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Regenerative Energie
Geothermie — wichtiger Faktor bei der Energiewende?
Unter unseren Füßen schlummert ein wahrer Energieschatz, der uns auf dem Weg zur Energiewende helfen könnte. Nur wie kommen wir an ihn heran?
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Was dahinter steckt und wie die Energieversorgung mit Geothermie funktioniert: Wir klären die wichtigsten Fragen.
Artikel Abschnitt: Was ist Geothermie?
Was ist Geothermie?
Woher kommt die Wärme?
Die Wärme stammt zu einem Drittel von der Abkühlung des Planeten: Denn trotz ihres hohen Alters herrschen im Kern der Erde noch Temperaturen von 5.000 bis 7.000 °C! Der Rest entsteht durch den ständigen Zerfall natürlicher radioaktiver Elemente, die sich in Erdmantel und Erdkruste befinden. Und die Erde behält ihre Hitze nicht in sich, sondern gibt sie kontinuierlich ins Weltall ab. Dieser sogenannte terrestrische Wärmestrom verläuft 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass dieser Wärmestrom noch mindestens für die nächsten viereinhalb Milliarden Jahre vorhanden ist und damit aus menschlicher Sicht als unerschöpflich gilt.
Da die Erde ihre Wärme permanent nach außen abgibt, ergibt sich im Umkehrschluss eine von der Tiefe abhängige Temperaturzunahme, der sogenannte geothermische Gradient. Er gibt an, um wie viel Grad Celsius die Temperatur pro 100 Meter steigt: in Deutschland durchschnittliche 3 °C/100 m. Lokal kann es allerdings große Unterschiede geben: So beträgt der geothermische Gradient im bayrischen Voralpenland etwa 3,5 bis 4,5 °C/100 m und kann in vulkanisch aktiven Zonen auch bis zu 20 °C/100 m hoch sein!
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Artikel Abschnitt: Können wir die Geothermie nutzen?
Können wir die Geothermie nutzen?
Wie können wir die Geothermie nutzen?
Die Erdkruste unter unseren Füßen besteht nicht nur aus dichtem Gestein, sondern auch aus Rissen, Höhlen und Klüften. Wann immer es Niederschläge gibt, wandert Wasser ins Erdinnere, erwärmt sich auf dem Weg nach unten und sammelt sich in den Hohlräumen. In 400 Meter Tiefe hat das gesammelte Wasser so bereits Temperaturen von ca. 25 °C, in 4.000 Meter dann über 100 °C. Nur durch den enormen Druck ist es in solchen Tiefen überhaupt noch flüssig. Wenn man das heiße Wasser nun an die Erdoberfläche befördert, kann man seine thermische Energie nutzen.
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Wie kann man mit Geothermie heizen?
Oberflächennahe Geothermie
Theoretisch kann jeder mit oberflächennaher Geothermie beispielsweise seine Fußbodenheizung betreiben. Um die Wärme aus der Erde zu holen und nutzbar zu machen, gibt es zwei verschiedene Systeme: ein offenes und ein geschlossenes System.
Verschiedene geothermische Systeme | Grafik: WDR
Beim offenen System wird ein ca. 25 Meter tiefer Brunnen gebaut, der 10 bis 15 °C warmes Grundwasser hochpumpt. Nachdem dem Grundwasser die Wärme an der Oberfläche entzogen wurde, wird es in einem zweiten Brunnen wieder in die Tiefe zurückgebracht, wo es sich von alleine wieder aufheizt. Beim geschlossenen System hingegen gibt es nicht zwei voneinander getrennte Brunnen, die in das Grundwasser ragen, sondern einen einzigen, langen Rohrkreislauf. Dieser führt als Sonde entweder kontinuierlich Flüssigkeiten in bis zu 160 Meter Tiefe, wo diese sich automatisch erwärmen und nach oben gepumpt werden können, oder die Flüssigkeiten werden in einem horizontalen Kollektor durch 1,5 Meter Tiefe geleitet.
Temperaturerhöhung durch eine Wärmepumpe
In beiden Systemen wird die thermische Energie aus der Tiefe in einer Wärmepumpe zusätzlich erhöht, damit sie beispielsweise für den Betrieb einer Heizung und heißes Duschwasser ausreicht. Dazu wird die Wärme des Grundwassers auf eine andere Flüssigkeit übertragen, die verdampft und verdichtet wird. Der heiße Dampf wiederum erwärmt dann das Wasser, das vom Verbraucher genutzt wird.
