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Quallenblüten
Quallen: Sehen wir eine Invasion des Glibbers?
An vielen Küsten werden immer mehr Quallen und andere gelatinöse Arten beobachtet. Was der Mensch damit zu tun hat? Das.
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Artikel Abschnitt: Gibt es wirklich mehr gelatinöse Tiere im Meer – oder ist das nur ein Phänomen der Medien?
Gibt es wirklich mehr gelatinöse Tiere im Meer – oder ist das nur ein Phänomen der Medien?
❤️💦 Was wir gewöhnlich als Qualle bezeichnen, ist keine eigenständige Tierart, sondern ein Lebensstadium der Nesseltiere.
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⭕️ Nesseltiere pflanzen sich in einem Kreislauf fort:
1️⃣ Zunächst leben sie als verankert am Meeresboden und sehen aus wie ein Bäumchen. An den Ästen dieses Bäumchens sitzen die Polypen, über die das Tier Nahrung aufnimmt – und sich fortpflanzt.
2️⃣ Manche der Polypen bleiben am Meeresboden, die Fresspolypen.
3️⃣ Andere Polypen kapseln sich ab: die Medusen, die wir als Quallen kennen.
4️⃣ Die Quallen schweben durchs Meer. Sie haben ein Geschlecht und pflanzen sich durch Sex fort.
5️⃣ Aus einer befruchteten Eizelle entwickelt sich eine Larve, die sich schließlich niederlässt und ein neues Polypenbäumchen ausbildet.
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#beautyquarks #qualle #natur #wissenschaft #wissen #jellyfish — Foto: Insight Media / ddp
📷 Kronenqualle (Periphylla periphylla) im Meer vor Norwegen
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📏 Diese Kronenqualle ist eine typische Tiefseequalle – und ganz schön groß: Ihr Schirm ist etwa 35 Zentimeter hoch.
🐟 Durch ihren Schirm schimmert hier der Magen. Und den füllt die Qualle am liebsten mit kleineren Fischen.
🎣 Das ärgert norwegische Fischer, weil die Tiere – von der Strömung in die Fjorde getrieben – ihnen die Beute wegfuttern.
🌙 An die Oberfläche kommen Kronenquallen vor allem nachts, denn sie meiden das Licht.
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#beautyquarks #beautyofscience #tiefsee #pink #qualle #norwegen #jellyfish — Foto: Mauritius Images / Alamy
🤿 Qualle in einem Schwarm kleiner Fische
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👾 Quallen bestehen aus einer äußeren Hautschicht, die sich wie ein Sack um die Verdauungshöhle stülpt.
👄💩 An der Unterseite befindet sich die Mundhöhle, die gleichzeitig der After ist.
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♻️ Sie haben kein Kreislaufsystem wie Menschen.
💡 Die Verdauungshöhle dient nicht nur der Verdauung, sondern direkt auch der Verteilung von Nährstoffen im Körper.
🤝 So können nur jene Zellen Nährstoffe aufnehmen, die direkt an der Verdauungshöhle anliegen.
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🍜 Gemessen an ihrer Körpergröße haben Quallen ein riesiges Verdauungsorgan und können daher auch relativ große Beute verdauen.
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#qualle #unterwasser #sealife #scienceisbeautiful #ästhetik #jellyfish #oceans #beautyquarks — Foto: Mauritius Images / Image Source
Eine ✨ fluoreszierende Qualle ✨ unterm UV-Licht
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🔹 Zwischen der Außenhaut und dem Verdauungsorgan einer Qualle liegt die Mesogloea, die eine Konsistenz wie Gel hat. Die Mesogloea hat drei Funktionen:
1️⃣ Sie hält das Tier in Form: Durch das Gel bleibt der Abstand zwischen Außenhaut und Verdauungshöhle gleich.
2️⃣ Die Mesogloea schützt die Qualle wie ein Kissen vor Umwelteinflüssen.
3️⃣ Sie ermöglicht es der Qualle, im Meer zu schweben: Die Mesogloea besteht zum Großteil aus Wasser und ist daher so schwer wie das Wasser um sie herum.
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#beautyquarks #qualle #beauty #schön #natur #wissenschaft #jellyfish — Foto: ddp images / Artida
💙 Eine Qualle wirbelt durch Wasserturbulenzen
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🏊 Quallen können selbst kaum steuern, wo sie hinschwimmen. Um aufzusteigen oder zu sinken, ziehen sie ihren Körper zusammen und erzeugen so einen Rückstoß. Strömungen überwinden können sie damit aber nicht, sie treiben also mit der Strömung durchs Meer.
