt wurden. Durch diese Narkosemittel geriet die Hypnose zunächst in Vergessenheit. Zwar beschäftigte sich auch Sigmund Freud in den 1880er- Jahren für kurze Zeit mit Hypnose, war aber nicht überzeugt von dem Konzept.
So dauerte es bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, bis die Hypnose für therapeutische Zwecke wiederentdeckt wurde: Der amerikanische Psychiater Milton H. Erickson war als Kind an Kinderlähmung erkrankt und vollkommen gelähmt gewesen. Aus eigener Kraft schaffte er es aber, wieder zu laufen.
Er war seitdem überzeugt: Wenn man dem Unbewussten die Führungsrolle übergibt, dann kann es Selbstheilungskräfte an das Bewusstsein weitergeben. Diese "Aktivierung des Unbewussten“ ist es, die bis heute bei der Hypnotherapie zum Einsatz kommt. Dabei heilt nicht die Hypnose an sich, sondern die Hypnose ist das Mittel, das den Menschen mit seinen unbewussten Fähigkeiten und Erkenntnissen in Kontakt bringen soll.
Was ist Hypnose?
Hypnose ist kein Schlaf, sondern vielmehr ein Zustand körperlicher Entspannung bei gleichzeitig hoher geistiger Konzentration. Die hypnotisierte Person fokussiert dabei ihr Bewusstsein auf ihr Inneres. Sie konzentriert sich zum Beispiel auf innere Bilder, die ihr die Therapeutin oder der Therapeut anbietet. Dabei werden nach Möglichkeit alle Sinne angesprochen: Man soll zum Beispiel eine Blumenwiese sehen, riechen, unter den Füßen fühlen. Durch das Konzentrieren auf innere Bilder kommt es zu einer "Dissoziation“ – ein großer Teil des Bewusstseins bleibt auf den inneren Bildern, die Außenwelt wird überwiegend ausgeblendet: Man befindet sich in Trance.
Und eigentlich kennt jeder Mensch diesen Zustand der Trance: Wenn die Außenwelt gerade besonders monoton ist, zum Beispiel bei einer langen Autofahrt, schweifen unsere Gedanken oft ab. Wir planen zum Beispiel das Wochenende oder beschäftigen uns mit anderen Dingen. Die Außenwelt blenden wir aus.
Diese hohe Konzentration auf einen inneren Aspekt in Trance sorgt auch dafür, dass wir in diesem Zustand Zeit anders wahrnehmen. Wir haben das Gefühl, in Trance "verfliegt“ die Zeit.
Von der Trance zur Hypnose
Ist der/die Patient:in einmal in Trance, spricht der/die Therapeut:in das Unterbewusste an. Durch Suggestion können Patientinnen dann beispielsweise Szenen durchleben, die für ihnen in Hypnose ganz real erscheinen. Während der Begriff "Suggestion“ im allgemeinen Sprachgebrauch eine manipulative Bedeutung anhaftet, ist er in der Hypnose eher als Angebot, als Eröffnung von Möglichkeiten im Sinne des englischen "suggestion“ ("Anregung/Vorschlag“) zu verstehen.
So können Angstpatient:innen beispielsweise eine für sie schwierige Situation in Hypnose so erleben, als hätte sie diese Angst nicht. Oder der/die Therapeut:in setzt ein ähnliches Bild, das aber positiv besetzt ist, dagegen. Die Patient:innen erleben diese "neue“ Szene dann als so real, dass sie sie jedes Mal dann einsetzen können, wenn ihre Angstsituation in der Realität auftritt. Die alte Angstsituation wird so von der neu erlebten Situation, die sie unter Hypnose "erlebt“ haben, überschrieben.
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Was passiert bei Hypnose im Gehirn?
Den Zustand der Hypnose kann man wissenschaftlich messen. Forschende des Universitätsklinikums im belgischen Lüttich haben Hypnose in wissenschaftlichen Studien untersucht und sich zum Beispiel. das Gehirn von Patient:innen in Hypnose im MRT angeguckt.
Sie fanden heraus: Die Regionen des Gehirns, die für die Wahrnehmung der Umgebung zuständig sind, werden in Hypnose tatsächlich "abgeschaltet“. Das unterscheidet sich auch von anderer gedanklicher Ablenkung. Nur unter Hypnose ist die Außenwelt wirklich komplett ausgeblendet.
Auch das Frontalhirn zeigt viel weniger Aktivität als im Normalzustand. Hier sitzen das kritische Denkvermögen und das willentliche Entscheiden. Es ist im Zustand der Hypnose deutlich eingeschränkt.
