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Quarks Daily Spezial
Geschlechtergerechte Sprache – was bringt Gendern wirklich?
Gendern spaltet. Manche finden es furchtbar, irritierend, unnötig – und tun es als feministische Blasendiskussion ab. Andere sagen: Echte Gleichberechtigung können wir nur erreichen, wenn auch unsere Sprache alle Menschen abbildet. Was dabei oft fehlt: wissenschaftliche Fakten.
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Gendern in der Diskussion
Studentinnen und Studenten, Studierende oder Student:innen?
Lange Zeit wurde über geschlechtergerechte Sprache eher theoretisch diskutiert, mittlerweile schlagen sich die verschiedenen Genderformen aber immer mehr im Alltag nieder. An vielen Universitäten etwa gehört es heute zum guten Ton. In Abschlussarbeiten und Klausuren ist es meist zwar offiziell noch nicht verpflichtend, doch immer wieder machen Fälle Schlagzeilen, wo Nicht-Gendern zum Punktabzug geführt haben soll.
Andere dagegen wollen Gendern aus öffentlichen Einrichtungen wie Universitäten, Schulen oder Behörden lieber fernhalten, wie Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß. Er findet: Zu Hause könnten alle machen, was sie wollen. Aber von Beamt:innen, Lehrkräften und Dozent:innen erwarte er, dass sie im Dienst gültige Normen nicht willkürlich verändern.
Das generische Maskulinum
Mit den "gültigen Regeln und Normen" meinen Gegner:inne des Genderns eine Sprachform, die lange kritiklos genutzt wurde: das generische Maskulinum. Es ist eine grammatisch männliche Bezeichnung für alle, sie hat mit dem biologischen Geschlecht – laut Definition – nichts zu tun. Die Bezeichnung "die Lehrer" meint also eine Gruppe von Menschen, die den Beruf des Lehrers ausüben, das können Männer und Frauen sein.
Warum also sollten wir stattdessen die viel längere Form "Lehrerinnen und Lehrer" nutzen? Oder sogar von "Lehrer:innen" sprechen, eine Konstruktion, die es so bislang nicht gab? Diese Debatte wird auch in der Linguistik seit Jahren geführt – ein einstimmiges Ergebnis gibt es noch nicht. Doch immer mehr Studien finden Belege dafür, dass männliche Bezeichnungen wie Physiker, Tänzer oder Kosmetiker eher männliche Bilder in unseren Köpfen erzeugen – und dass, so die Kritik, bilde unsere Gesellschaft nicht korrekt ab.
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Das bringt Gendern
Durch die verschiedenen Formen des Genderns – z.B. Studentinnen und Studenten, Studierende oder Student*innen – sollen dagegen alle Menschen in der Sprache gleichermaßen repräsentiert werden: Frauen, Männer und durch den Genderstern auch Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zuordnen möchten.
Je nachdem, welche Form des Genderns genutzt wird, finden Studien tatsächlich positive Effekte: Werden beide Geschlechter genannt, trauen sich Mädchen zum Beispiel öfter zu, auch stereotype Männerberufe zu ergreifen. Und Frauen würden, bei gleicher Qualifizierung, einen Job öfter bekommen, wenn in der Stellenanzeige gegendert wird.
Grenzen des Genderns
Der Knackpunkt: Wie wir die Welt wahrnehmen, wird zwar von der Sprache mit beeinflusst – aber eben nicht nur. Auch die Rollenbilder in einer Gesellschaft oder politische Instrumente haben einen Einfluss auf Gleichberechtigung im Allgemeinen oder ganz konkret: ob ein Mädchen sich für einen eher männertypischen Beruf entscheidet.
Welchen Anteil der Gebrauch geschlechtergerechter Sprache daran hat, ist schwer zu sagen. Und es kann natürlich auch erst einmal Nachteile mit sich bringen, wenn durch Gendern die Sprache verändert wird. Die wohl größten Kritikpunkte: Gendern ist irritierend und Geschlecht wird dadurch überbetont. Zu diesen Einwänden gibt es bislang aber (noch) keine Daten aus empirischen Studien, die die Kritik über die subjektive Sicht hinaus untermauern.
Alles in allem gibt es, Stand jetzt, aus der Forschung mehr Gründe für das Gendern als dagegen. Allerdings ist der umstrittene Genderstern und die damit verbundenen Sprechpause (Lehrer*innen = Lehrer Pause innen) bislang kaum untersucht. Studien dazu laufen gerade noch.
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Danke für den interessanten Beitrag. Fand gendern immer irgendwie übertrieben und unnötig, aber das hat mich zum Nachdenken angeregt!
Interessant. Nervig ist dieses dämliche „gegendere“! z.B., das Wort „Macher“ kommt aus der Tätigkeit machen. Das Substantiv wäre ja dann „Mache“. Im Deutschen macht man dann bezl. einer Person „Macher“ draus. DAS ist aber kein männliches Wort, nur weil ein „r“ hinten dran ist. Jedoch ist das Wort Macherin definitiv… Weiterlesen »
Ich halte von der „Gendersprache“ wenig. Für mich ist das Thema eine persönliche Einstellung. Ich akzeptiere alle Geschlechter egal ob männlich, weiblich, Divers. Und ich würde auch kein Geschlecht in irgendeine eine Schublade stecken und sie unterschiedlich behandeln, wahrnehmen oder bevorzugen oder Benacht Ich halte von der ganzen Thematik wenig.… Weiterlesen »
Bereits die Überschrift ist tendenziös und falsch: „Geschlechtergerecht“ wird eine Sprache durch „Gendern“ schon deshalb nicht, weil Genus (Maskulinum, Femininum, Neutrum) und Sexus (biologisch männlich und weiblich) zwei verschiedene Kategorien sind, die teils aus Dummheit, teils vorsätzlich aus ideologischem Kalkül gleichgesetzt werden. Genus ist weder gerecht noch ungerecht, Sexus auch… Weiterlesen »
Vielen Dank für diesen hervorragenden Beitrag, welcher in jeder Hinsicht auch meine Gedanken zum Thema widerspiegelt. SIE sollten hier Artikel schreiben. Ein Sache möchte ich ergänzen: Ich empfinde Gendersprache als diskriminierend und fühle mich als Mann oft nicht angesprochen. Insbesondere bei Worten wie Kund:in oder Kolleg:innen, welche kein geschlechtsneutrales Makulimum… Weiterlesen »
Wenn jemandem bei der Verwendung des generischen Maskulinums ein falsches Bild in Kopf entsteht, sollte man deshalb nicht versuchen, die Sprache zu ändern (was top-down ohnehin aussichtslos ist). Stattdessen sollte man denjenigen noch einmal intensiv die Grammatik der Klassenstufen 2 und 3 wiederholen lassen. Beispiel: Wenn zwei Männer sich treffen,… Weiterlesen »