🌊 Zwischen der Außenhaut und dem Verdauungsorgan einer Qualle liegt die Mesogloea, die eine Konsizenz wie Gel hat. Sie ermöglicht es der Qualle, im Meer zu schweben: Die Mesogloea besteht zum Großteil aus Wasser – dadurch ist die Qualle so schwer wie das Wasser um sie herum.
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#beautyquarks #qualle #blue #unterdemmeer #ozean #meer #jellyfish #wildlife — Foto: Unsplash / James Lee
👂 Ohrenqualle – … oder doch lieber Geschlechtsorgan-Qualle?
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🧐 Ohrenquallen haben ihre Namen durch die vier Kreise, die du gut auf unserem zweiten Bild sehen kannst.
♀️♂️ Tatsächlich sind das aber die Geschlechtsorgane der Tiere. Bei den Weibchen sind sie rot-violett, bei den Männchen weiß bis rot-orange.
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👶 Die Vermehrung der Quallen ist verrückt!
🤨 Es fängt unspektakulär an: Die Männchen geben Spermienschnüre ins Wasser, die dann die Eizellen der Weibchen befruchten. Aus den befruchteten Eizellen entwickeln sich ein geschlechtslose Polypen.
✂️ Und hier beginnt es, verrückt zu werden: Der Polyp setzt sich am Boden fest. Der obere Teil des Polyps teilt sich im Frühjahr in bis zu zwanzig Scheiben!
🌊 Jeder dieser Scheiben schwimmt dann ins Meer und entwickelt sich eigenständig zu einer Qualle.
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#beautyquarks #wissenschaftistschoen #qualle #ohrenqualle #fortpflanzung #jellyfish #meer #ozean — Foto: imago/imagebroker / imago stock
☝️ Achtung, nicht anfassen! Nesseln einer Qualle
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🏹 Mit ihren Nesseln fangen Quallen Beutetiere und wehren sich gegen Feinde – oder arglose Badegäste.
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🧐 Die Nesselzellen sitzen in der Haut und bestehen – grob gesagt – aus:
1️⃣ Einem langen Faden, genannt Nesselschlauch, der in der Hautschicht liegt. Er ist oft mit Widerhaken besetzt oder besonders klebrig. Und er enthält das Nesselgift.
2️⃣ Einem nach außen ragenden Auslösestift.
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💥 Wenn der Auslösestift berührt wird, schleudert die Nesselzelle explosionsartig den Nesselschlauch heraus.
😵 Der Faden haftet sich am Beutetier fest und das Gift lähmt es.
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💁 Diese Wurzelmundqualle ist für Menschen aber kaum giftig, sodass die Berührung in der Regel zwar unangenehm, aber nicht so schlimm ist.
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#beautyquarks #meer #jellyfish #qualle #ozean #wasser #sealife #nordsee #strandurlaub #sciencephotography #scienceisbeautiful — Foto: Martin Hablützel / ddp images
📷 Kronenqualle (Periphylla periphylla) im Meer vor Norwegen
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📏 Diese Kronenqualle ist eine typische Tiefseequalle – und ganz schön groß: Ihr Schirm ist etwa 35 Zentimeter hoch.
🐟 Durch ihren Schirm schimmert hier der Magen. Und den füllt die Qualle am liebsten mit kleineren Fischen.
🎣 Das ärgert norwegische Fischer, weil die Tiere – von der Strömung in die Fjorde getrieben – ihnen die Beute wegfuttern.
🌙 An die Oberfläche kommen Kronenquallen vor allem nachts, denn sie meiden das Licht.
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#beautyquarks #beautyofscience #tiefsee #pink #qualle #norwegen #jellyfish — Foto: Mauritius Images / Alamy
🌞 Eine Qualle im Sonnenschein
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💧 Quallen bestehen zu fast 99 Prozent aus Wasser.
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🧊 Ihr Körper besteht aus nur zwei hauchdünnen Zellschichten. Dazwischen liegt eine gallertartige Masse.
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🛡️ Diese glibbrige Substanz stützt den Körper der Qualle und dient als Sauerstoffspeicher.
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👀 Dass die Qualle transparent ist, schützt sie außerdem vor den Blicken von Fressfeinden.
🏃💨 Schnell wegschwimmen kann sie nämlich leider nicht.
