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Daunendecken
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Daunen halten uns warm. Das Problem: Sie stammen von Tieren – und die leiden oft dafür. Wie gut sind die Alternativen?
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Artikel Abschnitt: Warum halten Daunen warm und wofür verwendet man sie?
Warum halten Daunen warm und wofür verwendet man sie?
Luft hält warm
Daunen sind sogenannte Unterfedern. Sie haben einen viel kürzeren Kiel als Konturfedern. Außerdem sind ihre Ästchen nicht ineinander verhakt, so bleiben die Daunen elastisch und weich. Dadurch speichern sie viel Luft zwischen ihren Ästchen und zwischen den einzelnen Daunen. Luft ist ein schlechter Wärmeleiter – ein Raum mit viel Luft isoliert also gegen Kälte. Eine Jacke oder Decke mit viel Luftraum hält daher besonders warm. Nach demselben Prinzip funktionieren auch Thermoskannen.
Wegen der isolierenden Eigenschaften benutzen wir Daunen hauptsächlich dort, wo wir warm bleiben möchten: im Bett für Bettdecken und Kissen, draußen für Schlafsäcke sowie Outdoor- und Winterkleidung.
Artikel Abschnitt: Wie werden Daunen gewonnen und was ist das Problem dabei?
Wie werden Daunen gewonnen und was ist das Problem dabei?
Anders bei Gänsen: Sie werden nicht mehr so häufig verzehrt, die Nachfrage nach Gänsedaunen und -federn ist daher höher als die nach Gänsefleisch. Es ist also günstiger für die Betriebe, Federn von lebenden Tieren zu rupfen und sie nachwachsen zu lassen. Dazu kommt, dass die Qualität der Federn zunimmt, je häufiger ein Tier vorher gerupft wurde.
Quälendes Rupfen
Früher wurden Gänse häufig lebendig gerupft. In der Europäischen Union (EU) ist das inzwischen gesetzlich verboten. Allerdings gibt es ein Schlupfloch: Während der Mauser, wenn sich Federn von selber ablösen, dürfen die Betriebe diese von den Tieren abbürsten. Dies nennt man Raufen, und theoretisch ist es schmerzfrei, wenn wirklich nur die schon gelösten Federn entnommen werden. In der Praxis ist das aber für die Tiere mit großem Stress verbunden. Dazu kommt, dass bei Betrieben mit Tausenden von Tieren natürlich nie alle Gänse gleichzeitig in der Mauser sind und es sehr viel Zeit kosten würde, sie zu sortieren. Daher werden Gänse illegal weiterhin lebend gerupft. Bei dieser sehr schmerzhaften Prozedur brechen sich die Tiere oft Knochen oder erleiden Wunden, die oft ohne Betäubung wieder zusammengenäht werden. Es gibt keine offiziellen Zahlen darüber, wie oft und wo der illegale Lebendrupf noch praktiziert wird. Laut Dr. Esther Müller vom Deutschen Tierschutzbund fallen osteuropäische Länder wie Ungarn und Polen in diesem Zusammenhang aber immer wieder auf.
Zwangsernährung
Auch Tiere, die nicht lebend gerupft werden, leben oft unter qualvollen Bedingungen: Für die Stopfleberproduktion werden Gänse zwangsgemästet. Dazu wird ihnen mehrmals am Tag durch einen Schlauch eine hochkalorische und fette Nahrung in den Magen gepumpt. Die Leber der Tiere verfettet und wird als Stopfleber oder "Foie gras" verkauft. Diese Art der Mästung ist in den meisten – aber nicht allen – europäischen Ländern inzwischen verboten, außerhalb von Europa aber nicht. Daher ist auch ein Verzicht auf Lebendrupf keine Garantie dafür, dass die Tiere aus artgerechter Haltung stammen.
Viele Federn kommen aus China
Laut dem Verband der Deutschen Daunen- und Federnindustrie (VDFI) werden etwa 10.000 Tonnen Daunen und Federn pro Jahr nach Deutschland importiert. 75 Prozent davon stammen laut VDFI von Enten, die übrigen 25 Prozent von Gänsen. Die Importe kommen zu etwa 75 bis 80 Prozent aus Ostasien, vor allem aus China, der Rest hautsächlich aus Europa. Der weltweit größte Produzent von Gänsedaunen ist China, gefolgt von Ungarn, der Ukraine und Polen. In Staaten außerhalb der EU wie China gelten die Lebendrupfverbote nicht.
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Was sind Gütesiegel wert?
Bettwarenhersteller lernen dazu
Seitdem ist an der Tierwohlfront bei Bettwarenherstellern aber einiges passiert. Das neue Siegel heißt "Downpass" und ist eine Weiterentwicklung und Verbesserung des "Traumpasses". Damit ein Produkt den Downpass erhalten kann, müssen externe und unabhängige sogenannte Auditoren die gesamte Lieferkette bis hin zu den Enten- und Gänsefarmen zurückverfolgen und überwachen können – und zwar überall auf der Welt. Ein Notar bestätigt dann die Richtigkeit der Zertifizierung. Jedes Produkt bekommt einen individuellen Code, den Verbraucher:innen auf der Website des Downpasses zurückverfolgen können. Die Betriebe werden regelmäßig angekündigt, aber auch unangekündigt kontrolliert, besonders in Risikozeiten.
Fehler haben Folgen
"Narben sind ein Kriterium, dass das Tier möglicherweise zuvor lebend gerupft wurde", sagt Dr. Juliane Hedderich vom VDFI. Wenn der Auditor am Tierkörper vernarbte oder genähte Hautstellen sehe, müsse er die Stichprobe vergrößern. Er sei verpflichtet, Kolleg:innen hinzuziehen, außerdem müsse er den Farmer/die Farmerin dazu befragen. "Bestätigt sich der Verdacht, dann wird die Zertifizierung nicht erteilt“, sagt Hedderich. Zusätzlich kaufen sogenannte Mystery Shopper etwa zehn Produkte pro Monat verdeckt ein und testen, ob die Qualität und der Tierwohlnachweis stimmen.
