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Folgen für Kinder und Jugendliche
Das passiert, wenn Schule ausfällt oder zu Hause stattfindet
Schule fördert soziales Miteinander, kann motivieren, aber auch Stress auslösen. Fällt Schule aus oder findet zu Hause statt, hat das entsprechend vielfältige Folgen.
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Inhalt
- Werden Ungleichheiten noch größer?
- Wie gut funktioniert das Lernen zu Hause?
- Lernen Schüler insgesamt weniger Stoff?
- Welche langfristigen Folgen haben Lernpausen?
- Wie sehr brauchen Kinder und Jugendliche den Kontakt zu Gleichaltrigen?
- Steigt die Wahrscheinlichkeit für häusliche Gewalt?
- Können Kinder und Jugendliche auch profitieren, wenn Schule gar nicht oder zu Hause stattfindet?
- Werden Ungleichheiten noch größer?
- Wie gut funktioniert das Lernen zu Hause?
- Lernen Schüler insgesamt weniger Stoff?
- Welche langfristigen Folgen haben Lernpausen?
- Wie sehr brauchen Kinder und Jugendliche den Kontakt zu Gleichaltrigen?
- Steigt die Wahrscheinlichkeit für häusliche Gewalt?
- Können Kinder und Jugendliche auch profitieren, wenn Schule gar nicht oder zu Hause stattfindet?
Artikel Abschnitt: Werden Ungleichheiten noch größer?
Werden Ungleichheiten noch größer?
Außerhalb der Schule sieht das anders aus: Elternhäuser können sich nicht nur hinsichtlich der Ausstattung unterscheiden, die für Homeschooling wichtig ist – wie Laptop, WLAN oder Drucker – sondern auch in ihren Möglichkeiten, die Kinder beim Lernen zu unterstützen, schreibt Hanna Dumont, die am Leibniz-Institut für Bildungsforschung zu Bildungsungleichheiten forscht.
Wenn die Schule nach Hause verlagert wird, können diese Unterschiede auch das Lernen beeinflussen: "Während Eltern in akademischen Berufen und höheren Positionen häufig die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten und ihren Kindern bei den Schularbeiten zu helfen, müssen Eltern in weniger qualifizierten Berufen, wie beispielsweise im Einzelhandelsverkauf, in der Regel an ihrem Arbeitsplatz präsent sein", schreibt Dumont.
Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler profitieren
Eine Untersuchung von 8.344 Schülerinnen und Schülern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigte jedoch auch: Noch wichtiger für den Lernerfolg als die technische Ausstattung und elterliche Unterstützung ist erstens, wie selbstständig Kinder und Jugendliche lernen können, und zweitens die Qualität des Unterrichts.
Homeschooling funktioniere somit besser für Schülerinnen und Schüler, die entweder ohnehin schon leistungsstark sind oder von ihren Eltern begleitet und motiviert werden – oder beides – schlussfolgern Expertinnen und Experten. Kinder aus weniger privilegierten Familien oder leistungsschwache Schüler werden also, wenn Schulen schließen, voraussichtlich noch weniger lernen. Es wird befürchtet, dass die ohnehin schon bestehende Kluft zwischen diesen Schülergruppen noch größer wird.
Artikel Abschnitt: Wie gut funktioniert das Lernen zu Hause?
Wie gut funktioniert das Lernen zu Hause?
- "es gab regelmäßig Videokonferenzen"
- über "arbeiten mit ausgedruckten Arbeitsblättern, die per Mail verschickt wurden"
- bis zu "Schulen hatten gar keinen Kontakt mit den Schülern".
Einer anderen Befragung zufolge hat sich die durchschnittliche Zeit, die Schulkinder im Homeschooling mit Lernen verbringen, in dieser Zeit mehr als halbiert: von 7,4 auf 3,6 Stunden. Ein Manko der Studie: Es wurden Eltern statt Schüler befragt. Außerdem sagt die reine Lernzeit erst einmal nichts über die Qualität der Lernzeit aus.
Nicht jeder kann eigenständig lernen
Nun muss man der Fairness halber hinzufügen, dass Schulen und Lehrkräfte auf die Schließungen im Frühjahr 2020 nicht vorbereitet waren, der Unterricht musste relativ schnell neu organisiert werden. Aber selbst bei guten Konzepten sind sich Experten einig, dass zu Hause Lernen für die meisten Schüler einfach nicht so gut klappt wie in der Schule.
- Grund 1: Die Kompetenzen zum selbstregulierten Lernen können bei Kindern und Jugendlichen nicht vorausgesetzt werden. Wie gut das klappt, hängt unter anderem vom Alter ab. Vor allem bei (Grundschul-)Kindern ist die Aufmerksamkeitsspanne meist gering. Das ist für das Alter auch ganz normal. Wer also nicht besonders intrinsisch motiviert ist oder von seinen Eltern motiviert wird, beschäftigt sich zu Hause schnell mit anderen Dingen als Rechnen oder Schreiben.