Ob der Bau einer Anlage praktisch möglich ist oder ob es beispielsweise schützenswerte Gewässer in der Nähe gibt, lässt sich über die Geologischen Dienste der Länder erfragen. Dies ist wichtig, da sich durch die Bohrungen Gesteine oder Mineralien lösen können, die die Wasserqualität beeinträchtigen könnten.
Oberflächennahe Geothermie auf dem Land und in Neubaugebieten
Für Industriegebiete reicht die Wärmenergie aus diesen Systemen allerdings nicht aus und auch in stark bebauten Gebieten ist ein nachträglicher Einbau selten realisierbar. Deshalb finden sich die meisten der rund 400.000 oberflächennahen Geothermie-Anlagen Deutschlands in ländlichen Gegenden oder Neubaugebieten.
Tiefe Geothermie in Industrie- und Stadtgebieten
Industrie- und Städteregionen sind daher auf Wärmenetze angewiesen, die Temperaturen von 50 °C bis zu 130 °C benötigen. Um das mit Geothermie zu bedienen, muss man tiefer bohren: in drei bis fünf Kilometer Tiefe. Hier spricht man von der tiefen Geothermie. Allerdings ist es in solchen Tiefen weitaus schwieriger, die wasserführenden Gesteinsschichten, sogenannte Aquifere, zu finden, als bei einem 25 Meter tiefen Grundwasserbrunnen.
Wärme aus Grundwasserschichten in fünf Kilometer Tiefe
Im Prinzip funktioniert die Nutzung der Aquifere wie bei dem offenen System der oberflächennahen Geothermie. Eine Förderbohrung pumpt das heiße Wasser unter hohem Druck aus der Tiefe hoch, eine Wärmepumpe zapft die thermische Energie ab und eine Reinjektionsbohrung bringt das nun abgekühlte Wasser wieder zurück in die Tiefe. Im Gestein fließt das Wasser durch die Aquifere zurück zur Förderbohrung und erwärmt sich dabei erneut. Besonders ergiebig für diese sogenannte hydrothermale Geothermie ist in Deutschland das Molassebecken, ein zerklüfteter Ausläufer der Alpen, zwei bis fünf Kilometer tief unter dem Süden Bayerns. Deshalb stehen hier auch über die Hälfte der knapp 37 tiefengeothermischen Anlagen Deutschlands.
Stimulierung von heißen Gesteinsschichten in sieben Kilometer Tiefe
Noch tiefer dringt das petrothermale System, auch Hot-Dry-Rock genannt, in den Untergrund vor: bis zu sechs Kilometer tief. Hier gibt es meist keine Hohlräume mehr, in denen sich Wasser sammeln könnte, aber Gesteinstemperaturen von bis zu 200 °C. Um diese Hitze nutzen zu können, muss das Gestein erst mal künstlich stimuliert werden. Dafür wird mit hohem Druck kaltes Wasser nach unten gepresst, was dazu führt, dass das Gestein aufbricht und sich die Risse mit dem Wasser füllen. Danach ist das Prinzip vergleichbar mit dem der hydrothermalen Geothermie. In Europa gibt es bislang nur eine Anlage im französischen Soultz-sous-Forêts, die das Hot-Dry-Rock-Verfahren anwendet.
Artikel Abschnitt: Kann man mit Geothermie Strom erzeugen?
Kann man mit Geothermie Strom erzeugen?
Artikel Abschnitt: Was sind die Vorteile von Geothermie?
Was sind die Vorteile von Geothermie?
Artikel Abschnitt: Was sind die Nachteile von Geothermie?
Was sind die Nachteile von Geothermie?
Kosten
Die tiefe Geothermie ist durch ihre Bohrungen in mehreren Kilometern Tiefe mit deutlich mehr Herausforderungen verbunden als die oberflächennahe Geothermie. Es kann immer sein, dass Aquiferetrotz vorheriger Untersuchung verfehlt werden, was ein enormes Kostenrisiko darstellt.
Mineralien
Auch das heiße Wasser selbst stellt eine gewisse Unsicherheit dar, da nie vorhergesagt werden kann, welche Mineralien sich in dem Wasser aus der Tiefe befinden oder in welchem Maße sich diese beim Fördern lösen. Sie könnten die Rohrsysteme zersetzen und im schlimmsten Fall das Grundwasser verunreinigen, aus dem das Trinkwasser gewonnen wird.