Auch Tierschützer:innen beurteilen diese Entwicklung positiv, sehen aber noch Verbesserungspotenzial. "Was sich wirklich verbessert hat, ist, dass beim 'Downpass' nicht nur der Lebendrupf verboten ist, sondern auch das Stopfen. Das war im Vorgängermodell nur optional dazuzuwählen“, sagt Esther Müller vom Deutschen Tierschutzbund. "Mittlerweile kontrollieren sie Lebendrupf wirklich in der Kette, sie schauen das Tier auch im Betrieb an. Damit ist der Lebendrupf des Tieres wirklich ausgeschlossen. Was beim Basispaket leider noch nicht enthalten ist, sind die Elterntiere, die über viele Jahre gehalten werden. Und bei denen ist die Gefahr des Lebendrupfes am größten. Hier würden wir uns eine verpflichtende Kontrolle wünschen.“
Die Outdoorindustrie geht vorneweg
Die Outodoorindustrie hat die Thematik Tierwohl sehr viel eher erkannt und ist früher und gründlicher aktiv geworden. Anders als bei der Bettwarenindustrie haben die Outdoorzertifizierungen ihren Ursprung im Tierschutzgedanken und sollen nicht nur die Qualität der Produkte abbilden.
Der strengste Standard ist der Global Traceable Down Standard (Global TDS). Entwickelt hat ihn die Outdoormarke Patagonia zusammen mit Industrieverbänden, Tierschutzverbänden und anderen NGOs. Das Siegel verbietet Lebendrupf und Stopfmast, verfolgt die Lieferkette aber auch bis zu den Elterntieren zurück.
Auch den Responsible Down Standard (RDS) hat eine Outdoormarke initiiert, The North Face. Er ähnelt sehr dem Global TDS, berücksichtigt allerdings nur das Leben der Küken vom Schlupf bis zur Schlachtung. Er bezieht also die Elterngeneration nicht mit ein.
Einige Outdoorhersteller haben außerdem eigene Standards für sich definiert. Die schwedische Marke Fjällräven ist dabei der Spitzenreiter, ihre Richtlinie ist eine der strengsten der Outdoorindustrie.
Verbesserungen sind möglich
An der Label-Front hat sich zwar viel getan, Tierschützerin Müller sieht aber noch grundlegendere Möglichkeiten, das Tierwohl bei der Daunenproduktion zu verbessern. "Die Label beziehen sich in der Regel auf den Hauptfokus Lebendrupf und Stopfmast. Was dabei nicht beleuchtet wird, ist die grundsätzliche Haltungsumgebung der Tiere“, sagt sie. "Die Haltungsbedingungen werden zwar mit überprüft, aber sie orientieren sich an den gesetzlichen Standards, die in der Regel sehr niedrig oder gar nicht vorhanden sind. Aspekte wären dabei zum Beispiel Badewasser, eingestreute Bereiche, überhaupt Freilauf. Es ist absurd, dass Wassergeflügel in der Regel ohne Badewasser gehalten wird. Das ist ein gewichtiger Punkt, wo die Haltung der Tiere völlig entgegen ihrer natürlichen Bedürfnisse steht.“
Artikel Abschnitt: Welche Alternativen zu Daunen gibt es?
Welche Alternativen zu Daunen gibt es?
Kunstfasern sind zum Beispiel Polyester, Acryl, Viskose oder Lyocell.
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Wie gut sind alternative Materialien?
Auch Kunstfasern nicht unproblematisch
Viele Materialien werden aus erdölbasierten Stoffen hergestellt. Einige Hersteller setzen inzwischen aber auch auf recycelte Kunstfasern. Auch Kunstfasern auf Naturbasis gibt es, Lyocell wird beispielsweise aus Cellulose hergestellt. Für Outdoorartikel haben Kunstfasern einen großen Vorteil gegenüber Naturstoffen und auch Daunen: Sie wärmen auch nass noch.
Die Stiftung Warentest hat 2019 mehrere alternative Materialien in Bettdecken getestet. Dazu gehörten Naturstoffe wie Kamelhaar, Merinowolle und Hanf sowie Kunstfasern wie Polyester und Lyocell. Die gute Nachricht: Warm schläft man unter allen Materialien und sie sind eine gute Alternative zu Daunendecken. Die Naturfasern waren im Test etwas atmungsaktiver als die Kunstfasern, allerdings punkteten die Kunstfaserstoffe deutlich bei der Haltbarkeit und waren leichter.
Naturstoffe sind teurer
Auch der Preis spielt eine Rolle: Naturstoffe sind in der Regel teurer als Kunstfaser. Laut Nico Langenbeck von der Stiftung Warentest muss jede/r für sich entscheiden, welche Eigenschaften eines Materials ihr/ihm am wichtigsten sind. "Ich muss mich fragen, was ist mein individuelles Bedürfnis. Es gibt zum Beispiel Personen, die eher zu einer möglichst leichten Bettdecke greifen, andere empfinden schwerere Decken eher als komfortabel. Wenn ich weiß, dass ich jemand bin, der etwas mehr schwitzt, würde ich darüber nachdenken, eher zu einer Naturfaserbettdecke zu greifen. Es muss individuell entschieden werden, was ich für ein Schlaftyp bin."
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Und jetzt?
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Ich habe als Alternative eine Jacke von „Save The Duck“ gekauft. Diese sieht schick aus, hält schön warm und soll nachhaltig produziert sein.