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Fleischkonsum
Was bringt das Tierwohl-Label für Schweine?
Mit einem neuen Siegel will die Landwirtschaftsministerin die Haltung von Schweinen verbessern. Den meisten Tieren aber wird es wenig nützen.
Artikel Abschnitt: Darum geht's:
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Ein neues Siegel soll das Leben von Schweinen verbessern
Für den Verbraucher soll so erkennbar sein, wie gut die Haltungsbedingungen für die Tiere waren, deren Fleisch sie essen. Das Label ist freiwillig und erst mal nur für Schweine vorgesehen.
Neben mehr Platz im Stall geht es dabei vor allem um die Qualität der Haltung. Schweine organisieren ihren Lebensbereich in der Natur mit unterschiedlichen Funktionsräumen, also sie schlafen in der einen Ecke und verrichten ihr Geschäft in der anderen. In engen Ställen ist das nicht möglich, stattdessen gibt es in der konventionellen Landwirtschaft so genannte Spaltböden. So können die Tiere mehr oder weniger gut oben rumlaufen, während Kot und Urin nach unten durchfallen.
Doch da Schweine einen Großteil des Tages liegen, brauchen sie auch Fläche ohne Spaltböden, genauso wie Rückzugsräume. Auch das ist Teil der Bedingungen für das neue Tierwohl-Label des Ministeriums.
Das neue Tierlabel und dessen Kriterien umfassen das gesamte Schweineleben, also nicht nur die Haltung, sondern auch den Transport und die Schlachtung. Beispielsweise sollen Tiertransporte nicht mehr bis zu 24 Stunden dauern, sondern maximal acht Stunden.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Die Schweinehaltung in Deutschland steht immer wieder in der Kritik
Tierschutzwidrige Umstände in der Schweinehaltung sind aber auch durch wissenschaftliche Untersuchungen nachgewiesen. So fand die Tierärztliche Hochschule Hannover 2017 heraus, dass 21 Prozent jener Schweine, die in Nutztierbetrieben lebendig zur Welt kommen, noch vor der Schlachtung sterben - etwa 13,6 Millionen Schweine.
Über 13 Prozent der Mastschweine und fast 12 Prozent der untersuchten Zuchtschweine litten unter starken Schmerzen, bevor sie starben - das zeigten Obduktionen von Tieren, die bei einer Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt worden waren. In einer weiteren Untersuchung stellte sich heraus, dass von 165 Schweinen, die Tierkörperbeseitigungsanstalten erreichten, 60 Prozent unter "erheblichen Mängeln" betäubt und getötet worden waren.
Veterinärmediziner kritisieren vor diesem Hintergrund immer wieder die Akkordarbeit in deutschen Schlachtbetrieben. Es würden immer mehr Schweine in immer kürzerer Zeit geschlachtet. Das führe dazu, dass die Zeiten zwischen der Betäubung, Entblutung und der Zerlegung zu kurz seien und die Tiere Qualen erleiden.
Umfragen zeigen regelmäßig, dass das Interesse der Deutschen an den Haltungsbedingungen von Nutztieren wächst – und, dass sich die Menschen schärfere Kontrollen und Gesetze für mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung wünschen.
Dringenden Handlungsbedarf sieht auch der wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – etwa bezüglich der in der konventionellen Schweinehaltung üblichen Amputationen und der Kastration von Ferkeln ohne Betäubung.
Für großen öffentlichen Protest hatte eine erneute Verschiebung eines Verbotes der Kastration von Ferkeln ohne Betäubung gesorgt. Seit Jahren steht diese Praxis in der Kritik und soll nun (voraussichtlich) bis 2021 verboten werden.
Das nun vorgestellte Tierwohllabel greift diese gesellschaftliche Entwicklung auf und umfasst – anders als die meisten anderen Qualitätssiegel dieser Art – die gesamte Lebensspanne der Tiere.
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Für die meisten Schweine wird das staatliche Label keine Verbesserungen bringen
In der Kritik steht die Freiwilligkeit des Labels – statt schärferer Gesetze oder einer Reform der Schweinehaltung in Deutschland und auf europäischer Ebene, die für die Beseitigung der oben aufgeführten Missstände dringend erforderlich wären.
Tierschützer und Veterinäre kritisieren auch die Kriterien der Zertifizierung: Die erste Stufe hebe sich zu wenig vom gesetzlichen Mindeststandard ab. Zwar sei bereits in allen Stufen des Tierwohllabels die Kastration ohne Betäubung verboten – das aber dürfte nur für wenige Monate ein echter Unterschied zum gesetzlichen Mindeststandard sein, wenn das Verbot der betäubungslosen Kastration tatsächlich bis 2021 kommt.
Veterinäre kritisieren zudem, dass zu sehr auf starre Regelungen wie Platzangebot gesetzt werde – nicht aber die Tiergesundheit im Vordergrund stehe. Ob diese in Zukunft bei der Schlachtung geprüft werde und wie diese Standards in Zukunft überwacht werden, ist ohnehin noch unklar.
Was das "Tierwohl" eigentlich bedeute, ist gerade bei Schweinen wissenschaftlich noch weitgehend unerforscht. Aber selbst die wenigen Erkenntnisse, die man hat, finden sich bei der zertifizierten Schweinehaltung erst in den höheren Stufen – wie etwa das Ermöglichen des Wühltriebs.
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Und jetzt?
Besser wäre eine schärfere gesetzliche Regelung
Um deutsches Schweinefleisch auch weltweit absetzen können, darf ein großer Anteil des produzierten Fleisches nicht teurer werden – mehr Tierschutz geht allerdings immer mit mehr Kosten pro Tier einher. Viele Landwirte, die heute schon auf mehr artgerechte Beschäftigung, mehr Platz, den Verzicht auf Amputationen setzen, wünschen sich mehr Wertschätzung – vor allem von den Kunden. So lange ihr Fleisch aber in Konkurrenz zur Billigware steht, werden sie es schwer haben.
Der Kunde an der Kasse hat Einfluss – aber eben nur begrenzt, denn an den niedrigen Weltmarktpreisen kann er nichts ändern. Um die Schweinehaltung in Deutschland flächendeckend zu verbessern, bräuchte es eine umfassende Qualitätsstrategie – und vor allem schärfere Gesetze und Kontrollen, um die genannten Missstände in der Schweinefleischindustrie zu bekämpfen – von der Ferkelerzeugung bis zum Schlachthof.
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