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#beautyquarks #beautyofscience #qualle #meer #sealife #scienceisbeautyful — Foto: Science Photo Library
Weitere Angaben zum Artikel:
Gelatinöses Zooplankton
Artikel Abschnitt:
Tatsächlich ist es in einigen Fällen schwer, direkte Vergleiche zu ziehen, da historische Daten fehlen. Auch ist es gar nicht so einfach, genau zu bestimmen, wie viele gelatinöse Tiere eigentlich wirklich durchs Meer gleiten, weil die Quallenblüten zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten stattfinden und die wässrigen Tiere sich nach dem Fang so schnell zersetzen – was das Zählen und Wiegen erschwert.
Klar ist aber: Forschende haben gerade in vielen Küstenbereichen in den letzten Jahren regelrechte Invasionen mancher Tiere beobachtet – und das auch in höherer Frequenz als vorher. "Jellyfication" wird das Phänomen auch genannt, in Anlehnung an die englische Bezeichnung für Quallen: jellyfish.
Glibber ist nicht gleich Glibber
"Will man die Frage beantworten, ob es immer mehr gelatinöses Plankton gibt, muss man zwischen Arten, Lebensstadien und Meeresgebiet differenzieren," sagt die Quallenforscherin Prof. Jamileh Javidpour von der Süddänischen Universität in Odense.
Denn nicht nur Quallen, sondern auch Rippenquallen und Salpen zählen zum gelatinösen Zooplankton. Diese drei Gruppen unterscheiden sich stark voneinander. Sie gehören zu völlig unterschiedlichen Tierstämmen und haben sich unabhängig voneinander entwickelt. Quallen fangen beispielsweise ihre Beute mit giftigen Nesselkapseln in den Tentakeln, während Rippenquallen und Salpen gar keine Nesseln haben. Rippenquallen fangen ihre Beute mit Klebzellen, Salpen filtern ihre Nahrung aus dem Wasser. Und auch innerhalb der Gruppen gibt es von Art zu Art und zwischen Lebensstadien große Unterschiede.
Besonders bei vielen Quallen: der Lebenszyklus
Nach der Befruchtung des Eis bildet sich eine Larve aus, die sich auf harten Strukturen am Meeresboden festsetzt. Daraus wächst, fest am Boden, der sogenannte Polyp. Dieser wiederum kann sich immer wieder einschnüren. Dadurch lösen sich, besonders im Frühsommer zur Quallenblüte, die sogenannten Medusen ab. Medusen kennen wir als die eigentlichen Quallen, die majestätisch durchs Wasser gleiten und dann wiederum selbst Eier und Spermien produzieren können. Rippenquallen und Salpen bilden dagegen keine Polypen.
Gerade Arten, die Polypenstadien haben, sind toleranter gegenüber zukünftigen Umweltveränderungen. Genauso auch solche Tiere, die mehr an gemäßigte Klimazonen angepasst sind. Deshalb ist zu erwarten, dass sich insbesondere Quallen, aber auch bestimmte Rippenquallen- und Salpenarten aus mittleren Breitengraden in Zukunft weiter verbreiten werden.
Artikel Abschnitt: Wie sieht es in Nord- und Ostsee aus?
Wie sieht es in Nord- und Ostsee aus?
Auch in der Ostsee lassen sich schon Veränderungen beobachten. Obwohl es hier wegen des geringeren Salzgehalts überhaupt nur sehr wenige gelatinöse Arten gibt, scheinen die sich dafür immer mehr auszubreiten. Zwar gebe es einzelne Jahre, in denen kaum Quallen vorkämen, sagt Quallenforscherin Javidpour. "Aber in den Jahren, wo viele Quallen zu finden sind, gibt es viel mehr als in den 80er- oder 90er-Jahren."
Auch invasive Arten etablieren sich
In den letzten Jahren haben es auch invasive Arten geschafft, sich zu etablieren: Die Meerwalnuss Mnemiopsis leidyi etwa, eine Rippenqualle, die ursprünglich aus dem subtropischen Atlantik vor Nord- und Südamerika stammt und 2006 von Javidpour erstmals in der Ostsee beschrieben wurde – oder die Schwarzmeerqualle Blackfordia virginica. Beide Arten sind vermutlich durch Ballastwasser von Schiffen in die Ostsee gelangt; Wasser, das die Schiffe stabil im Ozean hält.
Einige Arten scheinen sich hier so wohlzufühlen, dass sie sich immer weiter ausbreiten und so zu der steigenden Zahl an gelatinösen Tieren beitragen, die dann zum Beispiel mit Fischen um dieselbe Nahrung konkurrieren. "Nichtheimische Quallen und Rippenquallen stellen ein ernst zu nehmendes Problem dar und ihre Bedeutung nimmt derzeit drastisch zu," sagt Dr. Cornelia Jaspers, Leiterin des Zentrums für Evolution & Ökologie von gelatinösem Plankton an der Technischen Universität von Dänemark, die die Schwarzmeerqualle 2018 das erste Mal in der Ostsee beschrieben hat.
