Artikel Kopfzeile:
Gefühle
Das macht Neid mit dir
Auf der Skala der coolen Gefühle ist Neid ganz weit unten. Er lässt uns komische Dinge tun – kann uns aber auch besser machen.
Artikel Abschnitt: Was ist Neid?
Was ist Neid?
Und damit nicht genug. Der Neid selbst macht uns zu schaffen, denn es handelt sich um eine sozial unerwünschte Emotion. Niemand gilt gern als missgünstig, deshalb versuchen wir in der Regel, das Gefühl zu unterdrücken oder zumindest zu überspielen.
Ein verwandtes Gefühl: Eifersucht
Eifersucht kommt immer dann auf, wenn jemand uns emotionale Ressourcen streitig macht: wenn Partner oder Partnerin fremdgehen oder auch nur einer anderen Person zu viel Aufmerksamkeit schenken. Eifersucht kommt aber nicht nur in Liebesbeziehungen vor, sondern auch in Freundschaften. Außerdem können schon Babys eifersüchtig werden, wenn die Mutter ein anderes Kind streichelt. Beim Neid geht es hingegen nicht nur um emotionale Ressourcen, sondern auch um Besitz, Erfolg und Fähigkeiten.
Ob Männer oder Frauen eifersüchtiger sind, erfahrt ihr hier.
Neid ist eng verwandt mit einem anderen verpönten Gefühl
Schadenfreude. Das zeigt sich sogar im Gehirn, wie eine Studie eines Teams um den Japaner Hidehiko Takahashi zeigte, die 2009 in der Fachzeitschrift “Science” erschien. Die Forschenden ließen Studierende im Hirnscanner einen Text über einen frei erfundenen Kommilitonen lesen. Dieser glänzt in allen erdenklichen Bereichen: Er hat hervorragende Noten, feiert sportliche Erfolge und ist glücklich vergeben.
Wer Neid bei der Lektüre empfand, der zeigte eine Aktivierung im anterioren cingulären Kortex, einer Region, die mit der Verarbeitung negativer Emotion in Verbindung steht. Als die Probanden dann von einem Missgeschick des Musterknaben erfuhren, reagierten sie mit Schadenfreude.
Dabei wurde ein anderes Hirnareal aktiv: das Striatum, das im Gegensatz zum anterioren cingulären Kortex mit der Verarbeitung von Belohnungsreizen zusammenhängt. Das Entzücken über das Unglück war umso stärker, je größer der anfängliche Neid ausgefallen war.
Artikel Abschnitt: Wann werden wir besonders neidisch?
Wann werden wir besonders neidisch?
- Persönliche Relevanz:
Neidisch werden wir nur in Angelegenheiten, die uns wichtig sind. Jemand, der Wert auf Fitness legt, misst sich eher darin als in seinen Mathematikfähigkeiten. Auf ein Rechengenie wird er kaum Neid entwickeln, auf ein Sport-Ass hingegen schon. - Soziale Nähe:
Wir beneiden eher Personen, die wir persönlich kennen und denen wir nahestehen. Unsere Missgunst richtet sich also eher gegen die eigene Schwester als auf reiche und schöne Promis wie Kim Kardashian. - Ähnlichkeit:
Je ähnlicher uns die andere Person ist, desto mehr tut der Vergleich weh, wenn wir den Kürzeren ziehen. Übertrumpft uns ein Mensch im gleichen Alter, mit dem gleichen Geschlecht, der in der gleichen Branche arbeitet, versetzt uns das eher einen Stich, als wenn es sich um eine viel ältere Person handelt, mit der wir kaum etwas gemein haben.
Artikel Abschnitt: Welchen Sinn hat das Gefühl?
Welchen Sinn hat das Gefühl?
Laut der “Theorie des sozialen Vergleichs” des US-amerikanischen Psychologen Leon Festinger gewinnen wir Informationen über uns selbst, indem wir uns mit anderen vergleichen – vor allem dann, wenn ein objektives Kriterium fehlt. Die meisten Informationen liefert uns dabei der Vergleich mit anderen, die uns in vielen Merkmalen ähnlich sind.
Neid kann ein Ansporn sein
Ziehen wir bei diesem Vergleich den Kürzeren, entsteht Neid. Dieser kann uns dazu veranlassen, den Erfolg des anderen kleinzureden und ihn womöglich sogar zu sabotieren. Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit: Die “helle Seite” des Neids spornt uns an, selbst besser zu werden und auf unsere Träume hinzuarbeiten. In diesem Sinne ist Neid ein Alarmsignal, dass wir in einem Bereich, der uns etwas bedeutet, noch zulegen könnten – und ein starker Motivator, das auch zu tun.
Artikel Abschnitt: Wie schadet Neid?
