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Hühnereier
Küken töten? Das sind die Alternativen
45 Millionen männliche Küken sind 2019 in Deutschland getötet worden. Die Bundesregierung verspricht ein Ende, doch passiert ist bisher wenig. Jetzt soll ein Verbot her.
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In Deutschland werden viele Küken getötet
Dabei heißt es vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft, die Betriebe schredderten nicht mehr. Die männlichen Küken werden in einem zweistufigen Verfahren erst mit Kohlenstoffdioxid betäubt und anschließend mit einer höheren Dosis des Gases getötet.
So können sie als Ganzes an Zoos und Haustierbesitzer als Tierfutter verkauft werden. Vor allem Raubtiere wie Greifvögel und Schlangen, aber auch Haustiere wie Katzen und Frettchen fressen die Küken. Dass Eintagsküken weiterverwendet werden und nicht umsonst sterben, führen Geflügelbetriebe häufig als Argument an.
Wie viele Küken tatsächlich verfüttert werden, ist unklar
Allerdings ist nicht bekannt, wie viele der 45 Millionen Küken die Unternehmen tatsächlich als Futtermittel weiterverkaufen und wie viele sie entsorgen. Christiane von Alemann vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft spricht von „einem Großteil“ der männlichen Küken. Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kann keine konkreten Zahlen nennen. Christian Däuble, Sprecher des Landwirtschaftsministeriums, geht jedoch davon aus, dass „der Bedarf an Küken zur Verfütterung deutlich geringer sein dürfte als die Anzahl an männlichen Eintagsküken“.
Bundesregierung wollte Kükentöten eigentlich beenden
Deutschland werde das erste Land sein, das dieses weltweite Problem löse, hatte Geflügelverbandspräsident Friedrich-Otto Ripke angekündigt. Tatsächlich wollte die Bundesregierung das Kükentöten bis zum Herbst 2019 gestoppt haben. Stattdessen aber hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner eine Absichtserklärung unterzeichnet, dass das Kükentöten erst Ende 2021 beendet werden soll – jetzt will sie ein entsprechendes Gesetz vorlegen.
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Wissenschaftler arbeiten schon an der Lösung
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Die Nah-Infrarot-Raman-Spektroskopie
Ein mögliches Verfahren dafür ist die sogenannte Nah-Infrarot-Raman-Spektroskopie. Dabei wird mit einem optischen Laser gearbeitet. Dieser kann 72 Stunden nach dem Legen das Geschlecht des Embryos im Ei ermitteln. Die Methode macht sich dabei die unterschiedliche Größe der männlichen und weiblichen Geschlechtschromosomen bei Hühnern zunutze.
Bei der Methode muss zunächst mithilfe eines Lasers ein kleines Loch in die Kalkschale des Eies geschnitten werden. Dann wird mit einem weiteren Laser, der eine geringere Lichtintensität besitzt, die eigentliche Spektroskopie durchgeführt. Die Forscher erkennen so, wie hoch der Anteil der Nukleinsäure bei dem Embryo ist oder wie die Proteine aussehen.
Nach der Analyse wird das Loch in der Schale mit einem Pflaster wieder verschlossen, wenn es sich um weibliche Küken handelt. Die männlichen Embryonen würden dagegen nicht mehr weiter bebrütet.
Die Kernspintomografie
An der TU München setzen Forscherinnen und Forscher auf die Kernspintomografie (MRT), wobei die Technik sowohl das Geschlecht als auch den Befruchtungsstatus bestimmt. Die Eierschale wird dabei nicht beschädigt. „Somit wird der Embryo nicht in der Entwicklung gestört und es entsteht keine potenzielle Eintrittspforte für Keime in das Ei, wie es bei anderen Methoden der Geschlechtsbestimmung der Fall ist“, sagen die Professoren Benjamin Schusser und Axel Haase. Millionenfach sei diese Technik in der Humanmedizin erprobt worden. Sie habe dabei keine negativen Effekte auf den Organismus gehabt, so die beiden Forscher.
