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Schreiben
Warum es sinnvoll ist, mit der Hand zu schreiben
Wir schreiben immer mehr an der Tastatur statt mit der Hand. Das ist nicht unbedingt schlecht – außer bei Schreibanfängern.
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Stirbt die Handschrift aus?
In der Schule ist Handschrift noch gefragt
Schülerinnen und Schüler schreiben zwar in der Schule noch mit der Hand. Aber die Schreibkompetenz nehme ab, sagt der Verband Bildung und Erziehung. In einer Befragung sagten fast 85 Prozent der Grundschullehrerinnen, dass Schüler heute weniger motorische Kompetenzen zum Erlernen des Schreibens mitbringen als noch vor einigen Jahren. Mögliche Gründe dafür: Die Kinder bewegen sich weniger, spielen zum Beispiel nicht mehr so oft draußen. Außerdem fallen bestimmte Aufgaben weg, der Klettverschluss ersetzt etwa die Schleife. Und statt zu malen, spielen viele Kinder häufiger am Computer.
Auch in der weiterführenden Schule sind diese Defizite in der Regel nicht ausgeglichen. Deshalb beobachten auch 75 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an diesen Schulen, dass viele Kinder feinmotorisch nicht so fit sind wie noch vor einigen Jahren.
Die Handschrift stirbt zwar nicht aus, sie hat aber einen anderen Stellenwert als früher. Einige Fachleute gehen davon aus, dass wir nur noch in bestimmten Situationen mit der Hand schreiben, etwa wenn das Schreiben unauffällig und leise geschehen muss und keine Laptops oder Computer genutzt werden können. Oder wenn es besonders schön werden soll und wir dem Geschriebenen eine persönliche Note geben möchten, zum Beispiel auf Glückwunschkarten oder in Briefen. Dafür gibt es mittlerweile sogar spezielle Kurse, in denen man die Handschrift trainieren kann.
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Warum ist es gut, wenn wir mit der Hand schreiben?
Zu dieser These passt ein Experiment der amerikanischen Psychologin Dr. Pam Mueller. Sie zeigte 65 Studenten Filme mit Aufzeichnungen von Vorträgen. Die eine Hälfte sollte am Laptop mitschreiben, was sie gehört hatte, die andere mit der Hand. Das Ergebnis: An die reinen Fakten wie Jahreszahlen oder Daten konnten sich alle Testpersonen gleich gut erinnern. Wurden die Zusammenhänge aber komplexer, schnitten die Studierenden besser ab, die mit Stift und Block gearbeitet hatten.
Wer mit der Hand schreibt, kann sich mehr merken
Außerdem stellte sie fest, dass die Laptop-Gruppe die ganze Zeit tippte, während die andere weniger notierte und das Gehörte in eigenen Worten zusammengefasst hatte. Die Psychologin schloss daraus, dass sich diese Gruppe schon während des Schreibens mit dem Gehörten beschäftigte. Dabei scheint es vor allem um das Schreibtempo zu gehen. Mueller begründet das Ergebnis damit, dass das Schreiben mit der Hand langsamer sei als das auf der Tastatur.
Sie schließt daraus: Wer mit der Hand schreibe, müsse die Informationen gezielter auswählen, weil sonst die Zeit knapp werde. Damit habe das Gehirn die Chance, sie besser zu verarbeiten. Das ist nach Meinung der Forscherin der Grund dafür, dass sich die „Handschreiber“ besser daran erinnern.
Kinder lernen Buchstaben besser mit dem Stift
Auch Kinder profitieren, wenn sie mit der Hand schreiben lernen. Die Psychologin Prof. Karin James ließ Vorschulkinder, die noch nicht schreiben und lesen konnten, Buchstaben abmalen. Sie sollten sie entweder anhand einer gepunkteten Linie nachzeichnen, freihändig abmalen oder auf einer Tastatur tippen. Das Ergebnis: Die Kinder, die Buchstaben frei nachzeichneten, zeigten messbare Aktivitäten in den Hirnbereichen, die auch bei Erwachsenen aktiv sind, wenn sie lesen und schreiben.
Wenn die Kinder die Punkte nur miteinander verbanden oder tippten, gab es keine messbaren Hirnaktivitäten. Dass Kinder sich die Buchstaben am besten einprägen, wenn sie sie freihändig mit der Hand schreiben, könnte daran liegen, dass der Buchstabe jedes Mal in bisschen anders aussieht. Wenn sie trotz dieser Variationen den Buchstaben jedes Mal erkennen, begreifen sie offenbar besser, um welchen Buchstaben es sich handelt.