- Grund 2: Zu Hause fehlt (meist) ein Umfeld, das zum Lernen motiviert. In der Schule folgt Lernen einer bestimmten Struktur, man ist zusammen mit anderen Kindern, bekommt Lob und Anerkennung durch Lehrkräfte und Schüler. "Grundschulkinder sind in besonderem Maße auf Lehrer angewiesen", sagt Birgit Leyendecker, die an der Ruhr-Universität Bochum das Interdisziplinäre Zentrum für Familienforschung leitet. "Sie lernen nicht nur mit, sondern auch für ihre Lehrer, weil sie sich von ihnen eine direkte Rückmeldung erhoffen." So könne es passieren, dass eigentlich gute Schüler zu Hause keine Motivation zum Lernen finden.
Immerhin: Je älter die Schüler sind, desto besser können sie selbstständig lernen. Für Jugendliche klappt Homeschooling deshalb tendenziell besser als für Grundschüler, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Artikel Abschnitt: Lernen Schüler insgesamt weniger Stoff?
Lernen Schüler insgesamt weniger Stoff?
Gehirn verändert sich im Reifeprozess
In diesem Kontext ist nicht nur relevant, ob Schüler insgesamt weniger lernen, sondern auch, zu welchem Zeitpunkt sie Lerninhalte möglicherweise verpassen. Denn: Im Rahmen eines natürlichen Reifeprozesses verändert sich das Gehirn von Kindern und Jugendlichen sehr viel. Abhängig von der Entwicklung des Gehirns, so vermuten Forschende, sind Schüler in manchen Phasen besonders sensibel, um bestimmte Fertigkeiten zu erlernen:
- Es gibt sensible Phasen für den Spracherwerb und den Bindungsaufbau – bei beiden liegt der Schwerpunkt der Entwicklung aber vorrangig vor dem Schuleintritt.
- Vor allem Defizite bei Basisfähigkeiten – also rechnen, lesen, schreiben – lassen sich in späteren Jahren nur schwer ausgleichen.
- Jugendliche sind besonders empfänglich für neue Informationen und können deshalb schnell und effektiv lernen. Fremdsprachen oder ein Musikinstrument – das können sich zwar auch Erwachsene noch aneignen, aber die Lernprozesse sind mit sehr viel mehr Mühe verbunden.
- Für analytische Fähigkeiten, etwa abstraktes Denken oder Mustererkennung, scheint das späte Jugendalter die beste Lernphase zu sein.
Ob durch den Lockdown oder Homeschooling bei Kindern und Jugendlichen unaufholbare Lücken entstanden sind, ist bisher schwer zu sagen. "Diese Frage müsste man je nach Alter und Lernbereich differenziert beantworten und ebenso berücksichtigen, inwieweit das Elternhaus, die außerschulische Umgebung und der digitale Unterricht den fehlenden Input der Schule ausgleichen konnten", sagt Babett Voigt vom Lehrstuhl für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum.
Artikel Abschnitt: Welche langfristigen Folgen haben Lernpausen?
Welche langfristigen Folgen haben Lernpausen?
Was es bedeuten kann, wenn über lange Zeit kein Unterricht stattfindet, zeigen Studien, die in den USA den Summer Learning Loss, den Kompetenzverlust nach den Sommerferien untersuchen. Die Ferien dauern mit zwei bis drei Monaten dort länger als in Deutschland. Demnach könne es bis zu einem Vierteljahr dauern, bis Schüler wieder auf dem Kenntnisstand sind wie vor den Ferien. In Mathe sei der Kompetenzverlust besonders stark, ähnlich sei es beim Lesen – allerdings gelte das nur für Schüler aus benachteiligten Verhältnissen. Aus den Ergebnissen zum Summer Learning Loss schlussfolgern Forschende, dass geschlossene Schulen nicht nur Stillstand, sondern auch Rückschritt bedeuten können.
Folgen über das Schulleben hinaus
Wenn Schülerinnen und Schüler insgesamt weniger lernen, kann sich das im schlimmsten Fall durch das ganze Leben ziehen. Das zeigen Studien zu Schulstreiks in Belgien, Kanada und Argentinien aus der Vergangenheit. Die Schüler, die wegen der Streiks mehrere Wochen nicht zur Schule gehen konnten, mussten im Schnitt:
- häufiger Klassen wiederholen
- hatten langfristig niedrigere Bildungsabschlüsse
- waren häufiger arbeitslos
Die Ergebnisse zum Summer Learning Loss und den Schulstreiks lassen sich zwar nicht eins zu eins auf die Corona-Pandemie übertragen. Sie zeigen aber, welche Folgen Bildungs- beziehungsweise Lernpausen auch im späteren Leben haben können.
Weniger Lernen, weniger Gehalt?