Die Endokrinologie-Methode
Ein weiteres Projekt ist das sogenannte endokrinologische Verfahren, das Wissenschaftler der Universität Leipzig entwickelt haben. Dabei stechen die Forscher das Ei mit einer feinen Nadel an, nachdem es neun Tage lang angebrütet wurde. Die Nadel entnimmt Flüssigkeit, welche die Forscher in einen Marker geben. Dieser zeigt ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest an, ob der Embryo weiblich oder männlich ist. Der Embryo bleibt bei dem Verfahren laut der Entwickler unversehrt. Das Einstichloch ist so klein, dass es nicht verschlossen werden muss. Das endokrinologische Verfahren wird bereits angewandt und soll jetzt zur Serienreife weiterentwickelt werden. 2020 soll das Verfahren weiteren Brütereien zur Verfügung stehen.
Die Genschere CRISPR/Cas
Bei dieser Methode erhalten Hennen mit der sogenannten Genschere CRISPR/Cas ein markierendes Gen, das allerdings nur auf die männlichen Eier übertragen wird. Werden diese Eier unter UV-Licht gehalten, beginnen sie zu leuchten und können aussortiert werden. Die weiblichen Eier werden hingegen ausgebrütet.
Unternehmen aus Israel und Australien arbeiten an dieser Methode, über den Stand des Verfahrens ist allerdings relativ wenig bekannt. Innerhalb der Europäischen Union scheint dieses Verfahren aber ohnehin kein Lösungsansatz zu sein. Hier gelten die Eier als gentechnisch verändert und dürfen deshalb nicht verkauft werden.
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Die Alternativen sind noch zu aufwendig und teuer
Lediglich die endokrinologische Methode wird bisher in der Praxis eingesetzt. Die beiden Supermarktketten Rewe und Penny, die beide zur Rewe-Group gehören, bieten im Raum Berlin Eier an, die nach dieser Methode untersucht wurden. Ein Sechserpack dieser sogenannten „Seleggt“-Eier kostet etwa zehn Cent mehr als ein Sechserpack Freilandeier.
Die Rewe-Group hat nach eigenen Angaben vor, die Eier deutschlandweit anzubieten. Außerdem soll die passende Software für die MRT-Methode etwa Mitte 2020 marktreif sein.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Weiterforschen, weiterforschen, weiterforschen
Was du über das kurze Leben eines Hähnchens wissen musst
Fleisch und Eier aus einer Rasse
Sogenannte „Zweinutzungshühner“ stammen aus einer bestimmten Rasse, bei denen sowohl die Hähne als auch die Hennen genutzt werden. Die Hennen legen weniger und teilweise kleinere Eier als gewöhnliche Legehennen. Die Hähne wachsen langsamer und werden nicht so groß wie konventionelle Masthühner. Trotzdem können Betriebe sowohl die Eier als auch das Fleisch verkaufen.
Diese Zweinutzungshühner zu etablieren, ist das langfristige Ziel. Bis es jedoch so weit ist, können wir Eier aus Bruderhahn-Initiativen kaufen.
Das Prinzip funktioniert so, dass die männlichen Küken aus der Legehennenzucht nicht direkt nach der Geburt getötet werden, sondern weiterleben. Das ist allerdings teurer als bei männlichen Küken aus Mastzüchtungen, da die Küken aus der Legehennenzucht weniger Fleisch ansetzen. Deswegen kosten die gelegten Eier der Schwestern im Durchschnitt 4 Cent mehr: Durch diesen Aufpreis wird das Futter ihrer Küken-Brüder finanziert, wodurch auch ihre längere Mastzeit für den Landwirt kein finanzielles Problem mehr darstellt und das Fleisch der Bruderhähne zu normalen Preise angeboten werden kann.
Denn die Mast ist fast 3,5 Mal länger als bei Hühnern aus Mastzüchtungen: bis zu 22 Wochen anstatt der normalerweise 42 Tage (bei einer Langmast). Aber auch die Hennen aus der Bruderhahn-Initiative finden noch Verwendung und werden als Suppenhühner verkauft. Als Grillhähnchen eignen sich die mageren Tiere nicht.
Bruderhahn-Eier gibt es mittlerweile in fast jedem Supermarkt, sogar aus konventioneller Landwirtschaft. Das Bruderhahn-Fleisch gibt es vor allem im Biomarkt und es ist deutlich zäher als die klassische konventionelle Hähnchenbrust.
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