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Quarks Storys Folge 32
Cochlea-Implantate – neues Hören dank IT im Körper
Enno ertaubt mit 16 Jahren. Arbeit, Liebe, Freundschaften – vieles wird anders, wenn man die Welt mit einem Sinn weniger wahrnimmt. Aber Stück für Stück arrangiert er sich mit dem Verlust. Bis er Jahre später beschließt, Technik in seinen Körper einzubauen, um wieder hören zu können.
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Das körpereigene Mikrofon
Vogelgezwitscher, Autohupen, Stimmen – ohne unsere Cochlea würden wir nichts von der Welt dort draußen hören. Wegen ihrer gewundenen Form wird sie auch Hörschnecke genannt. Sie sitzt im Innenohr, wo sie akustische Informationen in elektrische Impulse umwandelt. Die wiederum werden über den Hörnerv an unser Gehirn weitergeleitet.
Dieser fein abgestimmte Prozess funktioniert aber nur, solange die Haarzellen in der Cochlea intakt sind. Wenn die beschädigt werden, kann das zur Taubheit führen.
Taub in die Pubertät
Enno Parks Gehör verschlechtert sich seit seinem zehnten Lebensjahr. Zunächst unmerklich, dann immer schneller. Enno vermutet heute, dass es die Spätfolgen einer Masernerkrankung sind, die er mit acht Jahren ungeimpft durchgestanden hat, aber der genaue Grund konnte nie festgestellt werden.
Es ist kein Ereignis, das sein Leben von heute auf morgen durcheinanderwirbelt, dafür ist der Prozess zu schleichend. Aber trotzdem merkt Enno Veränderungen: Seine Schulnoten werden schlechter, viele Dinge im Unterricht bekommt er nicht mehr richtig mit und kommt sich deswegen dumm vor. Das Abi schafft er trotzdem, aber damit werden die Herausforderungen nicht weniger.
Wenn die Welt still ist
Telefonieren, Ausgehen, Flirten oder auch nur ein Gespräch mit Freunden: Viele selbstverständliche Dinge sind in Ennos Alltag eine Herausforderung. Wir sind in den 90ern und die Technik der meisten Hörgeräte ist nicht ausgereift. Er verliert sogar einige Jobs, weil er morgens den Wecker nicht hört und zu spät wach wird. Aber Enno ist pragmatisch und findet Lösungen für die Hürden eines Gehörlosen. Er sucht sich einen Job mit wenig Menschenkontakt, lernt Lippenlesen und stürzt sich auf das gerade mehr und mehr genutzte Internet, das ihm eine ganz neue Teilhabe an der Welt bietet.
Enno arrangiert sich mit seiner Ertaubung. Auf einer Hausparty begegnet er dann einer Technologie, die alles verändern wird.
Das Cochlea-Implantat
Mit einem Cochlea-Implantat, oder kurz CI, ist Hören wieder möglich. Anders als ein Hörgerät verstärkt es nicht nur Töne, sondern ermöglicht Hören wie bei einem gesunden Menschen. Hinter dem Ohr sitzt ein Sprachprozessor, der ähnlich aussieht wie ein Hörgerät. Er empfängt Schallsignale, passt sie an die elektrische Empfindlichkeit des Hörnervs an und sendet die elektrischen Impulse per Kabel an eine Sendespule.
Die ist ungefähr so groß wie ein Zwei-Euro-Stück und sitzt am Hinterkopf, wo sie mit einem Magneten an der Kopfhaut gehalten wird. Ihr gegenüber, unter der Kopfhaut, befindet sich das eigentlich Implantat. Es wird in einer Operation in den Schädel eingesetzt. Es empfängt die elektrischen Impulse und leitet sie an die sogenannten Stimulationselektroden weiter, die direkt in die Hörschnecke implantiert werden. Über die Elektroden aktiviert der elektrische Impuls den Hörnerv, sodass das Gehirn wieder Geräusche wahrnehmen kann.
Ein optimiertes Hören?
Das CI funktioniert bei spätertaubten Erwachsenen und Kindern und bei Neugeborenen, die taub zur Welt gekommen sind – wichtig ist nämlich, dass der Hörnerv noch nicht verkümmert ist, damit er noch elektrische Impulse empfangen kann.
Enno kann es aber helfen. Seit der Operation hört er nicht bloß wieder, in gewisser Weise hört er besser als vorher. Er kann Geräuschquellen nach Bedarf lauter oder leiser stellen und auch über sein Implantat telefonieren. Er hat Technik im Körper, die sein Gehör in mancher Hinsicht optimiert. Aber das wirft bei Enno auch eine Frage auf: Ist er jetzt ein Cyborg?
Die Macher:innen:
Autor: Felix Schledde
Moderation: Sebastian Sonntag
Regie: Jana Magdanz
Storyline: Sven Preger
Tontechnik: David Braun
Redaktion: Jan Friese
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