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Quarks Daily Spezial
Streiten – warum wir es lernen sollten
Eigentlich alle tun es, obwohl es keiner mag: streiten. Er stresst uns – körperlich und psychisch, es verletzt die Gefühle und kann ganze Beziehungen zerstören. Und trotzdem ist Streit auch wichtig. (Bei dieser Folge handelt es sich um eine Wiederholung)
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Paare sind Paradebeispiel
Am besten untersucht ist der Streit zwischen Paaren. Umfragen zeigen: die häufigsten Anlässe für einen Streit sind hier eine "unterschiedliche Auffassungen von Sauberkeit und Ordnung“, gefolgt von der "Aufgabenteilung im Haushalt“ und dann erst "Eifersucht“. Mit dem Partner/der Partnerin zu streiten, empfinden wir oft auch als besonders schlimm, weil eine Partnerschaft ohne Streit tatsächlich eine der beliebtesten Wunschvorstellungen in unserer Kultur ist.
Streit ist Stress für den Körper
Streit sorgt im Körper für Stress, Stresshormone werden ausgeschüttet, das Herz schlägt schneller und wir beginnen zu schwitzen. Wenn der Streit nur kurz dauert, erholt sich der Körper recht schnell wieder. Wenn wir aber einen langanhaltenden Konflikt austragen müssen – und dann noch mit besonders engen Vertrauten - dann kann sich das tatsächlich negativ auf die Gesundheit auswirken.
Schuld ist oft die Kommunikation
Es gibt verschiedene Auslöser für einen Streit, aber besonders häufig liegt es an Missverständnissen in unserer Kommunikation. Denn in jedem unserer Sätze stecken immer gleich mehrere Botschaften. Eine Aussage hat neben der reinen Sachinformation auch immer eine Beziehungsebene, die mitschwingt. Und so will man vielleicht das eine sagen, es kommt beim anderen aber genau das andere an.
Die drei Phasen der Eskalation
Ist der Streit erst mal entfacht, läuft er eigentlich nach immer demselben Muster ab. Die drei Hauptphasen eines Streits hat der Wirtschaftswissenschaftler und Konfliktforscher Friedrich Glasl aus Österreich 1980 als Erster beschrieben. Dazu hat er mehr als 300 Konflikte in Unternehmen miteinander verglichen.
In drei Phasen kann sich ein Konflikt laut Glaser von einem sachlichen Austausch (Phase 1) zu verletzendem Verhalten (Phase 2) steigern, bei dem man persönlich wird. In der dritten Phase kann es sogar dazu kommen, dass man dem anderen den größtmöglichen Schaden zufügen möchte.
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Die vier apokalyptischen Reiter nach John Gottman
Auch die Dynamik beim Streit unter Paaren ist viel untersucht worden. Das bekannteste Modell stammt ebenfalls aus den 1980er-Jahren vom inzwischen emeritierte Psychologie-Professor John Gottman. Er hat Tausende Paare beim Streiten gefilmt, beobachtet und ihre Pulsfrequenz gemessen.
Sein Modell der vier apokalyptischen Reiter (1. Kritik, 2. Verteidigung, 3. Verachtung, 4. Rückzug), das er später noch um einen fünften Reiter (Machtdemonstration) erweitert hat, ist angelehnt an die Johannes-Offenbarung, in der vier apokalyptische Reiter den nahenden Weltuntergang ankündigen. Bei Gottmans vier apokalyptischen Reitern handelt es sich um vier Verhaltensweisen, die den Untergang einer Beziehung ankündigen beziehungsweise herbeiführen können.
An Gottmans Modell gab es aber durchaus auch Kritik und generell tut sich die Partnerschaftspsychologie schwer, denn die Bewertung findet immer im Nachhinein, in der Rückschau, statt. Und eine neutrale Vergleichsgruppe gibt es auch nicht.
Was man tun kann
Streiten gehört zum Leben dazu, wir lernen schon früh, wie wir mit Konflikten umgehen. Und das kann auch ein Gutes haben: Denn wenn Kinder erleben, dass ihre Eltern auch mal Konflikte haben, dann aber Lösungen finden und sich wieder versöhnen, ist das enorm unterstützend für die Kinder. Sie erleben Konflikte dann nicht als bedrohlich, sondern als Teil des Lebens.
Entscheidend ist beim Streiten gar nicht so sehr, wie man streitet, sondern eher, wie gut man den Streit hinterher analysiert kriegt: Worum ging es hier eigentlich wirklich? Und wie könnte eine Lösung aussehen?
Wenn man selbst allerdings das Gefühl hat, der Streit eskaliert, dann kann es helfen, eine Moderation von außen zu haben. Das kann ein Freund/eine Freundin sein, ein:e Arbeitskolleg:in, also jemand, der nicht Teil des Konfliktes ist. Je tiefer man aber in der Eskalation drinsteckt, desto eher ist man auf die Hilfe von Profis angewiesen: Therapeut:innen, Mediator:innen, im Zweifel das Gericht.
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Hallo, super, dass Ihr das Thema „Streit“ aufgreift. Wir streiten auch gerne gut und haben deshalb dem Thema eine Ausstellung gewidmet: „STREIT. Eine Annäherung“ im Museum für Kommunikation Berlin (Laufzeit noch bis zum 27.8.23). Viele Eurer Aspekte finden sich auch in unserer Ausstellung. Für uns ist gutes Streiten Demokratiekompetenz, das… Weiterlesen »