Artikel Abschnitt: Ist der Mensch daran schuld?
Ist der Mensch daran schuld?
Allem voran wird meist, Überraschung, der Klimawandel dafür verantwortlich gemacht. Durch die steigenden Temperaturen können die Polypen leichter überwintern und früher im Jahr und mehr Medusen bilden. Auch scheinen viele gelatinöse Arten weniger empfindlich gegenüber Temperaturschwankungen zu sein als andere Arten – und mit Veränderungen im Salzgehalt oder saurerem Wasser, die durch den Klimawandel zu erwarten sind, gut umgehen zu können.
Auch ein Grund für die vielen Quallen: Überdüngung
Denn trotz einiger Bemühungen in den letzten Jahrzehnten gelangen durch Landwirtschaft oder Abwässer noch immer zu viele Nährstoffe ins Meer – vor allem in Küstenbereichen. Eine Folge: Mehr mikroskopisch kleine Algen blühen.
Nun fressen insbesondere manche Rippenquallen große Mengen an winzigen Krebsen, die sich sonst von diesen Algen ernähren. Sterben die Mikroalgen ab, werden sie von Bakterien zersetzt, die dafür viel Sauerstoff im Wasser verbrauchen. Für viele Arten ein Problem. Aber: "Quallen und Rippenquallen haben eine große Toleranz und kein Problem mit niedrigen Sauerstoffkonzentrationen, Fische hingegen schon. Ein weiterer Grund, warum Quallen einen Vorteil unter schwierigen Umweltbedingungen haben können", sagt Jaspers.
Quallen lieben Plastikmüll
Ein anderer Grund dafür sind wohl auch die festen Konstruktionen, die der Mensch in den Küstenbereichen vermehrt ins Meer schafft, etwa Offshore-Windanlagen, Hafenkonstruktionen oder auch größere Plastikteile aus dem Müll, auf denen Polypen besonders gerne zu siedeln scheinen. Sie bilden die wortwörtliche Grundlage, auf der sich Polypen niederlassen und dann vermehren können.
Und: Durch die Überfischung der Meere gibt es nicht nur weniger natürliche Feinde von Quallen, Rippenquallen und Salpen. Auch kommen dadurch weniger Konkurrenten vor, die den glibberigen Arten das Futter streitig machen können.
Artikel Abschnitt: Ist das ein Problem fürs Ökosystem Meer?
Ist das ein Problem fürs Ökosystem Meer?
In der Ostsee, in der es insgesamt wenige Arten gibt, kann ein starker Quallensommer so einen großen Einfluss auf das ganze Ökosystem haben. Sind die durchschnittlichen Temperaturen sowohl im Winter als auch im Sommer besonders hoch, wie in dem letzten Jahr, lässt sich kaum noch anderes Zooplankton finden als die Quallen und Rippenquallen selbst.
Auch ein Problem für den Menschen
Aber natürlich kann auch der Mensch direkt von den wabbeligen Massen betroffen sein. Nehmen gerade auch die für uns durch ihr Nesselgift gefährlichen Arten im Wasser zu, macht das die Gebiete zum Schwimmen unattraktiv. Dadurch kann der Tourismus leiden.
Seit ein paar Jahren klagen Fischer in manchen Regionen nicht nur darüber, dass sie durch das gelatinöse Plankton weniger fangen. Es mehren sich auch die Berichte über durch Quallen verstopfte Netze. Und auch Kühlsysteme von Schiffen oder am Meer gelegenen Industrieanlagen können durch die Quallen verstopfen.
Daher gibt es erste Projekte, die versuchen, Quallen und andere gelatinöse Arten zu nutzen – als Dünger, für Kosmetik oder als Nahrungsmittel für Tiere oder Menschen. "Wir wissen aber noch zu wenig über die Bedeutung von Quallen in marinen Ökosystemen. Deshalb muss man diese Art von Forschung vorsichtig betreiben und nicht blind die Quallen aus dem System entfernen," sagt Jamileh Javidpour, die auch ein solches Projekt (GoJelly) koordiniert. So wurde zum Beispiel lange angenommen, dass gerade Quallen ein loses Ende im Nahrungsnetz darstellen. Inzwischen weiß man aber, dass sie die Nahrungsgrundlage für viele andere Arten sind, wie einige Fische, Vögel, Kraken oder Meeresschildkröten.
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