Seismizität
Das dritte Risiko entsteht durch den Druck, mit dem das Wasser nach der Energieentnahme wieder in den Boden injiziert wird: Es kann nie ausgeschlossen werden, dass es dabei zu leichten Erschütterungen kommt. Experten halten dieses Risiko bei der hydrothermalen Geothermie, also bei der Wärmegewinnung aus kilometertiefen Grundwasserschichten, allerdings für kontrollierbar und vergleichen es im direkten Bohrungsumfeld mit einem vorbeifahrenden Zug.
Kritischer sieht es beim Hot-Dry-Rock-Verfahren aus. Denn durch das gezielte Aufbrechen der Gesteinsschichten in der Tiefe wird die Spannung im Gestein beeinflusst, was Erdbeben auslösen kann. 2017 ist das im südkoreanischen Pohang passiert: Nachdem das Tiefengestein fast zwei Jahre lang mit einem Druck von bis zu 900 Bar manipuliert worden war, kam es zu einem Beben, das damals auf der Richterskala mit einer Stärke 5,5 gemessen wurde. In der modernen Seismologie wird heute in der Regel mit der Momenten-Magnituden-Skala gemessen.
Artikel Abschnitt: Welche Relevanz hat Geothermie als regenerative Energie?
Welche Relevanz hat Geothermie als regenerative Energie?
Experten schreiben der Geothermie ein hohes Potenzial zu: Die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG geht davon aus, dass die oberflächennahe Geothermie, u. a. über Erdwärmepumpen, bis zu drei Viertel des Nutzwärmebedarfs für Raumwärme und Warmwasser decken kann. Je nach Berechnungsmodell könnte einer Meta-Studie des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik zufolge der Ausbau der Geothermie ab 2045 über 50 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr einsparen.
Mehr lesen: Sind Wärmepumpen wirklich die Klimaretter?
Geothermie in Deutschland — eine Randerscheinung
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Aktuell wird das vermeintlich große Potenzial der Geothermie bei Weitem nicht ausgeschöpft. 2023 wurden in Deutschland nur 2,35 Prozent der Wärmeversorgung durch Geothermie und Umweltwärme gedeckt. Das ist zwar mehr als in den Vorjahren, doch der größte Teil entfällt weiterhin auf die oberflächennahe Geothermie. Das lässt sich auch durch das starke Wachstum auf dem Wärmepumpenmarkt erklären.
Bei der Stromversorgung ist noch mehr Luft nach oben: Weniger als 0,04 Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung entfielen 2023 auf Geothermie, dadurch wurden immerhin fast 100.000 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart.
Autorin / Autor: Kerstin Gründer, Henrik Veldhoen
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Geothermie sehr hilfreich…Riesen Artikel über die Vorteile
Soweit ich weiß dreht sich innerhalb der Erde ein heißer flüssiger Eisenkern. Diesem verdanken wir der Erdmagnetfeld, ohne das (wegen der kosmischen Strahlung) ein Leben auf der Erde unmöglich wäre. Kühlt also der Eisenkern ab …..
Muss ich weitererzählen?
Das ist falsch. Der Erdkern hat einen Radius von etwa 3450 km und besteht hauptsächlich aus Eisen und Nickel…. Daran schließt sich nach außen der 2900 km mächtige Erdmantel aus Silikaten und -oxiden mit insgesamt hohem Anteil an Eisen und Magnesium an. Die äußere Hülle des Erdkörpers wird von der relativ dünnen (ca. 5–70 km) Kruste gebildet.Der Großteil des Erdmantels ist, abgesehen… Weiterlesen »
Es möchte ein interessierter Leser wissen, wie nachhaltig ein massives Gestein oder die Erdoberfläche Wärme liefern kann – wenn kein Wasser(-dampf) beteiligt ist. Eine Temperatur, ohne dass Wärme nennenswert nachgeliefert wird, ist als nutzbare Geothermie eine Augenwischerei, das wissen die „Fachleute“ auch. Daher rühren die Versuche um das Erschliessen des… Weiterlesen »
Das Startup Unternehmen Quaise Energy ist dabei die Energiegewinnung mit Geothermie zu revolutionieren. Die planen bis zu 20 km tief in die Erde vorzudringen. (Bisheriger Rekord ist die zu Forschungszwecken durchgeführte Kola Bohrung mit 12, 262 km Tiefe). Da man aber nicht so einfach 20 km tief bohren kann, wollen… Weiterlesen »
Swissgeopower
Ein Schweizer Projekt mit innovativer Bohrtechnik, (kein Fracking ) könnte unsere Energieprobleme und somit viele unserer Klimaprobleme lösen.