Wie schadet Neid?
Neid kann eigenen Nachteil bedeuten
Der Wirtschaftswissenschaftler Daniel Zizzo – damals an der University of Oxford – ließ immer jeweils vier Versuchspersonen in einem virtuellen Glücksspiel gegeneinander antreten. Es ging allerdings nicht fair zu: Manche Spieler erhielten einen höheren Geldbetrag als Wetteinsatz als andere. Bevor alle Spieler am Ende ihren Gewinn kassierten, hatten sie die Möglichkeit, die Einkünfte ihrer Gegenspieler per Mausklick zu reduzieren – zu einem gewissen Preis. Auch sie mussten dafür etwas von ihrem eigenen Geld zurückgeben.
Die Überraschung: Zwei Drittel der Probanden machten von der Option Gebrauch und verbrannten so insgesamt die Hälfte aller Gewinnausschüttungen – zu ihrem eigenen Nachteil. Wir hassen es so sehr, wenn andere es besser haben, dass es uns lieber wäre, alle gingen leer aus. Der Neid frisst seinen eigenen Herren, wie der Volksmund sagt.
Artikel Abschnitt: Wie kann man mit ihm umgehen?
Wie kann man mit ihm umgehen?
Da Neid auf einem ungünstigen sozialen Vergleich beruht, kann es auch hilfreich sein, den Referenzpunkt zu ändern.
Abwärts gerichteter Vergleich kann helfen
Es klingt gemein – aber statt sich immer nur mit den Besten der Besten zu messen, kann es guttun, sich auch mal mit denjenigen zu vergleichen, die in einem Bereich unterlegen sind. Psychologen und Psychologinnen sprechen vom abwärts gerichteten Vergleich, der Selbstwert und Wohlbefinden fördert.
Eine andere Strategie gegen den Neid ist, sich bewusst selbst Ziele zu setzen, die unabhängig vom Erfolg anderer sind. Am besten wird wohl sein: den eigenen Rasen so zu pflegen, dass man gar nicht bemerkt, dass das Gras auf der anderen Seite des Hügels grüner sein könnte.
Über den/die AutorIn:
Quellenangaben zum Artikel:
Social Sharing:
Artikel Überschrift:
Vorsicht Neid mit Missgunst gleichzusetzen ist zwar umgangssprachlich üblich, von einer Psychologin ist aber besseres zu erwarten. Missgunst kommt von nicht gönnen. Neid heißt erst mal nur auch haben wollen. Das kann auch missgönnen beinhalten, muss es aber nicht. Um im genannten Beispiel zu bleiben. Nur weil ich selber nicht… Weiterlesen »
Fachleuten spitzfindig Ungenauigkeiten vorhalten? „… man würde ja Besseres erwarten von einer Psychologin, aber immerhin bin ich jetzt hier, um es den Lesern und der Frau Psychologin zu erklären.“ Kann man von Neid sprechen, wenn man etwas einfach nur will? Ist es ohne den Schmerz, etwas nicht zu haben, das… Weiterlesen »
Ich stimme vollumfänglich zu. Missgunst ist ein nicht gönnen, egal wie viel oder wenig das wäre. Schadenfreude kommt da auch gern hinzu, denn wem ich nichts gönne, dem gönne ich dann doch wenigstens Übles.
Hallo Corinna, das ist ein interessanter Artikel. Meiner Meinung nach ist der Begriff Impf-„Neid“ falsch gewählt. Die Konnotation von Neid haben Sie ja nachvollziehbar heraus gearbeitet. Meines Erachtens wäre es besser über Impf-Gerechtigkeit zu diskutieren. Dann bekommt die Diskussion eine andere Wendung. Ohne Zweifel gibt es im Moment eine größere… Weiterlesen »
In der Ansprache „Hallo Corinna“ verwenden und sich dann mit Dr. Thomas Schlüter verabschieden spricht ja auch schon für sich.?
Um der Sache mal eine andere Perspektive zu geben, ich bin mit Alter 20-25 bereits geimpft da ich im Gesundheitswesen arbeite. Ich persönlich halt aktuell noch nichts von mehr Freiheiten aus folgenden Gründen: – Mehr Freiheiten fände ich sinnvoller, sobald alle die Möglichkeit hatten sich impfen zu lassen, um eben… Weiterlesen »
Ich leide sicher nicht an Impfneid, ich bin nämlich schon geimpft. Allerdings bin ich für Gerechtigkeit und solange nicht jede die Chance hat sich zu impfen…
Ich selbst bin geimpft, finde es aber nicht gut, wenn es lockerungen für geimpfte gibt. Anfangs wurde einem eingeredet, solidarisch zu älteren zu sein, deshalb finde ich auch jetzt Solidarität für angebracht.