Eine ähnliche Entwicklung erwarten Forschende tatsächlich auch durch das Bildungsdefizit, das durch die Corona-Pandemie entstehen könnte. So hat der Bildungsökonom Ludger Wößmann berechnet: Wenn ein Drittel eines Schuljahres an Lernen verloren geht, müssten die betroffenen Schülerinnen und Schüler im Schnitt mit drei bis vier Prozent weniger Gehalt rechnen – bezogen auf das gesamte Berufsleben. Ob diese Prognose, die auf dem in der Forschung gut belegten Zusammenhang zwischen Schulbesuch, Kompetenzerwerb und Wohlstand beruht, tatsächlich eintritt, werden wir erst Jahre später wissen.
Artikel Abschnitt: Wie sehr brauchen Kinder und Jugendliche den Kontakt zu Gleichaltrigen?
Wie sehr brauchen Kinder und Jugendliche den Kontakt zu Gleichaltrigen?
Je älter Schüler sind, desto wichtiger werden für sie Menschen außerhalb der Familie. Ein Grund: Gleichaltrige sind gleichberechtigt, das heißt, es gibt weniger Macht-, Wissens- und Kompetenzgefälle, wie es zwischen Kindern und Erwachsenen der Fall ist. Wenn Schulen schließen und gleichzeitig Kontaktbeschränkungen gelten, fehlt genau dieser Kontakt zu Gleichaltrigen, der eben dabei helfen kann, bestimmte psychosoziale Fähigkeiten zu entwickeln.
Das Gehirn verändert sich in bei Kindern und Jugendlichen
Vom zehnten bis zum 20. Lebensjahr verändert sich das Gehirn sehr stark. Wie genau, ist bis heute nicht vollständig erforscht. Was man aber vermutet: Vor allem die Verknüpfungen im Gehirn, die tatsächlich gebraucht werden, “überleben” diesen Reifeprozess. Use-it-or-loose-it-Prinzip nennen Forschende das.
Abhängig von dem, was Kinder und Jugendliche erleben, wird im Gehirn also die Entwicklung verschiedener Fähigkeiten stimuliert – oder eben auch nicht. Es kann also einen Unterscheid machen, ob man auf der Couch liegt oder draußen spielt, alleine liest oder Freunde trifft.
Wenn der soziale Kontakt ausbleibt
Ob weniger Kontakte, weniger Erfahrungen und weniger Ausprobieren langfristige Folgen für die psychosoziale Entwicklung von Schülern haben, weiß die Forschung noch nicht. Kinder- und Jugendpsychologen vermuten aber: Wenige Monate kann man überbrücken, die (möglicherweise) verpassten Entwicklungen lassen sich nachholen. Spürbar sind eher akute, kurzfristige Effekte, wie ein reduziertes Wohlbefinden der Kinder – sie vermissen ihre Freunde. Immerhin lässt sich das durch digitale Kontaktmöglichkeiten teilweise ausgleichen.
Artikel Abschnitt: Steigt die Wahrscheinlichkeit für häusliche Gewalt?
Steigt die Wahrscheinlichkeit für häusliche Gewalt?
In den offiziell gemeldeten Fällen hat sich das allerdings erst verspätet niedergeschlagen. Experten erklären das damit, dass Kindeswohlgefährdungen meist von Menschen außerhalb der Familie angezeigt werden, etwa von Lehrern. Wenn Kinder nicht in der Schule sind, steigt also auch die Wahrscheinlichkeit, dass Missbrauchsfälle weniger auffallen.
Artikel Abschnitt: Können Kinder und Jugendliche auch profitieren, wenn Schule gar nicht oder zu Hause stattfindet?
Können Kinder und Jugendliche auch profitieren, wenn Schule gar nicht oder zu Hause stattfindet?
Diese Entlastung sei allerdings nur kurzfristig. Wenn die Schule dann wieder losgeht, ist der Druck meist größer als vorher. Darauf deuten auch Erfahrungen von Sören Friedrich hin, der das Zentrum für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Ruhr-Universität Bochum leitet: “Zu Beginn des ersten Lockdowns ist bei uns der Bedarf an Therapie zunächst gesunken", sagt er. "Nach den Sommerferien und vor allem im Herbst, als die Schule wieder eine Weile lief, haben wir aber einen höheren Therapiebedarf als normalerweise festgestellt." Denn mit der Schule komme auch die Belastung zurück.
Seine Beobachtungen, betont Sören Friedrich, gelten zunächst nur für die Patientinnen und Patienten in Bochum. Außerdem sei die Schule nur ein möglicher Stressfaktor, der dazu geführt haben könnte, dass der Therapiebedarf wieder anstieg. Auch coronabedingte finanzielle Schwierigkeiten in der Familie oder weitere pandemiebedingte Unsicherheiten könnten die Jugendlichen zusätzlich belastet haben.
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Hallo Lara!
Welche Quellen lassen sich denn genau den Abschnitten unter „Wie sehr brauchen Kinder und Jugendliche den Kontakt zu Gleichaltrigen?“ zuordnen? Ich würde die Ergebnisse gerne für eine Hausarbeit verwenden, dazu muss ich aber wissen welcher Quelle du die Informationen entnimmst.
Danke im Voraus!
Emma