Andere Hirnregionen sind dagegen viel aktiver: Regionen, die für die visuelle Wahrnehmung, für Gefühle und Empfindungen wichtig sind, werden aktiviert. In Trance werden diese Hirnareale bei manchen Hypnotisierten sogar so stark aktiviert, als ob sie wirklich etwas sehen, hören oder fühlen würden.
Wie genau es aber zu einer Entkopplung der Wahrnehmung bei einem äußeren Reiz, wie zum Beispiel Schmerz, zur kompletten Nichtwahrnehmung des Gehirns kommt – das ist immer noch kaum verstanden.
Hypnosetherapie kann helfen – aber nicht allen
Ob bei der Angst vor Zahnbehandlungen, in der Geburtshilfe oder beim Vorhaben, das Rauchen aufzugeben oder Gewicht abzunehmen: dass Hypnose funktionieren kann, ist in der Wissenschaft inzwischen unbestritten. Sie funktioniert nur nicht bei jedem Menschen gleich gut. Etwa zehn Prozent der Patient:innen können sehr gut in Trance versetzt werden, 80 Prozent kriegen es gut hin und ungefähr zehn Prozent eher schlecht bis gar nicht.
Wenn Hypnose funktioniert, kann der Therapeut oder die Therapeutin über Suggestion Dinge im Körper ansprechen, die wir nicht bewusst steuern können: Zum Beispiel können die Blutgefäße weiter geöffnet werden, die Hand wird warm. Oder bei einer Operation werden Geräusche und Gerüche uminterpretiert: Statt des Bohrers bei der Zahn-OP hört der/die Patient:in Baustellenfahrzeuge in der Ferne oder einen Skilift.
Der Vorteil von Hypnosetherapie: Man braucht keine Medikamente, es gibt keine Nebenwirkungen, bei Operationen kann man auf Intubation verzichten. Außerdem
kommt der/die Patient:in körperlich zur Ruhe, Blutdruck und Atemfrequenz sinken, der Herzschlag wird langsamer, und es werden viel weniger Stresshormone ausgeschüttet.
Kann man gegen seinen Willen hypnotisiert werden?
Alle Fachleute sagen ganz klar: Nein. Gegen den eigenen Willen geht das nicht.
Wenn man Leute auf der Showbühne auf Befehl des Hypnotiseurs wie einen Hasen hoppeln sieht, hat sich das Unterbewusste schon im Vorfeld darauf eingelassen, mitzumachen. Im Prinzip beginnt die Hypnose also schon mit dem Kauf des Tickets zur Show.
Denn: In Hypnose ist man nicht "weg“ oder schläft. Man wird vielmehr dazu angeleitet, sich in Trance zu begeben. Das eigentliche "In-Trance-Gehen“ aber, das macht man immer selbst. Der Hypnotherapeut ist also nur der Fahrlehrer, aber man selbst fährt immer seinen eigenen Film – mit den Bildern, die das Unterbewusste dann ausspuckt. Und aus dem kann man auch jederzeit wieder aussteigen.
Für wen sich Hypnose nicht eignet
Bei einer Hypnosetherapie muss man sehr viel Vertrauen in die Therapeutin oder den Therapeuten haben, damit sie gut funktioniert. Denn in Hypnose wird der Teil des Gehirns heruntergefahren, der die Selbstreflexion steuert. Die hypnotisierte Person denkt nicht länger über sich nach, sondern lässt die Bilder aus dem Unbewussten kommen.
In diesem Zustand ist man sehr verletzbar. Das kann zum Beispiel bei Traumapatient:innen dazu führen, das traumatisierende Ereignis erneut zu erleben. Gute Therapeut:innen überprüfen deshalb vor der Behandlung, was den Patient:innen zuzumuten ist.
Da Hypnosetherapie kein geschützter Begriff ist, sollte man sich vorab gut über die Therapeutin oder den Therapeuten informieren. Hilfe findet man dabei über medizinische Fachgesellschaften: zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Hypnose oder die Milton-Erickson-Gesellschaft.
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Liebes Quarks Team, ich höre sehr gerne eure Podcasts und freue mich über die tolle Recherche zu verschiedensten Themen. Um so enttäuschter war ich (unter anderen Hypnosetherapeutin) bei diesem hier über Hypnose- nicht nur, dass die Geschichte so reduziert wurde dass eigentlich nicht mehr wirklich korrekt war (Esdayle war etwas… Weiterlesen »
Liebe Seraina, Dr. James Edaile hieß nicht Esdayle – und war auch defintiv deutlich nach Mesmer tätig. Während Mesmer bereits 1815 verstorben war, stammen die Berichte von Esdaile aus den frühen 1850ern. Und natürlich gibt es das Phänomen der Retraumatisierung in Hypnose – insbesondere bei der Altersregression. Ich möchte Ihnen… Weiterlesen »