Weitere Forschungsergebnisse bestätigen diese These
Deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten ein Training, in dem Kindergartenkinder acht Buchstaben erlernen sollten. Die eine Hälfte übte handschriftlich, die andere tippte die Buchstaben an der Tastatur.
Das Ergebnis: Die Kinder, die mit dem Stift geschrieben hatten, konnten die Buchstaben besser erkennen und waren eher dazu in der Lage, ganze Wörter zu lesen und zu schreiben. Kinder lernen vor allem haptisch; also nehmen sie durch das manuelle Schreiben die Buchstaben konkreter wahr, so die Erklärung der Forscher.
Ob Handschrift die Rechtsschreibung verbessert, ist unklar
Obwohl es mehrere Studien dazu gibt, ist nicht eindeutig belegt, ob Handschrift die Rechtschreibung verbessert. Zwar schnitt die Handschrift-Gruppe bei einem Test bei der Rechtsschreibung besser ab, als die Gruppe, die auf einer Tastatur schrieb. Aber die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich nicht sicher, ob das nicht auch daran liegen könnte, dass die Schreiber nicht schnell genug tippen konnten und so zum Beispiel Wortendungen fehlten.
Sicher ist dagegen, dass wir mit dem Schreiben unser Gehirn auf Trab halten: Denn weil man dafür vor allem feinmotorische Fähigkeiten braucht, ist dabei ein Drittel des Gehirns aktiv.
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Wer sollte besser tippen, statt mit der Hand zu schreiben?
Ansonsten gilt: Wer flüssig mit der Hand schreiben kann, kommt auch mit dem Schreiben an der Tastatur besser klar. Es lohnt sich also, erst einmal die Handschrift zu erlernen, bevor man an der Tastatur schreibt.
Grundsätzlich geht es aber nicht darum, ob wir mit der Hand oder auf der Tastatur schreiben. Denn die Situation ist entscheidend. Während man Bewerbungen oder Behördenbriefe besser an der Tastatur schreibt, weil sie so in der Regel leserlicher und übersichtlicher sind, ist es oft praktischer, kurze Notizen mit der Hand zu schreiben.
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Welche Schrift sollten Kinder lernen?
Forscher: Schulausgangsschrift fördert die Feinmotorik
Didaktiker der Universität Siegen plädieren für die sogenannte Schulausgangsschrift und haben dazu sogar eine Online-Petition gestartet. Bei dieser Schrift sind einzelne Buchstaben miteinander verbunden. Eine solche Schrift fördere die Feinmotorik, die Koordination und die Schnelligkeit, sagen die Befürworter. Ein weiteres Argument: Wer erst Druckschrift lerne, tue sich hinterher mit der Schreibschrift schwer.
Druckschrift macht Lesen leichter
Andere Bildungsforscherinnen und -forscher argumentieren, dass es schwerer sei, schreiben zu lernen, wenn man die Buchstaben miteinander verbinden müsse. Außerdem gebe es sowieso kein konsequent verbundenes Schreiben, da man zwischendurch immer die Hand absetzen müsse. Die Schrift wirke nur so, als seien die Buchstaben miteinander verbunden. Druckschrift sei zudem einfacher zu lesen. Und weil lesen und schreiben lernen eng zusammenhingen, sei es sinnvoll, als erste Schrift eine Druckschrift zu lernen.
Kinder sollen selbst entscheiden
Außerdem gibt es noch die Idee, dass man den Kindern ermöglichen sollte, ihre eigene Handschrift auszubilden. Das heißt, die Kinder lernen eine Grundschrift und entscheiden dann selbst, welche Buchstaben sie miteinander verbinden.
In eine ähnliche Richtung geht der Ansatz von Sprachforschern der Universität Köln. Sie finden es gar nicht so wichtig, welche Schrift Kinder als erstes lernen. Vielmehr komme es darauf an, den Schülern genügend Zeit zu geben, um die Schrift in Ruhe zu üben. Denn wichtiger als die Schriftart sei das flüssige Schreiben.
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Wie verändern sich unsere Texte durch WhatsApp und Co?
Auch bei Schülerinnen und Schülern muss man keine Angst haben, dass sie demnächst umgangssprachliche Textanalysen schreiben: Mehrere Studien zeigen, dass Schüler zwischen der sehr umgangssprachlichen Chatsprache bei WhatsApp und Co und den Texten, die sie in der Schule schreiben, unterscheiden können.
Allerdings gibt es aktuell noch zu wenige Untersuchungen, um die Frage abschließend zu beurteilen.
Autorin: Christiane Tovar
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Recht*s*schreibung oder Rechtschreibung? 😉